02.04.2020 · IWW-Abrufnummer 215073
Landgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 13.02.2020 – 2-13 S 133/19
Gilt das Kopfstimmrecht (§ 25 Abs. 2 WEG) hat ein Eigentümer, der Alleineigentümer einer Einheit ist und an einer weiteren Einheit als Miteigentümer beteiligt ist, für die ihm alleine gehörende Einheit eine Stimme, zudem besteht eine weitere Stimme für die Mitteigentümergemeinschaft.
LG Frankfurt 13. Zivilkammer
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 28.08.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.160 €
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Gültigkeit von Beschlüssen einer Eigentümerversammlung. In der Teilungserklärung ist in § 13 festgelegt, dass sich „das Stimmrecht… nach dem WEG“ bestimmt. Die Kläger sind gemeinsam Eigentümer der Einheit Nr. 2. Die beiden übrigen Wohnungseigentümer sind gemeinschaftlich zu je 1/2 Eigentümer der Wohnung Nr. 1, die Beklagte zu 1 ist darüber hinaus Eigentümerin der Wohnung Nr. 3.
Die Beklagten luden den Kläger mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 zu einer Wohnungseigentümerversammlung ein. Gegenstand der Versammlung sollte die Wahl eines Verwalters sein, mit der Einladung wurden 3 Angebote übersandt. Die Versammlung fand ohne den Kläger statt, unter TOP 1a wurde ein Verwalter gewählt unter TOP 1b ein Beschluss über den Verwaltervertrag gefasst.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Ungültigkerklärung der gefassten Beschlüsse.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar sei die Einladung fehlerhaft gewesen, dieses habe sich indes nicht ursächlich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt, da auch bei ordnungsmäßiger Einberufung der Versammlung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse die angefochtenen Beschlüsse gefasst worden wären. In der Sache sei die Beschlussfassung nicht zu beanstanden, denn entgegen der Auffassung der Kläger besäßen die Beklagten aufgrund des Stimmrechts nach § 25 Abs. 2 S. 1 WEG zwei Stimmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der die sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgen. Sie stützten ihre Berufung vor allem darauf, dass das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt sei, die Beklagten hätten zwei Stimmen und vertreten insoweit die Auffassung, ihnen stünde lediglich eine Stimme zu.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
1. Zu Recht ist das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt, dass den Beklagten gemäß § 25 Abs. 2 WEG zwei Stimmen zustehen.
Da sich nach der Teilungserklärung das Stimmrecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz richtet, gilt insoweit das sogenannte Kopfstimmenprinzip des § 25 Abs. 2 WEG, so dass jedem Eigentümer eine Stimme zusteht. In welchem Umfang insoweit Stimmrechte von Eigentümern bestehen, die an mehreren Wohnungseigentumseinheiten beteiligt sind, ist indes umstritten.
Zum Teil wird vertreten, dass in diesem Fall die Stimme der mehrfach berechtigten Wohnungseigentümer nur einmal zur Geltung kommen darf. Nach dieser Auffassung hat ein Eigentümer, der an mehreren Wohnungen berechtigt ist, ein Wahlrecht, für welche Wohnung er sein Stimmrecht ausübt. Für die andere Wohnung läge in entsprechender Anwendung des §§ 25 Abs. 5 WEG ein Stimmrechtsausschluss vor, denn die Vermehrung der Rechte dürfe nicht zu einer Vermehrung der Stimmen führen (Bassenge, FS Seuß, 1987, S. 33, 38 ff.; LG Lübeck, Beschluss vom 18.04.1986 ‒ 7 T 411/86).
Der BGH hat diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen (BGH NJW 2018, 552 Rn. 7).
Nach Auffassung der Kammer ist die zuletzt genannte Auffassung zutreffend. § 25 Abs. 2 S. 1 WEG stellt zunächst auf die Wohnungseigentümer ab und stellt sicher, dass jedem Alleineigentümer eine Stimme zusteht. § 25 Abs. 2 S. 2 WEG schränkt dies für den Fall, dass eine Wohnung im Eigentum mehrerer Personen steht, dahin ein, dass dies nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung führt, sondern weiterhin lediglich eine Stimme besteht, die einheitlich auszuüben ist. Bereits aus dem Aufbau des Gesetzes folgt, dass § 25 Abs. 2 S. 1 WEG die bestimmende Regel über die Stimmrechte ist. Maßgeblich ist daher, ob die Eigentümer verschiedener Einheiten identisch („jeder Wohnungseigentümer“) sind oder nicht.
Wohnungseigentümer und damit Träger des Stimmrechts ist insoweit nach allgemeinem Verständnis derjenige, der im Einklang mit der materiellen Rechtslage im Wohnungsgrundbuch als Eigentümer eingetragen ist (BGH NJW 2018, 552). Bei einer Teilidentität ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht von demselben Wohnungseigentümer auszugehen, sondern von verschiedenen Eigentümern, denen auch jeweils ein Stimmrecht zusteht. Denn wenn diese Gemeinschaften nicht in vollem Umfang personenidentisch sind, sind bereits nach materiellem Recht für die Wohnungen verschiedene Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Ob etwas anderes gilt, wenn verschiedene Einheiten denselben Eigentümern mit unterschiedlichen Beteiligungsquoten gehören (dazu Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 31 mwN), bedarf hier keiner Entscheidung, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Ebenso kann dahinstehen, ob lediglich ein Stimmrecht besteht, wenn ein Alleineigentümer auch die Personenmehrheit beherrscht (zum Problem ausf. Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 34), denn die Beklagten sind jeweils hälftige Eigentümer der Wohnung 1.
Die hier vertretene Auffassung ist sachgerecht und führt zu praktikablen Ergebnissen. Denn bei jeder anderen Auffassung stellen sich bei Beteiligten mit mehreren Einheiten kaum prognostizierbare Fragen nach der Zahl der berücksichtigungsfähigen Stimmen.
Dies ist aber nicht sachgerecht, denn es muss zweifelsfrei feststehen, wieviel Stimmen bei einer Abstimmung zu berücksichtigen sind.
Ausgeschlossen erscheint der Kammer zunächst ein Ergebnis, dass das Stimmrecht nur für die Köpfe berücksichtigt, die daraus resultieren, dass die Betreffenden Alleineigentümer einer Wohnung sind und das gemeinschaftliche Eigentum unberücksichtigt lässt. Angesichts der Bedeutung des Stimmrechtes in der Versammlung als das zentrale Mitgliedschaftsrecht des Wohnungseigentümers (BGH NJW 2018, 552 Rn. 9 mwN), hätte ein derartiger Stimmrechtsausschluss einer eindeutigen gesetzgeberischen Regelung bedurft. Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus § 25 Abs. 2 S. 2 WEG zu diesem Problem nichts, denn diese Norm erfasst alleine den Fall der Stimmabgabe für die Einheiten, die im gemeinschaftlichen Eigentum mehrerer Personen stehen und will Stimmrechtssplittungen verhindern. Die Norm regelt aber ‒ entgegen der Ansicht der Berufung ‒ den hier relevanten Fall nicht. Insoweit ist auch für eine erweiternde Anwendung des § 25 Abs. 5 WEG (so aber Bassenge aaO) kein Raum, denn ein Fall der dort beschriebenen Interessenkonflikte liegt nicht vor. Die Problematik einer derartigen Lösung zeigt sich in besonderer Weise, wenn die Eigentümerstruktur der gemeinschaftlichen Wohnung derart gestaltet ist, dass neben den Eigentümern, die auch eine eigene Wohnung haben, an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wohnung ‒ wie bei Erbengemeinschaften keineswegs selten und wie auch hier für den Beklagten zu 2 der Fall ‒ weitere Personen beteiligt sind. Hier würde die von der Berufung vertretene Auffassung dazu führen, dass ein Stimmrecht für die weiteren Eigentümer der gemeinschaftlichen Wohnung überhaupt nicht besteht, was dazu führt, dass die Eigentümer, die nicht auch Eigentümer einer eigenen Wohnung sind, von der Willensbildung vollständig ausgeschlossen sind. Dies ist mit § 25 WEG indes nicht zu vereinen.
Dieses Problem kann aber auch nicht dadurch gelöst werden, dass man das Stimmrecht nur für die gemeinsame Wohnung bestehen lässt und dort beteiligten Eigentümern für Wohnungen, die in ihrem Alleineigentum stehen, kein Stimmrecht mehr zubilligt. Dies könnte nämlich dazu führen, dass Miteigentümer durch den Eintritt ‒ etwa durch einen Erbfall - in ein gemeinschaftliches Eigentum ihr bisheriges Stimmrecht verlieren und im Falle einer Minderheitsbeteiligung an der gemeinsamen Wohnung die Willensbildung der Gemeinschaft ohne Einflussnahmemöglichkeit eines Alleineigentümers, der ‒ zufällig ‒ auch an einer Rechtsgemeinschaft beteiligt ist, erfolgen könnte. Für eine derartige Auslegung bietet § 25 WEG indes kein Anhalt.
Die Auffassung (Bassenge aaO), in diesen Fällen nach dem Willen der Eigentümer zu differenzieren, für welche Einheit die Stimme abgegeben wird, ist weder praktikabel noch in § 25 WEG angelegt, und vermischt das gesetzliche Kopfstimmprinzip mit einem nur durch Vereinbarung zu erreichenden Objektstimmprinzip, zumal völlig offen ist, wer bei entgegensetzten Interessen entscheiden können soll, für wen die Stimme abgegeben wird.
Eine unbillige Benachteiligung der anderen Eigentümer liegt auch nicht vor, denn diesen ist bei Erwerb von Wohnungseigentum mit Kopfstimmrecht klar, dass eine nachträgliche Vermehrung von Stimmrechten eintreten kann, wenn ein Eigentümer mehrere Einheiten hält und diese sukzessive veräußert. Hier entstehen auch dann mehrere Stimmrechte, wenn die Veräußerung an nahe Angehörige oder Gesellschaften erfolgt, die von dem Eigentümer der veräußernden Einheit beherrscht werden (BGH NJW 2018, 552). Ein vergleichbarer Fall liegt auch dann vor, wenn in einer Einheit ein weiterer Eigentümer hinzutritt. Fälle des unzulässigen Stimmrechtseinsatzes lassen sich insoweit über das Institut der Anfechtungsklage lösen.
2. Standen den Beklagten damit zwei Stimmrechte zu, war die Beschlussfassung entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu beanstanden.
Insoweit ist ‒ dies wird mit der Berufung allerdings auch nicht angegriffen ‒ auch die Auffassung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, dass sich die Einladung zu der Versammlung durch die insoweit nicht berechtigten beklagten Wohnungseigentümer auf die Beschlussfassung nicht ausgewirkt hat, da auch bei einer vorherigen Klage der Beklagten gegen den Kläger auf Zustimmung oder Miteinberufung zur Versammlung (dazu Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten § 24 Rn. 4 mwN) das Ergebnis der Abstimmung in der sodann ordnungsgemäß einberufenen Versammlung mit Sicherheit identisch wäre. In einem derartigen Fall ist nach von der Kammer geteilter Auffassung davon auszugehen, dass sich der formale Fehler auf das Beschlussergebnis nicht ausgewirkt hat (vgl. nur BGH NJW 2002, 1647, 1651; Bärmann/Merle § 23 Rn. 185 mwN), weshalb der Beschluss nicht bereits aus diesem Grund für ungültig zu erklären ist.
3. Nach alledem war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war zuzulassen, soweit die Frage der Stimmrechte betroffen ist (BGH NZM 2015, 785), da insoweit eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist, im Übrigen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Basis der Rechtsprechung des BGH.
13.02.2020
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Bensheim vom 28.08.2019 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 2.160 €
Gründe
I.
Die Parteien streiten um die Gültigkeit von Beschlüssen einer Eigentümerversammlung. In der Teilungserklärung ist in § 13 festgelegt, dass sich „das Stimmrecht… nach dem WEG“ bestimmt. Die Kläger sind gemeinsam Eigentümer der Einheit Nr. 2. Die beiden übrigen Wohnungseigentümer sind gemeinschaftlich zu je 1/2 Eigentümer der Wohnung Nr. 1, die Beklagte zu 1 ist darüber hinaus Eigentümerin der Wohnung Nr. 3.
Die Beklagten luden den Kläger mit Schreiben vom 3. Dezember 2018 zu einer Wohnungseigentümerversammlung ein. Gegenstand der Versammlung sollte die Wahl eines Verwalters sein, mit der Einladung wurden 3 Angebote übersandt. Die Versammlung fand ohne den Kläger statt, unter TOP 1a wurde ein Verwalter gewählt unter TOP 1b ein Beschluss über den Verwaltervertrag gefasst.
Mit der Klage begehrt der Kläger die Ungültigkerklärung der gefassten Beschlüsse.
Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zwar sei die Einladung fehlerhaft gewesen, dieses habe sich indes nicht ursächlich auf das Beschlussergebnis ausgewirkt, da auch bei ordnungsmäßiger Einberufung der Versammlung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse die angefochtenen Beschlüsse gefasst worden wären. In der Sache sei die Beschlussfassung nicht zu beanstanden, denn entgegen der Auffassung der Kläger besäßen die Beklagten aufgrund des Stimmrechts nach § 25 Abs. 2 S. 1 WEG zwei Stimmen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der die sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgen. Sie stützten ihre Berufung vor allem darauf, dass das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt sei, die Beklagten hätten zwei Stimmen und vertreten insoweit die Auffassung, ihnen stünde lediglich eine Stimme zu.
Wegen des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.
1. Zu Recht ist das Amtsgericht zu der Auffassung gelangt, dass den Beklagten gemäß § 25 Abs. 2 WEG zwei Stimmen zustehen.
Da sich nach der Teilungserklärung das Stimmrecht nach dem Wohnungseigentumsgesetz richtet, gilt insoweit das sogenannte Kopfstimmenprinzip des § 25 Abs. 2 WEG, so dass jedem Eigentümer eine Stimme zusteht. In welchem Umfang insoweit Stimmrechte von Eigentümern bestehen, die an mehreren Wohnungseigentumseinheiten beteiligt sind, ist indes umstritten.
Zum Teil wird vertreten, dass in diesem Fall die Stimme der mehrfach berechtigten Wohnungseigentümer nur einmal zur Geltung kommen darf. Nach dieser Auffassung hat ein Eigentümer, der an mehreren Wohnungen berechtigt ist, ein Wahlrecht, für welche Wohnung er sein Stimmrecht ausübt. Für die andere Wohnung läge in entsprechender Anwendung des §§ 25 Abs. 5 WEG ein Stimmrechtsausschluss vor, denn die Vermehrung der Rechte dürfe nicht zu einer Vermehrung der Stimmen führen (Bassenge, FS Seuß, 1987, S. 33, 38 ff.; LG Lübeck, Beschluss vom 18.04.1986 ‒ 7 T 411/86).
Demgegenüber wird andererseits die Auffassung vertreten, dass ein Eigentümer, der Alleineigentümer eine Einheit ist und darüber hinaus Bruchteilseigentümer einer weiteren Einheit, eine Stimme für die ihm allein gehörende Einheit hat und darüber hinaus eine Mitstimmberechtigung für die Einheit hat, an der er einen Bruchteil hält, wobei sich insoweit für diese Einheit die Verpflichtung zur einheitlichen Stimmabgabe aus § 25 Abs. 2 S. 2 WEG ergebe (OLG Frankfurt aM ZMR 1997, 156; OLG Dresden ZMR 2005, 894; Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten § 25 Rn. 11; Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 31; Jennißen/Schultzky § 25 Rn. 28; Bärmann/Merle § 25 Rn. 69; Riecke/Schmid § 25 Rn. 55; Mediger NZM 2011, 137, 139 ff.; Schneider, Wohnungseigentumsrecht, S. 248 f.).
Der BGH hat diese Frage bislang ausdrücklich offengelassen (BGH NJW 2018, 552 Rn. 7).
Nach Auffassung der Kammer ist die zuletzt genannte Auffassung zutreffend. § 25 Abs. 2 S. 1 WEG stellt zunächst auf die Wohnungseigentümer ab und stellt sicher, dass jedem Alleineigentümer eine Stimme zusteht. § 25 Abs. 2 S. 2 WEG schränkt dies für den Fall, dass eine Wohnung im Eigentum mehrerer Personen steht, dahin ein, dass dies nicht zu einer Stimmrechtsvermehrung führt, sondern weiterhin lediglich eine Stimme besteht, die einheitlich auszuüben ist. Bereits aus dem Aufbau des Gesetzes folgt, dass § 25 Abs. 2 S. 1 WEG die bestimmende Regel über die Stimmrechte ist. Maßgeblich ist daher, ob die Eigentümer verschiedener Einheiten identisch („jeder Wohnungseigentümer“) sind oder nicht.
Wohnungseigentümer und damit Träger des Stimmrechts ist insoweit nach allgemeinem Verständnis derjenige, der im Einklang mit der materiellen Rechtslage im Wohnungsgrundbuch als Eigentümer eingetragen ist (BGH NJW 2018, 552). Bei einer Teilidentität ist bereits nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht von demselben Wohnungseigentümer auszugehen, sondern von verschiedenen Eigentümern, denen auch jeweils ein Stimmrecht zusteht. Denn wenn diese Gemeinschaften nicht in vollem Umfang personenidentisch sind, sind bereits nach materiellem Recht für die Wohnungen verschiedene Eigentümer in das Grundbuch eingetragen. Ob etwas anderes gilt, wenn verschiedene Einheiten denselben Eigentümern mit unterschiedlichen Beteiligungsquoten gehören (dazu Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 31 mwN), bedarf hier keiner Entscheidung, denn ein solcher Fall liegt nicht vor. Ebenso kann dahinstehen, ob lediglich ein Stimmrecht besteht, wenn ein Alleineigentümer auch die Personenmehrheit beherrscht (zum Problem ausf. Staudinger/Häublein (2018) WEG § 25, Rn. 34), denn die Beklagten sind jeweils hälftige Eigentümer der Wohnung 1.
Die hier vertretene Auffassung ist sachgerecht und führt zu praktikablen Ergebnissen. Denn bei jeder anderen Auffassung stellen sich bei Beteiligten mit mehreren Einheiten kaum prognostizierbare Fragen nach der Zahl der berücksichtigungsfähigen Stimmen.
Dies ist aber nicht sachgerecht, denn es muss zweifelsfrei feststehen, wieviel Stimmen bei einer Abstimmung zu berücksichtigen sind.
Ausgeschlossen erscheint der Kammer zunächst ein Ergebnis, dass das Stimmrecht nur für die Köpfe berücksichtigt, die daraus resultieren, dass die Betreffenden Alleineigentümer einer Wohnung sind und das gemeinschaftliche Eigentum unberücksichtigt lässt. Angesichts der Bedeutung des Stimmrechtes in der Versammlung als das zentrale Mitgliedschaftsrecht des Wohnungseigentümers (BGH NJW 2018, 552 Rn. 9 mwN), hätte ein derartiger Stimmrechtsausschluss einer eindeutigen gesetzgeberischen Regelung bedurft. Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus § 25 Abs. 2 S. 2 WEG zu diesem Problem nichts, denn diese Norm erfasst alleine den Fall der Stimmabgabe für die Einheiten, die im gemeinschaftlichen Eigentum mehrerer Personen stehen und will Stimmrechtssplittungen verhindern. Die Norm regelt aber ‒ entgegen der Ansicht der Berufung ‒ den hier relevanten Fall nicht. Insoweit ist auch für eine erweiternde Anwendung des § 25 Abs. 5 WEG (so aber Bassenge aaO) kein Raum, denn ein Fall der dort beschriebenen Interessenkonflikte liegt nicht vor. Die Problematik einer derartigen Lösung zeigt sich in besonderer Weise, wenn die Eigentümerstruktur der gemeinschaftlichen Wohnung derart gestaltet ist, dass neben den Eigentümern, die auch eine eigene Wohnung haben, an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Wohnung ‒ wie bei Erbengemeinschaften keineswegs selten und wie auch hier für den Beklagten zu 2 der Fall ‒ weitere Personen beteiligt sind. Hier würde die von der Berufung vertretene Auffassung dazu führen, dass ein Stimmrecht für die weiteren Eigentümer der gemeinschaftlichen Wohnung überhaupt nicht besteht, was dazu führt, dass die Eigentümer, die nicht auch Eigentümer einer eigenen Wohnung sind, von der Willensbildung vollständig ausgeschlossen sind. Dies ist mit § 25 WEG indes nicht zu vereinen.
Dieses Problem kann aber auch nicht dadurch gelöst werden, dass man das Stimmrecht nur für die gemeinsame Wohnung bestehen lässt und dort beteiligten Eigentümern für Wohnungen, die in ihrem Alleineigentum stehen, kein Stimmrecht mehr zubilligt. Dies könnte nämlich dazu führen, dass Miteigentümer durch den Eintritt ‒ etwa durch einen Erbfall - in ein gemeinschaftliches Eigentum ihr bisheriges Stimmrecht verlieren und im Falle einer Minderheitsbeteiligung an der gemeinsamen Wohnung die Willensbildung der Gemeinschaft ohne Einflussnahmemöglichkeit eines Alleineigentümers, der ‒ zufällig ‒ auch an einer Rechtsgemeinschaft beteiligt ist, erfolgen könnte. Für eine derartige Auslegung bietet § 25 WEG indes kein Anhalt.
Die Auffassung (Bassenge aaO), in diesen Fällen nach dem Willen der Eigentümer zu differenzieren, für welche Einheit die Stimme abgegeben wird, ist weder praktikabel noch in § 25 WEG angelegt, und vermischt das gesetzliche Kopfstimmprinzip mit einem nur durch Vereinbarung zu erreichenden Objektstimmprinzip, zumal völlig offen ist, wer bei entgegensetzten Interessen entscheiden können soll, für wen die Stimme abgegeben wird.
Eine unbillige Benachteiligung der anderen Eigentümer liegt auch nicht vor, denn diesen ist bei Erwerb von Wohnungseigentum mit Kopfstimmrecht klar, dass eine nachträgliche Vermehrung von Stimmrechten eintreten kann, wenn ein Eigentümer mehrere Einheiten hält und diese sukzessive veräußert. Hier entstehen auch dann mehrere Stimmrechte, wenn die Veräußerung an nahe Angehörige oder Gesellschaften erfolgt, die von dem Eigentümer der veräußernden Einheit beherrscht werden (BGH NJW 2018, 552). Ein vergleichbarer Fall liegt auch dann vor, wenn in einer Einheit ein weiterer Eigentümer hinzutritt. Fälle des unzulässigen Stimmrechtseinsatzes lassen sich insoweit über das Institut der Anfechtungsklage lösen.
2. Standen den Beklagten damit zwei Stimmrechte zu, war die Beschlussfassung entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu beanstanden.
Insoweit ist ‒ dies wird mit der Berufung allerdings auch nicht angegriffen ‒ auch die Auffassung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, dass sich die Einladung zu der Versammlung durch die insoweit nicht berechtigten beklagten Wohnungseigentümer auf die Beschlussfassung nicht ausgewirkt hat, da auch bei einer vorherigen Klage der Beklagten gegen den Kläger auf Zustimmung oder Miteinberufung zur Versammlung (dazu Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten § 24 Rn. 4 mwN) das Ergebnis der Abstimmung in der sodann ordnungsgemäß einberufenen Versammlung mit Sicherheit identisch wäre. In einem derartigen Fall ist nach von der Kammer geteilter Auffassung davon auszugehen, dass sich der formale Fehler auf das Beschlussergebnis nicht ausgewirkt hat (vgl. nur BGH NJW 2002, 1647, 1651; Bärmann/Merle § 23 Rn. 185 mwN), weshalb der Beschluss nicht bereits aus diesem Grund für ungültig zu erklären ist.
3. Nach alledem war die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision war zuzulassen, soweit die Frage der Stimmrechte betroffen ist (BGH NZM 2015, 785), da insoweit eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erforderlich ist, im Übrigen handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Basis der Rechtsprechung des BGH.
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