Oberlandesgericht Dresden
Urt. v. 10.07.2019
In dem Rechtsstreit
Kurhaus & Parkhotel W...... H...... GmbH i. L., ...
vertreten durch den Liquidator P... O......
- Klägerin, Widerbeklagte, Berufungsbeklagte u. Anschlussberufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte:
C...... C...... Rechtsanwälte, ...
gegen
B... M......
- Beklagte, Widerklägerin, Berufungsklägerin u. Anschlussberufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte L...... & K......, ...
wegen Forderung
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden durch
Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Dr. K......,
Richter am Oberlandesgericht A...... und
Richterin am Oberlandesgericht K......
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.06.2019
für Recht erkannt:
Tenor:
- Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 15.11.2018 (6 O 1863/15) abgeändert.
Die Klage und die Widerklage werden abgewiesen. - Die weitergehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
- Von den Kosten des Rechtsstreites tragen in I. Instanz die Klägerin 94 % und die Beklagte 6 % sowie im Berufungsverfahren die Klägerin 92 % und die Beklagte 8 %.
- Das Urteil ist in Bezug auf die Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 19.130,72 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus einem inzwischen beendeten Mietverhältnis über Gewerberäume im Erdgeschoss und im Keller des Anwesens B......straße x in D...... die Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum April 2011 bis August 2012 und eine Nachzahlung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010, während die Beklagte mit ihrer Widerklage die Auszahlung der von ihr geleisteten Kaution verlangt.
Die Parteien schlossen am 01.08.2008 einen Mietvertrag (Anlage K 1) über das streitgegenständliche Objekt zum Betrieb eines Cafés. Das Mietverhältnis sollte danach vom 20.08.2008 bis zum 31.05.2014 laufen, während die Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses am 01.12.2008 beginnen sollte. In § 1 Nr. 1 des Mietvertrages (Mietobjekt) war geregelt:
"Die vermietete Fläche beträgt insgesamt ca. 177 m².
Die Mietfläche ist in den als Anlage 1 beigefügten Grundrissen rot markiert. Diese Lagepläne sind Bestandteil des Mietvertrages."
Als monatliche Nettokaltmiete war im Wege der Staffelmiete ab dem 01.12.2008 ein Betrag von 885,00 EUR und ab dem 01.08.2011 ein Betrag von 1.239,00 EUR jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer vereinbart. Ferner hieß es in § 4 des Mietvertrages (Mietzins) unter Ziffer 3.:
"Für die Berechnung der Kaltmiete wird die in § 1 angegebene Mietfläche als verbindlich und zutreffend zugrunde gelegt."
Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses standen die vermieteten Räumlichkeiten noch nicht in der in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages dargestellten Form zur Verfügung. Es mussten noch Baumaßnahmen ausgeführt werden, die in § 8 des Mietvertrages näher geregelt waren, nämlich dort in Nr. 2 für die Klägerin als Vermieterin und in Nr. 3 für die Beklagte als Mieterin. In § 1 des Mietvertrages (Mietobjekt) war dazu unter Nr. 2 geregelt:
"Die Mieträumlichkeiten stehen derzeit noch nicht in der in Ziffer 1 dargestellten Form zur Verfügung, da noch einzelne Baumaßnahmen notwendig sind, die in § 8 Ziffer 2 und 3 dieses Vertrages näher geregelt sind. Die Parteien sind deshalb darüber einig, dass der Vermieter, seine Erfüllungsgehilfen sowie vom Vermieter befugte Dritte berechtigt sind, während der Baumaßnahmen gemäß § 8 Ziff. 2 und 3 dieses Vertrages, längstens jedoch bis zum 30.11.08, die betroffenen Flächen zu betreten."
Die Beklagte zahlte gemäß § 6 des Mietvertrages eine Kaution in Höhe von 1.500,00 EUR an die Klägerin.
Mit dem Einschreiben vom 11.04.2011 (Anlage K 2) kündigte die Beklagte das Mietverhältnis außerordentlich zum 30.06.2011. Zur Begründung führte sie aus, die an sie überlassene Mietfläche habe lediglich eine Größe von 154,175 m², was eine Minderfläche von 12,9 % gegenüber der im Mietvertrag enthaltenen Fläche von 177 m² bedeute. Die Fortsetzung des Mietvertrages sei deshalb für sie unzumutbar. Wegen der Berechnung der Mietfläche stützte sich die Beklagte auf die Mietflächenbestimmung nach DIN 277 des öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs J...... H...... aus D...... vom 16.03.2011 (Anlage B 2). Die Klägerin wies die außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 19.04.2011 (Anlage K 3) zurück und begründete ihren Standpunkt in einem weiteren Schreiben vom 28.04.2011 (Anlage K 4) damit, dass jedenfalls keine Flächenabweichung zu Lasten der Beklagten von mehr als 10 % vorliege. Gleichwohl gewann die Klägerin einen Nachmieter, der zum 01.09.2012 die Räume des Mietobjektes bezog.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin ursprünglich die Zahlung von 23.286,83 EUR begehrt, welche sich aus rückständiger Miete für den Zeitraum von April 2011 bis August 2012 abzüglich gezahlter 487,90 EUR und aus der Nachzahlungsforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 vom 13.12.2011 (Anlage K 5) in Höhe von 394,80 EUR zusammensetzt. Wegen der Berechnung der Forderung im Einzelnen wird auf die Ausführungen auf Seite 4, 5 der Anspruchsbegründung vom 14.07.2015 (Bl. 13, 14 dA) und auf Seite 19 des klageerweiternden Schriftsatzes vom 09.11.2015 (Bl. 57 dA) Bezug genommen.
Die Klägerin hat vorgetragen, ihr stehe der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu, weil die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 unwirksam sei und diese gegen die Nachforderung wegen der Betriebskosten für das Jahr 2010 keine Einwendungen erhoben habe.
Für die außerordentliche Kündigung der Beklagten habe ein Kündigungsgrund nicht bestanden, weil die geltend gemachte Minderfläche zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 01.08.2008 nicht bestanden habe. Vielmehr sei eine Reduzierung der Mietfläche erst durch von der Beklagten nach § 8 Nr. 3 des Mietvertrages vorzunehmende Umbaumaßnahmen eingetreten, für welche die Klägerin nicht verantwortlich sei. Selbst wenn man aber die eingetretene Flächenreduzierung berücksichtige, sei diese unerheblich, weil sie weniger als 10 % der Gesamtmietfläche ausmache.
Nach der Berechnung des Ingenieurbüros H... aus D...... vom 22.04.2011 (Anlage K 9) betrage die Mietfläche 164,25 m², was einer Minderfläche von 7,2 % entspreche.
Mit dem Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 01.02.2016 hat die Klägerin die Klage, mit Zustimmung der Beklagten, in Höhe eines Teilbetrages von 3.036,90 EUR zurückgenommen, welcher sich aus den von der Klägerin aufgerechneten Gegenforderungen der Beklagten aus der Kaution in Höhe von 1.500,00 EUR und aus einem Erstattungsanspruch wegen nicht amortisierter Bauleistungen in Höhe von 1.536,90 EUR, welchen die Klägerin im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 09.11.2015 auf den Seiten 17 bis 19 (Bl. 55 bis 57 dA) näher berechnet, zusammensetzt. Die Klageforderung hat sich damit auf einen Betrag von 20.249,93 EUR zuzüglich Zinsen reduziert.
Die Beklagte hat vorgetragen, der Klägerin stünden ab dem Monat Juli 2011 keine Ansprüche auf Zahlung von Miete mehr zu, weil das Mietverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 wirksam zum 30.06.2011 beendet worden sei. Die Mietfläche habe zum maßgeblichen Zeitpunkt der Überlassung an die Beklagte nach den im Vertrag vorgesehenen Umbauarbeiten eine Größe von 157,503 m² gehabt, was einer Minderfläche gegenüber der vertraglich vereinbarten Mietfläche von 177 m² von 11,02 % entspreche. Die im Kündigungsschreiben vom 11.04.2011 angegebene Fläche von 154,175 m² sei auf 157,503 m² zu korrigieren, weil in der Mietflächenbestimmung vom 16.03.2011 aufgrund eines Additionsfehlers für die Fläche im Keller lediglich 8,729 m² berechnet worden seien, obwohl die Gesamtkellerfläche 12,057 m² umfasse. Die entsprechenden Umbauarbeiten seien nicht von der Beklagten, sondern von der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Brandschutzes zu verantworten.
Soweit noch Zahlungsansprüche der Klägerin wegen rückständiger Miete aus den Monaten April bis Juni 2011 und wegen der Nachzahlung aufgrund der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 bestünden, seien diese durch die Aufrechnung mit einem höheren Gegenanspruch der Beklagten erloschen, der ihr aus dem Gesichtspunkt des Bereicherungsrechtes wegen der von ihr aufgewendeten Umbaukosten zustehe, welche aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung nicht amortisiert worden seien. Insoweit stehe der Beklagten ein Zahlungsanspruch von 14.451,58 EUR zu. Hinzu komme ein Rückerstattungsanspruch im Umfang von 3.249,60 EUR wegen zuvor zu viel entrichteter Miete, bei welcher die Minderung aufgrund der Flächenabweichung zu Lasten der Beklagten nicht berücksichtigt worden sei. Mit ihrer Widerklage hat die Beklagte den Anspruch auf Rückzahlung der Kaution in Höhe von 1.500,00 EUR geltend gemacht.
Wegen des Sachvortrages im Übrigen und der in I. Instanz gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des Urteils des Landgerichts Bezug genommen.
Das Landgericht hat den Liquidator der Klägerin und die Beklagte zu den Umständen des Abschlusses des Mietvertrages persönlich angehört.
Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26.07.2018 Bezug genommen. Weitere Beweiserhebungen erfolgten nicht. Die in den Beweisbeschlüssen vom 04.08.2017 und vom 19.04.2018 angeordneten Beweiserhebungen wurden vom Landgericht wieder aufgehoben.
Mit dem Urteil vom 15.11.2018 hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 12.872,56 EUR nebst Zinsen und außergerichtliche Anwaltskosten von 361,90 EUR nebst Zinsen zu bezahlen, während es die weitergehende Klage und die Widerklage abgewiesen hat. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin könne aus dem Mietvertrag eine um 9 % geminderte Miete bis August 2012 verlangen, weil die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 unwirksam sei. Die Rechtsprechung des BGH, nach der nur eine Minderfläche von mehr als 10 % zur außerordentlichen Kündigung ohne Abmahnung berechtige, komme vorliegend nicht zum Tragen, und es sei auch eine Minderfläche lediglich von 9 %, nämlich im Umfang der als "Flur 1" bezeichneten Fläche im Keller festzustellen. Die noch bestehende Mietzinsforderung sei danach um 9 % zu mindern. Ferner stünden der Beklagten neben den von der Klägerin bereits vorgenommenen Abzügen in Höhe von 3.036,90 EUR noch weitere Gegenforderungen hinsichtlich der Restbauleistungen bezüglich der Bau- und Sanierungskosten aus § 8 Nr. 3 des Mietvertrages in Höhe von 1.939,10 EUR und in Höhe von 680,13 EUR zu. Im Ergebnis errechne sich die zugesprochene Forderung von 12.872,56 EUR.
Gegen das ihr am 17.12.2018 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.01.2019 Berufung eingelegt und diese - nach entsprechender Fristverlängerung - am 12.03.2019 begründet. Sie trägt vor, das Landgericht habe zu Unrecht die Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 angenommen und dabei eine Minderfläche lediglich von 9 % anstelle der tatsächlich bestehenden 11,02 % angenommen. Aus dem Gutachten des Vermessungsingenieurs H...... vom 16.03.2011 ergebe sich die berichtigte Gesamtfläche von 157,503 m², was einer Minderungsfläche von 11,02 % entspreche. Für den Fall, dass das Landgericht lediglich zu einer Minderfläche von 9 % gelangte, hätte es zumindest den von Seiten der Beklagten angebotenen Beweis darüber erheben müssen, dass die Minderfläche mehr als 10 % betrage. Zu Unrecht sei auch das Landgericht von einem behebbaren Mangel ausgegangen, weil die eingetretene Flächenreduzierung nicht behebbar gewesen sei. Zudem hätten sich Gründe für die außerordentliche Kündigung durch die Beklagte auch aus der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses ergeben, weil sich die Klägerin trotz wiederholter Aufforderung geweigert habe, die Bauleistungen der Beklagten nach § 8 Nr. 3 des Mietvertrages abzunehmen und die Mietfläche nach Durchführung der Umbauarbeiten zu vermessen. Zudem habe das Landgericht den Anspruch der Beklagten aus der durchgeführten Restbauleistung fehlerhaft berechnet, der tatsächlich 8.758,68 EUR betrage. Im Ergebnis sei deshalb aufgrund der wirksamen außerordentlichen Kündigung der Mietvertrag zum 30.06.2011 beendet worden, mit der Folge, dass ab dem Monat Juli 2011 Mietzinsansprüche gegen die Beklagte nicht bestünden. Soweit weitergehende Zahlungsansprüche der Klägerin aus der Zeit bis zum 30.06.2011 bestünden, seien diese infolge der Aufrechnung mit den übersteigenden Gegenansprüchen erloschen. Die Beklagte könne aber die Auszahlung ihrer Kaution in Höhe von 1.500,00 EUR verlangen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Dresden vom 15. November 2018, Az.
6 O 1863/15, aufzuheben und die Klage abzuweisen, sowie
die Klägerin auf die Widerklage zu verurteilen, 1.500,00 EUR an die Beklagte zu bezahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen sowie
im Wege der Anschlussberufung die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Dresden vom 15.11.2018 (Az.
6 O 1863/15) unter der Tenorziffer 1 zu verurteilen, an die Klägerin 17.630,72 EUR nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz
aus 3.724,70 EUR vom 06.07.2011 bis zum 30.08.2012,
aus 394,80 EUR vom 14.01.2012 bis 30.08.2012,
aus 1.474,41 EUR vom 06.08.2011 bis zum 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.09.2011 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.10.2011 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.11.2011 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.12.2011 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.01.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.02.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.03.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.04.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.05.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.06.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.07.2012 bis 30.08.2012,
aus weiteren 1.474,41 EUR vom 06.08.2012 bis zum 30.08.2012,
aus 17.630,72 EUR seit 01.09.2012
zu zahlen.
Die Klägerin verteidigt das Urteil des Landgerichtes gegen die Berufungsangriffe der Beklagten. Es sei zu Recht davon ausgegangen, dass die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 das Mietverhältnis mangels Vorliegens eines Kündigungsgrundes nicht habe beenden können. Das Landgericht habe zutreffend angenommen, dass es bereits an der erheblichen Flächendifferenz fehle. Schon auf der Grundlage des Gutachtens des Vermessungsingenieurs H...... sei die Flächenreduzierung unterhalb von 10 %. Dem Landgericht sei auch darin zuzustimmen, dass die von der Beklagten ins Feld geführte Rechtsprechung des BGH zur 10 %-Grenze bei der Flächenabweichung im vorliegenden Falle nicht eingreife, weil der Bundesgerichtshof dort von einer unbehebbaren Mangelhaftigkeit ausgehe, die hier nicht bestehe, weil die hinter einer Trockenbauwand verschwundene Fläche mit dem Einbau einer Brandschutztür habe zugänglich gemacht werden können. Auch die weiteren
Angriffe der Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil seien nicht durchgreifend.
Mit der Anschlussberufung macht die Klägerin geltend, das Landgericht habe zu Unrecht eine Mietminderung von 9 % angenommen, obwohl die Minderfläche mit 9 % gerade unterhalb der 10 %-Schwelle liege, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes für eine tatsächliche Vermutung für eine erhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit erforderlich sei. Es sei auch nicht anzunehmen, dass die Parteien im vorliegenden Falle eine echte Quadratmetermiete vereinbart hätten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine Mietminderung nicht eingetreten sei, errechne sich der mit der Anschlussberufung geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 17.630,72 EUR.
Die Beklagte beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf ihren Vortrag, wonach die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses vom 11.04.2011 wegen einer Minderfläche von 11,02 % wirksam war, so dass auch eine Mietminderung eingetreten sei, allerdings nicht nur im Umfang von 9 %, sondern im Umfang von 11,02 %.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend, nämlich soweit sie sich gegen die Klage wendet, Erfolg, während die Anschlussberufung unbegründet ist.
Die Klage ist im Ergebnis unbegründet.
Der Klägerin stand zwar aus dem Mietvertrag vom 01.08.2008 gemäß §
535 Abs. 2 BGB rückständige Miete für den Zeitraum April bis Juni 2011 und eine Nachforderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von insgesamt 2.838,87 EUR zu (dazu 1.). Diese Forderung war aber niedriger als die von der Klägerin anerkannten Gegenforderungen der Beklagten aus der Kaution von 1.500,00 EUR und aus der zugestandenen Erstattungsleistung in Höhe von 1.536,90 EUR, mit welchen die Klägerin ihre Forderung verrechnet und dann in dieser Höhe, nämlich im Umfang eines Teilbetrages von 3.036,90 EUR, die Klage - mit Zustimmung der Beklagten - bereits in I. Instanz zurückgenommen hat.
Ein der Klägerin auf die Klage zuzusprechender Betrag verbleibt damit nicht. Aufgrund der Verrechnung der Kaution durch die Klägerin ist die auf Rückzahlung der Kaution gerichtete Widerklage der Beklagten unbegründet. Insoweit hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg.
Der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Zahlung rückständiger Miete für den Zeitraum Juli 2011 bis August 2012 steht der Klägerin nicht zu, weil das mit dem Vertrag vom 01.08.2008 begründete Mietverhältnis infolge der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 zum 30.06.2011 endete (dazu 2.). Die Anschlussberufung der Klägerin hat deshalb keinen Erfolg.
1. Die Klägerin hatte aus dem Mietvertrag vom 01.08.2008 gemäß §
535 Abs. 2 BGB dem Grunde nach einen Anspruch auf Zahlung der Miete für die Monate April bis Juni 2011 und der Nachzahlung aus der von der Beklagten nicht beanstandeten Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 vom 13.12.2011.
Die Miete für den Zeitraum April bis Juni 2011 betrug aber nicht - wie von der Klägerin berechnet - 3.159,45 EUR (3 x 1.053,15 EUR), sondern nur 2.931,97 EUR, weil die Miete um 7,2 % zu reduzieren war. Die der Beklagten von der Klägerin tatsächlich überlassene Fläche des Mietobjektes wich nämlich um 7,2 % zum Nachteil der Beklagten vom vertraglich versprochenen Flächenumfang von 177 m² ab (dazu a), was zu einer entsprechenden Reduzierung bzw. Minderung der Miete führte, obwohl nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur für den Mieter nachteiligen Flächenabweichung (dazu b) regelmäßig auf eine (erhebliche) Beeinträchtigung der Tauglichkeit des Mietobjekts zum vertragsgemäßen Gebrauch nur geschlossen werden kann, wenn die tatsächliche Mietfläche mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibt, weil die Parteien im Mietvertrag vom 01.08.2008 eine echte Quadratmetermiete vereinbart haben (dazu c).
Unter Berücksichtigung des von der Beklagten auf den Zeitraum April bis Juni 2011 bereits gezahlten Betrages von 487,90 EUR und der offenen Forderung aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von 394,80 EUR verblieb danach ein Gesamtforderungsbetrag von 2.838,87 EUR für die Klägerin.
a) Die Parteien haben mit der Beschreibung des Mietobjektes in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 01.08.2008, in welcher auf die als Anlage 1 dem Mietvertrag beigefügten Grundrisse und die dort mit rotem Stift gekennzeichnete Mietfläche Bezug genommen wird, eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung bezüglich Größe und Zuschnitt des Mietobjektes getroffen und damit die von der Klägerin als Vermieterin geschuldete Leistung festgelegt (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2005,
XII ZR 254/01,
NJW 2005, 2152 unter II.3. der Gründe). Aus der Kennzeichnung der Mietfläche in den als Anlage 1 dem Mietvertrag beigefügten Grundrissen ist eindeutig zu ersehen, dass zur Mietfläche diejenigen Teilflächen gehören, die in der Flächenberechnung des Ingenieurbüros H... vom 22.04.2011 (Anlage K 9) in der rechten Spalte abgebildet sind, also im Erdgeschoss das Eck-Café, die Küche und das Lager, sowie im Kellergeschoss die WC's von Damen und Herren und die Flächen, die als Flur 2, Flur 3 und Flur 4 bezeichnet werden, nicht aber diejenige Fläche, die als Flur 1 bezeichnet wird. Diesem Verständnis der Kennzeichnung der Mietfläche in den als Anlage 1 dem Mietvertrag beigefügten Grundrissen hat auch keine der Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.06.2019 widersprochen. In der Addition der genannten Flächen ergibt sich eine Gesamtfläche des Mietobjektes von 164,25 m², was 12,75 m² weniger sind als die 177 m², welche in der Beschaffenheitsvereinbarung in § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 01.08.2008 enthalten sind. Die tatsächlich überlassene Mietfläche ist demnach zu Lasten der Beklagten um 7,2 % geringer als die vereinbarte Mietfläche.
Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 26.06.2019 behauptete, zwischen den Parteien sei unstrittig, dass die als "Flur 1" bezeichnete Fläche Bestandteil der Mietfläche sei, woran der Senat gebunden sei, trifft dies nicht zu. Vielmehr ist zwischen den Parteien unstrittig, dass sie am 01.08.2008 den als Anlage K 1 vorgelegten Mietvertrag geschlossen haben, in welchem in § 1 Nr. 1 der Umfang der Mietfläche bestimmt wurde. Dies ergibt sich mit der Wirkung gemäß §
314 S. 1 ZPO aus dem Tatbestand des Urteils des Landgerichts. Richtig ist, dass die Parteien im Laufe des Rechtsstreites unterschiedliche Auffassungen zur Rechtsfrage vertreten haben, wie die Regelung aus § 1 Nr. 1 des Mietvertrages auszulegen ist. Rechtsmeinungen der Parteien entfalten aber keine Bindungswirkung für die Entscheidung des Senates.
b) Vor dem Urteil des Bundesgerichtshofes vom 24.03.2004 (
VIII ZR 295/03,
NJW 2004, 1947) zur Wohnraummiete war umstritten, ob im Falle einer Flächendifferenz zu seinen Lasten der Mieter zur Begründung eines Mangels i.S.v. §
536 Abs. 1 BGB zusätzlich darzulegen hatte, dass die konkrete Minderfläche zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tauglichkeit des Mietobjekts zum vertragsgemäßen Gebrauch geführt hat.
Der BGH erkannte im Urteil vom 24.03.2004 (
a.a.O.) dahin, dass bei einer erheblichen Flächenabweichung zum Nachteil des Mieters eine tatsächliche Vermutung für eine (erhebliche) Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit spreche, so dass in diesem Falle kein gesonderter Nachweis für eine konkrete Beeinträchtigung erforderlich sei. Eine erhebliche Flächenabweichung zu Lasten des Mieters in diesem Sinne liege vor, wenn die tatsächlich überlassene Fläche mehr als 10 % hinter der vertraglich vereinbarten Größe zurückbleibe. Dieser Auffassung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes für die Wohnraummiete (bestätigt etwa in BGH, Urteil vom 29.04.2009,
VIII ZR 142/08,
NJW 2009, 2297) hat sich XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes für den Bereich des Mietvertrages über Gewerberäume, um den es im vorliegenden Falle geht, mit dem Urteil vom 04.05.2005 (
a.a.O.; unter II.4. c aa der Gründe) angeschlossen.
c) Die Parteien eines Mietvertrages vereinbaren eine echte Quadratmetermiete, wenn sie im Mietvertrag festlegen, dass sich die Miete aus der Größe des Mietobjektes in Quadratmetern multipliziert mit einem pro Quadratmeter zu zahlenden Mietpreis ergibt (vgl. Senatsbeschluss vom 01.07.2014,
5 U 1890/13,
NZM 2015, 697; KG, Urteil vom 25.01.2001,
8 U 9675/99,
GE 2001, 622; Kraemer NZM 1999, 156, 161; Wichert ZMR 2014, 947; Bartholomäi/Stellmann in Lindner-Figura/Oprée/Stellmann, Geschäftsraummiete, 4. Aufl., Kap. 10 Rn. 56).
Nach diesen Kriterien haben die Parteien im Mietvertrag vom 01.08.2008 eine echte Quadratmetermiete vereinbart. Dafür spricht nicht nur der Umstand, dass - wie schon das Landgericht auf Seite 18 des erstinstanzlichen Urteils festgestellt hat - die im Wege der Mietstaffel vereinbarte Nettokaltmiete nach § 4 Nr. 2 des Mietvertrages in der 1. Staffel einen Preis 5,00 EUR/m² vorsieht und in der 2. Staffel einen Mietpreis von 7,00 EUR/m². Vielmehr enthält § 4 Nr. 3 des Mietvertrages vom 01.08.2008 die ausdrückliche Regelung, dass für die Berechnung der Kaltmiete die in § 1 angegebene Mietfläche als verbindlich und zutreffend zugrunde gelegt wird. Damit bringen die Parteien unmissverständlich zum Ausdruck, dass es eine unmittelbare Verknüpfung zwischen der überlassenen Mietfläche einerseits und der Berechnung der Miethöhe andererseits gibt, was die Grundlage für die Annahme einer echten Quadratmetermiete ist.
Wegen der Vereinbarung einer echten Quadratmetermiete im Mietvertrag vom 01.08.2008 bestimmt sich der Betrag der von der Beklagten geschuldeten Miete unmittelbar auf der Grundlage der tatsächlichen Fläche, ohne dass es dabei entscheidend auf die Frage ankommt, ob die dem Mieter nachteilige Flächenabweichung unmittelbar zu einer Reduzierung der Miete führt oder ein Mangel des Mietobjektes i.S.v. §
536 Abs. 1 BGB auch unterhalb einer Flächenabweichung von 10 % zu Lasten des Mieters angenommen wird (i.d.S. bereits Senatsbeschluss vom 01.07.2014,
a.a.O.; ebenso KG, Urteil vom 25.01.2001,
a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2011,
24 U 56/11,
GE 2012, 616; V. Emmerich in Staudinger, BGB, Neubearb. 2018, § 536 Rn. 76; Blank in Blank/Börstinghaus, Miete, 5. Aufl., §
536 BGB Rn. 97a; Neuhaus, Handbuch der Geschäftsraummiete, 6. Aufl., Kap. 20 Rn. 101; Weidenkaff in Palandt, BGB, 78. Aufl., § 536 Rn. 22).
Aus der oben II.1.b) dargestellten Überlegung in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, dass im Falle einer negativen Flächenabweichung von mehr als 10 % zu Lasten des Mieters eine tatsächliche Vermutung für eine (erhebliche) Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit spricht, ergibt sich nämlich im Umkehrschluss, dass eine Beeinträchtigung der Tauglichkeit des Mietobjektes zum vertragsgemäßen Gebrauch im Einzelfall auch dann vorliegen kann, wenn die Flächendifferenz weniger als 10 % beträgt. Der Mieter muss in diesem Falle nur konkret darlegen, dass die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch erheblich beeinträchtigt ist (i.d.S. bereits Senatsbeschluss vom 01.07.2014,
a.a.O.; ebenso KG, Beschluss vom 15.08.2005,
8 U 81/05,
NZM 2005, 865; KG, Urteil vom 05.02.2009,
12 U 122/07,
NJOZ 2009, 2432; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.11.2011,
a.a.O.; V. Emmerich, a.a.O.; Neuhaus, a.a.O., Kap. 20 Rn. 99).
Maßgeblich für die Frage, inwieweit sich eine Flächenabweichung auf die Tauglichkeit des Mietobjekts zur Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauches auswirkt, ist in erster Linie, was die Parteien im konkret zu beurteilenden Vertrag vereinbart haben. Die Vertragsparteien legen nämlich fest, inwieweit eine bestimmte Eigenschaft des Mietobjektes, etwa die Größe von dessen Fläche, für den vertragsgemäßen Gebrauch des Mieters von (besonderer) Bedeutung ist. Danach kann eine erhebliche Flächenabweichung auch ein geringeres Gewicht haben, wenn davon Flächen betroffen sind, die nach der vertraglichen Vereinbarung als Nebenfläche anzusehen sind (vgl. BGH, Urteil vom 18.07.2012,
XII ZR 97/09,
NJW 2012, 3173). Im vorliegenden Falle aber existiert eine ausdrückliche vertragliche Vereinbarung, aus der sich die Bedeutung der Flächengröße für die Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ergibt. Die Parteien haben in § 4 Nr. 3 des Mietvertrages geregelt, dass für die Berechnung der Kaltmiete die in § 1 angegebene Mietfläche als verbindlich und zutreffend zugrunde gelegt wird. Jede Veränderung der tatsächlichen Mietfläche, wobei die Parteien auch nicht zwischen Haupt- und Nebenflächen unterscheiden, führt danach unmittelbar eine Änderung der Miethöhe herbei.
Im Ergebnis ist deshalb aufgrund der festgestellten Flächenabweichung zu Lasten der Beklagten als Mieterin die Höhe der Miete um 7,2 % reduziert bzw. gemindert, auch wenn die Flächenabweichung unterhalb von 10 % liegt.
Der Reduzierung bzw. Minderung der Miete steht entgegen der Auffassung der Klägerin nicht ein Ausschluss des Gewährleistungsrechtes der Beklagten wegen der Minderfläche aus §
536b BGB entgegen.
Da die Minderung an eine Minderfläche und nicht an eine konkret festgestellte Beeinträchtigung der Tauglichkeit des Mietobjektes anknüpft, müsste für eine Kenntnis i.S.v. §
536b BGB der Mieter die konkrete Flächengröße kennen, also vor Abschluss des Mietvertrages oder Übernahme der Mieträume nachgemessen haben. Dies aber wird von Seiten der Klägerin nicht einmal vorgetragen. Vielmehr hat die Beklagte eine Nachmessung der Räume erst im Frühjahr 2011 in Auftrag gegeben, also zu einem Zeitpunkt, in dem die in §
536b BGB genannten Zeitpunkte bereits verstrichen waren. Es liegt für den Senat auch auf der Hand, dass der Beklagten nicht als grobe Fahrlässigkeit i.S.v. §
536b S. 2 BGB entgegengehalten werden kann, dass sie nicht vor Übernahme der Mieträume selbst eine Vermessung durchgeführt hat (i.d.S. auch Kraemer NZM 1999, 156, 161 f. zu §
539 BGB a.F.; vgl. auch BGH, Urteil vom 29.04.2009,
a.a.O., Rn. 14).
2. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 hat das Mietverhältnis der Parteien zum 30.06.2011 beendet, weil die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus §
543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vorlagen (dazu a) und die Beklagte vor der Kündigung gemäß §
543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB eine erfolglose Frist zur Abhilfe nicht zu setzen brauchte (dazu b). Auf den von der Klägerin in Frage gestellten Umstand, ob der Beklagten die Fortsetzung des Mietverhältnisses i.S.v. §
543 Abs. 1 S. 2 BGB nicht mehr zugemutet werden konnte, kommt es nicht (zusätzlich) an, weil die Voraussetzungen des benannten Kündigungsgrundes aus §
543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2006,
XII ZR 33/04,
NJW 2007, 147 Rn. 10; Urteil vom 29.04.2009,
a.a.O., Rn. 16).
a) Das benannte Beispiel eines wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung zugunsten des Mieters in §
543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB greift ein, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil vorenthalten wird. Dieser Kündigungsgrund greift vor allem in den Fällen ein, in welchen das Mietobjekt mit einem Sach- oder Rechtsmangel behaftet ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2005,
a.a.O.; Alberts in Ghassemi-Tabar/Guhling/Weitemeyer, Gewerberaummiete, 1. Aufl., §
543 BGB Rn. 25).
Im vorliegend zu beurteilenden Falle stellt die festgestellte Abweichung der tatsächlich an die Beklagte überlassenen Fläche um 7,2 % zu deren Lasten von der im Vertrag vereinbarten Mietfläche nach den Ausführungen oben unter II.1.c) einen Sachmangel i.S.v. §
536 Abs. 1 BGB dar bzw. beeinträchtigt unmittelbar die Gewährung des vertragsgemäßen Gebrauches für die Beklagte als Mieterin, weil sie nach der Regelung der Parteien zur echten Quadratmetermiete in § 4 Nr. 3 des Mietvertrages unmittelbar zur Änderung der Miethöhe führt, welche ihrerseits die Gegenleistung für die Überlassung des Mietobjektes in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch tauglichen Zustand ist (§
536 Abs. 1 S. 1 BGB). Wenn nämlich die Flächenabweichung zu Lasten der Beklagten zu einer Reduzierung bzw. Minderung der Miete führt, wie dies oben unter II.1.c) dargelegt wurde, ist damit zugleich festgestellt, dass der Beklagten als Mieterin in erheblichem Maße der vertragsgemäße Gebrauch des Mietobjektes vorenthalten wird, so dass die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes aus §
543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB vorliegen. Sowohl bei der Minderung als auch bei der außerordentlichen Kündigung nach §
543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB kommt es auf die Wesentlichkeit der Gebrauchsbeeinträchtigung an (vgl. BGH, Urteil vom 04.05.2005,
a.a.O.; Neuhaus, a.a.O., Kap. 20 Rn. 100).
Es kann dabei offen bleiben, ob im Einzelfall bei Vereinbarung einer echten Quadratmetermiete und einer lediglich geringfügigen Abweichung zu Lasten des Mieters, etwa im Bereich von weniger als 1 %, der Vermieter konkret darlegen könnte, dass tatsächlich trotz der Vereinbarung der Quadratmetermiete keine erhebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit des Mietobjektes zum vertragsgemäßen Gebrauch vorliegt. Die im vorliegenden Falle festgestellte Flächenabweichung zu Lasten der beklagten Mieterin um mehr als 7 % ist jedenfalls erheblich, und es liegt kein ausreichender Vortrag von Seiten der Klägerin als Vermieterin vor, dass ausnahmsweise trotz dieser Abweichung die Erheblichkeitsschwelle nicht überschritten wäre.
b) Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung der Beklagten vom 11.04.2011 scheitert auch nicht daran, dass die Beklagte vor der Kündigung keine erfolglose Frist zur Abhilfe nach §
543 Abs. 3 S. 1 BGB gesetzt hat.
Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes aus §
543 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 BGB liegen vor, weil eine entsprechende Fristsetzung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg gehabt hätte. Der in der Überlassung einer zu geringen Fläche liegende Kündigungsgrund nach §
543 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB konnte nämlich durch die Klägerin mit einer Abhilfemaßnahme nicht beseitigt werden (vgl. BGH, Urteil vom 29.04.2009,
a.a.O., Rn. 14; Alberts, a.a.O., Rn. 73).
Unerheblich sind insoweit die Ausführungen der Klägerin im Verfahren dazu, ob eine Tür in die Trockenbauwand im Kellergeschoss hätte eingebaut werden können, um die hinter der Trockenbauwand "verschwundene" Fläche mit der Bezeichnung "Flur 1" wieder für die Beklagte zu aktivieren. Die Fläche mit der Bezeichnung "Flur 1" war nicht Bestandteil der vertraglich vereinbarten Mietfläche nach § 1 Nr. 1 des Mietvertrages vom 01.08.2008. Auf die Ausführungen oben unter II.1.a) wird Bezug genommen. Es lag vielmehr eine irrtümliche Fehlberechnung der Größe der überlassenen Fläche vor. Die Klägerin konnte deshalb aus der vertraglich vereinbarten Mietfläche, die tatsächlich lediglich 164,25 m² groß ist, nicht eine Fläche von 177 m² machen.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
92 Abs. 1 S. 1 2. Alt. ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§
708 Nr. 10 S. 2,
713 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren war nach §§
48,
47 GKG,
3 ZPO festzusetzen.
Die Revision war nicht nach §
543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, weil die dort genannten Zulassungsgründe nicht vorliegen. Der Senat hat auf der Grundlage der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung einen Einzelfall entschieden.