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  • 16.10.2013 · IWW-Abrufnummer 133198

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 11.07.2013 – 24 U 136/12

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-24 U 136/12

    Tenor:

    Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird auf die Berufung der Beklagten das am 13.07.2012 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichter - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 30.399,23 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

    jeweils € 3.402,21 seit dem 05.07.2011, 04.08.2011, 04.09.2011, 05.10.2011, 05.11.2011 und 04.12.2011,

    jeweils € 920,60 für die Zeit vom 05.07.2011 bis 02.11.2012, vom 04.08.2011 bis 02.11.2012, vom 04.09.2011 bis 02.11.2012, vom 05.10.2011 bis 02.11.2012, vom 05.11.2011 bis 02.11.2012 und vom 04.12.2011 bis 02.11.2012,

    € 5.523,60 seit dem 03.11.2012 sowie

    weiteren € 4.462,37 seit dem 21.03.2012 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird in Höhe von € 140,62 nebst Zinsen als unbegründet, in Höhe von € 5.891,69 nebst Zinsen als unzulässig abgewiesen.

    Die Kosten erster Instanz werden der Beklagten auferlegt.

    Die Kosten der Berufung tragen die Klägerin zu 18 % und die Beklagte zu 82 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jeder Partei wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    G r ü n d e:

    A.

    Durch Mietvertrag (MV, Anl. K1 = Bl. 6ff. GA) vom 05./14.07.2010 vermietete die Klägerin an die Beklagte im Hause K. in W. Räumlichkeiten als Büro und Schulungsräume für Aus-/Weiterbildungszwecke zu einem monatlichen Mietzins von € 3.402,21 zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung von monatlich € 920,60. Gemäß § A.2 MV begann das Mietverhältnis mit der Übergabe am 01.07.2010 und endete am 30.06.2011. In A.2.4 und A.2.5 MV heißt es weiter:

    „A.2.4

    Der Mieter hat das einmalige Recht die Verlängerung des Mietverhältnisses um ein weiteres Jahr zu verlangen. Das entsprechende Verlangen muss bis spätestens drei Monate, bevor der Mietvertrag gemäß § A.2.2 endet, gegenüber dem Vermieter schriftlich erklärt werden. Für die Entgegennahme von Optionsausübungserklärungen gilt § 17 dieses Vertrages.“

    „A.2.5

    Das Mietverhältnis verlängert sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht eine der Parteien spätestens drei Monate vor Ablauf der Mietzeit kündigt.“

    Die Beklagte machte von dem Optionsrecht gemäߠ A.2.4 keinen Gebrauch, gab das Mietobjekt zum 30.06.2011 zurück und zahlte seit Juli 2011 keinen Mietzins mehr. Mit Schreiben vom 12.12.2011 (Anl. K2 = Bl. 32f. GA) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis gegenüber der Beklagten wegen Zahlungsverzuges fristlos und verlangte Rückgabe in geräumtem Zustand bis spätestens 31.12.2011.

    Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung offener Mietzinsen für Juli bis Dezember 2011 (6 x € 4.322,81) sowie Ersatz des Mietausfallschadens für Januar 2012 (aufgrund erhöhter Nebenkosten: € 4.602,99), gesamt € 30.539,85 in Anspruch genommen. Demgegenüber hat sich die Beklagte darauf berufen, dass das Nebeneinander von Verlängerungsoption und Verlängerungsklausel widersprüchlich und irreführend sei. Durch die Nichtausübung der Option habe sie zum Ausdruck gebracht, dass das Mietverhältnis automatisch am 30.06.2011 enden sollte.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bl. 81 bis 84 GA verwiesen.

    Das Landgericht hat mit angefochtenem Urteil vom 13.07.2012 dem Klageantrag entsprochen und zur Begründung ausgeführt: Der Anspruch auf die Mieten für die Zeit von Juli bis Dezember 2011 folge aus dem Mietvertrag, der Schadensersatzanspruch iHdes Mietausfalls für Januar 2012 aus der Veranlassung der fristlosen Kündigung durch Zahlungsverzug. Der Mietvertrag sei durch die fristlose Kündigung der Klägerin vom 12.12.2011 beendet worden. Da die Beklagte die Option gem. § 2 A.2.4 nicht ausgeübt habe, habe sich das Mietverhältnis gem. § 2 A.2.5 um ein weiteres Jahr verlängert. Verlängerungsoption und Verlängerungsklausel würden sich nicht ausschließen, sondern könnten auch kumulativ nebeneinander bestehen. Dass sowohl die jeweiligen Fristen für die Ausübung der Option und die Kündigung als auch die vorgesehenen Verlängerungszeiträume „gleichgelagert“ gewesen seien, führe zu keinem anderen Ergebnis, begründe insbesondere keine Widersprüchlichkeit, weil das Nebeneinander von Verlängerungsoption und Verlängerungsklausel auch dann noch Sinn mache. In der Nichtausübung der Option liege keine konkludente Kündigung.

    Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bl. 84 bis 88 GA Bezug genommen.

    Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt nochmals vor, sie habe die fraglichen Vertragsklauseln dahin verstanden, dass es bei Nichtausübung der Verlängerungsoption bei dem vereinbarten Vertragsende zum 30.06.2011 bleibe und die Verlängerungsklausel nicht eingreife. Aus ihrer Sicht seien die fraglichen Regelungen in § 2 MV insbesondere wegen der jeweils gleichen Verlängerungsfristen nach wie vor irreführend, was zu Lasten der Klägerin gehen müsse. Hilfsweise wendet die Beklagte ein, die Klägerin habe gegen ihre Schadenminderungspflicht verstoßen, da sie gegenüber der Verwaltung die Weisung ausgesprochen habe, noch keinen Nachmieter zu suchen, solange das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist (Bl. 112 GA); daher könne sie jedenfalls ab Januar 2012 keine Miete verlangen.

    Die Beklagte beantragt,

    unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags. Eine Schadenminderungspflicht treffe sie nicht, da der über den 30.06.2012 hinaus laufende Mietvertrag einer Weitervermietung entgegengestanden habe (Bl. 132 GA).

    Nach Hinweis des Senats vom 02.04.2013 (Bl. 138 GA), dass die im ausgeurteilten Betrag enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen für Juli bis Dezember 2011 wegen zwischenzeitlich eingetretener Abrechnungsreife nicht mehr verlangt werden können, begehrt die Klägerin anstelle der Vorauszahlungen den Abrechnungssaldo aus der inzwischen erstellten Nebenkostenabrechnung für 2011 vom 01.10.2012 (Anl. K5 = Bl. 147ff GA). Klageerweiternd hat sie zunächst eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von € 37.201,99 nebst Zinsen begehrt, die Klage aber sodann in Höhe von € 770,45 zurückgenommen.

    Nunmehr beantragt die Klägerin neben der Zurückweisung der Berufung,

    die Beklagte im Ergebnis zur Zahlung von € 36.431,54 Zinsen in Höhe von 8% über dem Basiszinssatz aus

    jeweils € 3.402,21 seit dem 05.07., 04.08., 04.09., 05.10., 05.11. und 04.12.2011,

    jeweils € 920,60 für die Zeit vom 05.07.2011 bis 02.11.2012, vom 04.08.2011 bis 02.11.2012, vom 04.09.2011 bis 02.11.2012, vom 05.10.2011 bis 02.11.2012, vom 05.11.2011 bis 02.11.2012 und vom 04.12.2011 bis 02.11.2012,

    € 11.415,29 seit dem 02.11.2012 und

    € 4.602,99 seit Rechtshängigkeit zu verurteilen.

    Die Beklagte beantragt,

    die erweiterte Klage abzuweisen.

    Sie beanstandet, dass die Klägerin ihr trotz Aufforderung vom 16.10.2012 keine Belegkopien übersandt habe und wendet sich gegen einzelne Positionen der Abrechnung, namentlich die Positionen 014 bis 019 und 021 (neu hinzugetretene Positionen), 001 und 023 (Wasser), 004 (Müllabfuhr), 010 (Glasreinigung), 018 und 019 (Wartung Tore/Rampen, Sonnenschutz), 020 (Reparatur Gebäude), 022 (Verwaltergebühren).

    Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

    B.

    I.

    Die Berufung der Beklagten gegen das am 13.07.2012 verkündete Urteil der 17. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal - Einzelrichter - ist zulässig, jedoch nur in Höhe von € 140,62 nebst Zinsen begründet, im Übrigen unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von € 30.399,23 nebst Zinsen. Soweit sie in der Berufungsinstanz die Klage um € 5.891,69 erweitert hat, ist die Klage als unzulässig abzuweisen.

    1. Miete Juli 2011 bis Wirksamwerden der Kündigung vom 12.12.2011

    Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der vertraglich geschuldeten Mieten (einschließlich Nebenkosten) für den Zeitraum bis zur Beendigung des Vertrags durch fristlose Kündigung der Klägerin vom 12.12.2011.

    Völlig zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass die Regelungen in § 2 A.2.4 und A.2.5 MV bei verständiger Würdigung kumulative Geltung beanspruchen und auch unter Berücksichtigung der gleich lang bemessenen Fristen für die Ausübung der Option bzw. den Ausspruch der Kündigung und den jeweils in Betracht kommenden Verlängerungszeitraum nicht widersprüchlich oder irreführend sind. Die Option ist ein Gestaltungsrecht, das von dem Berechtigten die Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, also ein aktives Tun verlangt, um das Recht wirksam auszuüben. Dagegen ist es für eine Verlängerungsklausel typisch, dass durch Nichtstun der Vertrag verlängert wird und eine Vertragspartei kündigen muss, um die Verlängerung zu verhindern (vgl. Senat v. 18.11.2010, I-24 U 120/10, juris, Rn. 3 mwN). Verlängerungsoption und Verlängerungsklausel können kombiniert werden (vgl. BGH WM 1982, 1084). Der optionsbegünstigte Mieter kann in einem solchen Fall die Option sogar noch ausüben und damit die Beendigung des Mietverhältnisses verhindern, wenn der Vermieter zuvor gekündigt hat, da während des Optionszeitraumes das ordentliche Kündigungsrecht des Vermieters ausgeschlossen ist (vgl. BGH NJW 1985, 2581; Senat v. 18.11.2010, I-24 U 120/10, juris, Rn. 4; OLG Düsseldorf v. 06.09.2007, I-10 U 25/07, Rn. 18; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 186f mwN). Gerade deswegen macht das Nebeneinander von Verlängerungsoption und Verlängerungsklausel selbst dann noch Sinn, wenn - wie hier - die jeweiligen Fristen gleich lang bemessen sind.

    2. Mietausfall ab Wirksamwerden der Kündigung vom 12.12.2011 bis einschließlich Januar 2012

    Die Beklagte ist gem. §§ 535, 280 Abs. 1 BGB auch zum Ersatz des Mietausfalls für die Zeit ab Wirksamwerden der Kündigung bis einschließlich Januar 2012 verpflichtet. Dieser Anspruch umfasst auch die Nebenkostenzahlungen, die ohne die Pflichtverletzung des Mieters bei einer Fortsetzung des Mietverhältnisses zu zahlen gewesen wären.

    Endet ein befristetes Mietverhältnis vorzeitig durch fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus vom Mieter zu vertretenden Umständen (hier wegen Zahlungsverzugs), hat der Mieter dem Vermieter grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, der diesem in Gestalt der bis zum Ablauf der fest vereinbarten Vertragsdauer entgehenden Miete entsteht (vgl. OLG Düsseldorf v. 06.12.2007, I-10 U 138/06, OLGR 2009, 147; Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrecht, 10. Aufl., Rn. 1143). Der Anspruch umfasst grundsätzlich die gesamte noch verbleibende Vertragslaufzeit; kann der Mieter seinerseits das Mietverhältnis durch eine ordentliche Kündigung beenden, kann der Vermieter einen Nutzungsausfallschaden bis zum Ablauf der nächstmöglichen Kündigungsfrist ab Zugang seiner eigenen Kündigung verlangen (Schmidt/Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. § 542 Rn. 107).

    Im Rahmen des Schadensersatzanspruchs ist der Vermieter allerdings gem. § 254 Abs. 2 BGB verpflichtet, sich um die anderweitige Vermietung zu bemühen. Die ein Mitverschulden des Vermieters begründenden Umständen hat der Mieter darzulegen und zu beweisen (vgl. BGH v. 16.02.2005, XII ZR 162/01, NZM 2005, 340), der Vermieter muss lediglich seine Bemühungen darlegen (vgl. OLG Düsseldorf v. 06.12.2007, I-10 U 138/06, OLGR 2009, 147).

    Hier kann für den insoweit streitigen Monat Januar davon ausgegangen werden, dass die Klägerin trotz Bemühungen keinen Nachmieter hat finden können. Die fristlose Kündigung datiert vom 12.12.2011 und es ist scheint nahezu ausgeschlossen, dass sofort eingeleitete Weitervermietungsbemühungen bereits zum 01.01.2012 Erfolg hätten haben können. Ohne Erfolg wendet die Beklagte demgegenüber ein, sie habe der Klägerin bereits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 15.06.2011 (Anl. K3 = Bl. 37f GA) mitgeteilt, dass sie das Objekt zum Ablauf der ihrer Auffassung nach zum 30.06.2011 endenden Mietzeit ordnungsgemäß räumen und übergeben werde, was entsprechend auch erfolgt sei (Bl. 57 GA). Damit wusste die Klägerin zwar spätestens seit dem 30.06.2011, dass die Räume von der Beklagten nicht mehr genutzt werden würden. Allerdings konnte und durfte sie auf den Bestand des Mietvertrages vertrauen und dessen Einhaltung von der Beklagten verlangen. Dies hat sie der Beklagten gegenüber auch unmissverständlich mit anwaltlichem Schreiben vom 21.06.2011 (Anl. K4, Bl. 39 GA) zum Ausdruck gebracht. Es stellt auch keine schuldhafte Pflichtverletzung der Klägerin dar, dass sie die berechtigte fristlose Kündigung nicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt erklärt hat. Zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin sich - im Gegensatz zur Beklagten - vertragstreu verhalten hat.

    3. Nebenkosten 2011

    a.

    Die zunächst geltend gemachten Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Juli bis Dezember 2011 in Höhe von € 920,60 monatlich konnte die Klägerin nach Eintritt der Abrechnungsreife zum 31.12.2012 nicht mehr verlangen.

    Die Frist, innerhalb derer die Abrechnung der Nebenkosten erteilt werden muss, ist für die Geschäftsraummiete nicht gesetzlich geregelt. Für das Wohnraummietrecht bestimmt § 556 Abs. 3 S. 2 BGB, dass die Abrechnung spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach dem Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen ist. Für das Gewerberaummietrecht ist diese Vorschrift zwar nicht analog anwendbar. Allerdings nehmen Rechtsprechung und Literatur an, dass auch hier innerhalb einer angemessenen Frist Abrechnung zu erteilen ist; die angemessene Frist endet in der Regel spätestens ein Jahr nach Ablauf des Abrechnungszeitraums, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben oder der Vermieter eine verspätete Abrechnung nicht zu vertreten hat (BGH v. 27.01.2010, XII ZR 22/07, juris, Rn. 36ff mwN). Hier hatte die Abrechnung gem. § B.4.1 MV jährlich zu erfolgen, Abrechnungszeitraum war das Kalenderjahr (Bl. 15 GA). Mithin endete die angemessene Abrechnungsfrist für das Abrechnungsjahr 2011 am 31.12.2012. Hierauf ist die Klägerin durch Senatsbeschluss vom 02.04.2013 (Bl. 138 GA) hingewiesen worden.

    b.

    Einen Anspruch auf den sich aus der Nebenkostenabrechnung für 2011 ergebenden Saldo kann die Klägerin, die selbst keine Anschlussberufung eingelegt hat, in der Berufungsinstanz nur in Höhe der erstinstanzlich zuerkannten Vorauszahlungsbeträge von € 5.523,60 geltend machen.

    Mit Schriftsatz vom 16.04.2013 (Bl. 144ff GA) hat die Klägerin ihre Klage insoweit umgestellt, als sie anstelle der Vorauszahlungen nunmehr den sich aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung vom 01.10.2012 (Anl. K5 = Bl. 147ff GA) ergebenden Abrechnungs-saldo begehrt. Dies ist grundsätzlich zulässig. Der Übergang von der Nebenkosten- vorauszahlungsklage auf die Abrechnungsklage nach Eintritt der Abrechnungsreife ist kein Fall der Klageänderung, sondern einer gem. § 264 Nr. 3 ZPO zulässigen Klageumstellung (vgl. OLG Düsseldorf v. 09.10.2003, I-10U 174/02, juris, Rn. 7; v. 14.12.2000, 10 U 134/98, juris, Rn. 58).

    Allerdings ist hier zu beachten, dass die Klageumstellung erst in der Berufungsinstanz erfolgt und mit einer Klageerweiterung verbunden ist, die Klägerin aber selbst keine Anschlussberufung eingelegt hat. Unter diesen Umständen ist die Saldoklage nur zulässig, soweit der nach Klageumstellung begehrte Betrag den erstinstanzlich zugesprochenen Betrag nicht übersteigt, hier also in Höhe € 5.523,60. Eine zulässige Klageerweiterung in der Berufungsinstanz setzt ein zulässiges Rechtsmittel voraus (vgl. BGH v. 10.05.2011, VI ZR 152/10, juris, Rn. 9f; v. 14.05.2009, I ZR 98/06, juris, Rn. 12). Nur wenn dieses eingelegt ist, kann die Klage um einen Anspruch erweitert werden, mit dem das erstinstanzliche Gericht nicht befasst war (vgl. BGH v. 14.05.2009, I ZR 98/06, juris, Rn. 16). Dies gilt auch dann, wenn - wie hier - statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand gefordert wird, § 264 Nr. 3 ZPO; ohne Anschlussberufung ist selbst dies nur zulässig, soweit der nunmehr geltend gemachte Betrag den im angefochtenen Urteil zuerkannten nicht übersteigt (vgl. BGH v. 12.01.2006, VII ZR 73/04, juris, Rn. 9).

    Der die Vorauszahlungsbeträge übersteigende Saldo hätte mithin nur im Wege der Anschlussberufung begehrt werden können. Selbst wenn man eine Anschlussberufung konkludent in der geänderten Antragstellung sieht, erfolgte diese jedoch nicht innerhalb der Frist des § 524 Abs. 2 S. 2 ZPO. Eine Wiedereinsetzung in die Berufungserwiderungsfrist ist weder beantragt noch von Amts wegen gem. § 236 Abs. 2 ZPO zu gewähren, da die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung offenkundig nicht vorliegen. Die Betriebs- und Heizkostenabrechnung datiert vom 01.10.2012 und hätte innerhalb der bis zum 20.11.2012 verlängerten Berufungserwiderungsfrist (Bl. 123 GA) geltend gemacht werden können. Eines gerichtlichen Hinweises bedurfte es hierfür nicht; die Kenntnis einschlägiger und gefestigter Rechtsprechung ist bei einer anwaltlich vertretenen Partei vorauszusetzen.

    c.

    Der Anspruch auf den Abrechnungssaldo ist in Höhe von € 5.523,60 begründet. Die Klage ist in Höhe des zulässigerweise in die Berufungsinstanz eingeführten Teilbetrages der Abrechnung als Teilklage zu behandeln und schließt eine spätere Nachforderung des überschießenden Betrages nicht aus. Der Anspruch auf den Abrechnungssaldo ist vorliegend im Hinblick auf die nicht beanstandeten Positionen der Abrechnung teilbar; diesbezüglich ist auch Teilfälligkeit eingetreten.

    Aus der „Betriebs- und Heizkostenrechnung“ vom 01.10.2012 (Bl. 148 GA) ergibt sich selbst unter Außerachtlassung der von der Beklagten beanstandeten Positionen 014 bis 019 und 021 (neu hinzugetretene Positionen), 001 und 023 (Wasser), 004 (Müllabfuhr), 010 (Glasreinigung), 018 und 019 (Wartung Tore/Rampen, Sonnenschutz), 020 (Reparatur Gebäude), 022 (Verwaltergebühren) ein die Vorauszahlungsbeträge übersteigender Betrag. Dies ergibt sich aus folgender Übersicht:

    Abrechnungs-Position / beanstandet €
    / unbeanstandet €

    1 / 280,84 /
    2 / / 207,83
    3 / / 121,36
    4 644,37 /
    5 // 4366,32
    6 // 768,28
    7 // 103,58
    8 // 60,10
    9 // 547,88
    10 770,45 /
    11 // 1670,36
    12 // 854,02
    13 // 2265,80
    14 / 83,04 /
    15 / 56,09 /
    16 / 131,01 /
    17 / 113,02 /
    18 / 102,29 /
    19 / 127,87 /
    20 / 2392,95 /
    21 / 67,61 /
    22 / 1138,26 /
    23 / 167,57 /
    24 // 668,44
    Summe / 6075,37 / 11633,97
    ./. geleistete Vorauszahlungen 5523,60
    verbleiben 6110,37
    zulässigerweise geltend gemacht
    5523,60
    Diff. 586,77

    Unter Berücksichtigung der unstreitig gezahlten Vorauszahlungen umfasst der in der Berufungsinstanz zulässigerweise geltend gemachte Betrag von € 5.523,60 mithin die nicht beanstandeten Positionen 002, 003, 005 bis 009, 011 bis 013 in voller Höhe sowie die Position 024 in Höhe eines Teilbetrages von € 81,67 (€ 668,44 - € 586,77). Er erstreckt sich damit auf einen eindeutig individualisierbaren Teil des Abrechnungssaldos. Insoweit ist jedenfalls auch Teilfälligkeit eingetreten. Liegt eine ordnungsgemäße Abrechnung vor und besteht nur hinsichtlich einzelner Positionen Streit zwischen den Parteien, so bleibt die Abrechnung im Übrigen davon unberührt, sofern diese Positionen unschwer heraus gerechnet werden können; hinsichtlich der nicht beanstandeten Positionen tritt Teilfälligkeit ein (vgl. Langenberg in Schmitt-Futterer, § 556 Rn. 427; Beyerle in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 2006, Kap. 11 Rn. 163 mwN; BGH v. 14.02.2007, VIII ZR 1/06 Rn. 11 mwN betr. formelle Unwirksamkeit).

    4. Nebenkostenvorauszahlung Januar 2012

    Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlungen für Januar 2012. Allerdings kann die Klägerin nach dem in der Klageschrift enthaltenen Anpassungsverlangen eine Vorauszahlung nur in Höhe von € 1.060,16 verlangen. Dies entspricht einer um 0,346 € /qm erhöhten Vorauszahlung (statt wie begehrt 0,70 € /qm).

    Nach § B.4.3 MV (Bl.16 GA) kann die Klägerin eine Anpassung an geänderte Verhältnisse gem. § 315 BGB vornehmen. Dementsprechend hat das Anpassungsverlangen im Zweifel nach billigem Ermessen zu erfolgen (Abs. 1), erfolgt durch Erklärung gegenüber der anderen Partei (Abs. 2) und ist nur verbindlich, wenn es der Billigkeit entspricht (Abs. 3). Hier hat die Klägerin jedenfalls in der Klageschrift eine Anpassung verlangt. Dieses Verlangen entspricht in Höhe von 0,346 € /qm der Billigkeit. Ein Erhöhungsverlangen entspricht der Billigkeit, wenn es anhand einer nachvollziehbaren und prüffähigen Abrechnung nachvollzogen werden kann (vgl. OLG Dresden v. 12.03.2002, 5/23 U 2557/01, NJW-RR 2002, 801). Hier ist davon auszugehen, dass eine solche für das Jahr 2010 vorliegt. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass die Abrechnung für 2010 nachvollziehbar und prüffähig erteilt ist und sich daraus ein Nachzahlungsbetrag von € 1.662,76 ergibt. Hieraus folgt ein monatlicher Erhöhungsbetrag von 0,346 € /qm.

    5. Der Zahlungsanspruch der Klägerin berechnet sich insgesamt wie folgt:

    Nettomiete Juli 2011 bis Jan. 2012 7 x € 3.402,21 € 23.815,47

    Nebenkosten 2011 € 5.523,60

    Nebenkostenvorauszahlung 1/2012 € 1.060,16

    Gesamt € 30.399,23.

    6. Zinsen

    Der Zinsanspruch bezüglich des rückständigen Mietzinses folgt aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB. Dies gilt auch hinsichtlich der rückständig gewesenen Nebenkostenvor-auszahlungen für Juli bis Dezember 2011, jedoch nur bis zum Eintritt der Abrechnungsreife. Der Vermieter kann für die Zeit bis zur Abrechnungsreife auch dann noch Verzugszinsen auf rückständige Vorauszahlungen verlangen, wenn er wegen eingetretener Abrechnungsreife die Nebenkostenvorauszahlungen nicht mehr verlangen kann; ihm bleiben die aus dem Schuldnerverzug folgenden Rechte grundsätzlich auch nach dem Eintritt der Abrechnungsreife erhalten (vgl. BGH v. 26.09.2012, XII ZR 112/10, juris, Rn. 28f).

    Hinsichtlich des Teilbetrages aus der Betriebs- und Heizkostenabrechnung folgt der Zinsanspruch ebenfalls aus §§ 286 Abs. 1, 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB, da der Beklagten eine Zahlungsfrist bis 02.11.2012 gesetzt war. Der Zinsanspruch bezüglich des Mietausfallbetrages folgt aus §§ 291, 288 Abs. 2 BGB.

    II.

    Die Kostenentscheidung für die erste Instanz folgt aus folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Kostenentscheidung für die Berufungsinstanz aus §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 S. 2 (€ 770,45, Bl. 213 GA). Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

    Gründe für eine Zulassung der Revision nach §§ 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.

    Streitwert I. Instanz: € 30.539,85

    Streitwert II. Instanz: bis 16.04.2013 € 30.539,85

    bis 27.05.2013 € 37.201,99

    ab 28.05.2013 € 36.431,54

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 264 ZPO