10.07.2012 · IWW-Abrufnummer 122705
Bundesgerichtshof: Urteil vom 01.06.2012 – V ZR 171/11
BGB § 199 Abs. 1; WEG § 28 Abs. 2, Abs. 5
Die dreijährige Verjährungsfrist für Ansprüche auf Zahlung von Wohngeldvorschüssen beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Vorschüsse fällig sind. Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2012 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die Richterin Dr. Stresemann, den Richter Dr. Roth und die Richterinnen Dr. Brückner und Weinland
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das Urteil der Zivilkammer 85 des Landgerichts Berlin vom 4. Februar 2011 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen seit dem 16. Juli 2006 gerichtete Berufung zurückgewiesen worden ist.
Im Umgang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
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Die Beklagten sind seit Februar 2009 Eigentümer einer Eigentumswohnung. Nach der Gemeinschaftsordnung haften Veräußerer und Erwerber einer Wohnung gesamtschuldnerisch für Rückstände des Veräußerers gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft.
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Mit der den Beklagten im November 2009 zugestellten Klage verlangt die Gemeinschaft unter anderem die Zahlung von Wohngeldrückständen aus dem Jahr 2006 (3.585,31 €), des in der Jahreseinzelabrechnung 2005 ausgewiesenen Rückstands (4.753,88 €) und für das Jahr 2004, für das keine Jahresabrechnung erstellt worden ist, die Zahlung der noch offenen Wohngeldvorschüsse sowie einer Sonderumlage (zusammen 1.516,69 €). Hinsichtlich der Rückstände aus dem Jahr 2004 besteht zugunsten der Eigentümergemeinschaft ein rechtskräftiger Titel gegen die Rechtsvorgängerin der Beklagten. Gegenüber den Rückständen aus dem Jahr 2006 haben die Beklagten die Aufrechnung mit einem Anspruch auf Auszahlung des auf ihre Einheit entfallenden Anteils an dem Zinsertrag erklärt, welcher von der Gemeinschaft im Jahr 2006 erwirtschaftet worden ist (250,43 €). Im Übrigen haben sie die Einrede der Verjährung erhoben.
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Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die Berufung, mit der sich diese nur noch gegen die Verurteilung zur Zahlung der Rückstände aus den Jahren 2004 und 2005 sowie dagegen gewandt haben, dass die Aufrechnung gegen die Forderung für das Jahr 2006 ohne Erfolg geblieben ist, ist von dem Landgericht zurückgewiesen worden. Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgen die Beklagten die in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht meint, der Verwalter könne die rückständigen Hausgelder ohne vorhergehenden Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft einklagen, da er in der Gemeinschaftsordnung bevollmächtigt worden sei, die Wohnungseigentümer gerichtlich zu vertreten. Die Beklagten hafteten für die Rückstände ihrer Rechtsvorgängerin aufgrund der entsprechenden Regelung in der Gemeinschaftsordnung. Die Ansprüche der Gemeinschaft seien nicht verjährt. Die Rückstände aus dem Jahr 2004 seien tituliert, diejenigen aus dem Jahr 2005 durch den im Juli 2006 gefassten Beschluss über die Jahresabrechnung erneut fällig gestellt worden. Gegenüber den Ansprüchen auf Zahlung der Vorschüsse für 2004 stehe den Beklagten kein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung zu. Mit einem etwaigen Anspruch auf Auszahlung eines Guthabens aus den Zinserträgen für das Jahr 2006 könnten die Beklagten nicht aufrechnen, da es an einem Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über den Umgang mit dem Zinserlös und damit an der Fälligkeit eines solchen Anspruchs fehle.
II.
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Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
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1. a) Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht allerdings von der wirksamen Vertretung der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Verwalter und damit von der Zulässigkeit der Klage und der Berufung aus. Zwar ist ein Verwalter nicht kraft Gesetzes berufen, Ansprüche der Wohnungseigentümer oder des Verbandes gerichtlich geltend zu machen; vielmehr ist es grundsätzlich Sache der Wohnungseigentümer, darüber zu befinden, ob ein Prozess geführt werden soll (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2011 V ZR 145/10, BGHZ 188, 157, 162 Rn.13). Die Wohnungseigentümer können den Verwalter aber durch Beschluss oder Vereinbarung bevollmächtigen, ihnen oder der Gemeinschaft zustehende Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Im Umfang der erteilten Vertretungsmacht ist der Verwalter berechtigt, auch ohne besonderen Eigentümerbeschluss einen Rechtsanwalt mit der Vertretung der Wohnungseigentümer oder der Gemeinschaft in einem gerichtlichen Verfahren zu beauftragen (vgl. BayObLGZ 1988, 287, 289 f.).
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b) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Verwalter sei nach der Gemeinschaftsordnung nicht berechtigt, den vorliegenden Rechtsstreit ohne gesonderten Beschluss der Wohnungseigentümer zu führen.
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aa) Die Gemeinschaftsordnung (GO), die der Senat uneingeschränkt selbst auslegen kann (vgl. Senat, Beschluss vom 7. Oktober 2004 V ZB 22/04, BGHZ 160, 354, 361 f.; Urteil vom 15. Januar 2010 V ZR 40/09, NJW-RR 2010, 667 Rn. 6 f.), enthält in § 12 Nr. 1 Satz 3 die Ermächtigung des Verwalters "zur Geltendmachung von Ansprüchen gemäß § 27 Abs. 2 Ziffer 5 WEG [aF] ..., und zwar so, daß er Ansprüche auch gegen einzelne Eigentümer sowohl im eigenen Namen als auch als Bevollmächtigter der Eigentümergemeinschaft geltend machen kann". Außerdem wird ihm in § 15 GO die Vollmacht erteilt, "die Wohnungseigentümer gerichtlich ... in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten und Ansprüche gerichtlich geltend zu machen". Diese vor Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft aufgestellten Regelungen sind, wovon auch das Berufungsgericht ausgeht, dahin ergänzend auszulegen, dass sie Ansprüche umfassen, die heute nicht mehr den Wohnungseigentümern, sondern der Gemeinschaft als teilrechtsfähigem Verband zustehen; insoweit erhebt die Revision auch keine Einwände.
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bb) Auf dieser Grundlage folgt die Berechtigung des Verwalters, Beitragsforderungen ohne vorherigen Eigentümerbeschluss geltend zu machen, bereits aus § 12 Nr. 1 Satz 3 GO. Entgegen der Auffassung der Revision wiederholt die Bestimmung nicht lediglich die Vorschrift des § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF, nach der der Verwalter berechtigt war, Ansprüche gerichtlich und außergerichtlich geltend zu machen, sofern er hierzu durch Beschluss der Wohnungseigentümer ermächtigt wurde. Die erforderliche Ermächtigung wird dem Verwalter durch die Bestimmung in allgemeiner Form gerade erteilt. Dass sich die Rechte und Pflichten des Verwalters aus den §§ 27, 28 WEG aF ergeben, spricht die Gemeinschaftsordnung nämlich schon in § 12 Nr. 1 Satz 1 aus. Die nachfolgenden Ermächtigungen werden dem Verwalter ausdrücklich "in Erweiterung seiner gesetzlichen Befugnisse" eingeräumt (Satz 2); dies umfasst auch den hier maßgeblichen und auf Satz 2 Bezug nehmenden ("Er ist ferner ....ermächtigt zur Geltendmachung...") Satz 3.
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Die Erteilung einer allgemein gehaltenen Ermächtigung in der Gemeinschaftsordnung war und ist zulässig (vgl. BayObLGZ 1986, 128, 129; Weitnauer/Lücke, WEG, 9. Aufl., § 27 Rn. 21, jeweils zu § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG aF sowie BT/Drucks. 16/887 S. 71 zu § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG nF). Aus der von der Revision dagegen angeführten Entscheidung (BayObLG, NJW-RR 2000, 968) folgt nichts anderes. Die dort durch einen Beschluss ausgesprochene allgemeine Ermächtigung des Verwalters wurde deshalb für unzureichend erachtet, weil die Geltendmachung eines Beseitigungsanspruchs (§ 1004 BGB) in Rede stand. Ein solcher Anspruch kann, da er den einzelnen Wohnungseigentümern zusteht, von der Gesamtheit der Wohnungseigentümer bzw. von der Gemeinschaft nur durchgesetzt werden, wenn ein darauf gerichteter Eigentümerbeschluss gefasst worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 30. März 2006 V ZB 17/06, NJW 2006, 2187, 2188 Rn. 12); dieser fehlte in dem genannten Fall. Für die Durchsetzung von Ansprüchen der Gemeinschaft auf Zahlung von Wohngeld und Sonderumlagen ist ein solcher zusätzlicher Beschluss hingegen nicht erforderlich.
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cc) Ohne Erfolg beruft sich die Revision ferner darauf, dass die Erforderlichkeit eines gesonderten Eigentümerbeschlusses hier jedenfalls daraus folge, dass die dem Verwalter in § 15 Nr. 1c GO erteilte Vollmacht auf "Angelegenheiten der laufenden Verwaltung" beschränkt sei und damit nur die gerichtliche Geltendmachung originärer Beitragsschulden des aktuellen Eigentümers umfasse, nicht dagegen Ansprüche aus der Erwerberhaftung. Da eine ausreichende Ermächtigung des Verwalters, wie dargelegt, bereits in § 12 GO enthalten ist, käme der Regelung in § 15 GO gesonderte Bedeutung nur zu, wenn aus dem Begriff "Angelegenheiten der laufenden Verwaltung" eine Einschränkung dieser Ermächtigung folgte. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Vollmachtserteilung in § 15 GO erfolgt ausdrücklich "über § 12 ... hinaus". Das lässt den Schluss zu, dass mit dem Begriff der "laufenden Verwaltung" nichts anderes gemeint ist, als mit der nach dem Sachzusammenhang auch für Satz 3 geltenden Formulierung in § 12 Nr. 1 Satz 2 GO, der Verwalter sei ermächtigt, "im Rahmen seiner Verwalteraufgaben" bestimmte Handlungen mit Wirkung für die Wohnungseigentümer vorzunehmen. Dass die Einziehung von Beitragsrückständen und Sonderumlagen, auch wenn diese, wie hier, aufgrund einer in der Gemeinschaftsordnung statuierten Erwerberhaftung geschuldet werden, zu den Aufgaben eines Verwalters gehört, kann nicht ernsthaft bezweifelt werden.
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2. In der Sache nimmt das Berufungsgericht zu Recht an, dass die Beklagten verpflichtet sind, das noch im Streit befindliche Wohngeld für die Jahre 2004 und 2006 zu zahlen.
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a) Ein Zurückbehaltungsrecht wegen der fehlenden Jahresabrechnung für 2004 steht den Beklagten gegenüber den titulierten Wohngeldrückständen für das Jahr 2004 nicht zu.
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Es fehlt bereits an der dafür notwendigen Gegenseitigkeit, nämlich daran, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft als Gläubigerin der Hauptforderung zugleich Schuldnerin des Gegenanspruchs ist. Der Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Erstellung der Jahresabrechnung (§ 28 Abs. 3 WEG) richtet sich nicht gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern gegen den Verwalter. Dieser erfüllt mit der Erstellung der Abrechnung eine ihm durch das Gesetz auferlegte eigene Verpflichtung, er wird dabei anders als die Revision meint also nicht als Vertreter der Gemeinschaft tätig (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. Februar 2005 2Z BR 208/04 - [...] Rn. 27).
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Dass ein Wohnungseigentümer seine Verpflichtung zur Zahlung der im Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse folglich nicht unter Hinweis auf eine fehlende Jahresabrechnung zurückhalten kann, ist schon deshalb hinnehmbar, weil viel dafür spricht, ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber laufenden und rückständigen Wohngeldlasten wegen der Natur der Schuld ohnehin als generell oder zumindest weitgehend ausgeschlossen anzusehen (vgl. BayObLGZ 1971, 313, 319; OLG Frankfurt, OLGZ 1979, 391, 392; OLG München, NJW-RR 2005, 1326, 1327; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 28 WEG Rn. 235; Weitnauer/Gottschalg, WEG, 9. Aufl., § 16 Rn. 28 aE).
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b) Ein fälliger Anspruch gegen die Wohnungseigentümergemeinschaft auf Auszahlung eines Betrages von 250,43 €, mit dem die Beklagten gegen den Anspruch auf Zahlung des Wohngelds für 2006 aufrechnen können, besteht nicht. Zwar gehören Rechtsfrüchte des Verwaltungsvermögens und damit auch Zinserträge zu den Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums im Sinne von § 16 Abs. 1 WEG (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 10). Die genannte Vorschrift räumt dem einzelnen Wohnungseigentümer aber keinen unmittelbaren Anspruch auf Auskehr des ihm gebührenden Anteils an solchen Nutzungen ein. Diese dürfen vielmehr zur Deckung der Lasten und Kosten im Sinne von § 16 Abs. 2 WEG verwendet werden. Erst wenn die Jahresabrechnung, in die solche Erträge einzustellen sind, einen Überschuss ergibt und die Wohnungseigentümer beschließen, diesen Überschuss anteilig an die Wohnungseigentümer auszukehren, entsteht für den einzelnen Eigentümer ein Zahlungsanspruch (vgl. Becker in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 16 Rn. 17; Staudinger/Bub, BGB [2005], § 16 WEG Rn. 77 f.). Auf eine Jahresabrechnung oder einen sonstigen Beschluss, aus dem sich ein Anspruch auf Auszahlung von 250,43 € ergibt, können die Beklagten indes nicht verweisen.
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3. Rechtsfehlerhaft ist dagegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Anspruch auf Zahlung des rückständigen Wohngelds aus dem Jahr 2005 stehe die Einrede der Verjährung nicht entgegen, weil die nach dem Wirtschaftsplan geschuldeten Wohngelder durch den Beschluss über die Jahresabrechnung im Jahr 2006 "erneut fällig gestellt" worden seien.
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a) Der Anspruch der Gemeinschaft auf Zahlung der in einem beschlossenen Wirtschaftsplan ausgewiesenen Vorschüsse entsteht zu dem Zeitpunkt, zu dem diese aufgrund des Abrufs durch den Verwalter (§ 28 Abs. 2 WEG) zu leisten sind. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt folglich am Ende des Jahres, in dem der jeweilige Vorschuss fällig war (§ 199 Abs. 1 BGB).
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b) Der Beschluss der Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung führt nicht zu einem Neubeginn der Verjährung für die Vorschussansprüche.
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aa) Der Beschluss über die Jahresabrechnung wirkt anspruchsbegründend nur hinsichtlich des auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrages, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (sog. Abrechnungsspitze; vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Beschluss vom 23. September 1999 V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13). Zahlungsverpflichtungen, die durch frühere Beschlüsse entstanden sind, bleiben hierdurch unberührt. Dies gilt insbesondere für die in dem Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen und damit nach § 28 Abs. 2 WEG geschuldeten Vorschüsse (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 V ZB 16/95, aaO; Urteil vom 9. März 2012 V ZR 147/11 ZfIR 2012, 365) und unabhängig davon, ob zwischenzeitlich ein Eigentümerwechsel stattgefunden hat (unzutreffend daher: OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388).
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Grund hierfür ist, dass andernfalls bereits begründete Rechte der Eigentümergemeinschaft hinsichtlich der Vorschussforderungen, etwa auf Verzugszinsen oder aus einer Titulierung, mit dem Beschluss über die Jahresabrechnung hinfällig würden. Außerdem verlöre die Gemeinschaft im Falle der Novation, d.h. einer Aufhebung des Beschlusses über den Wirtschaftsplan und dessen vollständiger Ersetzung durch den Beschluss über die Jahresabrechnung, bei einem zwischenzeitlichen Eigentümerwechsel den gegen den Voreigentümer bestehenden Anspruch auf Zahlung rückst ändiger Vorschüsse, weil dieser nach seinem Ausscheiden aus der Gemeinschaft durch einen später gefassten Beschluss nicht gebunden werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 2. Dezember 2011 V ZR 113/11, NJW-RR 2012, 217, 218 Rn. 9 mwN).
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bb) Der Beschluss über die Jahresabrechnung führt auch nicht zu einer Verdoppelung des Rechtsgrunds für rückständige Vorschüsse in dem Sinne, dass sie sowohl auf Grund des Beschlusses über den Wirtschaftsplan als auch auf Grund des Beschlusses über die Jahresabrechnung geschuldet wären (ebenso Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 28 Rn. 174; Jacoby, ZWE 2011, 61, 63; Schultzky, ZMR 2008, 757, 759; aA OLG Dresden, ZMR 2006, 543; OLG Hamm, NJW-RR 2009, 1388; Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 28 Rn. 174; Wenzel, WE 1997, 124, 126; Hauger, Festschrift für Bärmann u. Weitnauer, 353, 361 ff.; ähnlich Bub, ZWE 2011, 193, 195).
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(1) Im Gesetz ist ein solcher doppelter Rechtsgrund nicht angelegt. Wie § 28 Abs. 2 WEG verdeutlicht, haben die Wohnungseigentümer ihren Beitrag zu den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums ( § 16 Abs. 2 WEG) in erster Linie durch Vorauszahlungen zu erfüllen. Bei diesen handelt es sich nicht um gewöhnliche Abschlagszahlungen, für die charakteristisch ist, dass sie von dem Gläubiger nicht mehr verlangt werden können, sobald eine Berechnung der eigentlichen Forderung vorliegt (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2009 VII ZR 205/07, BGHZ 182, 158 für Abschlagszahlungen nach § 16 Nr. 1 VOB/B) oder jedenfalls möglich ist (so für Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters: BGH, Urteil vom 16. Juni 2010 VIII ZR 258/09, NJW 2011, 145, 146 Rn. 22). Der Vorschussanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG bleibt, wie dargelegt, auch nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung und selbst dann unverändert bestehen, wenn es wie hier für das Jahr 2004 zu einer Abrechnung überhaupt nicht kommt. Der besondere Charakter des Vorschussanspruchs nach § 28 Abs. 2 WEG erklärt sich daraus, dass es sich bei den Vorschüssen um das zentrale Finanzierungsinstrument der Wohnungseigentümergemeinschaft handelt; nur die laufenden Vorauszahlungen gewährleisten, dass die für die Bewirtschaftung der Anlage notwendigen Mittel bereitstehen. Die Jahresabrechnung dient demgegenüber nicht der Ermittlung des "eigentlichen" Beitragsanspruchs, sondern nur der Anpassung der laufend zu erbringenden Vorschüsse an die tatsächlichen Kosten. Anhand der Rechnungslegung des Verwalters über die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben wird der bestehende Beitragsanspruch der Gemeinschaft überprüft und in Form eines Nachzahlungsanspruchs der Gemeinschaft oder Erstattungsanspruchs des Wohnungseigentümers sowie durch Neufestsetzung der Vorschüsse korrigiert (vgl. Jacoby, ZWE 2011, 61, 63).
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(2) Aus der bestätigenden und rechtsverstärkenden Wirkung, die der Beschluss über die Jahresabrechnung nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich offener Vorschussforderungen hat (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 1995 V ZB 16/95, BGHZ 131, 228, 231 f.; Beschluss vom 23. September 1999 V ZB 17/99, BGHZ 142, 290, 296; Urteil vom 4. Dezember 2009 V ZR 44/09, NJW 2010, 2127, 2128 Rn. 13), folgt kein zusätzlicher Schuldgrund in Form eines Schuldanerkenntnisses oder eines Abrechnungsvertrages entsprechend § 782 BGB. Denn die hierzu notwendige Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner, also der Gemeinschaft und dem säumigen Wohnungseigentümer, vermag ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht zu ersetzen. Soweit sich aus den nicht tragenden Erwägungen des IX. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in dessen Entscheidung vom 10. März 1994 (IX ZR 98/93, NJW 1994, 1866, 1867) etwas anderes ergibt, hat dieser auf Anfrage erklärt, hieran nicht festzuhalten.
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Die verstärkende Wirkung des Beschlusses über die Jahresabrechnung besteht lediglich darin, dass der Korrekturvorbehalt, unter dem die Vorschusszahlungen stehen, entfällt. Soweit die anteilig umgelegten tatsächlichen Lasten und Kosten den mit dem Wirtschaftsplan beschlossenen Vorschüssen entsprechen oder sie übersteigen, belegt die Abrechnung, dass die Vorschüsse für die Bewirtschaftung der Anlage erforderlich waren, rückschauend betrachtet also zu Recht festgesetzt worden sind. Das gilt ungeachtet der praktisch unvermeidlichen Abweichungen von den Positionen des Wirtschaftsplans. Insoweit beseitigt die Jahresabrechnung die Unsicherheiten, mit denen ein Wirtschaftsplan naturgemäß behaftet ist und verstärkt so die Berechtigung der Gemeinschaft zur Einziehung der auf diesem Plan gründenden Vorschussansprüche.
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(3) Allein das Interesse der Gemeinschaft, aus Gründen der Übersichtlichkeit rückständige Vorschüsse und Abrechnungsspitzen aus der Jahresabrechnung zu einer Forderung zusammenziehen (vgl. Hauger, Festschrift für Bärmann und Weitnauer, S. 353, 361), rechtfertigt es nicht, den gesetzlichen Beitragsanspruch nach § 28 Abs. 2 WEG auf zweifacher Grundlage entstehen zu lassen. Es ist dem Verwalter zumutbar, rückständige Beiträge eines Wohnungseigentümers nach dem Jahr ihrer Fälligkeit zusammenzufassen (z.B. rückständige Vorschüsse aus dem Jahr 2005 und die rückständige Abrechnungsspitze aus der im Jahr 2005 beschlossenen Jahresabrechnung 2004) und auf dieser Grundlage die gemäß § 199 Abs. 1 BGB einheitlich zum Jahresende beginnende Verjährungsfrist zu überwachen. Zudem erlaubt ihm die Frist von drei Jahren ohne weiteres, rückständige Beiträge aus dem Wirtschaftsplan und der Abrechnung desselben Jahres äußerlich zusammenzuführen und rechtzeitig verjährungshemmende Maßnahmen zu veranlassen.
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cc) Schließlich kommt es nicht darauf an, ob die die Klägerin bildenden Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2005 den Willen hatten, die noch offenen Wohngelder "erneut fällig zu stellen" und mit etwaigen Abrechnungsspitzen zu einer einheitlichen Forderung zusammenzuziehen. Denn hierfür fehlte ihnen die erforderliche Beschlusskompetenz. Der Senat hat, wenn auch erst nach Erlass des Berufungsurteils, entschieden, dass die Wohnungseigentümer nicht berechtigt sind, eine bereits bestehende Schuld durch Mehrheitsbeschluss erneut zu begründen und auf diese Weise den Lauf der Verjährungsfrist zu beeinflussen (Senat, Urteil vom 9. März 2012 V ZR 147/11, ZfIR 2012, 365).
III.
28
Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben, soweit die Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 4.753,88 € nebst anteiligen Zinsen zurückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann nicht in der Sache selbst entscheiden, da die hierfür erforderlichen Feststellungen fehlen. Es ist naheliegend, dass der Betrag von 4.753,88 € Vorschussansprüche umfasst, die im Jahr 2005 entstanden und daher Ende 2008 verjährt sind. Da die Einzelabrechnung vom 26. Juni 2006 jedoch nicht erkennen lässt, in welchem Umfang der Betrag aus rückständigen Vorschüssen besteht, und dies auch nicht anderweit festgestellt worden ist, ist die Sache im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
Krüger
Stresemann
Roth
Brückner
Weinland
Von Rechts wegen
Verkündet am: 1. Juni 2012