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  • 19.01.2012 · IWW-Abrufnummer 120153

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 28.06.2011 – I-10 U 60/11

    1. Zu den Forderungen i.S. des § 41 InsO zählen grundsätzlich auch gestundete Mietforderungen.



    2. Hat der Vermieter vor Insolvenzeröffnung mit dem Schuldner vereinbart, dass die Miete für die Dauer seiner finanziellen Schwierigkeiten gestundet sei, kann sich hierauf auch der Insolvenzverwalter gegenüber den nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Mietansprüchen berufen.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-10 U 60/11

    Tenor:

    I. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das am 01.03.2011 verkündete Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf – Einzelrichterin - einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

    II. Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme bis 19.07.2011 gegeben.

    III. Streitwert: 20.720,70 €

    Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2, 546 ZPO) noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zu Grunde zu legenden Tatsachen (§§ 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3, 529 Abs. 1 ZPO) eine abweichende Entscheidung. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO).
    Der Klägerin steht gegen den Beklagten als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners weder ein fälliger Anspruch auf Mietzahlung gemäß §§ 535 Abs. 2 BGB, 80 InsO noch ein Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung gemäß § 546 a Abs. 1 BGB zu. Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
    1.
    Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das Landgericht nicht die Vorschrift des § 41 InsO verkannt. Danach gelten Forderungen, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung – hier am 01.02.2006 - noch nicht fällig sind, als fällig. Hierzu zählen grundsätzlich auch gestundete Forderungen. Aufgrund seiner Stellung im Gesetz erfasst § 41 InsO jedoch nur Insolvenzforderungen i.S. der §§ 38, 39 InsO, d. h. vor Verfahrenseröffnung begründete einfache Forderungen. Erst danach entstandene Masseansprüche und Masseforderungen, wie sie hier von der Klägerin geltend gemacht werden (Mk-Lwowski/Bitter, § 41 InsO, RdNr. 4), unterfallen dagegen nicht dem Anwendungsbereich der Norm.
    Zwar müssen die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstehenden Mietansprüche gemäß § 108 Abs. 1 InsO durch den Insolvenzverwalter erfüllt werden. Die Forderungen des Vermieters stellen in derartigen Fällen Masseverbindlichkeiten dar (vgl. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 InsO). Sie sind bevorzugte Forderungen und werden aus der Insolvenzmasse vorweg berichtigt, § 53 InsO. Der Beklagte, der als Insolvenzverwalter gemäß § 80 InsO mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Fortführung des Mietverhältnisses anstelle des Schuldners für die Masse die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis übernommen hat, kann dem Mietzinsanspruch der Klägerin jedoch nach den in zulässiger und nicht zu beanstandender Weise getroffenen Feststellungen, an die der Senat gemäß § 529 Abs. 1 ZPO gebunden ist, die zwischen der Klägerin und dem Schuldner Ende 2001/Anfang 2002 vereinbarte und für die hier streitigen Mietforderungen fortbestehende Stundungsabrede entgegen halten. Das Landgericht ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu der zutreffenden Überzeugung gelangt, dass die Stundungsabrede für die Dauer der finanziellen Schwierigkeiten gelten sollte und hat mit Blick auf das laufende Insolvenzverfahren angenommen, dass diese Voraussetzung bisher nicht entfallen ist. Hiergegen ist aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Die Berufung zeigt keine Umstände auf, die diese Auslegung des Berufungsgerichts als rechtsfehlerhaft erscheinen lassen könnten. Soweit sie die Stundungsabrede anders verstanden wissen will, setzt sie in lediglich in unzulässiger Weise ihre eigene Auslegung an die Stelle derjenigen des Landgerichts. Für die Annahme eines Widerrufsrechts wegen wesentlicher Verschlechterung der Vermögenslage ist unter diesen Umständen kein Raum.
    2.
    Das Landgericht ist entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu Unrecht ohne weiteres davon ausgegangen, von der Stundungsvereinbarung seien auch die Heiz- und sonstigen Betriebskosten umfasst. Das Landgericht hat hierüber keine Entscheidung getroffen. Lediglich im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung ist ausgeführt, dass der Beklagte Betriebs- und Nebenkosten nicht erstattet hat. Das Landgericht hatte auch keinen Anlass, sich mit etwaigen Betriebskostenforderungen der Klägerin auseinanderzusetzen. Diese sind nicht Gegenstand des Verfahrens. Nach dem Vortrag der Klägerin ist mit dem Schuldner die Vereinbarung einer Warmmiete in Höhe von 900,09 € monatlich vereinbart. Allein diese macht die Klägerin für die Zeit von Februar 2006 bis Dezember 2007 mit einem Gesamtbetrag von 20.720,00 € geltend. Haben die Parteien eine Warmmiete vereinbart, schuldet der Mieter grundsätzlich nur ein einheitliches Entgelt für die Überlassung des Mietobjekts. Abgesehen von den Heizkosten (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 19.7.2006, VIII ZR 212/05), sind alle Betriebskosten mit der Miete abgegolten, eine Abrechnung findet nicht statt. Dass die vereinbarte Miete hiervon abweichend abzurechnende Vorauszahlungen auf die Nebenkosten enthält, ist nicht vorgetragen. Selbst wenn in den geltend gemachten Beträgen anteilige Nebenkostenvorauszahlungen enthalten wären und die Stundungsabrede sich – wie die Klägerin – meint, nicht hierauf erstreckte, könnte die Klägerin diese wegen Eintritts der Abrechnungsreife nicht mehr verlangen.
    3.
    Auch die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Die fristlose Kündigung vom 6.04.2006 konnte das Mietverhältnis nicht beenden, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB mangels Fälligkeit der Forderung nicht vorlagen. Auf die ordentliche Kündigung vom 22.08.2006 kommt es schon deshalb nicht an, weil sich das Mietverhältnis gemäß § 545 BGB verlängert hat.
    Abschließend weist der Senat darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Absatz II ZPO gemäß GKG KV 1222 S. 1 und 2 kostenrechtlich privilegiert ist; statt vier fallen nur zwei Gerichtsgebühren an.

    RechtsgebietInsOVorschriftenInsO §§ 41, 55 Abs. 1 Nr. 2 2. Alt., 80, 108 Abs. 1