Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 16.02.2012 · IWW-Abrufnummer 120493

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 18.10.2011 – 1 W 566/11

    Ist als Inhalt des Sondereigentums vereinbart, dass ein Eigentümer zur Veräußerung seines Wohnungseigentums außer bei Veräußerung an einen Verwandten der Zustimmung des Verwalters bedarf, so erfasst die Ausnahme nicht die Veräußerung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, deren Gesellschafter sämtlichst Verwandte des Veräußerers sind.


    1 W 566/11

    Tenor:
    Die Beschwerde wird nach einem Wert von 3.000 EUR zurückgewiesen.

    Gründe
    Das als Beschwerde auszulegende Rechtsmittel ist gemäß §§ 71 ff. GBO zulässig. Die Gesellschafter einer einzutragenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts sind beschwerdeberechtigt, weil die Eintragung der Gesellschaft auch die Eintragung ihrer Gesellschafter erfordert (BGH, NJW 2011, 1958 [BGH 28.04.2011 - V ZB 194/10]).

    In der Sache bleibt die Beschwerde jedoch ohne Erfolg. Das Grundbuchamt hat den Beteiligten mit Recht aufgegeben, die nach dem Inhalt des Sondereigentums zur Veräußerung erforderliche Verwalterzustimmung gemäß § 12 WEG beizubringen. Die Veräußerung an die Beteiligte zu 2. ist nicht von dem Zustimmungserfordernis ausgenommen; insbesondere greift nicht die Regelung ein, dass es bei einer Veräußerung an einen Verwandten in gerader Linie keiner Zustimmung des Verwalters bedürfe. Dies ergibt die Auslegung der Grundbucheintragung, die entgegen der in der Beschwerde geäußerten Ansicht keine "erweiternde" Auslegung ist.

    Bereits nach dem Wortlaut ist die Beteiligte zu 2. keine Person, die mit der eingetragenen Eigentümerin verwandt wäre. In gerader Linie verwandt mit der veräußernden Beteiligten zu 1. sind zwar die Beteiligten zu 3. bis 5. als Gesellschafter der Beteiligten zu 2. Erwerbendes Rechtssubjekt ist jedoch die Beteiligte zu 2., die schon begrifflich nicht mit der Beteiligten zu 1. verwandt sein kann. Entgegen der in der Beschwerde geäußerten Ansicht handelt es sich bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts - anders als bei der als Beispiel angeführten Gütergemeinschaft - nicht nur um das Rechtsverhältnis mehrerer Erwerber, denn die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts ist selbst rechtsfähig (BGH, NJW 2001, 1056 [BGH 29.01.2001 - II ZR 331/00]; 2006, 3716) und grundbuchfähig (BGH, NJW 2009, 594).

    Auch der Sinn und Zweck der eingetragenen Veräußerungsbeschränkung nebst seinen Ausnahmen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt, gebietet nicht, die Veräußerung an die Beteiligte zu 2. als zustimmungsfrei anzusehen. Bestimmen eine Wohnungseigentümergemeinschaft oder der teilende Eigentümer die Geltung einer Veräußerungsbeschränkung nach § 12 WEG, so entscheiden sie sich grundsätzlich dafür, dass sich die Gemeinschaft gegen das Eindringen von unerwünschten Personen schützen können soll. Werden gleichzeitig für Veräußerungen an Personen in einem näher bezeichneten Näheverhältnis zum Veräußerer Lockerungen dieses Schutzes vereinbart, so ist davon auszugehen, dass der oder die Eigentümer für die geregelten Ausnahmefälle bei einer vorweggenommenen, abstrakten Prüfung ihr Interesse an dem Schutz der Gemeinschaft als nachrangig gegenüber dem Veräußerungsinteresse des ausscheidenden Mitglieds angesehen haben. Dies könnte zum einen darauf beruhen, dass das Interesse des Veräußerers an zustimmungsfreier Veräußerung als besonders hochrangig angesehen wird, zum anderen darauf, dass die Gemeinschaft aus Gründen, die in der Person des potentiellen Erwerbers, d.h. in seiner Beziehung zum Veräußerer liegen, ihr Interesse als weniger gefährdet ansieht.

    Das Interesse eines Wohnungseigentümers, eine Entscheidung über die Veräußerung des Wohnungseigentums, die auf persönlichen Beziehungen, aber auch auf wirtschaftlichen Gegebenheiten oder Notwendigkeiten innerhalb der Familie beruhen kann, unbeeinflusst von einem Zustimmungserfordernis zu treffen, ist für eine Wohnungseigentümergemeinschaft schon vorab erkennbar und nachvollziehbar. Ein solches Interesse überwiegt aber nicht offensichtlich das Interesse der Gemeinschaft an ihrem eigenen Schutz, dem diese mit der Veräußerungsbeschränkung gemäß § 12 WEG grundsätzlich Ausdruck verliehen hat. Gerade wirtschaftliche Gegebenheiten und Notwendigkeiten könnten vielmehr den Wohnungseigentümer veranlassen, bei der Entscheidung über die Veräußerung seines Wohnungseigentums die Interessen der Gemeinschaft hintan zu stellen und sich über Bedenken gegen die Person des Erwerbers hinwegzusetzen. Eine Zustimmung könnte die Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der Verwalter selbst bei Fehlen eines Ausnahmetatbestandes gemäß § 12 Abs. 2 WEG ohnehin nur aus wichtigem Grund verweigern. Dass die Wohnungseigentümer das Interesse des Veräußerers, die Veräußerung selbst bei Vorliegen eines solchen wichtigen Grundes in der Person des Erwerbers zustimmungsfrei durchführen zu können, als besonders hochrangig angesehen haben könnten, ist nicht lebensnah.

    Für einen unbefangenen Betrachter liegt deshalb die Annahme näher, dass die Gemeinschaft die Veräußerung an Ehegatten und bestimmte nahe Verwandte von dem Zustimmungserfordernis ausgenommen hat, weil sie in diesen Fällen ihr Interesse als weniger gefährdet angesehen hat. Dies mag zum einen daran liegen, dass die bezeichneten Personen als potentielle gesetzliche Erben in Betracht kommen, deren Eintritt in die Gemeinschaft im Wege der Erbfolge ohnehin nicht verhindert werden könnte. Zum anderen spricht die verwandtschaftliche Beziehung bzw. die Ehe dafür, dass der Veräußerer an diese Personen nicht nur aus finanziellen Gründen veräußert, sondern ihnen Vertrauen entgegenbringt und sie für zuverlässige künftige Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft hält (Senat, MDR 11, 718).

    Eine solche vorweggenommene Zuverlässigkeitsprüfung und daraus folgende Interessengewichtung gilt nicht zugleich für die Veräußerung an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, mag diese auch (zur Zeit) ausschließlich aus Personen bestehen, für deren persönlichen Erwerb ein Zustimmungserfordernis nicht eingreifen würde. Selbst wenn zugrunde gelegt wird, dass die Geschicke der Gesellschaft bürgerlichen Rechts von ihren Gesellschaftern gelenkt werden (§§ 709, 714 BGB) und die Gesellschaft deshalb ebenso zuverlässig ist wie ihre Gesellschafter, wäre diese Beurteilung vom jeweiligen Bestand der Gesellschafter abhängig. Ein Wechsel der Gesellschafter wäre ein Rechtserwerb, der sich außerhalb des Grundbuchs vollzieht und ein weiteres Zustimmungserfordernis nicht auslösen würde (OLG Celle, NJW-RR 2011, 1166 [OLG Celle 29.03.2011 - 4 W 23/11]; OLG München, NJW 2007, 1536). Die WEG hätte also keinen Einfluss mehr darauf, ob auf diesem Wege Personen in die Gemeinschaft eindringen, denen als einzelne Erwerber die Zustimmung gemäß § 12 WEG mit Recht hätte versagt werden können. Dies entspricht offensichtlich nicht dem Sinn und Zweck der Vereinbarung.

    Die Wertfestsetzung beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 2 KostO.

    RechtsgebieteGBO, WEGVorschriften§ 29 GBO § 12 WEG