05.10.2022 · IWW-Abrufnummer 231617
Oberlandesgericht Brandenburg: Beschluss vom 16.11.2021 – 13 UF 73/21
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Oberlandesgericht Brandenburg
Tenor:
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
Die beteiligten geschiedenen Ehegatten streiten um die Überlassung der Ehewohnung anlässlich der Scheidung.
Die Antragstellerin hat die verfahrensgegenständliche Zweizimmerwohnung Ende 2003 angemietet und ist zum 1. Januar 2004 unter Hinterlegung einer Mietsicherheit von 924,84 € eingezogen. Sie hat die Wohnung eingerichtet. Die Nettokaltmiete beträgt monatlich 308,28 € (Bl 4R WH), die Warmmiete 487 €. 2011 ist der Antragsgegner in die Wohnung mit eingezogen. Seine (Mit-)Aufnahme in den Mietvertrag haben die Beteiligten nicht veranlasst. Aus der Ehe der Beteiligten sind keine Kinder hervorgegangen. Jedenfalls seit dem 1. Mai 2019 leben die Beteiligten innerhalb der Ehewohnung voneinander getrennt. Die Antragstellerin bezieht ein Erwerbseinkommen von 1.250 €. Der Antragsgegner ist seit dem 1. Juni 2020 arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld in Höhe von 976 €, Pflegegeld für die Pflege seiner Stiefmutter in Höhe von 545 Euro, und eine von der Stiefmutter gezahlte pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 260 €.
Die Antragstellerin hat behauptet, mit der Wohnung, die vollständig ihren Wünschen an ihr Zuhause entspreche, sehr verbunden zu sein. Sie habe die Wohnung nach ihren Wünschen eingerichtet und fühle sich dort sehr wohl. Seit ihrem Einzug sei sie in der Wohngegend verwurzelt, sie habe im Haus und in der Umgebung ihre sozialen Kontakte und Freundschaften geknüpft und gestärkt. Von der Wohnung aus könne sie ihre etwa vier Kilometer entfernt gelegene Arbeitsstelle sehr gut erreichen und sie könne sich die Wohnung auch in Ansehung ihres Einkommens leisten.
Der Antragsgegner sei mit der Wohnung nicht verbunden. Er erstrebe die Zuweisung der Wohnung aus Bequemlichkeit, weil er sie gut und günstig finde. Er lege nicht viel Wert auf soziale Kontakte und habe in der Wohngegend nicht - wie sie - Freundschaften entwickelt.
Sie habe seit Ende 2018 einen neuen Lebensgefährten, mit dem sie die Wohnung gern gemeinsam nutzen würde. Bei dessen Wohnung handle es sich um eine Einzimmerwohnung in Fa..., die zum gemeinsamen Wohnen ungeeignet sei.
Die Versuche des Antragsgegners, ihren Auszug zu erzwingen, hätten häufig zu Auseinandersetzungen geführt, in deren Rahmen der Antragsgegner sie regelmäßig zunehmend aggressiv beschimpft, beleidigt und aufgefordert habe, aus der Wohnung zu verschwinden. Gipfel dessen sei ein tätlicher Angriff auf sie am 1. Juli 2020 gewesen, der einen Polizeieinsatz, einen Platzverweis für den Antragsgegner für eine Nacht sowie ihre Anzeige gegen ihn wegen Körperverletzung zur Folge gehabt habe.
An den Werktagen suche sie von der Wohnung aus ihre in 4 Kilometer Entfernung gelegene langjährige Arbeitsstelle auf, hierauf sei sie auch angewiesen. Auch in Zeiten von Krankheit oder Urlaub habe sie die Wohnung an den Werktagen genutzt. Um den Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, habe sie versucht, wenigstens an den Wochenenden auswärts zu übernachten. Sie halte sich nicht überwiegend in der Wohnung ihres Partners in Fahrland auf. Die Wohnungskündigung habe sie nicht angekündigt.
Schon weil er gar nicht hitzeempfindlich sei, sei der Antragsgegner nicht, wie behauptet, auf ein abgeschattetes Zimmer angewiesen. Zur Wohnung gehöre kein Garten. Der Antragsgegner betreibe keinen IT-Service, auch nicht im Wintergarten, solches sei ihm mietvertraglich ohne Zustimmung des Vermieters ohnehin untersagt. Bei dem vom Antragsgegner erwähnten Büromobiliar handle es sich um Sperrmüll aus seiner Firmeninsolvenz. Von den von ihm behaupteten Arbeiten habe er lediglich Regalböden eingebaut und den vorhandenen Kabelanschluss und das LAN-Kabel verlängert.
Die Antragstellerin hat beantragt,
ihr die Ehewohnung, gelegen in F..., ... Straße ..., 3. Obergeschoss links, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, vorbenannte Wohnung zwei Wochen nach Rechtskraft der Scheidung unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben unter Aushändigung sämtlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller und Briefkastenschlüssel,
und
den Antrag des Antragsgegners auf Zuweisung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Ehescheidung auf den Antragsgegner abzuweisen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag der Antragstellerin abzuweisen und
ihm die Ehewohnung, gelegen in F..., ... Straße ..., 3. Obergeschoss links, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Der Antragstellerin wird aufgegeben, vorbenannte Wohnung zwei Wochen nach Rechtskraft der Scheidung unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen zu räumen und an den Antragsgegner herauszugeben unter Aushändigung sämtlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller und Briefkastenschlüssel.
Er hat vorgetragen, die Wohnung sei ihm aufgrund seiner besonderen Verbundenheit zur Wohnung zuzuweisen. Im Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis Ende April 2020 habe die Antragstellerin die Wohnung nur teilweise genutzt: namentlich nicht an 187 von 366 Tagen, er hingegen nur an 2 Tagen nicht. Sie sei auf die Wohnung nicht angewiesen. Überwiegend halte sie sich in der Wohnung ihres neuen Partners auf. In der Vergangenheit habe sie wiederholt angekündigt, die Wohnung zu kündigen, was er sogar durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verhindern versucht habe. Unrichtig sei, dass die Wohnung nach ihren besonderen Wünschen eingerichtet oder dass sie mit der Wohnung verbunden sei oder dass sie im Wohnumfeld besondere Bindungen habe. Er sei es, der auf die künftige Nutzung der Wohnung in besonderer Weise angewiesen sei. Bei seinem geringen Einkommen könne er sich eine wesentlich teurere Wohnung nicht leisten. Die Lage der Wohnung sei günstig. Sie habe einen großen Dachüberstand vor dem Wohnzimmer, wo er sich trotz seiner Hitzeempfindlichkeit im Sommer gut aufhalten könne. Auf die Nutzung des großen, geräumigen Gartens mit Sitzmöglichkeiten sei er zu seiner Erholung angewiesen. Ein geräumiger Kellerraum, wie der zur Wohnung gehörende, wäre bei anderen Wohnungen voraussichtlich nicht vorhanden.
Er habe die Wohnung mit dem aus seiner ehemaligen Firma stammenden Büromobiliar versehen. Es würde ihm schwer fallen, dieses Mobiliar an anderer Stelle in vergleichbarer Weise unterzubringen.
Er verfüge über zahlreiche soziale Kontakte an seinem Wohnort, sei es im Rahmen einer Garagengemeinschaft, seien es sonstige Freundschaften. Schließlich habe er in der Wohnung zahlreiche Arbeiten, etwa Maler- und Renovierungsarbeiten in Küche, Schlafzimmer und Flur und Instandsetzungsarbeiten an der Einbauküche, am Kippfenster und an der Wohnungstür erledigt und ein ca. 20 Meter langes LAN-Kabel im Kabelkanal vom Wohnzimmer zum Schlafzimmer verlegt, das Waschbecken repariert und Regalböden in Vorratsnische und Vorratsschrank eingebaut und den Kabelanschluss umgestaltet, so dass ihm die Unterkunft auch auf diese Weise besonders ans Herz gewachsen sei. Im Wintergarten habe er sich einen komplett ausgestatteten Büroarbeitsplatz mit PC, Monitoren, Telefon, Fax, Drucker, Scanner, Kopierer, Schredder, Aktenschrank, Sideboard, Pinnwand und Bürostuhl eingerichtet, und betreibe sein angemeldetes Gewerbe "IT-Service" im Nebenerwerb. Es wäre für ihn mit außerordentlicher Mühe verbunden, dieses Büro mit allen technischen Einrichtungen und Vernetzungen an anderer Stelle neu einzurichten.
Die Antragstellerin sei es, die regelmäßig - sichtbar alkoholisiert - ausfallend und beleidigend werde. Auch er habe Strafanzeige gegen sie erstattet. Der Vermieter wisse um seinen Nebenerwerb.
Der vom Amtsgericht am Verfahren beteiligte Vermieter der Wohnung hat sich geäußert (Bl. 40, 42 WH).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die am 29. Juli 2016 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, die Ehewohnung der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen und den Widerantrag des Antragsgegners abgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein erstinstanzliches Ziel weiter. Er halte sich an den Wochenenden regelmäßig mit vier Übernachtungen in der Ehewohnung auf, die Antragstellerin nur mit drei.
Er trägt vor, die Antragstellerin sei seinerzeit nach der Trennung von ihrem früheren Ehemann mit ihrer noch schulpflichtigen Tochter unter Berücksichtigung von deren Belangen in die Wohnung eingezogen, obwohl sie eigentlich lieber nach Sp... hätte ziehen wollen. Seit Februar 2009 habe er regelmäßig die Wochenenden dort verbracht. Zu Beginn der Beziehung habe er von Mietschulden der Antragstellerin erfahren müssen, die er sogleich selbst ausgeglichen habe, zumal die Antragstellerin zur Unterhaltung der Wohnung allein nicht in der Lage gewesen sei. Seit seinem Einzug habe er sich an den Kosten des Mietverhältnisses hälftig beteiligt.
Die Wohnung sei gemeinsam eingerichtet worden, die Antragstellerin habe den Fokus auf das Dekorieren gerichtet. Sie habe während der intakten Beziehung umziehen wollen, weil die Wohnung nicht ihren Ansprüchen genügt habe. Dass er die Wohnung lediglich an den Wochenenden nutze, beruhe auf seinen Pflegeleistungen, auf Grund derer er zur Vermeidung aufwändiger An- und Abfahrten drei- bis viermal wöchentlich im Haushalt seiner Stiefmutter in B... auf der dortigen Couch nächtige.
Er pflege langjährige Freundschaften im Wohnumfeld, während die Antragstellerin nur eine Freundin in V... habe, zu den benannten Zeuginnen pflege sie lediglich nachbarschaftliche Beziehungen.
Ihm sei es unzumutbar, sich um neuen Wohnraum zu bemühen. Aufgrund seiner Arbeitslosigkeit werde er nicht realistisch als Mieter in Betracht gezogen. Bei seinen Einkommensverhältnissen, sei erschwinglicher Wohnraum in F... und Umgebung nicht vorhanden. Er verfüge über Nettoeinkünfte in Höhe von 976 € aus Arbeitslosengeld I. Das monatlichen Leistungen in Höhe von 545 €, die für seine pflegebedürftige Stiefmutter ausgeschüttet würden, würden durch die Bezahlung eines Pflegedienstes aufgezehrt. Seit Juli 2021 erhalte er von seiner Stiefmutter eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 260 €.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 18. März 2021 abzuändern und ihm
a) die im Hause ... Straße ... in ... F... gelegene Ehewohnung, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen,
b) die Antragstellerin zu verpflichten, die vorbezeichneten Wohnräume unter Mitnahme ihrer persönlichen Sachen zu räumen und an den Antragsgegner unter Aushändigung sämtlicher in ihrem Besitz befindlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller- und Briefkastenschlüsseln herauszugeben. § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sind im Falle der Zwangsräumung nicht anzuwenden,
c) der Antragsgegnerin eine Räumungsfrist von sechs Monaten zu bewilligen, beginnend mit der Rechtskraft dieser Entscheidung.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Seit 2004 sei die Wohnung nahezu unverändert. Mietschulden habe sie niemals gehabt. Der Antragsgegner wäre auch nicht in der Lage gewesen, solche auszugleichen, sei er doch bis 2016 keiner Beschäftigung nachgegangen. Dementsprechend habe sie bis 2016 die Mietaufwendungen auch aus ihren Einkünften beglichen und noch immer beteilige er sich nicht hälftig an allen Kosten und rechne zudem mit vermeintlichen Ansprüchen gegen ihre Ansprüche auf. Sie nutze die Wohnung von Montag bis einschließlich Freitag, der Antragsgegner in dieser Zeit nicht. Auch montags sehr früh treffe sie ihn nicht an. Bei der Auseinandersetzung am 1. Juli 2020 habe der Antragsgegner ihr am Arm ein ausgedehntes Hämatom beigebracht (Bl. 141).
Der Vermieter hat sich geäußert (Bl. 146).
Seiner Ankündigung entsprechend (Bl. 102R) entscheidet der Senat ohne erneute mündliche Verhandlung. Das Amtsgericht hat die Beteiligten persönlich angehört und die Ergebnisse der Anhörung in einem ausführlichen Protokoll festgehalten. Zweitinstanzlich haben sich die Beteiligten umfassend schriftlich geäußert. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen besseren Erkenntnismöglichkeiten ein Erörterungstermin führen könnte.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die sich aus § 1568a Abs. 1 BGB ergebenden Voraussetzungen für die Zuweisung an die Antragstellerin liegen vor.
Nach § 1568a Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass der andere ihm die Ehewohnung anlässlich der Scheidung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder wenn die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Ist das Kindeswohl nicht ausschlaggebend, weil - wie hier - keine Kinder mehr in der Ehewohnung leben, kommt es in einer Gesamtabwägung aller Umstände, die die Lebensverhältnisse der Ehegatten bestimmen, darauf an, ob der antragstellende Ehegatte in stärkerem Maße als der andere auf die Ehewohnung angewiesen ist (BeckOGK/Erbarth, 1.9.2021, § 1568a BGB, Rn. 47).
Bei der Gesamtabwägung sind, immer unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles in der Regel Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, der Umstand, dass ein Ehegatte die Wohnung schon vor der Eheschließung bewohnt hat, die Frage, welcher Ehegatte stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist oder eher eine geeignete Ersatzwohnung finden kann und allgemein auch die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz oder die Verbindung mit Geschäftsräumen, Eigenleistungen, die ein Ehegatte zum Aufbau der Wohnung erbracht hat, und auch die Aufnahme eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen zu berücksichtigen (BeckOGK/Erbarth, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 48).
Nach diesen Maßstäben lässt sich feststellen, dass die Antragstellerin in stärkerem Maße auf die Ehewohnung angewiesen ist.
a) Hinsichtlich ihres Alters und Gesundheitszustandes lässt sich auf der Grundlage des Beteiligtenvortrags kein stärkeres Angewiesensein eines der Beteiligten auf die gegenständliche Wohnung feststellen. Alters- oder Krankheitsgründe, die einen Umzug unzumutbar machen würden, sind nicht ersichtlich und machen beide Beteiligte auch nicht geltend. Seine behauptete besondere Hitzeempfindlichkeit, der nur durch einen Verbleib in der ehemaligen Ehewohnung Rechnung getragen werden könnte, hat der Antragsgegner nicht mit Substanz dargelegt. Dasselbe gilt für seine Behauptung, zur Wohnung gehöre ein geräumiger, mit Gartenmöbeln ausgestatteter Garten, auf den er zu Erholungszwecken angewiesen sei. Insoweit ergibt sich bereits aus den Anträgen der Beteiligten und aus dem Mietvertrag kein Hinweis auf das Vorhandensein eines solchen Gartens.
b) Als Kriterium für die größere Angewiesenheit ist der Nutzen zu betrachten, den ein Ehepartner hat, wenn ihm die Wohnung überlassen wird, etwa wegen der Nähe zum Arbeitsplatz oder zu anderen Verwandten oder wegen der Verbindung mit seinen Geschäftsräumen (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, BGB § 1568a Rn. 6; MüKoBGB/Wellenhofer, 8. A., § 1568a Rn. 17).
Dieses Kriterium spricht für eine größere Angewiesenheit der Antragstellerin auf die Wohnung. Während sie die Wochenenden bei ihrem Lebensgefährten in Fa... oder bei ihrer Schwester verbringt, verweilt sie an den Werktagen in der Wohnung, weil sie von hier aus den Weg zu ihrer nur vier Kilometer entfernt liegenden Arbeitsstelle zurücklegt. Demgegenüber ist der Antragsgegner arbeitssuchend. Auf die Umgebung der Wohnung ist er bei seiner Arbeitssuche nicht beschränkt; so lagen ihm im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Anhörung Angebote aus B... und Br... vor. Zwischen den Wochenenden pflegt er die Lebensgefährtin seines verstorbenen Vaters in B...-F... und verbringt zur Vermeidung der zeitaufwändigen An- und Abfahrten auch seine Nächte in ihrer Wohnung (Bl. 92). Den Vorteil eines geringen Wegeaufwands von der Wohnung zur Pflegeperson oder zu einer Arbeitsstelle kann er für sich damit nicht in Anspruch nehmen.
Ob die Beteiligten bislang jeweils eher drei oder eher vier Nächte in der Wohnung verbracht haben, spielt vor dem Hintergrund, dass sie einander unstreitig aus dem Weg gehen und die Antragstellerin aus diesem Grund gleichzeitige Aufenthalte in der Wohnung eher vermeidet, für die Zuweisungsentscheidung keine entscheidende Rolle.
Auch die Berufung auf seine Nebenerwerbstätigkeit im IT-Bereich vermag eine stärkere Angewiesenheit des Antragsgegners auf die Wohnung nicht zu begründen. Er behauptet nicht, mit seiner Tätigkeit aktiv zu sein, schon gar nicht, Einkünfte zu erzielen. Dafür, dass sein in der Wohnung eingerichteter Büroarbeitsplatz, der über die übliche aus Monitoren, Telefon, Fax, Drucker, Scanner, Kopierer, Schredder, Aktenschrank, Sideboard und Bürostuhl bestehende Ausstattung nicht hinausgeht, besondere Anforderungen an die Räumlichkeiten stellen würde, die nur in der Ehewohnung gewährleistet wären, sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch - mit Blick auf den Gegenstand des Unternehmens: IT-Service - nach der Lebenserfahrung ersichtlich.
c) Der längere Zeitraum der Wohnungsnutzung kann ein weiterer Gesichtspunkt bei der Zuweisung sein (KG NJW-RR 1989, 711 [KG Berlin 28.08.1987 - 17 UF 1644/87]; BeckOGK/Erbarth, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 48; MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a Rn 20; BeckOK BGB/Neumann, 59. Ed., § 1568a Rn. 13).
Auch dieser Gesichtspunkt spricht vorliegend zugunsten der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat die Wohnung bereits am 1. Januar 2004, und damit mehr als sieben Jahre vor dem Antragsgegner bezogen, der am 1. Februar 2011, nach dem Auszug der Tochter der Antragstellerin, in die Wohnung eingezogen ist.
d) Auch der Anteil der gemeinsam aufgebrachten Mittel und Eigenleistungen zum Aufbau der Mietwohnung ist bei der Zuweisungsentscheidung zu berücksichtigen (KG NJW-RR 1989, 711 [KG Berlin 28.08.1987 - 17 UF 1644/87]). Aus diesem Kriterium kann der Antragsgegner indes keinen wesentlichen Vorteil für sich herleiten.
Seine Behauptung, er habe bei seinem Einzug Mietschulden der Antragstellerin beglichen, hat der Antragsgegner nicht substantiiert. In Ehewohnungssachen trifft die Beteiligten im Hinblick auf den Grundsatz der Amtsermittlung keine Beweislast im formellen Sinn. Sie haben aber diejenigen Tatsachen vorzutragen und Beweismittel zu benennen, die für die Entscheidung des Gerichts erheblich sein können (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, FamFG § 200 Rn. 29). Nach diesem Maßstab hätte der Antragsgegner zur Höhe und den Umständen der Übernahme der Mietschulden vorzutragen gehabt.
Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat lediglich behauptet, bei seinem Einzug Mietschulden der Antragstellerin ausgeglichen zu haben. Auf ihr Bestreiten hat er nichts von Substanz erwidert.
Soweit er sich auf umfangreiche in der Wohnung erbrachte Arbeiten beruft, die dazu beigetragen hätten, dass ihm die Wohnung "besonders ans Herz gewachsen" sei (Bl. 12), sind lediglich der Einbau von Regalböden in Vorratsnische und -schrank sowie die Verlängerung des Kabelanschlusses und die Verlegung eines LAN-Kabels unstreitig. Beweismittel für weitere Arbeiten hat der Antragsgegner nicht benannt. Die unstreitig erbrachten Arbeiten und die damit einhergegangenen Veränderungen an der Wohnung rechtfertigen es indes nicht, die Eigenleistungen des Antragsgegners als so umfangreich oder aufwändig zu bewerten, dass sie ein stärker ausgeprägtes Angewiesensein auf die Nutzung der Wohnung begründen könnten, als es für die Antragstellerin der Fall sein könnte, die die Wohnung ursprünglich, noch vor dem Einzug des Antragsgegners eingerichtet hat, woran sich, was der Antragsgegner nicht mit Substanz bestritten hat, bis heute mit Ausnahme der Ergänzung um Möbel aus der Firmeninsolvenz des Antragsgegners, im Wesentlichen nichts geändert hat. Eine hierdurch etwa entstandene gefühlsmäßige Bindung an die Wohnung ist nicht geeignet, die erforderliche Angewiesenheit auf die Unterkunft zu begründen oder zu ersetzen.
e) Soweit der Antragsgegner sich auf sein geringes Einkommen beruft, das ihn in besonderer Weise an die Wohnung binde, vermag auch dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Antragsgegner verfügt über Einkünfte aus Arbeitslosengeld in Höhe von 976 € und eine von seiner Stiefmutter aufgebrachte Aufwandsentschädigung von 260 €, damit insgesamt 1.230 €. Das erhaltene Pflegegeld in Höhe von 545 € wird bei der Betrachtung der Einkünfte nicht berücksichtigt, weil es unstreitig für einen ambulanten Pflegedienst eingesetzt wird. Mit 1.230 € verfügt der Antragsgegner allerdings über ein Einkommen, welches nur 20 € unter demjenigen der Antragstellerin rangiert. Dass er damit als Mieter messbar schlechtere Aussichten als diese auf dem Wohnungsmarkt hätte, vermag der Senat nicht festzustellen.
f) Darauf, dass der Antragsgegner aufgrund seiner besseren sozialen Integration stärker als die Antragstellerin auf die Wohnung angewiesen sein könnte, kann er seine Beschwerde nicht mit Erfolg stützen. Unabhängig davon, ob die Antragstellerin in der Nachbarschaft Freundschaften pflegt oder nicht, hat der Antragsgegner seinen Vortrag zu den zahlreichen sozialen Kontakten, über die er im Rahmen der Garagengemeinschaft verfüge und zu den sonstigen Freundschaften bereits nicht mit substantiiertem, einer Beweiserhebung zugänglichem Tatsachenvortrag unterlegt.
Nicht ausschlaggebend sind auch die - streitigen - Verantwortungsbeiträge zu den in der Vergangenheit erfolgten Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten. Umstände, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, spielen grundsätzlich keine Rolle (MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 20). Im Hinblick auf die Frage, welcher der geschiedenen Ehegatten in stärkerem Maß auf die Wohnung angewiesen ist, ist es auch irrelevant, wem welches Fehlverhalten gegen den anderen vorgeworfen werden kann. Etwas anderes kann nur gelten, wenn einem Ehegatten ein schwerwiegendes, klar bei dem anderen Ehegatten liegendes Fehlverhalten vorzuwerfen ist (vgl. hierzu KG BeckRS 9998, 8472). Der Antragsgegner hat indes ein entsprechendes Fehlverhalten der Antragstellerin nicht dargelegt.
Auch auf die Frage, ob die Antragstellerin in der Vergangenheit umziehen oder den Mietvertrag kündigen wollte, kommt es nicht an. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung (MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 17), die dadurch gekennzeichnet sind, dass beide Beteiligten die Wohnung behalten möchten.
2. Die Einräumung der Räumungsfrist beruht auf § 209 Abs. 1 FamFG. Eine Räumungsverpflichtung ohne Frist erscheint unbillig. Zwar weiß der Antragsgegner seit Erlass der angefochtenen Entscheidung um die Möglichkeit der Zuweisung an die Antragstellerin und hatte Gelegenheit, sich um eine andere Wohnung zu bemühen, jedoch ist noch seinem Vortrag vom 10. November 2021 (Bl. 148) zu entnehmen, dass er bislang keine neue Wohnung angemietet hat. Die Räumungsfrist erscheint danach erforderlich, aber auch ausreichend, um den wechselseitigen Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Entscheidung zum Verfahrenswert folgt aus §§ 55 Abs. 2, 48 Abs. 1 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.
Beschluss vom 16.11.2021
Tenor:
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 14. April 2021 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass dem Antragsgegner eine Räumungsfrist von zwei Monaten eingeräumt wird, beginnend mit der Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung.
Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die beteiligten geschiedenen Ehegatten streiten um die Überlassung der Ehewohnung anlässlich der Scheidung.
Die Antragstellerin hat die verfahrensgegenständliche Zweizimmerwohnung Ende 2003 angemietet und ist zum 1. Januar 2004 unter Hinterlegung einer Mietsicherheit von 924,84 € eingezogen. Sie hat die Wohnung eingerichtet. Die Nettokaltmiete beträgt monatlich 308,28 € (Bl 4R WH), die Warmmiete 487 €. 2011 ist der Antragsgegner in die Wohnung mit eingezogen. Seine (Mit-)Aufnahme in den Mietvertrag haben die Beteiligten nicht veranlasst. Aus der Ehe der Beteiligten sind keine Kinder hervorgegangen. Jedenfalls seit dem 1. Mai 2019 leben die Beteiligten innerhalb der Ehewohnung voneinander getrennt. Die Antragstellerin bezieht ein Erwerbseinkommen von 1.250 €. Der Antragsgegner ist seit dem 1. Juni 2020 arbeitslos und bezieht Arbeitslosengeld in Höhe von 976 €, Pflegegeld für die Pflege seiner Stiefmutter in Höhe von 545 Euro, und eine von der Stiefmutter gezahlte pauschale Aufwandsentschädigung in Höhe von 260 €.
Die Antragstellerin hat behauptet, mit der Wohnung, die vollständig ihren Wünschen an ihr Zuhause entspreche, sehr verbunden zu sein. Sie habe die Wohnung nach ihren Wünschen eingerichtet und fühle sich dort sehr wohl. Seit ihrem Einzug sei sie in der Wohngegend verwurzelt, sie habe im Haus und in der Umgebung ihre sozialen Kontakte und Freundschaften geknüpft und gestärkt. Von der Wohnung aus könne sie ihre etwa vier Kilometer entfernt gelegene Arbeitsstelle sehr gut erreichen und sie könne sich die Wohnung auch in Ansehung ihres Einkommens leisten.
Der Antragsgegner sei mit der Wohnung nicht verbunden. Er erstrebe die Zuweisung der Wohnung aus Bequemlichkeit, weil er sie gut und günstig finde. Er lege nicht viel Wert auf soziale Kontakte und habe in der Wohngegend nicht - wie sie - Freundschaften entwickelt.
Sie habe seit Ende 2018 einen neuen Lebensgefährten, mit dem sie die Wohnung gern gemeinsam nutzen würde. Bei dessen Wohnung handle es sich um eine Einzimmerwohnung in Fa..., die zum gemeinsamen Wohnen ungeeignet sei.
Die Versuche des Antragsgegners, ihren Auszug zu erzwingen, hätten häufig zu Auseinandersetzungen geführt, in deren Rahmen der Antragsgegner sie regelmäßig zunehmend aggressiv beschimpft, beleidigt und aufgefordert habe, aus der Wohnung zu verschwinden. Gipfel dessen sei ein tätlicher Angriff auf sie am 1. Juli 2020 gewesen, der einen Polizeieinsatz, einen Platzverweis für den Antragsgegner für eine Nacht sowie ihre Anzeige gegen ihn wegen Körperverletzung zur Folge gehabt habe.
An den Werktagen suche sie von der Wohnung aus ihre in 4 Kilometer Entfernung gelegene langjährige Arbeitsstelle auf, hierauf sei sie auch angewiesen. Auch in Zeiten von Krankheit oder Urlaub habe sie die Wohnung an den Werktagen genutzt. Um den Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, habe sie versucht, wenigstens an den Wochenenden auswärts zu übernachten. Sie halte sich nicht überwiegend in der Wohnung ihres Partners in Fahrland auf. Die Wohnungskündigung habe sie nicht angekündigt.
Schon weil er gar nicht hitzeempfindlich sei, sei der Antragsgegner nicht, wie behauptet, auf ein abgeschattetes Zimmer angewiesen. Zur Wohnung gehöre kein Garten. Der Antragsgegner betreibe keinen IT-Service, auch nicht im Wintergarten, solches sei ihm mietvertraglich ohne Zustimmung des Vermieters ohnehin untersagt. Bei dem vom Antragsgegner erwähnten Büromobiliar handle es sich um Sperrmüll aus seiner Firmeninsolvenz. Von den von ihm behaupteten Arbeiten habe er lediglich Regalböden eingebaut und den vorhandenen Kabelanschluss und das LAN-Kabel verlängert.
Die Antragstellerin hat beantragt,
ihr die Ehewohnung, gelegen in F..., ... Straße ..., 3. Obergeschoss links, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Dem Antragsgegner wird aufgegeben, vorbenannte Wohnung zwei Wochen nach Rechtskraft der Scheidung unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben unter Aushändigung sämtlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller und Briefkastenschlüssel,
und
den Antrag des Antragsgegners auf Zuweisung der Ehewohnung nach Rechtskraft der Ehescheidung auf den Antragsgegner abzuweisen.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag der Antragstellerin abzuweisen und
ihm die Ehewohnung, gelegen in F..., ... Straße ..., 3. Obergeschoss links, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen. Der Antragstellerin wird aufgegeben, vorbenannte Wohnung zwei Wochen nach Rechtskraft der Scheidung unter Mitnahme seiner persönlichen Sachen zu räumen und an den Antragsgegner herauszugeben unter Aushändigung sämtlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller und Briefkastenschlüssel.
Er hat vorgetragen, die Wohnung sei ihm aufgrund seiner besonderen Verbundenheit zur Wohnung zuzuweisen. Im Zeitraum vom 1. Mai 2019 bis Ende April 2020 habe die Antragstellerin die Wohnung nur teilweise genutzt: namentlich nicht an 187 von 366 Tagen, er hingegen nur an 2 Tagen nicht. Sie sei auf die Wohnung nicht angewiesen. Überwiegend halte sie sich in der Wohnung ihres neuen Partners auf. In der Vergangenheit habe sie wiederholt angekündigt, die Wohnung zu kündigen, was er sogar durch Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verhindern versucht habe. Unrichtig sei, dass die Wohnung nach ihren besonderen Wünschen eingerichtet oder dass sie mit der Wohnung verbunden sei oder dass sie im Wohnumfeld besondere Bindungen habe. Er sei es, der auf die künftige Nutzung der Wohnung in besonderer Weise angewiesen sei. Bei seinem geringen Einkommen könne er sich eine wesentlich teurere Wohnung nicht leisten. Die Lage der Wohnung sei günstig. Sie habe einen großen Dachüberstand vor dem Wohnzimmer, wo er sich trotz seiner Hitzeempfindlichkeit im Sommer gut aufhalten könne. Auf die Nutzung des großen, geräumigen Gartens mit Sitzmöglichkeiten sei er zu seiner Erholung angewiesen. Ein geräumiger Kellerraum, wie der zur Wohnung gehörende, wäre bei anderen Wohnungen voraussichtlich nicht vorhanden.
Er habe die Wohnung mit dem aus seiner ehemaligen Firma stammenden Büromobiliar versehen. Es würde ihm schwer fallen, dieses Mobiliar an anderer Stelle in vergleichbarer Weise unterzubringen.
Er verfüge über zahlreiche soziale Kontakte an seinem Wohnort, sei es im Rahmen einer Garagengemeinschaft, seien es sonstige Freundschaften. Schließlich habe er in der Wohnung zahlreiche Arbeiten, etwa Maler- und Renovierungsarbeiten in Küche, Schlafzimmer und Flur und Instandsetzungsarbeiten an der Einbauküche, am Kippfenster und an der Wohnungstür erledigt und ein ca. 20 Meter langes LAN-Kabel im Kabelkanal vom Wohnzimmer zum Schlafzimmer verlegt, das Waschbecken repariert und Regalböden in Vorratsnische und Vorratsschrank eingebaut und den Kabelanschluss umgestaltet, so dass ihm die Unterkunft auch auf diese Weise besonders ans Herz gewachsen sei. Im Wintergarten habe er sich einen komplett ausgestatteten Büroarbeitsplatz mit PC, Monitoren, Telefon, Fax, Drucker, Scanner, Kopierer, Schredder, Aktenschrank, Sideboard, Pinnwand und Bürostuhl eingerichtet, und betreibe sein angemeldetes Gewerbe "IT-Service" im Nebenerwerb. Es wäre für ihn mit außerordentlicher Mühe verbunden, dieses Büro mit allen technischen Einrichtungen und Vernetzungen an anderer Stelle neu einzurichten.
Die Antragstellerin sei es, die regelmäßig - sichtbar alkoholisiert - ausfallend und beleidigend werde. Auch er habe Strafanzeige gegen sie erstattet. Der Vermieter wisse um seinen Nebenerwerb.
Der vom Amtsgericht am Verfahren beteiligte Vermieter der Wohnung hat sich geäußert (Bl. 40, 42 WH).
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die am 29. Juli 2016 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden, den Versorgungsausgleich geregelt, die Ehewohnung der Antragstellerin zur alleinigen Nutzung zugewiesen und den Widerantrag des Antragsgegners abgewiesen.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt der Antragsgegner sein erstinstanzliches Ziel weiter. Er halte sich an den Wochenenden regelmäßig mit vier Übernachtungen in der Ehewohnung auf, die Antragstellerin nur mit drei.
Er trägt vor, die Antragstellerin sei seinerzeit nach der Trennung von ihrem früheren Ehemann mit ihrer noch schulpflichtigen Tochter unter Berücksichtigung von deren Belangen in die Wohnung eingezogen, obwohl sie eigentlich lieber nach Sp... hätte ziehen wollen. Seit Februar 2009 habe er regelmäßig die Wochenenden dort verbracht. Zu Beginn der Beziehung habe er von Mietschulden der Antragstellerin erfahren müssen, die er sogleich selbst ausgeglichen habe, zumal die Antragstellerin zur Unterhaltung der Wohnung allein nicht in der Lage gewesen sei. Seit seinem Einzug habe er sich an den Kosten des Mietverhältnisses hälftig beteiligt.
Die Wohnung sei gemeinsam eingerichtet worden, die Antragstellerin habe den Fokus auf das Dekorieren gerichtet. Sie habe während der intakten Beziehung umziehen wollen, weil die Wohnung nicht ihren Ansprüchen genügt habe. Dass er die Wohnung lediglich an den Wochenenden nutze, beruhe auf seinen Pflegeleistungen, auf Grund derer er zur Vermeidung aufwändiger An- und Abfahrten drei- bis viermal wöchentlich im Haushalt seiner Stiefmutter in B... auf der dortigen Couch nächtige.
Er pflege langjährige Freundschaften im Wohnumfeld, während die Antragstellerin nur eine Freundin in V... habe, zu den benannten Zeuginnen pflege sie lediglich nachbarschaftliche Beziehungen.
Ihm sei es unzumutbar, sich um neuen Wohnraum zu bemühen. Aufgrund seiner Arbeitslosigkeit werde er nicht realistisch als Mieter in Betracht gezogen. Bei seinen Einkommensverhältnissen, sei erschwinglicher Wohnraum in F... und Umgebung nicht vorhanden. Er verfüge über Nettoeinkünfte in Höhe von 976 € aus Arbeitslosengeld I. Das monatlichen Leistungen in Höhe von 545 €, die für seine pflegebedürftige Stiefmutter ausgeschüttet würden, würden durch die Bezahlung eines Pflegedienstes aufgezehrt. Seit Juli 2021 erhalte er von seiner Stiefmutter eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 260 €.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Amtsgerichts Nauen vom 18. März 2021 abzuändern und ihm
a) die im Hause ... Straße ... in ... F... gelegene Ehewohnung, bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, Wintergarten sowie einem Kellerraum mit einer Wohnfläche von 56,35 qm nach Rechtskraft der Ehescheidung zur alleinigen Nutzung zuzuweisen,
b) die Antragstellerin zu verpflichten, die vorbezeichneten Wohnräume unter Mitnahme ihrer persönlichen Sachen zu räumen und an den Antragsgegner unter Aushändigung sämtlicher in ihrem Besitz befindlicher Schlüssel für die Wohnung samt Keller- und Briefkastenschlüsseln herauszugeben. § 885 Abs. 2 bis 4 ZPO sind im Falle der Zwangsräumung nicht anzuwenden,
c) der Antragsgegnerin eine Räumungsfrist von sechs Monaten zu bewilligen, beginnend mit der Rechtskraft dieser Entscheidung.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Seit 2004 sei die Wohnung nahezu unverändert. Mietschulden habe sie niemals gehabt. Der Antragsgegner wäre auch nicht in der Lage gewesen, solche auszugleichen, sei er doch bis 2016 keiner Beschäftigung nachgegangen. Dementsprechend habe sie bis 2016 die Mietaufwendungen auch aus ihren Einkünften beglichen und noch immer beteilige er sich nicht hälftig an allen Kosten und rechne zudem mit vermeintlichen Ansprüchen gegen ihre Ansprüche auf. Sie nutze die Wohnung von Montag bis einschließlich Freitag, der Antragsgegner in dieser Zeit nicht. Auch montags sehr früh treffe sie ihn nicht an. Bei der Auseinandersetzung am 1. Juli 2020 habe der Antragsgegner ihr am Arm ein ausgedehntes Hämatom beigebracht (Bl. 141).
Der Vermieter hat sich geäußert (Bl. 146).
Seiner Ankündigung entsprechend (Bl. 102R) entscheidet der Senat ohne erneute mündliche Verhandlung. Das Amtsgericht hat die Beteiligten persönlich angehört und die Ergebnisse der Anhörung in einem ausführlichen Protokoll festgehalten. Zweitinstanzlich haben sich die Beteiligten umfassend schriftlich geäußert. Es ist nicht ersichtlich, zu welchen besseren Erkenntnismöglichkeiten ein Erörterungstermin führen könnte.
II.
1. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die sich aus § 1568a Abs. 1 BGB ergebenden Voraussetzungen für die Zuweisung an die Antragstellerin liegen vor.
Nach § 1568a Abs. 1 BGB kann ein Ehegatte verlangen, dass der andere ihm die Ehewohnung anlässlich der Scheidung überlässt, wenn er auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere oder wenn die Überlassung aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht.
Ist das Kindeswohl nicht ausschlaggebend, weil - wie hier - keine Kinder mehr in der Ehewohnung leben, kommt es in einer Gesamtabwägung aller Umstände, die die Lebensverhältnisse der Ehegatten bestimmen, darauf an, ob der antragstellende Ehegatte in stärkerem Maße als der andere auf die Ehewohnung angewiesen ist (BeckOGK/Erbarth, 1.9.2021, § 1568a BGB, Rn. 47).
Bei der Gesamtabwägung sind, immer unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles in der Regel Alter und Gesundheitszustand der Ehegatten, der Umstand, dass ein Ehegatte die Wohnung schon vor der Eheschließung bewohnt hat, die Frage, welcher Ehegatte stärker auf die Ehewohnung angewiesen ist oder eher eine geeignete Ersatzwohnung finden kann und allgemein auch die finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Ehegatten, die Nähe der Wohnung zum Arbeitsplatz oder die Verbindung mit Geschäftsräumen, Eigenleistungen, die ein Ehegatte zum Aufbau der Wohnung erbracht hat, und auch die Aufnahme eines nahen pflegebedürftigen Angehörigen zu berücksichtigen (BeckOGK/Erbarth, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 48).
Nach diesen Maßstäben lässt sich feststellen, dass die Antragstellerin in stärkerem Maße auf die Ehewohnung angewiesen ist.
a) Hinsichtlich ihres Alters und Gesundheitszustandes lässt sich auf der Grundlage des Beteiligtenvortrags kein stärkeres Angewiesensein eines der Beteiligten auf die gegenständliche Wohnung feststellen. Alters- oder Krankheitsgründe, die einen Umzug unzumutbar machen würden, sind nicht ersichtlich und machen beide Beteiligte auch nicht geltend. Seine behauptete besondere Hitzeempfindlichkeit, der nur durch einen Verbleib in der ehemaligen Ehewohnung Rechnung getragen werden könnte, hat der Antragsgegner nicht mit Substanz dargelegt. Dasselbe gilt für seine Behauptung, zur Wohnung gehöre ein geräumiger, mit Gartenmöbeln ausgestatteter Garten, auf den er zu Erholungszwecken angewiesen sei. Insoweit ergibt sich bereits aus den Anträgen der Beteiligten und aus dem Mietvertrag kein Hinweis auf das Vorhandensein eines solchen Gartens.
b) Als Kriterium für die größere Angewiesenheit ist der Nutzen zu betrachten, den ein Ehepartner hat, wenn ihm die Wohnung überlassen wird, etwa wegen der Nähe zum Arbeitsplatz oder zu anderen Verwandten oder wegen der Verbindung mit seinen Geschäftsräumen (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, BGB § 1568a Rn. 6; MüKoBGB/Wellenhofer, 8. A., § 1568a Rn. 17).
Dieses Kriterium spricht für eine größere Angewiesenheit der Antragstellerin auf die Wohnung. Während sie die Wochenenden bei ihrem Lebensgefährten in Fa... oder bei ihrer Schwester verbringt, verweilt sie an den Werktagen in der Wohnung, weil sie von hier aus den Weg zu ihrer nur vier Kilometer entfernt liegenden Arbeitsstelle zurücklegt. Demgegenüber ist der Antragsgegner arbeitssuchend. Auf die Umgebung der Wohnung ist er bei seiner Arbeitssuche nicht beschränkt; so lagen ihm im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Anhörung Angebote aus B... und Br... vor. Zwischen den Wochenenden pflegt er die Lebensgefährtin seines verstorbenen Vaters in B...-F... und verbringt zur Vermeidung der zeitaufwändigen An- und Abfahrten auch seine Nächte in ihrer Wohnung (Bl. 92). Den Vorteil eines geringen Wegeaufwands von der Wohnung zur Pflegeperson oder zu einer Arbeitsstelle kann er für sich damit nicht in Anspruch nehmen.
Ob die Beteiligten bislang jeweils eher drei oder eher vier Nächte in der Wohnung verbracht haben, spielt vor dem Hintergrund, dass sie einander unstreitig aus dem Weg gehen und die Antragstellerin aus diesem Grund gleichzeitige Aufenthalte in der Wohnung eher vermeidet, für die Zuweisungsentscheidung keine entscheidende Rolle.
Auch die Berufung auf seine Nebenerwerbstätigkeit im IT-Bereich vermag eine stärkere Angewiesenheit des Antragsgegners auf die Wohnung nicht zu begründen. Er behauptet nicht, mit seiner Tätigkeit aktiv zu sein, schon gar nicht, Einkünfte zu erzielen. Dafür, dass sein in der Wohnung eingerichteter Büroarbeitsplatz, der über die übliche aus Monitoren, Telefon, Fax, Drucker, Scanner, Kopierer, Schredder, Aktenschrank, Sideboard und Bürostuhl bestehende Ausstattung nicht hinausgeht, besondere Anforderungen an die Räumlichkeiten stellen würde, die nur in der Ehewohnung gewährleistet wären, sind Anhaltspunkte weder vorgetragen noch - mit Blick auf den Gegenstand des Unternehmens: IT-Service - nach der Lebenserfahrung ersichtlich.
c) Der längere Zeitraum der Wohnungsnutzung kann ein weiterer Gesichtspunkt bei der Zuweisung sein (KG NJW-RR 1989, 711 [KG Berlin 28.08.1987 - 17 UF 1644/87]; BeckOGK/Erbarth, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 48; MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a Rn 20; BeckOK BGB/Neumann, 59. Ed., § 1568a Rn. 13).
Auch dieser Gesichtspunkt spricht vorliegend zugunsten der Antragstellerin. Die Antragstellerin hat die Wohnung bereits am 1. Januar 2004, und damit mehr als sieben Jahre vor dem Antragsgegner bezogen, der am 1. Februar 2011, nach dem Auszug der Tochter der Antragstellerin, in die Wohnung eingezogen ist.
d) Auch der Anteil der gemeinsam aufgebrachten Mittel und Eigenleistungen zum Aufbau der Mietwohnung ist bei der Zuweisungsentscheidung zu berücksichtigen (KG NJW-RR 1989, 711 [KG Berlin 28.08.1987 - 17 UF 1644/87]). Aus diesem Kriterium kann der Antragsgegner indes keinen wesentlichen Vorteil für sich herleiten.
Seine Behauptung, er habe bei seinem Einzug Mietschulden der Antragstellerin beglichen, hat der Antragsgegner nicht substantiiert. In Ehewohnungssachen trifft die Beteiligten im Hinblick auf den Grundsatz der Amtsermittlung keine Beweislast im formellen Sinn. Sie haben aber diejenigen Tatsachen vorzutragen und Beweismittel zu benennen, die für die Entscheidung des Gerichts erheblich sein können (vgl. Johannsen/Henrich/Althammer/Dürbeck, 7. Aufl. 2020, FamFG § 200 Rn. 29). Nach diesem Maßstab hätte der Antragsgegner zur Höhe und den Umständen der Übernahme der Mietschulden vorzutragen gehabt.
Daran fehlt es hier. Der Antragsteller hat lediglich behauptet, bei seinem Einzug Mietschulden der Antragstellerin ausgeglichen zu haben. Auf ihr Bestreiten hat er nichts von Substanz erwidert.
Soweit er sich auf umfangreiche in der Wohnung erbrachte Arbeiten beruft, die dazu beigetragen hätten, dass ihm die Wohnung "besonders ans Herz gewachsen" sei (Bl. 12), sind lediglich der Einbau von Regalböden in Vorratsnische und -schrank sowie die Verlängerung des Kabelanschlusses und die Verlegung eines LAN-Kabels unstreitig. Beweismittel für weitere Arbeiten hat der Antragsgegner nicht benannt. Die unstreitig erbrachten Arbeiten und die damit einhergegangenen Veränderungen an der Wohnung rechtfertigen es indes nicht, die Eigenleistungen des Antragsgegners als so umfangreich oder aufwändig zu bewerten, dass sie ein stärker ausgeprägtes Angewiesensein auf die Nutzung der Wohnung begründen könnten, als es für die Antragstellerin der Fall sein könnte, die die Wohnung ursprünglich, noch vor dem Einzug des Antragsgegners eingerichtet hat, woran sich, was der Antragsgegner nicht mit Substanz bestritten hat, bis heute mit Ausnahme der Ergänzung um Möbel aus der Firmeninsolvenz des Antragsgegners, im Wesentlichen nichts geändert hat. Eine hierdurch etwa entstandene gefühlsmäßige Bindung an die Wohnung ist nicht geeignet, die erforderliche Angewiesenheit auf die Unterkunft zu begründen oder zu ersetzen.
e) Soweit der Antragsgegner sich auf sein geringes Einkommen beruft, das ihn in besonderer Weise an die Wohnung binde, vermag auch dies seiner Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Antragsgegner verfügt über Einkünfte aus Arbeitslosengeld in Höhe von 976 € und eine von seiner Stiefmutter aufgebrachte Aufwandsentschädigung von 260 €, damit insgesamt 1.230 €. Das erhaltene Pflegegeld in Höhe von 545 € wird bei der Betrachtung der Einkünfte nicht berücksichtigt, weil es unstreitig für einen ambulanten Pflegedienst eingesetzt wird. Mit 1.230 € verfügt der Antragsgegner allerdings über ein Einkommen, welches nur 20 € unter demjenigen der Antragstellerin rangiert. Dass er damit als Mieter messbar schlechtere Aussichten als diese auf dem Wohnungsmarkt hätte, vermag der Senat nicht festzustellen.
f) Darauf, dass der Antragsgegner aufgrund seiner besseren sozialen Integration stärker als die Antragstellerin auf die Wohnung angewiesen sein könnte, kann er seine Beschwerde nicht mit Erfolg stützen. Unabhängig davon, ob die Antragstellerin in der Nachbarschaft Freundschaften pflegt oder nicht, hat der Antragsgegner seinen Vortrag zu den zahlreichen sozialen Kontakten, über die er im Rahmen der Garagengemeinschaft verfüge und zu den sonstigen Freundschaften bereits nicht mit substantiiertem, einer Beweiserhebung zugänglichem Tatsachenvortrag unterlegt.
Nicht ausschlaggebend sind auch die - streitigen - Verantwortungsbeiträge zu den in der Vergangenheit erfolgten Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten. Umstände, die zum Scheitern der Ehe geführt haben, spielen grundsätzlich keine Rolle (MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 20). Im Hinblick auf die Frage, welcher der geschiedenen Ehegatten in stärkerem Maß auf die Wohnung angewiesen ist, ist es auch irrelevant, wem welches Fehlverhalten gegen den anderen vorgeworfen werden kann. Etwas anderes kann nur gelten, wenn einem Ehegatten ein schwerwiegendes, klar bei dem anderen Ehegatten liegendes Fehlverhalten vorzuwerfen ist (vgl. hierzu KG BeckRS 9998, 8472). Der Antragsgegner hat indes ein entsprechendes Fehlverhalten der Antragstellerin nicht dargelegt.
Auch auf die Frage, ob die Antragstellerin in der Vergangenheit umziehen oder den Mietvertrag kündigen wollte, kommt es nicht an. Maßgebend sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der Beschlussfassung (MüKoBGB/Wellenhofer, a. a. O., § 1568a BGB Rn. 17), die dadurch gekennzeichnet sind, dass beide Beteiligten die Wohnung behalten möchten.
2. Die Einräumung der Räumungsfrist beruht auf § 209 Abs. 1 FamFG. Eine Räumungsverpflichtung ohne Frist erscheint unbillig. Zwar weiß der Antragsgegner seit Erlass der angefochtenen Entscheidung um die Möglichkeit der Zuweisung an die Antragstellerin und hatte Gelegenheit, sich um eine andere Wohnung zu bemühen, jedoch ist noch seinem Vortrag vom 10. November 2021 (Bl. 148) zu entnehmen, dass er bislang keine neue Wohnung angemietet hat. Die Räumungsfrist erscheint danach erforderlich, aber auch ausreichend, um den wechselseitigen Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG, die Entscheidung zum Verfahrenswert folgt aus §§ 55 Abs. 2, 48 Abs. 1 FamGKG.
Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 70 Abs. 2 FamFG.
RechtsgebietWohnraummieteVorschriften§ 1568a Abs. 1 BGB