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  • 07.11.2018 · IWW-Abrufnummer 205307

    Oberlandesgericht Dresden: Urteil vom 15.08.2018 – 5 U 539/18

    Treffen in einem Gewerberaummietvertrag eine Verlängerungsklausel und eine Verlängerungsoption für den Mieter aufeinander und hat der Vermieter der Verlängerung widersprochen, kann der Mieter regelmäßig durch Erklären der Option das Auslaufen des Mietvertrages verhindern.


    Oberlandesgericht Dresden

    Urt. v. 15.08.2018


    In dem Rechtsstreit
    S. R. S.
    - Klägerin und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigter:
    Rechtsanwalt M. N.
    gegen
    XXX-Gastro GmbH
    vertreten durch die Geschäftsführerin G. S.
    - Beklagte und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte:
    Rechtsanwälte P., A., O.

    wegen Forderung

    hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
    Richter am Oberlandesgericht A. als Einzelrichter

    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15.08.2018

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Chemnitz vom 02.03.2018 (4 O 891/17) abgeändert und die Klage abgewiesen.
    2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.
    3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    4. Die Revision wird nicht zugelassen.
    Gründe

    I.

    Die Parteien streiten über die Beendigung eines Mietverhältnisses über eine Werbefläche.

    Die Beklagte schloss mit der damaligen Eigentümerin des Grundstückes T. x in A. am 05.12.2007 einen Mietvertrag (Anlage K 1) über die Nutzung einer Werbefläche an der zur Straßenseite gelegenen Giebelaußenfront des auf dem Grundstück aufstehenden Wohngebäudes zu einer jährlichen Miete von 600,00 EUR. Im Mietvertrag ist in § 5 (Vertragsdauer/Kündigung) geregelt:

    "1. Das Mietverhältnis beginnt am 01.01.2008 und endet am 31.12.2017.

    2. Das Mietverhältnis verlängert sich automatisch um weitere 10 Jahre, wenn es nicht innerhalb einer Frist von 3 Monaten vor Ablauf des Mietvertrages, d. h. bis zum 31.08.2017 gekündigt wird.

    3. Dem Mieter wird die Option eingeräumt auf eine Verlängerung des Mietvertrages um weitere zehn Jahre.

    4. Im Falle der Untervermietung ist darauf zu achten, dass der Untermieter nur bis zum Ende der unter § 5 Nr. 1 vereinbarten Vertragslaufzeit gebunden werden darf. Der Untermieter ist hierüber vom Mieter zu informieren."

    Nachdem das Grundstück auf den XXX und Frau G. M. übergegangen war, setzten die Parteien den Übergang des Mietvertrages auf den neuen Eigentümer im ersten Nachtrag zum Mietvertrag vom 18.01./07.02./22.02.2012 (Anlage B 3) um. Die Klägerin erwarb das Grundstück zum 01.04.2013 und trat auf Vermieterseite in den Mietvertrag ein.

    Die Beklagte vermietete die Werbetafel an eine ortsansässige xxx-Firma unter und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 13.03.2014 (Anlage K 2) mit. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis mit anwaltlichem Schreiben vom 18.07.2014 (Anlage K 3) unter Berufung auf § 5 des Mietvertrages ordentlich zum 31.12.2017 und forderte die Beklagte auf, bis zum 31.12.2017 die Werbetafel von der Giebelfläche des Gebäudes schadlos zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen. Die Beklagte erklärte mit Schreiben vom 11.05.2017, sie übe ihr Optionsrecht auf Verlängerung des Mietvertrages um weitere 10 Jahre aus. Vorsorglich übte die Beklagte erneut ihr Optionsrecht auf Verlängerung um weitere 10 Jahre im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.09.2017 auf Seite 4 aus.

    Die Klägerin hat vorgetragen, das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis sei aufgrund ihrer Kündigung vom 18.07.2014 zum 31.12.2017 beendet worden. Die ordentliche Kündigung zum 31.12.2017 sei rechtzeitig nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages erklärt worden und schließe die Ausübung der Option durch die Beklagte nach § 5 Nr. 3 des Mietvertrages aus. Nachdem die Klägerin ursprünglich die Feststellung der Beendigung des Mietverhältnisses und der Pflicht der Beklagten zur Beseitigung der Werbetafel zum 31.12.2017 begehrt hatte, beantragte sie zuletzt die Beklagte zur Entfernung der Werbetafel zu verurteilen.

    Die Beklagte hat vorgetragen, die Kündigung des Mietverhältnisses durch die Klägerin nach § 5 Nr. 2 hindere die Beklagte nicht, das ihr in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages eingeräumte Optionsrecht auszuüben, was sie mit ihrem Schreiben vom 11.05.2017 oder durch den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14.09.2017 getan habe. Ein Ausschluss des Optionsrechtes aus § 5 Nr. 3 des Mietvertrages durch die Kündigung nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages ergebe sich nicht durch die Auslegung des Mietvertrages und sei auch von den vertragschließenden Parteien seinerzeit nicht gewollt gewesen.

    Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.

    Das Landgericht hat die Beklagte mit dem Urteil vom 02.03.2018 verurteilt, die an der Außenfront des Gebäudes T. x in A. angebrachte Werbetafel zu entfernen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe das auf sie übergegangene Mietverhältnis mit dem anwaltlichen Schreiben vom 18.07.2014 wirksam zum 31.12.2017 gekündigt, insbesondere die Kündigungsfrist aus § 5 Nr. 2 des Mietvertrages eingehalten. Für diesen Fall stehe der Beklagten das in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages geregelte Optionsrecht nicht zu, weil es das Kündigungsrecht der Klägerin als Vermieterin aushebeln würde. Von dieser Regelung habe die Klägerin auch deshalb ausgehen können, weil dies im Kaufvertrag mit dem Voreigentümer stehe. Schließlich ergebe sich das Nichtbestehen des Optionsrechtes zugunsten der Beklagten auch aus der Regelung des § 5 Nr. 4 des Mietvertrages.

    Gegen das ihr am 16.03.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13.04.2018 Berufung eingelegt und diese am 14.05.2018 begründet. Sie trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht angenommen, dass das streitgegenständliche Mietverhältnis zum 31.12.2017 beendet worden sei, die Beklagte also nicht wirksam die in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages geregelte Option habe ausüben können. Zu Unrecht nehme das Landgericht an, das Optionsrecht der Beklagten habe das Kündigungsrecht der Klägerin aushebeln können. Im Vertrag seien sowohl das Kündigungsrecht als auch das Optionsrecht geregelt, so dass der vom Landgericht angenommene Widerspruch nicht bestehe. Zudem erschließe sich nicht, warum aus der Regelung in § 5 Nr. 4 des Mietvertrages ein Ausschluss des Optionsrechts der Beklagten folgen solle. Im Mietvertrag stehe das Kündigungsrecht nach § 5 Nr. 2 unabhängig und selbständig neben dem Optionsrecht nach § 5 Nr. 3, so dass die Optionsausübung durch die Beklagte zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere 10 Jahre geführt habe. Das zugunsten der Mieterin eingeräumte Optionsrecht diene dem Investitionsschutz und sei deshalb der Beklagten bewusst bei Vertragsschluss eingeräumt worden. Dazu seien auch bereits erstinstanzlich Zeugen benannt worden, welche das Landgericht nicht einvernommen habe.

    Die Beklagte beantragt,

    das Endurteil des Landgerichts Chemnitz vom 02.03.2018, Az. 4 O 891/17, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie verteidigt das Urteil des Landgerichtes unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Entgegen der Auffassung der Beklagten komme der Regelung in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages keine eigenständige Bedeutung zu, weil darin nur eine Ergänzung zu § 5 Nr. 2 des Mietvertrages gesehen werden könne bzw. ein Optionsrecht für den Mieter zur Verlängerung des Vertrages um 10 Jahre für den Fall der nach unterbliebener Kündigung eingetretenen Verlängerung. Dafür spreche auch der Wortlaut der Vorschrift, in der es heiße: "... um weitere 10 Jahre."

    II.

    Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, denn die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Entfernung der Werbetafel von der Außenfront des Hauses T. x in A. aus § 546 Abs. 1 BGB bzw. aus §§ 985, 1004 Abs. 1 BGB, weil der zwischen den Parteien bestehende Mietvertrag vom 05.12.2007 durch die Ausübung des Optionsrechtes nach § 5 Nr. 3 mit dem Schreiben der Beklagten vom 11.05.2017 über den 31.12.2017 hinaus um weitere 10 Jahre bis zum 31.12.2027 verlängert wurde. Das Mietverhältnis ist danach nicht i.S.v. § 546 Abs. 1 BGB beendet und die Beklagte kann dem Eigentumsrecht der Klägerin gemäß §§ 986 Abs. 1 S. 1, 1004 Abs. 2 BGB das Besitz- und Duldungsrecht für die Werbetafel aus dem Mietvertrag entgegenhalten.

    Das Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages um 10 Jahre wird der Beklagten in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages gewährt. Entgegen der Auffassung des Landgerichtes ist das Optionsrecht nicht dadurch erloschen, dass die Klägerin zuvor mit anwaltlichem Schreiben vom 18.07.2014 unter Berufung auf § 5 Nr. 2 des Mietvertrages die ordentliche "Kündigung" des Mietverhältnisses zum 31.12.2017, womit hier die Abgabe einer Willenserklärung gemeint ist, die den Eintritt der automatischen Vertragsverlängerung hindert (vgl. RG, Urteil vom 01.12.1923, V 216/23, RGZ 107, 300; BGH, Urteil vom 20.03.1985, VIII ZR 64/84, NJW 1085, 2581; Senatsbeschluss vom 08.11.2013, 5 U 1101/13, NZM 2014, 473), erklärt hat.

    Dies ergibt die Auslegung der Regelungen des Mietvertrages nach §§ 133, 157 BGB (dazu 1.). Die Beklagte hat das Optionsrecht mit dem Schreiben vom 11.05.2017 fristgerecht ausgeübt (dazu 2.). Das Mietverhältnis ist auch nicht durch eine nach dem Vortrag der Klägerin im Schreiben vom 18.07.2014 enthaltene ordentliche Kündigung aus wichtigem Grund beendet worden (dazu 3.).

    1. Zu den allgemein anerkannten Auslegungsgrundsätzen gehört, dass in erster Linie der von den Parteien gewählte Wortlaut und der dem Wortlaut zu entnehmende objektiv erklärte Parteiwille zu berücksichtigen sind (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2013, XI ZR 22/12, NJW 2013, 1519; Senatsurteil vom 28.02.2018, 5 U 1439/17, BeckRS 2018, 2620). Gleichzeitig gilt zwar auch, dass ein übereinstimmender Parteiwille dem Wortlaut und jeder anderen Interpretation vorgeht, selbst wenn er im Inhalt der Erklärung keinen oder nur einen unvollkommenen Ausdruck gefunden hat (vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2014, VIII ZR 302/13, NJW 2015, 409). Soweit sich eine Partei allerdings auf außerhalb der Urkunde liegende Umstände beruft, trifft sie unter dem Gesichtspunkt der Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Vertragsurkunde die Beweislast (vgl. BGH, Beschluss vom 11.11.2014, a.a.O.).

    a) Der danach zunächst zu berücksichtigende Wortlaut spricht für die Eigenständigkeit der Regelungen in § 5 Nr. 2 des Mietvertrages einerseits und in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages andererseits. Nach dem Wortlaut ist die Ausübung des Kündigungsrechts nach § 5 Nr. 2 für beide Vertragsparteien genauso wenig von einer Ausübung oder Nichtausübung der Option nach § 5 Nr. 3 des Mietvertrages abhängig wie umgekehrt. Für die Eigenständigkeit der beiden Rechte spricht auch die separate Regelung im Mietvertrag in jeweils selbständigen Absätzen (vgl. BGH, Urteil vom 14.12.2005, XII ZR 241/03, NZM 2006, 137 Tz. 15). Zudem sind sie in ihrer Ausgestaltung insoweit unterschiedlich, als die Option als Gestaltungsrecht ein aktives Tun zur Vertragsverlängerung erfordert, während bei der Verlängerungsklausel das Unterbleiben einer Willenserklärung die (automatische) Verlängerung herbeiführt (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.07.2013, 24 U 136/12, BeckRS 2013, 16681).

    Die Kombination der eigenständigen Regelung einer Verlängerungsklausel und eines Optionsrechtes ist zudem in Gewerberaummietverträgen zulässig und üblich (vgl. BGH, Urteil vom 20.03.1985, a.a.O., Urteil vom 19.03.1992, IX ZR 203/91, NJW 1992, 2281; Urteil vom 14.12.2005, a.a.O.; Leonhard in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, 1. Aufl., vor § 535 BGB Rn. 553).

    Dem Wortlaut des § 5 Nr. 3 des Mietvertrages kann nicht entnommen werden, dass das Optionsrecht für die Beklagte davon abhängig ist, dass sich das Mietverhältnis zuvor schon nach § 5 Nr. 2 um 10 Jahre ab dem 31.12.2017 verlängert hatte. Zu Unrecht beruft sich insofern die Klägerin auf die Formulierung in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages, dass es um eine Verlängerung um "weitere 10 Jahre" gehe. Aus dem Wortlaut des Vertrages lässt sich nicht entnehmen, dass sich das Wort "weitere" auf den § 5 Nr. 2 des Mietvertrages bezieht. Ebenso kann sich die Formulierung auf § 5 Nr. 1 des Mietvertrages beziehen, in welchem die vertragliche Festlaufzeit geregelt wird. Ein solches Verständnis entspricht auch einer vernünftigen Systematisierung des Kündigungsrechtes, denn es ist zunächst in Ziffer 1 von § 5 die vertragliche Festlaufzeit geregelt, während dann in den Ziffern 2 und 3 verschiedene Varianten folgen, die zu einer Verlängerung des Mietverhältnisses über den schon geregelten festen Zeitraum hinaus führen können. Die Klägerin nennt zudem keinen Grund und ein solcher ist auch nicht sonst erkennbar, warum allein der Umstand, dass sich das Mietverhältnis nicht nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages um weitere 10 Jahre verlängert hat, dazu führen soll, dass die Beklagte ihr in § 5 Nr. 3 des Mietvertrages gewährtes Optionsrecht nicht ausüben kann.

    b) Entgegen der Annahme des Landgerichtes wird durch die Möglichkeit der Optionsausübung in diesem Falle nicht das Kündigungsrecht der Klägerin ausgehebelt, sondern es verhält sich umgekehrt. Würde man der Auffassung des Landgerichtes folgen, dann hätte es die Klägerin als Vermieterin in der Hand, über den Widerspruch gegen die Verlängerung des Mietverhältnisses nach § 5 Nr. 2 das der Beklagten als Mieterin eingeräumte Optionsrecht zu verhindern. Es ist aber das Wesen eines Optionsrechtes (vgl. dazu Derleder/Pellegrino NZM 1998, 550, 555), dass damit einem Vertragspartner die Rechtsmacht eingeräumt wird, durch einseitige Erklärung - auch gegen den Willen des Vertragspartners - eine Verlängerung des Vertrages herbeizuführen. Wenn die Vertragsparteien also einer Vertragspartei, wie hier der Mieterin, ein Optionsrecht einräumen, so muss diese auch die Möglichkeit haben, dieses nach dem eigenen Willen zur Verlängerung des Mietvertrages einzusetzen. Das Optionsrecht gewinnt erst dann seine eigentliche Bedeutung für den Mieter, weil er dann das Auslaufen des Mietvertrages vermeiden kann, indem er fristgerecht optiert (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 20.03.1985, a.a.O.). Genau diese Möglichkeit hätte die Beklagte als Mieterin aber dann nicht, wenn der bloße Widerspruch gegen die Vertragsverlängerung nach § 5 Nr. 2 des Mietvertrages von Seiten des Vermieters genügte, um das Optionsrecht - einseitig - auszuschalten.

    c) Auch die weiteren Argumente des Landgerichtes für seine Auslegung überzeugen nicht. Soweit die Anlage zum Kaufvertrag der Klägerin mit dem Voreigentümer die Information enthält, der Mietvertrag liefe (nur) noch bis 2017, kann dies von vornherein nicht entscheidend die Auslegung des Mietvertrages beeinflussen, weil es sich dabei um ein Vertragsverhältnis zwischen dem Voreigentümer und dem späteren Eigentümer handelt, an welchem der Mieter gar nicht beteiligt ist. Der veräußernde Eigentümer kann nicht im Wege eines Vertrages zu Lasten Dritter Rechte aus dem Mietvertrag aufgeben, welche dem Mieter zustehen. Entscheidend kann es nur auf die Auslegung des Mietvertrages ankommen, nicht aber auf die Rechtsauffassung, welche der Veräußerer gegenüber seinem Vertragspartner vertritt.

    Auch aus der Regelung in § 5 Nr. 4 des Mietvertrages kann nichts Entscheidendes für die Frage der Auslegung der Vorschriften in § 5 Nr. 2 und § 5 Nr. 3 des Mietvertrages entnommen werden. Ihrem Wortlaut nach hat diese Vorschrift einen Hinweischarakter zugunsten des Untermieters, dessen Interessen insoweit geschützt werden sollen, als dieser nicht über die in § 5 Nr. 1 des Mietvertrages vereinbarte Vertragslaufzeit hinaus gebunden werden darf. Mit der Frage, inwieweit das Verhältnis der §§ 5 Nr. 2 und 5 Nr. 3 des Mietvertrages ausgestaltet ist, befasst sich diese Vorschrift dagegen nicht. Es lässt sich auch im Übrigen aus der Vorschrift des § 5 Nr. 4 des Mietvertrages nichts entnehmen, was der dargestellten Auslegung zuwiderlaufen würde.

    d) Im Ergebnis spricht der Wortlaut der Vorschrift des § 5 des Mietvertrages für eine Eigenständigkeit der beiden Regelungen in § 5 Nr. 2 und § 5 Nr. 3, so dass die Optionsausübung des Mieters nicht von der automatischen Verlängerung des Mietvertrages abhängt. Zudem spricht für diese Auslegung auch, dass der Mieter andernfalls ein ihm zur eigenständigen Entscheidung zugewiesenes Recht, nämlich das Optionsrecht, durch eine einseitige Entscheidung des Vermieters verlieren könnte. Schließlich ist auch ein Bedürfnis für die Koppelung des Optionsrechtes an die zuvor erfolgte automatische Verlängerung weder erkennbar noch von der Klägerin dargelegt worden.

    Auf der Grundlage dieses Auslegungsergebnisses kommt es nicht auf den vom Landgericht nicht beachteten Beweisantritt der Beklagten im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 14.09.2017 auf Seite 3 an, wonach die Selbständigkeit des Optionsrechtes (zusätzlich) ausdrücklicher Parteiwille gewesen sein soll. Es kann deshalb hier auch dahinstehen, ob es sich um einen zulässigen Beweisantritt gehandelt hat, welcher die Wahrnehmung von Tatsachen durch die angebotenen Zeugen zum Gegenstand hatte.

    2. Die Beklagte hat das Optionsrecht mit ihrem Schreiben vom 11.05.2017 auch fristgerecht ausgeübt.

    Die vertragliche Regelung enthält für das Optionsrecht keine Frist, so dass es grundsätzlich bis zum Ende der Vertragslaufzeit ausgeübt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 14.07.1982, VIII ZR 196/81, NJW 1982, 2770; OLG Celle, Urteil vom 12.03.2014, 7 U 164/13 (L), ZMR 2014, 782), was die Beklagte getan hat.

    Bei der Auslegung eines Mietvertrages in der hier vorliegenden Konstellation einer festen Vertragslaufzeit mit einer zeitlich befristeten Verlängerungsoption muss allerdings hinsichtlich des Zeitpunktes der Optionsausübung durch den Mieter auch das schützenswerte Interesse des Vermieters berücksichtigt werden, rechtzeitig vor dem Ablauf des Mietvertrages zu wissen, ob er sich auf eine Fortsetzung des Vertrages mit dem Mieter einstellen muss. Die Option muss deshalb regelmäßig bis zum Ende der Kündigungsfrist erklärt werden, weil beide Vertragspartner mit dem Ablauf der Kündigungsfrist Gewissheit darüber haben sollen, ob das Mietverhältnis mit Ablauf der Festmietzeit endet oder fortgesetzt wird (vgl. BGH, Urteil vom 20.03.1985, a.a.O.; Beschluss vom 06.12.2000, XII ZR 167/98, BeckRS 2001, 91). Auch die bis zum 31.08.2017 laufende Kündigungsfrist aus § 5 Nr. 2 des Mietvertrages hat die Beklagte aber mit dem Schreiben zur Ausübung des Optionsrechts vom 11.05.2017 gewahrt.

    3. Die Klägerin beruft sich zu Unrecht im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.11.2017 darauf, dass die mit dem anwaltlichen Schreiben vom 18.07.2014 erklärte und auf § 5 Nr. 2 des Mietvertrages gestützte Kündigung des Mietvertrages zum 31.12.2017 unabhängig von der Regelung in § 5 Nr. 2 des Mietvertrages das Mietverhältnis ordentlich zum 31.12.2017 beendet hätte, weil ein wichtiger Grund für die ordentliche Beendigung des Mietvertrages vorgelegen habe.

    Wie bereits oben ausgeführt wurde, beinhaltet das Schreiben vom 18.07.2014 keine Kündigung im technischen Sinne, weil es ausdrücklich auf die Regelung in § 5 Nr. 2 des Mietvertrages gestützt ist und danach ein Widerspruch gegen die automatische Vertragsverlängerung erklärt wird. Im Übrigen scheidet eine ordentliche Kündigung des Mietvertrages deshalb aus, weil in § 5 des Mietvertrages eine Festlaufzeit und sodann Verlängerungsmöglichkeiten entweder über die Verlängerungsklausel oder über das Optionsrecht, welches hier wirksam von der Beklagten erklärt wurde, vorgesehen sind. Eine Beendigung des Mietverhältnisses durch ordentliche Kündigung kann deshalb derzeit frühestens zum 31.12.2027 erfolgen. Die Frage nach einem wichtigen Grund für die Erklärung der ordentlichen Kündigung stellt sich damit nicht. Die für Wohnraummietverhältnisse geltende Vorschrift des § 573 BGB greift im vorliegenden Falle nicht ein.

    Unabhängig davon weist der Senat darauf hin, dass ein wichtiger Grund für eine Beendigung des Mietvertrages nicht darin liegen kann, dass in dem langfristig abgeschlossenen Mietvertrag eine Erhöhung der Miete nicht vorgesehen ist. Dies beruht auf einer Entscheidung der vertragschließenden Parteien hinsichtlich der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung im Mietvertrag. Allein der Umstand, dass die Beklagte einen Untermieter gefunden hat, der bereit ist, eine höhere Miete zu zahlen, führt in dieser Konstellation nicht zu einem wichtigen Grund für eine Kündigung.

    III.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht bestehen. Der Senat hat unter Beachtung der höchstrichterlichen Rechtsprechung einen Einzelfall entschieden, bei dem es um die Auslegung der Bestimmungen eines Mietvertrages ging.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 535 Abs. 1 BGB