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  • 17.04.2015 · IWW-Abrufnummer 144255

    Kammergericht Berlin: Beschluss vom 06.01.2015 – 1 W 369/14

    1. Die Teilung nach § 8 WEG erfordert keine gerichtliche Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

    2. Sondereigentum an einer ebenerdigen Terrasse, die keine vertikale Abgrenzung gegen Gemeinschaftseigentum oder fremdes Sondereigentum hat, darf nicht im Grundbuch eingetragen werden.


    Kammergericht Berlin

    Beschl. v. 06.01.2015

    Az.: 1 W 369/14

    Tenor:

    Die Beschwerde wird nach einem Wert von 290.000 EUR zurückgewiesen.
    Gründe

    Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 71 ff. GBO) aber unbegründet. Das Grundbuchamt hat den Antrag auf Vollzug der Anträge aus der Teilungserklärung im Ergebnis mit Recht zurückgewiesen, weil der Eintragung des Wohnungseigentums ein Hindernis entgegensteht, das auch auf die Zwischenverfügungen vom 21. Januar 2014 und 10. April 2014 nicht behoben worden ist (§ 18 Abs. 1 S. 2 GBO). Die Anträge auf Löschung der Belastungen Abt. II lfd. Nr. 2 und 3 sind als verbundene Anträge im Sinne von § 16 Abs. 2 GBO anzusehen, so dass sie mit der Zurückweisung des Antrags auf Eintragung des Wohnungseigentums ebenfalls zurückzuweisen waren.

    A)

    Allerdings ist entgegen der Ansicht des Grundbuchamts die Vorlage einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nicht erforderlich, obgleich für den Beteiligten zu 3 ein Betreuer bestellt ist.

    Gemäß § 1821 Abs. 1 Nr. 1 bedarf der Vormund zur Verfügung über ein Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstück der Genehmigung des Familiengerichts. Die Vorschrift findet gemäß § 1908i Abs. 1 BGB auf die Betreuung entsprechende Anwendung. Sie soll dazu dienen, dem Mündel/Betreuten den Grundbesitz als eine besonders wertvolle Art des Vermögens regelmäßig zu erhalten (Lafontaine in JurisPK-BGB, 7. Aufl., § 1821 Rdn. 3; Veit in Staudinger, BGB, [2014], § 1821 Rdn. 1 jeweils mit Verweis auf Motive zitiert nach Mugdan, IV 1136).

    Der Kreis der nach §§ 1821, 1822 BGB genehmigungspflichtigen Geschäfte ist grundsätzlich formal und nicht nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles zu bestimmen (BGHZ 52, 316). Dem steht jedoch eine Berücksichtigung des Schutzzwecks der Vorschrift nicht generell entgegen (Götz in Palandt, BGB, 74. Aufl., § 1821 Rdn. 1; Lafontaine aaO. Rdn. 8; Wagenitz in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1821 Rdn. 5). Möglich ist insbesondere eine teleologische Reduktion in Fällen, in denen schon nach generellen Merkmalen - und nicht erst aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalles - das Bedürfnis des Mündelschutzes schlechthin nicht gegeben ist (Brüggemann, FamRZ 1990, 124, 127; für den Fall der Vereinigung von Grundstücken auch Klüsener, Rpfleger 1981, 464; Saar in Erman, BGB, 14. Aufl., § 1821 Rdn. 9; Veit aaO. Rdn. 25).

    Eine Verfügung ist ein Rechtsgeschäft, das unmittelbar darauf gerichtet ist, auf ein bestehendes Recht einzuwirken, es also zu verändern, zu übertragen oder aufzuheben (BGHZ 1, 294, 304; 75, 221, 226). Die Beteiligten haben als Bruchteilseigentümer durch notariell beurkundete Teilungserklärung (UR-Nr. 2#/2## des Notars M### S###) das Grundstück gemäß 8 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt, d.h., sie haben das Eigentum an dem Grundstück in Miteigentumsanteile in der Weise geteilt, dass mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung in dem bereits errichteten Gebäude verbunden ist. Eine Übertragung der einzelnen Wohnungseigentumseinheiten an die einzelnen Beteiligten - was einen Fall des § 3 WEG begründet hätte - haben sie nicht vorgenommen. Das Bruchteilseigentum des Beteiligten zu 3 setzt sich deshalb an jedem der gebildeten Wohnungseigentumsrechte fort. Eine Übertragung oder Aufhebung eines Rechts findet daher nicht statt.

    Die Vorratsteilung nach § 8 WEG durch den Alleineigentümer wird auch nicht als Inhaltsänderung sondern als bloße Teilung des Vollrechts angesehen, weil in der Hand des Alleineigentümers Miteigentumsanteile, die durch Verbindung mit dem Sondereigentum an einer Raumeinheit inhaltlich geändert werden könnten, vor der Teilung gar nicht bestehen (BayObLG, NJW 1957, 1840; Bärmann/Pick, WEG, 19. Aufl., § 8 Rdn. 10; Krause in Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 8 Rdn. 1). Ob dies auch für die Vorratsteilung durch eine Bruchteilsgemeinschaft gilt, ist nur scheinbar zweifelhaft. Denn die dort bereits bestehenden Miteigentumsanteile werden gerade nicht jeweils mit dem Sondereigentum an einer Wohnung verbunden und dadurch inhaltlich verändert. Vielmehr besteht die Bruchteilsberechtigung an jedem der (neu) gebildeten Wohnungseigentumsrechte fort. Die Summe aller dieser Wohnungseigentumsrechte ist mit dem ungeteilten Grundstück identisch (Rapp in Staudinger, BGB, [2005], § 8 WEG Rdn. 3).

    Selbst bei Annahme einer Verfügung oder zumindest eines verfügungsähnlichen Rechtsgeschäfts (Armbrüster in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 12. Aufl., § 2 Rdn. 31) griffe jedoch das Genehmigungserfordernis des § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB nach seinem Sinn und Zweck nicht ein, weil die Teilung nach § 8 WEG ihrem generellen Inhalt nach den durch § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu schützenden Grundvermögensbestand des Betreuten nicht berührt (Armbrüster aaO. Rdn. 33). Der Betreute wird weder hinsichtlich Bestand und Ausübung seiner Grundeigentumsrechte noch in sonstiger Weise durch die Teilung rechtlich beeinträchtigt. Dabei muss auch nicht danach differenziert werden, ob der Inhalt des Sondereigentums gemäß § 5 Abs. 4 WEG abweichend von dem gesetzlichen Inhalt begründet wird (so aber Rapp aaO. Rdn. 20, dagegen Armbrüster aaO. Rdn. 32). Denn die Wohnungseigentümergemeinschaft als diejenige, der gegenüber der teilende Eigentümer durch Vereinbarungen gemäß § 5 Abs. 4 WEG gebunden sein könnte, entsteht erst mit der Eintragung des ersten Käufers (BGH, NJW 2008, 2639 [BGH 05.06.2008 - V ZB 85/07]) bzw. gegebenenfalls als faktische oder werdende Eigentümergemeinschaft mit der Eintragung einer ersten Auflassungsvormerkung (BGHZ 177, 53; Klein in Bärmann aaO. § 10 Rdn. 17). Durch das Genehmigungserfordernis für ein darauf gerichtetes Rechtsgeschäft ist der Betreute umfassend geschützt.

    B)

    Die beantragte Eintragung scheitert aber daran, dass Sondereigentum an der ebenerdigen Terrasse der Wohnung Nr. 2 nicht eingetragen werden kann.

    Sondereigentum kann gemäß § 3 Abs. 1 WEG nur an Räumen in einem Gebäude, nicht dagegen an Grundstücksflächen eingeräumt werden. Nach § 3 Abs. 2 WEG soll Sondereigentum nur eingeräumt werden, wenn die Wohnungen oder sonstigen Räume in sich abgeschlossen sind. Dass § 3 Abs. 2 WEG eine bloße "Soll-Vorschrift" ist, bedeutet dabei nur, dass bei einem Verstoß das eingetragene Wohnungseigentum weder nichtig noch anfechtbar ist (BGH, NJW 1990, 1111 [BGH 22.12.1989 - V ZR 339/87] mit Verweis auf die amtliche Begründung zu § 3 WEG, BR-Drucks. Nr. 75/1951; Böttcher in Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl. D Rdn. 108). Das Grundbuchamt hat bei der Eintragung die Sollvorschrift in gleicher Weise wie zwingende Vorschriften zu beachten (Böttcher aaO.; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 15. Aufl., Rdn. 2856).

    "In sich abgeschlossen" bedeutet dem Wortsinne nach "nicht ohne weiteres zugänglich" (GemSenat OGB, NJW 1992, 3290 [GmSOGB 30.06.1992 - GmS-OGB 1/91]). Systematische und teleologische Auslegung ergeben, dass das Erfordernis des Raumabschlusses nach § 3 Abs. 2 WEG seinen Grund darin findet, dass zum Sondereigentum gemäß § 13 Abs. 1 WEG - anders als bei schlichtem Miteigentum nach Bruchteilen - die alleinige Sachteil- und Raumherrschaft des Sondereigentums gehört. Dieser Herrschaftsbereich des Sondereigentums soll vermittels Abgeschlossenheit nach § 3 Abs. 2 WEG sowohl klar und dauerhaft abgegrenzt als auch gegen widerrechtliches Eindringen tatsächlich abgeschirmt werden (GemSenat OGB aaO.). Abgeschlossenheit erfordert deshalb - abgesehen von der Ausnahme des § 3 Abs. 2 S. 2 WEG - eine bauliche Gestaltung, nach der das jederzeitige Betreten durch Dritte nicht schon mangels körperlicher Abgrenzung nicht verhindert werden kann (zur Unschädlichkeit eines durch Gebrauchsregelung eingeräumten zeitweisen Betretensrechts vgl. BayObLG, NJW-RR 1989, 142). Diese Abtrennung kann durch Wände und Decken erfolgen (vgl. Allgemeine Verwaltungsvorschrift für die Ausstellung von Bescheinigungen gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 2 und § 32 Abs. 2 Nr. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes vom 19. März 1974, BAnz. Nr. 58 vom 23. März 1974), bei Balkonen und Terrassen aber auch dadurch, dass sie aufgrund ihrer Lage nur durch das Sondereigentum betreten werden können, zu dem sie gehören. Dies ist bei ebenerdigen Terrassen in der Regel wie auch bei der hier betroffenen Wohnung Nr. 2 nicht der Fall. Die Terrasse ist zur Gartenseite ohne körperliche Begrenzung, so dass nur ein (bisher in der Teilungserklärung nicht vorgesehenes) Sondernutzungsrecht, nicht aber Sondereigentum daran eingetragen werden könnte.

    Eine andere Beurteilung ist auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BGH vom 18. Juli 2008 (NJW 2008, 2982 [BGH 18.07.2008 - V ZR 97/07]) zu sogenannten "Luftschranken" nicht geboten. Der BGH hatte einen Sachverhalt zu bewerten, in dem das Wohnungseigentum im Grundbuch bereits eingetragen war, die Ausführung des Gebäudes aber vom Aufteilungsplan in der Weise abwich, dass statt der eingetragenen zwei Räume, die verschiedenen Wohnungseigentumseinheiten zugeordnet waren, nur ein Raum mit der Fläche der geplanten zwei Räume erstellt worden war. Der BGH hat hierzu ausgeführt, Sondereigentum sei entstanden, weil die Abgrenzung des Sondereigentums gegen das Gemeinschaftseigentum und gegen das sonstige Sondereigentum im Gebäude nicht unmöglich sei, sich vielmehr aus dem Aufteilungsplan ergebe. Ausdrücklich nicht befassen musste sich der BGH dabei jedoch mit dem Erfordernis der Abgeschlossenheit, weil das Sondereigentum im Grundbuch bereits eingetragen war und die Wirksamkeit der Entstehung des Wohnungseigentums nach dessen Eintragung nicht unter Berufung auf einen Verstoß gegen § 3 Abs. 2 WEG in Zweifel gezogen werden kann (s.o.).

    Eine Analogie zu § 3 Abs. 2 S. 2 WEG kommt nicht in Betracht. Der Gesetzgeber hat mit der Fiktion eines abgeschlossenen Raumes für Garagenstellplätze einem Bedürfnis nach Verkehrsfähigkeit einzelner Stellplätze Rechnung getragen (Gerono in Timme, WEG, 2. Aufl., § 3 Rdn. 59; Röll, DNotZ 1992, 221). Für Terrassen besteht ein solches Bedürfnis nicht. Sie müssen nicht ohne die Wohnung, zu der sie gehören sollen und der ein Sondernutzungsrecht an der Terrasse zugeordnet werden kann, verkehrsfähig sein.

    Eine Beanstandung der fehlenden Abgeschlossenheit ist dem Grundbuchamt schließlich auch nicht deshalb verwehrt, weil die Beteiligten eine Abgeschlossenheitsbescheinigung nach § 7 Abs. 4 Nr. 2 WEG vorgelegt haben. Die Abgeschlossenheitsbescheinigung der Baubehörde soll dem Grundbuchamt die Prüfung der Abgeschlossenheit erleichtern. Das Grundbuchamt hat jedoch in eigener Verantwortung zu prüfen, ob die Baubehörde § 3 Abs. 2 S. 1 WEG richtig ausgelegt hat (GemSenat OGB aaO.). Ergibt sich aus den Eintragungsunterlagen, dass die Abgeschlossenheitsbescheinigung unrichtig ist, darf das Grundbuchamt nicht eintragen (BayObLGZ 1990, 168; KG, Rpfleger 1985, 107; Böttcher aaO.; Kral in Hügel, GBO, 2. Aufl., Wohnungseigentum Rdn. 69; Schöner/Stöber aaO. Rdn. 2856).

    Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 61, 42 GNotKG.

    RechtsgebieteWEG, BGB, GBOVorschriften§ 3 Abs. 2 WEG; § 7 Abs. 4 S. 1 WEG; § 8 WEG; BGB § 1821 Abs. 1 Nr. 1; § 16 Abs. 2 GBO; § 18 Abs. 1 S. 2 GBO