08.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190502
Landgericht München I: Beschluss vom 08.11.2016 – 31 S 12371/16
Das Pflanzen von Bäumen auf einem Balkon bzw. einer Loggia ist grundsätzlich nicht mehr vom üblichen Mietgebrauch gedeckt (§ 535 Abs. 1 S. 1 BGB). Dem Anspruch des Vermieters auf deren Beseitigung (§§ 541, 1004 BGB) steht insbesondere auch Art. 20a GG nicht entgegen.
Landgericht München I
Beschl. v. 08.11.2016
Az.: 31 S 12371/16
In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
wegen Forderung
erlässt das Landgericht München I - 31. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX, die Richterin am Landgericht XXX und die Richterin am Landgericht XXX am 08.11.2016 folgenden
Beschluss
Tenor:
A) Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 01.07.2016, Aktenzeichen 461 C 26728/15, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Der Rechtssache kommt - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Beklagte hat insbesondere die Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen nicht im Einzelnen aufgezeigt bzw. die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit und das sich daraus ergebende Bedürfnis für ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs nicht dargestellt (vgl. BGH Urteil vom 11.05.2004 - XI ZB 39/03 ). In Bezug auf die aufgeworfene Rechtsfrage sind werden auch keine Ausführungen dazu gemacht, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese umstritten ist. Der Kammer sind aber auch weder vergleichbare Entscheidungen anderer Gerichte bekannt, noch dass die streitgegenständliche Rechtsfrage bereits schon einmal Gegenstand eines bei der Kammer oder beim Amtsgericht anhängigen Verfahrens gewesen wäre. Ebenso wenig ist bekannt oder wird vorgetragen, dass eine Vielzahl von Mietern das grundsätzliche Bedürfnis hat, einen Baum auf ihren Balkon bzw. Loggia zu pflanzen. Auch kann die Kammer die Ansicht des Beklagten nicht teilen, dass das streitgegenständliche Thema eine ganz grundsätzliche Frage des Naturschutzes betrifft. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
B) Die Klägerin verlangt als Vermieterin von dem Beklagten als Mieter einer Zwei-Zimmerwohnung in einem Wohnhaus in der Münchner Innenstadt (Maxvorstadt) die Beseitigung eines Baumes (Bergahorn), den der Beklagte auf seiner zur gemieteten Wohnung gehörenden Loggia gepflanzt hat. Dieser Baum war zunächst als junger Baum klein und in einem Topf gepflanzt gewesen. Über Jahre hinweg ist der Baum gewachsen.
Da der Holzkasten, in welchem der Baum zunächst gepflanzt war, mittlerweile teilweise verrottet ist, steht der Baum nunmehr direkt in der Erde auf dem Boden der Loggia, welche sich im dritten und letzten Stockwerk des Gebäudes befindet. Der Baum ist zudem eigens mit "3 Ketten und speziellen Spiralen als Ruckdämpfer", welche an der Hauswand verankert sind, gesichert.
Das Amtsgericht hat den Beklagten mit Endurteil vom 02.06.2016 verurteilt, den Ahornbaum samt Erdreich und Wurzelwerk fachgerecht dauerhaft zu beseitigen (§§ 541, 1004 BGB).
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Pflanzung des Baumes sich nach der Verkehrsanschauung nicht im Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs im Sinne des § 535 Abs.1 BGB hält. Zudem gehe von solchen Bäumen die Gefahr aus, dass sie umstürzen, da sie auf Loggien in Wohnhäusern keine genügende Verwurzelung ausbilden können. Die seitens des Beklagten angebrachte Stahlsicherung bedürfe der Erlaubnis des Vermieters, da die zum Befestigen verwendeten Dübel nicht den sonst üblichen Dübeln im Wohnungsinneren zum Anbringen von Regalen entsprechen würden. Auch verändere der streitgegenständliche Baum das äußere Erscheinungsbild des Hauses deutlich, dessen Gestaltung gem. § 903 BGB dem Vermieter zustehe. Dem gegenüber ergebe sich aus § 20a GG -nach Wortlaut und systematischer Stellung - als Staatsziel für den Beklagten keine grundrechtlich geschützte Position. Der Beseitigungsanspruch sei auch nicht verjährt, da es sich bei dem Pflanzen eines Baumes, welcher sich - etwa im Gegensatz zu einer Parabolantenne - fortlaufend verändere, um eine Dauerhandlung handle.
Hiernach habe die Verjährung in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Klägerin von dem unmittelbaren Wachsen des Baumes auf dem Balkon und von der Stahlkonstruktion Kenntnis hatte oder in Folge grober Fahrlässigkeit keine Kenntnis hatte. Der Beklagte hatte insoweit keinen früheren Termin als im Jahr 2015 benannt. Schließlich sei der Beseitigungsanspruch mangels Umstandsmoment auch nicht verwirkt, da der Beklagte keine Dispositionen von solchem Ausmaß getroffen hätte, dass nunmehr die Beseitigung des Baumes nicht mehr zumutbar wäre.
Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt mit dem Antrag, das Endurteil des Amtsgerichts München aufzuheben und die Klage abzuweisen. Auf den Hinweis der Kammer im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Berufung wurde diese nicht zurückgenommen, sondern eine Gegenerklärung abgegeben, in welcher weiterhin die Ansicht vertreten wird, dass die "Einstrahlung" von Art. 20a GG die möglichen Beeinträchtigungen durch den Baum überlagert.
C) Das Urteil des Amtsgerichts beruht jedoch weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs.1 ZPO). Auch begründen nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die streitgegenständliche Nutzung eines Balkons bzw. einer Loggia entspricht auch nach Ansicht der Kammer keineswegs der allgemeinen Nutzung, auch wenn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auf dem Balkon seiner Münchener Altbauwohnung mehrere Bäume gepflanzt haben mag und es auch sog. Baumfassaden - welche dann vermutlich auch als solche (städtebaulich) konzipiert und/oder vom Eigentümer akzeptiert sind - in Deutschland geben sollte.
Die vorliegende Pflanzung kommt aufgrund ihres Umfanges praktisch schon einer baulichen Veränderung gleich. Jedenfalls ist ein Balkon bzw. eine Loggia keine Fläche, auf der solche Pflanzungen üblich oder dafür vorgesehen sind. Der Bergahorn, welcher bis zu 40 Meter hoch werden und einen Stammumfang bis zu zwei Metern erreichen kann, findet seine Verwendung hauptsächlich als Garten-, Straßen-, Park- und Waldbaum (vgl. Baumportal.de unter: https://www.baumportal.de/Bergahorn.htm). Insbesondere ist er als sog. Tiefwurzler (vgl. Baumportal de. aaO.) für die Bepflanzung eines Balkons ersichtlich auch nicht geeignet.
Zudem ist aus den vorgelegten Lichtbildern erkennbar, dass durch die streitgegenständliche Nutzung das Erscheinungsbild der Hausfassade optisch beeinträchtigt wird. So ist die Krone des Baumes relativ groß, ungleichmäßig und ragt sogar über das Dach des Hauses hinaus. Die Loggia ist von außen betrachtet kaum noch zu erkennen. Der vom Beklagten genannte "Durchgrünungseffekt" verändert - entgegen der Ansicht des Beklagten - das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht zu seinem Vorteil, sondern erzeugt einen eher ungepflegten Eindruck.
Dass eine dauerhafte optische Veränderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes eine Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Vermieters und grundsätzlich ein rechtliches Argument für die Verpflichtung zur Beseitigung darstellt, hat der BGH in zahlreichen Entscheidungen zu den Parabolantennen festgestellt (vgl. z.B. BGH Urteil vom 10.10.2007 - VIII ZR 260/06). Auch das BVerfG (z.B. Urteil vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92) hat das Interesse des Eigentümers an der Bewahrung des Erscheinungsbildes seines Hauses als ein rechtlich relevantes Interesse anerkannt.
Dem steht kein überwiegendes berechtigtes Interesse seitens des Beklagten gegenüber. Insbesondere wird er durch die Beseitigung in seinem Mietgebrauch der Loggia oder auch in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht bzw. nicht wesentlich oder unzumutbar eingeschränkt. Unabhängig von der Frage, ob sich der Beklagte überhaupt auf Art. 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) - als formuliertes Staatsziel und nicht als ein Grundrecht - im Wege mittelbarer Drittwirkung berufen kann, ist der darin genannte Inhalt - Schutz der künftigen Generationen, der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere - durch die Beseitigung des einzelnen Baumes auf dem Balkon des Mietshauses in einer Großstadt nicht bzw. keinesfalls wesentlich berührt. Ein absolutes Verbot der Entfernung von Bäumen lässt sich dem Art. 20 a GG jedenfalls nicht entnehmen. Es ist jeweils im Einzelfall ein "stetiger Schutzgüter- und Interessenausgleich sowie eine dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechende Lösung der Konflikte zwischen Umweltinteressen einerseits und sonstigen Interessen andererseits (sog. praktische Konkordanz) zu suchen und zu finden" (Westphal, Art. 20a GG - Staatsziel "Umweltschutz", JuS 2000, 339, 340). Sofern der Beklagte als Beispiel u.a. die Parabolantennen anführt, so ist dort auf Seiten des jeweiligen Mieters - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - ein Grundrecht, nämlich Art. 5 GG (Meinungs- und Informationsfreiheit) unmittelbar betroffen. Aber auch in diesen Fällen ist nach der Rechtsprechung jeweils eine fallbezogene Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich, für die sich jede schematische Lösung verbietet (vgl. BGH Urteil vom 16.05.2007 - VIII ZR 207/04, BVerfG Urteil vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92). Auch diese Abwägung würde aufgrund der oben genannten Gesichtspunkte hier zu keinem anderen Ergebnis führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.
Beschl. v. 08.11.2016
Az.: 31 S 12371/16
In dem Rechtsstreit
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
gegen
- Beklagter und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte:
wegen Forderung
erlässt das Landgericht München I - 31. Zivilkammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht XXX, die Richterin am Landgericht XXX und die Richterin am Landgericht XXX am 08.11.2016 folgenden
Beschluss
Tenor:
- Die Berufung der beklagten Partei gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 01.07.2016, Aktenzeichen 461 C 26728/15, wird zurückgewiesen.
- Die beklagte Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts München ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
- Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1000,- € festgesetzt.
A) Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts München vom 01.07.2016, Aktenzeichen 461 C 26728/15, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Der Rechtssache kommt - entgegen der Ansicht des Beklagten - auch keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der Beklagte hat insbesondere die Klärungsbedürftigkeit und Bedeutung für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen nicht im Einzelnen aufgezeigt bzw. die Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit und das sich daraus ergebende Bedürfnis für ein korrigierendes Eingreifen des Bundesgerichtshofs nicht dargestellt (vgl. BGH Urteil vom 11.05.2004 - XI ZB 39/03 ). In Bezug auf die aufgeworfene Rechtsfrage sind werden auch keine Ausführungen dazu gemacht, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite diese umstritten ist. Der Kammer sind aber auch weder vergleichbare Entscheidungen anderer Gerichte bekannt, noch dass die streitgegenständliche Rechtsfrage bereits schon einmal Gegenstand eines bei der Kammer oder beim Amtsgericht anhängigen Verfahrens gewesen wäre. Ebenso wenig ist bekannt oder wird vorgetragen, dass eine Vielzahl von Mietern das grundsätzliche Bedürfnis hat, einen Baum auf ihren Balkon bzw. Loggia zu pflanzen. Auch kann die Kammer die Ansicht des Beklagten nicht teilen, dass das streitgegenständliche Thema eine ganz grundsätzliche Frage des Naturschutzes betrifft. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
B) Die Klägerin verlangt als Vermieterin von dem Beklagten als Mieter einer Zwei-Zimmerwohnung in einem Wohnhaus in der Münchner Innenstadt (Maxvorstadt) die Beseitigung eines Baumes (Bergahorn), den der Beklagte auf seiner zur gemieteten Wohnung gehörenden Loggia gepflanzt hat. Dieser Baum war zunächst als junger Baum klein und in einem Topf gepflanzt gewesen. Über Jahre hinweg ist der Baum gewachsen.
Da der Holzkasten, in welchem der Baum zunächst gepflanzt war, mittlerweile teilweise verrottet ist, steht der Baum nunmehr direkt in der Erde auf dem Boden der Loggia, welche sich im dritten und letzten Stockwerk des Gebäudes befindet. Der Baum ist zudem eigens mit "3 Ketten und speziellen Spiralen als Ruckdämpfer", welche an der Hauswand verankert sind, gesichert.
Das Amtsgericht hat den Beklagten mit Endurteil vom 02.06.2016 verurteilt, den Ahornbaum samt Erdreich und Wurzelwerk fachgerecht dauerhaft zu beseitigen (§§ 541, 1004 BGB).
Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, dass die Pflanzung des Baumes sich nach der Verkehrsanschauung nicht im Rahmen des vertragsmäßigen Gebrauchs im Sinne des § 535 Abs.1 BGB hält. Zudem gehe von solchen Bäumen die Gefahr aus, dass sie umstürzen, da sie auf Loggien in Wohnhäusern keine genügende Verwurzelung ausbilden können. Die seitens des Beklagten angebrachte Stahlsicherung bedürfe der Erlaubnis des Vermieters, da die zum Befestigen verwendeten Dübel nicht den sonst üblichen Dübeln im Wohnungsinneren zum Anbringen von Regalen entsprechen würden. Auch verändere der streitgegenständliche Baum das äußere Erscheinungsbild des Hauses deutlich, dessen Gestaltung gem. § 903 BGB dem Vermieter zustehe. Dem gegenüber ergebe sich aus § 20a GG -nach Wortlaut und systematischer Stellung - als Staatsziel für den Beklagten keine grundrechtlich geschützte Position. Der Beseitigungsanspruch sei auch nicht verjährt, da es sich bei dem Pflanzen eines Baumes, welcher sich - etwa im Gegensatz zu einer Parabolantenne - fortlaufend verändere, um eine Dauerhandlung handle.
Hiernach habe die Verjährung in dem Zeitpunkt begonnen, in dem die Klägerin von dem unmittelbaren Wachsen des Baumes auf dem Balkon und von der Stahlkonstruktion Kenntnis hatte oder in Folge grober Fahrlässigkeit keine Kenntnis hatte. Der Beklagte hatte insoweit keinen früheren Termin als im Jahr 2015 benannt. Schließlich sei der Beseitigungsanspruch mangels Umstandsmoment auch nicht verwirkt, da der Beklagte keine Dispositionen von solchem Ausmaß getroffen hätte, dass nunmehr die Beseitigung des Baumes nicht mehr zumutbar wäre.
Gegen das Urteil hat der Beklagte Berufung eingelegt mit dem Antrag, das Endurteil des Amtsgerichts München aufzuheben und die Klage abzuweisen. Auf den Hinweis der Kammer im Hinblick auf die offensichtliche Unbegründetheit der Berufung wurde diese nicht zurückgenommen, sondern eine Gegenerklärung abgegeben, in welcher weiterhin die Ansicht vertreten wird, dass die "Einstrahlung" von Art. 20a GG die möglichen Beeinträchtigungen durch den Baum überlagert.
C) Das Urteil des Amtsgerichts beruht jedoch weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs.1 ZPO). Auch begründen nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Die streitgegenständliche Nutzung eines Balkons bzw. einer Loggia entspricht auch nach Ansicht der Kammer keineswegs der allgemeinen Nutzung, auch wenn der Prozessbevollmächtigte des Beklagten auf dem Balkon seiner Münchener Altbauwohnung mehrere Bäume gepflanzt haben mag und es auch sog. Baumfassaden - welche dann vermutlich auch als solche (städtebaulich) konzipiert und/oder vom Eigentümer akzeptiert sind - in Deutschland geben sollte.
Die vorliegende Pflanzung kommt aufgrund ihres Umfanges praktisch schon einer baulichen Veränderung gleich. Jedenfalls ist ein Balkon bzw. eine Loggia keine Fläche, auf der solche Pflanzungen üblich oder dafür vorgesehen sind. Der Bergahorn, welcher bis zu 40 Meter hoch werden und einen Stammumfang bis zu zwei Metern erreichen kann, findet seine Verwendung hauptsächlich als Garten-, Straßen-, Park- und Waldbaum (vgl. Baumportal.de unter: https://www.baumportal.de/Bergahorn.htm). Insbesondere ist er als sog. Tiefwurzler (vgl. Baumportal de. aaO.) für die Bepflanzung eines Balkons ersichtlich auch nicht geeignet.
Zudem ist aus den vorgelegten Lichtbildern erkennbar, dass durch die streitgegenständliche Nutzung das Erscheinungsbild der Hausfassade optisch beeinträchtigt wird. So ist die Krone des Baumes relativ groß, ungleichmäßig und ragt sogar über das Dach des Hauses hinaus. Die Loggia ist von außen betrachtet kaum noch zu erkennen. Der vom Beklagten genannte "Durchgrünungseffekt" verändert - entgegen der Ansicht des Beklagten - das Erscheinungsbild des Gebäudes nicht zu seinem Vorteil, sondern erzeugt einen eher ungepflegten Eindruck.
Dass eine dauerhafte optische Veränderung des Erscheinungsbildes des Gebäudes eine Beeinträchtigung des Eigentumsrechts des Vermieters und grundsätzlich ein rechtliches Argument für die Verpflichtung zur Beseitigung darstellt, hat der BGH in zahlreichen Entscheidungen zu den Parabolantennen festgestellt (vgl. z.B. BGH Urteil vom 10.10.2007 - VIII ZR 260/06). Auch das BVerfG (z.B. Urteil vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92) hat das Interesse des Eigentümers an der Bewahrung des Erscheinungsbildes seines Hauses als ein rechtlich relevantes Interesse anerkannt.
Dem steht kein überwiegendes berechtigtes Interesse seitens des Beklagten gegenüber. Insbesondere wird er durch die Beseitigung in seinem Mietgebrauch der Loggia oder auch in seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nicht bzw. nicht wesentlich oder unzumutbar eingeschränkt. Unabhängig von der Frage, ob sich der Beklagte überhaupt auf Art. 20a GG (Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen) - als formuliertes Staatsziel und nicht als ein Grundrecht - im Wege mittelbarer Drittwirkung berufen kann, ist der darin genannte Inhalt - Schutz der künftigen Generationen, der natürlichen Lebensgrundlagen und der Tiere - durch die Beseitigung des einzelnen Baumes auf dem Balkon des Mietshauses in einer Großstadt nicht bzw. keinesfalls wesentlich berührt. Ein absolutes Verbot der Entfernung von Bäumen lässt sich dem Art. 20 a GG jedenfalls nicht entnehmen. Es ist jeweils im Einzelfall ein "stetiger Schutzgüter- und Interessenausgleich sowie eine dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entsprechende Lösung der Konflikte zwischen Umweltinteressen einerseits und sonstigen Interessen andererseits (sog. praktische Konkordanz) zu suchen und zu finden" (Westphal, Art. 20a GG - Staatsziel "Umweltschutz", JuS 2000, 339, 340). Sofern der Beklagte als Beispiel u.a. die Parabolantennen anführt, so ist dort auf Seiten des jeweiligen Mieters - im Gegensatz zum vorliegenden Fall - ein Grundrecht, nämlich Art. 5 GG (Meinungs- und Informationsfreiheit) unmittelbar betroffen. Aber auch in diesen Fällen ist nach der Rechtsprechung jeweils eine fallbezogene Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich, für die sich jede schematische Lösung verbietet (vgl. BGH Urteil vom 16.05.2007 - VIII ZR 207/04, BVerfG Urteil vom 09.02.1994 - 1 BvR 1687/92). Auch diese Abwägung würde aufgrund der oben genannten Gesichtspunkte hier zu keinem anderen Ergebnis führen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.