02.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226159
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 12.10.2021 – VIII ZR 91/20
Zur Verletzung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) bei "Auswechselung" eines seitens des Vermieters angeführten Kündigungsgrunds durch das Berufungsgericht.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Oktober 2021 durch die Richterin Dr. Fetzer als Vorsitzende, den Richter Dr. Schmidt, die Richterinnen Wiegand und Dr. Matussek sowie den Richter Dr. Reichelt
beschlossen:
Tenor:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 66 - vom 30. März 2020 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als hinsichtlich der jeweils auf eine unberechtigte Untervermietung gestützten Kündigungen der Klägerin vom 26. Juli und vom 4. September 2019 sowie der auf vorsätzlich unwahren Prozessvortrag gestützten Kündigung vom 27. Januar 2020 zu deren Nachteil entschieden worden ist.
Im Übrigen - soweit die Kündigungen vom 26. Juli und vom 4. September 2019 auch auf die Nichterteilung von Auskünften gestützt wurden - wird die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem vorstehend genannten Urteil zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 9.120 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Beklagte mietete - gemeinsam mit zwei weiteren Personen, die inzwischen die Räumlichkeiten nicht mehr bewohnen - mit Vertrag vom 28. September 2015 von der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine in einem Mehrfamilienhaus gelegene Wohnung in Berlin. Die Nettomiete beträgt seit Mietbeginn 760 € im Monat zuzüglich monatlicher Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 240 €.
2
Gestützt auf einen Zahlungsrückstand in Höhe von insgesamt 2.600 € erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Mai 2019 die fristlose, hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Nach Zustellung der Räumungsklage hat der Beklagte den Rückstand ausgeglichen.
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Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin mit Schreiben vom 26. Juli 2019 und - so die Darstellung der Nichtzulassungsbeschwerde - mit weiterem Schreiben vom 4. September 2019 (jeweils) eine weitere fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärt. Diese hat die Klägerin darauf gestützt, der Beklagte habe die Wohnung ohne Erlaubnis untervermietet und die von ihm verlangten Auskünfte, welche Personen sich in der Wohnung aufhielten, nicht erteilt. Die (unberechtigte) Untervermietung habe die Klägerin anlässlich der Übergabe der Zahlungsverzugskündigung bemerkt, als ihrem Mitarbeiter mehrere Namen an dem zur Wohnung des Beklagten gehörenden Briefkasten sowie an der Klingel aufgefallen seien. Eine Befragung anderer Bewohner des Hauses habe ergeben, dass die Wohnung nicht nur von dem Beklagten genutzt werde.
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Das Amtsgericht hat - gestützt auf die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 7. Mai 2019 - der Räumungsklage der Klägerin stattgegeben.
5
Hiergegen hat der Beklagte Berufung eingelegt. In ihrer Berufungserwiderung vom 27. Januar 2020 hat die Klägerin eine weitere fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärt, welche sie auf - aus ihrer Sicht - "vorsätzlich wahrheitswidrig(en)" Prozessvortrag des Beklagten zur nicht erfolgten Untervermietung stützt.
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision - über welche der Senat gesondert entscheidet - hat es lediglich zu der - allein die auf Zahlungsverzug gestützte (ordentliche) Kündigung vom 7. Mai 2019 betreffenden Frage zugelassen, ob eine sogenannte Schonfristzahlung im Sinne von § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB auch eine auf denselben Mietrückstand gestützte ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam werden lasse.
7
Im Übrigen hat es die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, mit der sie die Zulassung der Revision mit dem Ziel begehrt, das amtsgerichtliche Urteil wiederherzustellen.
II.
8
Das Berufungsgericht (LG Berlin, WuM 2020, 281) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Neben der den Gegenstand des Revisionsverfahrens bildenden ordentlichen Kündigung wegen Zahlungsverzugs vom 7. Mai 2019 sei das Mietverhältnis auch durch die weiteren Kündigungen der Klägerin nicht beendet worden.
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Der mit der Kündigung vom 26. Juli 2019 - auf die Kündigung vom 4. September 2019 ist das Berufungsgericht nicht eingegangen - geltend gemachte Grund sei nicht feststellbar. In der Kündigung äußere die Klägerin ihren Verdacht einer fortgesetzten Untervermietung lediglich in der Art einer Mutmaßung, die aus dem Vorhandensein "fremder" Namensschilder am Briefkasten abgeleitet werde. Darüber hinaus führe sie ohne nähere Substantiierung aus, es lägen "Schilderungen aus der Hausgemeinschaft" zum Aufenthalt Dritter in der Wohnung vor. Angesichts der substantiierten Erwiderung des Beklagten genügten diese Ausführungen nicht zur schlüssigen Darlegung einer konkret behaupteten Pflichtverletzung.
11
Mit seinen Angaben habe der Beklagte in der Sache zugleich zu den von der Klägerin begehrten Auskünften bezüglich der Untervermietung Stellung genommen, deren vermeintliche Nichterteilung sie ebenfalls als Kündigungsgrund anführe.
12
Die weitere mit der Berufungserwiderung ausgesprochene Kündigung vom 27. Januar 2020 sei im Berufungsverfahren nicht zu berücksichtigen. Zentraler Grund für diese Kündigung solle der Umstand sein, dass sich der Beklagte in vorgerichtlicher Korrespondenz, welche von der Klägerin erstmals in zweiter Instanz angesprochen worden sei, vorsätzlich falsch zu den Nutzungsverhältnissen in der Wohnung erklärt habe. Damit wäre eine Klageerweiterung schon in der ersten Instanz vorzunehmen gewesen. In zweiter Instanz handele es sich um eine nach § 533 ZPO zu behandelnde nachträgliche Klagehäufung. Deren Voraussetzungen lägen nicht vor, da Gegenstand dieser Kündigung keine Behauptungen zu Umständen seien, die in zweiter Instanz ohnehin zu berücksichtigen wären. Vielmehr werde erstmals im Berufungsverfahren ein vollständig neuer Lebenssachverhalt vorgetragen.
III.
13
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erreicht. Sie hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch in der Sache Erfolg (§ 544 Abs. 9 ZPO), weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO). Das Berufungsgericht hat den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Denn es hat sowohl in mehrfacher Weise entscheidungserhebliches Vorbringen nicht berücksichtigt als auch zu hohe Anforderungen an die Substantiierung von Sachvortrag gestellt und infolgedessen den angebotenen Zeugenbeweis nicht erhoben.
14
1. Das Gebot rechtlichen Gehörs verpflichtet das entscheidende Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfGE 86, 133, 144; 96, 205, 216; BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, juris Rn. 14; vom 25. September 2020 - 2 BvR 854/20, juris Rn. 26; Senatsbeschlüsse vom 26. Mai 2020 - VIII ZR 64/19, NJW-RR 2020, 1019 Rn. 13; vom 10. November 2020 - VIII ZR 18/20, juris Rn. 11).
15
a) Dabei ist es allerdings nicht gehalten, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO). Liegen im Einzelfall jedoch besondere Umstände vor, aus denen sich ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Prozessbeteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist, ist ein Verstoß gegen die sich aus Art. 103 Abs. 1 GG ergebende Pflicht zur Berücksichtigung von Vorbringen gegeben (st. Rspr.; vgl. etwa BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO Rn. 15; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO; BGH, Beschluss vom 14. November 2019 - I ZB 54/19, juris Rn. 8). Geht das Gericht in seinen Entscheidungsgründen auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage nicht ein, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, Beschlüsse vom 27. Mai 2016 - 1 BvR 1890/15, aaO; vom 25. September 2019 - 2 BvR 854/20, aaO; BGH, Beschlüsse vom 14. November 2019 - I ZB 54/19, aaO; vom 10. November 2020 - VIII ZR 18/20, aaO Rn. 12; jeweils mwN).
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b) Ferner gebietet Art. 103 Abs. 1 GG in Verbindung mit den Grundsätzen der Zivilprozessordnung die Berücksichtigung erheblicher Beweisanträge. Die Nichtberücksichtigung eines solchen erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (st. Rspr.; siehe etwa BVerfGE 50, 32, 36; 65, 305, 307; 69, 141, 144; BGH, Beschlüsse vom 16. Juni 2016 - V ZR 232/15, juris Rn. 5; vom 11. Oktober 2016 - VIII ZR 300/15, NJW-RR 2017, 75 Rn. 10; vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 4; jeweils mwN).
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Dies gilt auch dann, wenn die Nichtberücksichtigung des Beweisangebots darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag einer Partei gestellt hat. Eine solche nur scheinbar das Parteivorbringen würdigende Verfahrensweise stellt sich als Weigerung des Tatrichters dar, in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise den Parteivortrag zur Kenntnis zu nehmen und sich mit ihm inhaltlich auseinanderzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 22. Juni 2009 - II ZR 143/08, NJW 2009, 2598 Rn. 2; Beschlüsse vom 6. Februar 2013 - I ZR 22/12, TranspR 2013, 430 Rn. 10; vom 16. April 2015 - IX ZR 195/14, NJW-RR 2015, 829 Rn. 9; vom 21. Februar 2017 - VIII ZR 1/16, NJW 2017, 1877 Rn. 10).
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2. Gemessen an diesen Maßstäben ist dem Berufungsgericht eine Gehörsverletzung nach Art. 103 Abs. 1 GG anzulasten.
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a) Bezüglich der auf eine unberechtigte Untervermietung gestützten Kündigung vom 26. Juli 2019 rügt die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht, dass das Berufungsgericht den hierzu (auch) in der Berufungserwiderung gehaltenen Vortrag nicht berücksichtigt hat.
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Nachdem der Beklagte im gerichtlichen Verfahren erstmals mit seiner Berufungsbegründung zur Kündigung wegen unberechtigter Untervermietung Stellung genommen hatte, hat die Klägerin hierauf in ihrer Berufungserwiderung näher vorgetragen. Hierin hat sie ausgeführt, ihr Mitarbeiter - der bereits die Zahlungsverzugskündigung vom 7. Mai 2019 an den Beklagten zugestellt hatte habe sich am 17. September 2019 (erneut) zur Wohnung des Beklagten begeben und ihm sei die Tür von zwei Herren geöffnet worden. Diese hätten angegeben, jeweils eines von zwei Zimmern der nicht über weitere abgeschlossene Zimmer verfügenden Wohnung zu bewohnen. Zudem sei den beiden in der Wohnung angetroffenen Personen nicht bekannt gewesen, wo der Beklagte wohnhaft sei. Die beiden namentlich genannten Personen stimmen mit denjenigen überein, welche die Klägerin bereits in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 4. September 2019 - mit welchem die (von der Nichtzulassungsbeschwerde als vom Berufungsgericht gehörswidrig übergangen gerügte) Kündigung vom selben Tag in das Verfahren eingeführt wurde - genannt hatte.
21
Auf diesen den wesentlichen Kern des Vortrags der Klägerin zum Vorliegen einer unerlaubten Gebrauchsüberlassung bildenden Sachvortrag ist das Berufungsgericht nicht eingegangen. Hierzu war es jedoch verpflichtet, da dieses Vorbringen in der Berufungserwiderung lediglich der näheren Erläuterung, Ergänzung, Ausfüllung sowie dem Beweis des im Kündigungsschreiben vom 26. Juli 2019 geltend gemachten Kündigungsgrunds diente und damit vorliegend zulässigerweise noch im Prozess nachgeschoben werden durfte (vgl. Senatsurteile vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 271/06, NJW 2007, 2845 Rn. 25; vom 12. Mai 2010 - VIII ZR 96/09, NJW 2010, 3015 Rn. 36; Senatsbeschluss vom 22. Juni 2021 - VIII ZR 134/20, NJW-RR 2021, 1093 Rn. 31).
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b) Zudem hat das Berufungsgericht überspannte Anforderungen an die Pflicht der Klägerin zur Substantiierung des Vorliegens eines Kündigungsgrunds gestellt, indem es angenommen hat, die Klägerin habe in ihrer Kündigung vom 26. Juli 2019 "ihren Verdacht einer fortgesetzten Untervermietung lediglich in einer Art Mutmaßung" geäußert und ohne nähere Substantiierung eine Pflichtverletzung des Beklagten in Form einer unberechtigten Untervermietung behauptet.
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aa) Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13, NJW 2015, 934 Rn. 43; Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, WuM 2012, 311 Rn. 6; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, VersR 2019, 835 Rn. 11; jeweils mwN). Das gilt insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den Vorgängen hat (BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2016 - IV ZR 52/14, NJW-RR 2017, 22 Rn. 27). Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, aaO). Sind diese Anforderungen erfüllt, ist es Sache des Tatrichters, in die Beweisaufnahme einzutreten und dabei gegebenenfalls die benannten Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach weiteren Einzelheiten zu befragen (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2014 - VIII ZR 88/13, aaO; BGH, Beschlüsse vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11, aaO; vom 26. März 2019 - VI ZR 163/17, aaO; vom 28. Januar 2020 - VIII ZR 57/19, NJW 2020, 1740 Rn. 7).
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bb) Danach genügte das in der Kündigungserklärung und damit korrespondierend das in der Klageschrift sowie der - vorgenannten - Berufungserwiderung gehaltene Vorbringen der Klägerin den Anforderungen an die Darlegung eines wichtigen Grunds in Form einer unbefugten Gebrauchsüberlassung der Wohnung (§ 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 BGB) beziehungsweise einer schuldhaften nicht unerheblichen Verletzung vertraglicher Pflichten (§ 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB). Das Berufungsgericht war gehalten, den seitens der Klägerin hierfür benannten Zeugen zu vernehmen.
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Die Klägerin hat hinreichend substantiiert vorgetragen, einer ihrer Mitarbeiter habe im Zuge der Zustellung der auf den Zahlungsverzug gestützten Kündigung vom 7. Mai 2019 bemerkt, dass sowohl an der zur Wohnung des Beklagten gehörenden Klingel als auch am Briefkasten Namensschilder von Personen angebracht seien, die nicht Partei des Mietvertrags seien. Zudem habe eine Befragung anderer Bewohner des Hauses ergeben, dass die Wohnung - wie im Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses bereits einmal der Fall - nicht nur vom Beklagten, sondern - nunmehr unbefugt - auch von mehreren anderen Personen bewohnt werde. Damit übereinstimmend hat sie in ihrer Kündigung vom 4. September 2019 eine nach erneuten Ermittlungen fortbestehende (unerlaubte) Untervermietung behauptet sowie ausdrücklich die beiden Namen der Untermieter (M. und H. ) genannt. Genau diese beiden Personen hat - nach dem Vorbringen der Klägerin - ihr Mitarbeiter bei seinem nachfolgenden Besuch in der Wohnung des Beklagten am 17. September 2019 angetroffen. Mehr konnte und musste die Klägerin nicht vortragen.
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cc) Anders als das Berufungsgericht meint, war die Klägerin nicht aufgrund der "substantiierten Erwiderung" des Beklagten zu weiterem Vortrag verpflichtet.
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Denn zum einen hat sich der Beklagte - wie ausgeführt - erstinstanzlich überhaupt nicht zu der Kündigung wegen unberechtigter Untervermietung erklärt. Erstmals mit seiner Berufungsbegründung hat er hierzu Stellung genommen und entsprechende außergerichtliche Schreiben an die Klägerin vorgelegt. Zum anderen waren sämtliche Einlassungen des Beklagten - anders als das Berufungsgericht annimmt - nicht derart substantiiert, dass die Klägerin weiteren Sachvortrag hätte halten müssen.
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Außergerichtlich hat sich der Beklagte erstmals nach Erhalt der vorgenannten Kündigung gegenüber der Klägerin erklärt und angegeben, bestimmte namentlich genannte Person hätten nie bei ihm gelebt, auch nicht Miete an ihn gezahlt. Mit seiner - auch dieses Schreiben in Bezug nehmenden - Berufungsbegründung trug er vor, er vermiete nicht unter und überlasse nicht fremden Personen - weder vorübergehend noch dauerhaft - die Wohnung. Da er sich berufsbedingt oftmals im Ausland aufhalte, "beschäftige" er lediglich zum Leeren des Briefkastens, Weiterleiten der Post sowie zum Lüften und Gießen der Blumen eine bestimmte Person. Diese, der Sache nach die Behauptung der Klägerin lediglich negierenden Ausführungen des Beklagten gebieten eine nähere Darlegung der Umstände der Untervermietung seitens der Klägerin, der keine weiteren Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen, nicht.
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c) Schließlich macht die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht geltend, dass eine - erneut auf eine (trotz der zuvor erklärten Kündigung weiter fortbestehende) unberechtigte Untervermietung gestützte - Kündigung vom 4. September 2019 - welche einen neuen Streitgegenstand darstellt (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 14; Senatsbeschluss vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, juris Rn. 8) - im Berufungsurteil mit keinem Wort erwähnt wird, wodurch ebenfalls das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt worden ist.
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d) Die dem Berufungsgericht unterlaufenen Gehörsverletzungen sind auch entscheidungserheblich (§ 544 Abs. 9 ZPO).
31
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht bei vollständiger Berücksichtigung des Klägervortrags, bei Erhebung des Zeugenbeweises sowie der gebotenen Würdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls (vgl. hierzu Senatsurteil vom 2. Februar 2011 - VIII ZR 74/10, NJW 2011, 1065 Rn. 20) zu dem Ergebnis gekommen wäre, dass in einer unberechtigten Untervermietung des Beklagten ein Verhalten liegt, welches die außerordentliche fristlose (§ 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 2 BGB) beziehungsweise die - hilfsweise erklärte - ordentliche Kündigung (§ 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB) des Mietverhältnisses begründet.
32
e) Auch bezüglich der Kündigung vom 27. Januar 2020 hat das Berufungsgericht das rechtliche Gehör der Klägerin (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt.
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Diese Kündigung hat die Klägerin in ihrer Berufungserwiderung erklärt und auf den - aus ihrer Sicht - vorsätzlich wahrheitswidrigen Sachvortrag des Beklagten in dessen Berufungsbegründung zu einer nicht erfolgten Untervermietung gestützt.
34
aa) Noch zutreffend hat das Berufungsgericht in dieser zweitinstanzlich eingeführten weiteren Kündigung eine Klageänderung im Sinne der §§ 263, 533 ZPO gesehen und ist - unausgesprochen - davon ausgegangen, dass die zur Einführung dieses neuen Klagegrunds in den Rechtsstreit erforderlichen Voraussetzungen einer Anschlussberufung (§ 524 ZPO) gegeben sind (vgl. zum Vorstehenden Senatsurteile vom 4. Februar 2015 - VIII ZR 175/14, BGHZ 204, 134 Rn. 13 ff.; vom 10. April 2019 - VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308 Rn. 33 ff.; jeweils mwN).
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bb) Das Berufungsgericht hat jedoch unter Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin den wirklichen Inhalt dieser Kündigungserklärung nicht zur Kenntnis genommen.
36
Es ist vielmehr der Ansicht, diese Kündigung sei im Berufungsverfahren deshalb "nicht zu berücksichtigen", weil die ihr zugrundeliegenden Tatsachen sich "so rechtzeitig vor der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung beim Amtsgericht" ereignet hätten, dass "eine etwaige Klageerweiterung dort hätte geltend gemacht werden können und müssen". Dies verkennt - worauf die Nichtzulassungsbeschwerde zu Recht hinweist -, dass die Kündigung gerade auf den vermeintlich unwahren Prozessvortrag des Beklagten in dessen Berufungsbegründung gestützt wurde und damit, anders als das Berufungsgericht meint, der "zentrale(r) Grund" für diese Kündigung nicht Äußerungen des Beklagten "in vorgerichtlicher Korrespondenz" sind, sondern ein - aus Sicht der Klägerin - vorsätzlich unwahrer Sachvortrag im Prozess ist.
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Hierin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, da das Berufungsgericht den wesentlichen Kern des Vorbringens der Klägerin nicht erfasst hat. Indem es nicht auf den zur Begründung der Kündigung seitens der Klägerin vorgetragenen Sachverhalt (vorsätzlich wahrheitswidriger Prozessvortrag), sondern auf ein davon abweichendes Vorbringen (außerprozessualer Schriftverkehr) abgestellt hat, hat es den tatsächlich erfolgten Vortrag nicht zur Kenntnis genommen. Vielmehr hat es den Kündigungsgrund gleichsam "ausgewechselt".
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cc) Auch auf dieser Gehörsverletzung beruht die Entscheidung des Berufungsgerichts.
39
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Berufungsgericht, wenn es den vorgebrachten Kündigungsgrund hinreichend erfasst hätte, die mit der Einführung dieser Kündigung verbundene Klageänderung nach § 533 ZPO zugelassen und der erweiterten Klage stattgegeben hätte.
40
Ein Grund zur (fristlosen) Kündigung kann auch dann vorliegen, wenn sich eine Partei - wie hier dem Beklagten zum Vorwurf gemacht - im Prozess unredlicher oder unverhältnismäßiger Mittel bedient (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 1985 - VIII ZR 33/85, WuM 1986, 60 unter II 1; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 14. Aufl., § 543 BGB Rn. 197).
41
Die in der Einführung einer auf einen gesonderten Grund gestützten Kündigung liegende Klageänderung in das Berufungsverfahren ist auch nicht gemäß § 533 ZPO ausgeschlossen. Eine Sachdienlichkeit (§ 533 Nr. 1 ZPO) hat das Berufungsgericht stillschweigend bejaht. Die zusätzliche Anforderung, wonach die Klageänderung nur auf solche Tatsachen gestützt werden kann, die das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung über die Berufung ohnehin nach § 529 ZPO zugrunde zu legen hat (§ 533 Nr. 2 ZPO), ist ebenfalls erfüllt. Zwar sind hierdurch nur solche Tatsachen erfasst, die zum erstinstanzlichen Begehren bereits in der Vorinstanz vorgetragen worden oder die in der Berufungsinstanz als hierauf bezogene neue Tatsachen (§ 531 Abs. 2 ZPO oder unstreitiges Vorbringen) berücksichtigungsfähig sind (vgl. BGH, Urteile vom 19. März 2004 - V ZR 104/03, BGHZ 158, 295, 309 f.; vom 27. Januar 2010 - XII ZR 148/07, NJW-RR 2010, 1508 Rn. 21; Senatsbeschlüsse vom 20. November 2012 - VIII ZR 157/12, juris Rn. 11; vom 27. Oktober 2015 - VIII ZR 288/14, WuM 2016, 98 Rn. 10; MünchKommZPO/Rimmelspacher, 6. Aufl., § 533 Rn. 14; Stein/ Jonas/Althammer, ZPO, 23. Aufl., § 533 Rn. 15).
42
So liegen die Dinge jedoch bei verständiger Betrachtung im Streitfall. Die in der Berufungserwiderung von der Klägerin ausgesprochene Kündigung wegen vorsätzlich unwahren Prozessvortrags zur Untervermietung hängt eng mit dem Streitstoff erster Instanz (Kündigungen wegen unerlaubter Untervermietung) zusammen und ist auf die erstmals in der Berufungsbegründung des Beklagten erfolgte Stellungnahme zu der ihm (bereits erstinstanzlich) zur Last gelegten unerlaubten Untervermietung vorgenommen worden. Das neue Vorbringen betrifft damit auch die auf eine unerlaubte Untervermietung gestützten Kündigungen, auf welche die Klägerin ihr Klagebegehren erstinstanzlich bereits gestützt hat und bezüglich derer hinsichtlich des vom Beklagten bestrittenen Vorliegens eines Kündigungsgrunds vom Berufungsgericht gemäß § 286 Abs. 1 ZPO eine umfassende Würdigung des Parteivorbringens und des Ergebnisses der noch nicht erfolgten Beweisaufnahme vorzunehmen wäre.
43
3. Soweit die Nichtzulassungsbeschwerde darüber hinaus rügt, das Berufungsgericht habe die auf eine Weigerung des Beklagten zur Erteilung von Auskünften bezüglich der (behaupteten) Untervermietung gestützten Kündigungen vom 26. Juli 2019 sowie vom 4. September 2019 zu Unrecht nicht durchgreifen lassen und insoweit den Zulassungsgrund der Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) geltend macht, hat der Senat dies geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer Begründung wird insoweit abgesehen (§ 544 Abs. 6 Satz 2 ZPO).
IV.
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Nach alledem ist das Urteil des Berufungsgerichts in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und der Rechtsstreit insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 9 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch, der auch auf den Fall einer Zurückverweisung nach § 544 Abs. 9 ZPO entsprechend anwendbar ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 23. Oktober 2018 - VIII ZR 61/18, NJW-RR 2019, 134 Rn. 17; vom 5. März 2019 - VIII ZR 190/18, NJW 2019, 1950 Rn. 23).
Dr. Fetzer
Dr. Schmidt
Wiegand
Dr. Matussek
Dr. Reichelt