Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 19.11.2015 · IWW-Abrufnummer 145844

    Amtsgericht Eschweiler: Urteil vom 01.08.2014 – 26 C 43/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Amtsgericht Eschweiler

    Urt. v. 01.08.2014

    Az.: 26 C 43/14

    Tenor:

    Die Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    Tatbestand

    Die Beklagten mieteten von der Klägerin mit beurkundetem Vertrag vom 12.07.2010 zum 01.08.2010 die im ersten Obergeschoss des Hauses N 00 in F gelegene Wohnung. Mit vermietet wurden u. a. zwei zur Wohnung gehörende Balkone, von denen einer zur Straßenseite liegt. Im Erdgeschoss liegt eine Arztpraxis. Bei demjenigen Teil der Nstraße zwischen N- und Lstraße, in dem auch das von den Beklagten bewohnte liegt, handelt es sich um eine Wohnstraße in der auch Freiberufler, wie Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater und Apotheker, ihrer Tätigkeit nachgehen.

    Seit Herbst 2013 haben die Beklagten an dem Balkongitter des zur Straße liegenden Balkons ihrer Wohnung von außen sichtbar die Solarlichterkette mit der Verkaufsbezeichnung "T" des Einrichtungshauses "J" angebracht. Sie besteht aus sechzehn durch ein Kabel verbundenen verschieden farbigen runden Leuchtkörpern auf einer Gesamtlänge von drei Metern. Wegen der örtlichen Situation wird auf die zur Akte gereichten Lichtbilder, Hüllen Bl. 29 u. 39 GA, verwiesen.

    Mit Schreiben vom 25.09.2013 wiesen die Beklagten vertreten durch den Mieterschutzbund das Beseitigungsverlangen der Klägerin zurück.

    Die Mietvertragsurkunde enthält zu § 13 u. a. Regelungen zu baulichen Veränderungen. Nach Ziffer 2 bedarf der Mieter für Instandsetzung jeglicher Art, baulichen oder sonstigen Änderungen und neuen Einrichtungen die vorherige Zustimmung des Vermieters. Nach Ziffer 3 hat der Mieter sich verpflichtet, bauliche oder sonstige Änderungen und Einrichtungen, die er ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommen hat, auf Verlangen des Vermieters zu beseitigen. Nach Ziffer 3 dürfen Außenantennen, Reklameschilder, Leuchtreklame, Schaukästen, Plakate, Warenautomaten usw. der vorherigen Zustimmung des Vermieters. Wegen des genauen Wortlauts wird auf die als Anlage K1 zur Akte gelangte Urkunde des Mietvertrages verwiesen.

    Die Klägerin trägt vor:

    In dem Anbringen der Lichterkette liege ein Verstoß gegen § 13 Ziffer 3 u. 4 MV. Bei der Lichterkette handele es sich um eine bunte Partylichterkette, die den seriösen Eindruck des Hauses beeinträchtige.

    Sie hat ursprünglich beantragt,

    die Beklagten zu verurteilen,

    1.

    die am Balkon der Wohnung in der ersten Etage zur Nstraße 00,00000 F, hin angebrachte - aus mehreren bunten Kugeln bestehende - Lichterkette zu beseitigen,
    2.

    es bei Vermeidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fällige, in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - zu unterlassen, Gegenstände im Balkonbereich des zur Nstraße 00 hin gelegenen Balkons in der ersten Etage nach außen sichtbar anzubringen.

    Nunmehr beantragt die Klägerin, die Beklagten zu verurteilen,

    1.

    die am Balkon der Wohnung in der ersten Etage zur Nstraße 00, 00000 F, hin angebrachte - aus mehreren bunten Kugeln bestehende - Lichterkette zu beseitigen,
    2.

    es bei Vermeidung eines für den Fall der Zuwiderhandlung fällige, in das Ermessen des Gerichts gestellten Ordnungsgeldes - ersatzweise Ordnungshaft - zu unterlassen, Leuchtkörper im Balkonbereich des zur Nstraße 00 hin gelegenen Balkons in der ersten Etage nach außen sichtbar anzubringen.

    Die Beklagten beantragen,

    die Klage abzuweisen.

    Sie tragen vor:

    Die Regelungen zu § 13 MV seien nicht einschlägig. Denn sie beträfen ausschließlich bauliche Anlagen. Die angebrachte Lichterkette gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch und sei nicht störend.
    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt der geltend gemachte Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu. Insbesondere finden sie keine Grundlage in § 541 BGB. Die Verwendung der von den Beklagten angebrachten Lichterkette ist von dem vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache umfasst. Insbesondere wird das Anbringen einer Lichterkette im Balkonbereich nicht nach § 13 Ziffer 4 MV von der vorherigen Zustimmung der Klägerin abhängig. Lichterketten sind in der Klausel nicht ausdrücklich aufgeführt. Auch sind sie nach Auslegung nicht von der Klausel erfasst. Der Aufzählung ist mit Ausnahme der darüber hinaus ausdrücklich genannten Außenantennen beschränkt auf Einrichtungen, die einer Erwerbstätigkeit dienen. Hierzu dient die streitgegenständliche Lichterkette jedoch nicht. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 13 Ziffer 2 MV die Zulässigkeit jedweder von dem Mieter eingebrachten Einrichtung und damit auch das Anbringen einer Lichterkette am Balkongitter nur mit Zustimmung des Vermieters zulässig und nach § 13 Ziffer 3 MV ist der Mieter verpflichtet, solche Einrichtungen zu entfernen, mit denen die Mietsache ohne Zustimmung des Vermieters versehen worden ist. Jedoch kann ein Beseitigungsverlangen nicht allein auf einen Verstoß gegen die Vorbehaltsklausel des § 13 Ziffer 2 MV gestützt werden, sondern durch die konkrete Nutzung muss gleichzeitig auch der vertragsgemäße Gebrauch überschritten worden sein (vgl. Schmidt-Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Aufl., § 535 Rn. 508 ff. zur Frage der Tierhaltung). Denn in der Vereinbarung einer Vorbehaltsklausel liegt die Zusage des Vermieters über die Zulässigkeit der konkreten Einrichtung unter Beachtung und Abwägung der betroffenen Interessen im Einzelfall zu entscheiden. Dabei ist davon auszugehen, dass dem Mieter grundsätzlich die sozialübliche, an den Gepflogenheiten der Zeit orientierte Ausübung des Mietgebrauchs gestattet ist. Bei der Überlassung einer Wohnung mit Balkon beinhaltet die Gebrauchsüberlassungspflicht nach § 535 Abs. 1 S. 2 BGB auch, dass der Mieter die Balkonfläche in der Weise nutzen kann, dass er sich dort aufhalten und dort Gegenstände, die er zur eigenbestimmten Nutzung der Mietsache benötigt, belassen kann, sofern nicht in die Substanz der Mietsache eingegriffen wird, die Mietsache nachhaltig verändert oder die Nutzung sonst störend ist. Zur zulässigen Nutzung gehört nach der Verkehrsauffassung der beteiligten Kreise jedenfalls das Aufstellen von Sonnenschirmen sowie das Anhängen von Blumenkästen an die Brüstung. Auch ist das Aushängen diskriminierender oder beleidigender Meinungsäußerungen in keinem Fall vom vertragsgemäßen Gebrauch erfasst. Was die Verwendung von Beleuchtungselementen angeht, so ist festzustellen, dass es inzwischen eine weit verbreitete Sitte ist, nicht nur zur Weihnachtszeit auch Balkone mit Lichterketten zu schmücken. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass gerade solarbetriebene Außenlichter zum Standardsortiment von Baumärkten und Einrichtungshäusern gehören und auch regelmäßig von Discountern angeboten werden. Ohne eine entsprechende Nachfrage wäre ein solches Angebot aber nicht vorhanden. Damit ist das Anbringen einer Lichterkette im Balkonbereich grundsätzlich von dem vertragsgemäßen Gebrauch umfasst. Ausnahmsweise kommt aber gleichwohl eine Versagung in Betracht, wenn die Nutzung konkrete Interessen der Klägerin beeinträchtigt. Denn es ist anerkannt, dass der vertragsgemäße Gebrauch des Außenbereichs der Mietwohnung anders als die Ausgestaltung der Lebensverhältnisse innerhalb der Wohnung im Einzelfall Einschränkungen unterliegen kann. Dabei hat das Gericht nicht darüber zu befinden, ob die Verwendung der Lichterkette ästhetischen Anforderungen genügt. Denn dann würde es unzulässiger Weise sein Ästhetisches Empfunden an die Stelle des Empfindens der Parteien setzen. Zwar wird der Gesamteindruck des Hauses durch die sichtbare Lichterkette beeinflusst. Die Beeinflussung überschreitet aber nicht das Maß einer Beeinflussung durch die ohne weiteres zulässige Verwendung von z. B. bunten Sonnenschirmen oder einer ebenfalls ohne weiteres zulässigen Balkonbepflanzung und Bestuhlung. Angesichts der zwischenzeitlichen Üblichkeit der Verwendung von Leuchtkörpern im Außenbereich in allen gesellschaftlichen Schichten geht von der Verwendung der konkreten Lichterkette auch kein Makel aus. Mithin hat die Klägerin ihre Verwendung zu dulden.

    Die prozessualen Nebenscheidungen finden ihre Grundlage in den §§ 91 Abs. 1 S. 1 Halbs. 1, 708 Ziffer 11, 711, 713 ZPO.

    Der Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt. Er bestimmt sich nach § 48 Abs. 2 GKG iVm. § 3 ZPO. Dabei ist allein auf die Wert der Beeinträchtigung des Vermieters durch eine optische und/oder Substanzbeeinträchtigung des Hauses maßgeblich (vgl. BGH Beschl. v. 17.05.2006, VIII ZB 51/05, [...]). Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Lichterkette nicht aus dem Baukörper herausragt und damit den optischen Gesamteindruck des Hauses ohne Substanzbeeinträchtigung nicht maßgeblich bestimmt.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 535 Abs. 1 S. 2 BGB; § 541 BGB