24.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121272
Bundesgerichtshof: Urteil vom 28.03.2012 – VIII ZR 79/11
Wenn der Vermieter in seinem Erhöhungsverlangen - über die in § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB geforderten drei Vergleichswohnungen hinaus - weitere Wohnungen benennt, die nicht die Voraussetzungen des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB erfüllen, so ist das Erhöhungsverlangen weder insgesamt noch teilweise unwirksam. Ob der Umstand, dass die Miete einer der benannten Wohnungen unterhalb der verlangten Miete liegt, an der Ortsüblichkeit der verlangten Miete zweifeln lässt, ist eine Frage der materiellen Begründetheit, nicht der Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 21. Februar 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, den Richter Dr. Frellesen, die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie den Richter Dr. Bünger
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe vom 22. Oktober 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Tatbestand
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Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Kläger in K. . Die Grundmiete betrug seit dem 1. Oktober 2005 monatlich 472,33 €. Mit Schreiben vom 18. November 2008 forderten die Kläger die Beklagte unter Benennung von sieben vergleichbaren Wohnungen auf, einer Erhöhung der Miete ab dem 1. März 2009 auf 507,73 € zuzustimmen. Die Mieten von sechs der von den Klägern benannten Wohnungen liegen über diesem Betrag, bei einer der Vergleichswohnungen liegt die Miete dagegen mit 490 € zwischen der bisherigen und der erhöhten Miete.
2
Mit ihrer Klage haben die Kläger Zustimmung zu der verlangten Mieterhöhung begehrt. Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, einer Erhöhung der Miete nur auf 490 € zuzustimmen. Im Übrigen hat das Amtsgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, das Erhöhungsverlangen sei unwirksam, soweit die verlangte Miete 490 € übersteige. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete in vollem Umfang stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe
3
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
4
Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt:
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Das Mieterhöhungsverlangen der Kläger sei entgegen der Auffassung des Amtsgerichts insgesamt wirksam.
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Nach § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB habe der Vermieter, der zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens auf entsprechende Entgelte für vergleichbare Wohnungen Bezug nehme, zur Wirksamkeit seines Erhöhungsverlangens mindestens drei Wohnungen zu benennen. Wenn der Vermieter mehr als drei Vergleichswohnungen benenne, sei den gesetzlichen Anforderungen genüge getan, wenn die Entgelte für mindestens drei Vergleichswohnungen über der verlangten Miete lägen oder dieser zumindest entsprächen. Es komme dann auf die Umstände des Einzelfalles an, ob der Zweck des Begründungserfordernisses gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB erfüllt sei. Lasse sich aus den Angaben im Erhöhungsverlangen aus der Sicht eines verständigen Mieters die Überzeugung gewinnen, dass die geforderte Miete die auf dem Markt üblicherweise gezahlten Mieten jedenfalls nicht übersteige, dann sei der Zweck des Begründungserfordernisses gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB erfüllt. Gebe ein Vermieter - wie hier - zusätzlich zu sechs Vergleichswohnungen, deren Miete die geforderte Miete übersteige, noch eine einzige weitere Wohnung an, für die ein die bisherige Miete übersteigendes, aber unterhalb der verlangten Miete liegendes Entgelt gezahlt werde, ergebe sich daraus bei verständiger Betrachtung nicht, dass lediglich die niedrigste Miete ortsüblich sei. Die übrigen sechs Vergleichsmieten, von denen wiederum fünf nur geringfügig differierten, verlören hierdurch nicht ihre Überzeugungskraft.
7
Das Mieterhöhungsverlangen sei, wie sich aus dem eingeholten Sachverständigengutachten ergebe, auch der Höhe nach in vollem Umfang begründet.
II.
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Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Kläger haben Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu der im Schreiben vom 18. November 2008 verlangten Mieterhöhung (§ 558 Abs. 1 Satz 1 BGB).
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Im Revisionsverfahren ist nur noch im Streit, ob das Erhöhungsverlangen der Kläger unter dem Gesichtspunkt der formellen Begründungsanforderungen des § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB wirksam ist. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur materiellen Begründetheit des Erhöhungsverlangens werden dagegen von der Revision nicht angegriffen. Die Revision meint, das Erhöhungsverlangen sei nicht ordnungsgemäß begründet, weil die Miete für eine der sieben von den Klägern benannten Wohnungen mit 490 € nicht der verlangten Miete von 507,73 € entspreche; daher sei das Erhöhungsverlangen insoweit unwirksam, als die verlangte Miete 490 € übersteige. Das trifft nicht zu. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass das Erhöhungsverlangen in formeller Hinsicht wirksam ist.
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1. Gemäß § 558a Abs. 2 Nr. 4 BGB hat der Vermieter, der sein Erhöhungsverlangen unter Bezugnahme auf Vergleichswohnungen begründet, drei vergleichbare Wohnungen mit "entsprechenden Entgelten" zu benennen. Eine Erhöhung der Miete auf die verlangte Miete ist nur dann ordnungsgemäß begründet, wenn der Vermieter mindestens drei Vergleichswohnungen angibt, deren Miete mindestens so hoch ist wie die verlangte Miete (vgl. OLG Karlsruhe, WuM 1984, 21 f., zu § 2 MHG).
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Diese formelle Voraussetzung ist hier erfüllt. Die Klägerin hat nicht nur drei, sondern sechs Vergleichswohnungen benannt, bei denen die Miete höher ist als die verlangte Miete.
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2. Der Umstand, dass die Klägerin eine weitere - siebente - Wohnung benannt hat, bei der die Miete nicht der verlangten Miete entspricht, sondern zwischen der bisherigen und der erhöhten Miete liegt, rechtfertigt keine andere Beurteilung und macht das Erhöhungsverlangen weder insgesamt noch teilweise unwirksam (ebenso Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete, 10. Aufl., § 558a BGB Rn. 32; Bub/Treier/Schultz, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn. III 436; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl., Rn. IV 244). Die gegenteilige Auffassung (LG Berlin, GE 2004, 482; Schmidt-Futterer/ Börstinghaus, Mietrecht, 10. Aufl., § 558a BGB Rn. 143 f.; Schach in Kinne/ Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 6. Aufl., § 558a Rn. 9 aE) trifft nicht zu.
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a) Erfolgt die Begründung - wie hier - anhand von konkret bezeichneten Vergleichswohnungen, so ist dem formellen Begründungserfordernis nach dem Wortlaut des Gesetzes Genüge getan, wenn die Mieten von (mindestens) drei Vergleichswohnungen der verlangten Miete entsprechen. Das ist hier der Fall.
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b) Aus dem Sinn und Zweck des Begründungserfordernisses ergibt sich nichts anderes. Das für ein Mieterhöhungsverlangen des Vermieters nach § 558a BGB bestehende Begründungserfordernis soll dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens geben, damit er während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht. Erfolgt die Begründung anhand von Vergleichswohnungen, so soll der Mieter durch die Benennung von "einzelne(n)" Wohnungen die Möglichkeit haben, sich über die Vergleichswohnungen zu informieren und die behauptete Vergleichbarkeit nachzuprüfen. Die Vergleichswohnungen müssen deshalb so genau bezeichnet werden, dass der Mieter sie ohne nennenswerte Schwierigkeiten auffinden kann (Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 - VIII ZR 141/02, WuM 2003, 149 unter II 1 a mwN, zu § 2 MHG, jetzt § 558a BGB).
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Auch dieser Anforderung wird das Erhöhungsverlangen gerecht. Es enthält die vom Gesetz geforderten konkreten Hinweise darauf, dass das Erhöhungsverlangen sachlich berechtigt ist. Die Beklagte kann sich auf Grund der Angaben im Erhöhungsverlangen ein Bild davon machen, wie sich das gegenwärtige Mietniveau für vergleichbare Wohnungen nach den Angaben der Kläger darstellt, und kann diese Angaben überprüfen. Damit hat die Beklagte eine hinreichende Grundlage für ihre Entscheidung, ob sie das Erhöhungsverlangen für gerechtfertigt hält.
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Es ist deshalb - soweit es um die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens geht - unschädlich, dass im vorliegenden Fall die Miete einer der von den Klägern benannten sieben Wohnungen unterhalb der geforderten Miete liegt. Ob dieser Umstand an der Ortsüblichkeit der von den Klägern verlangten Miete zweifeln lässt, ist eine Frage der materiellen Begründetheit, nicht der Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens.
Ball
Dr. Frellesen
Dr. Milger
Dr. Fetzer
Dr. Bünger
Von Rechts wegen
Verkündet am: 28. März 2012