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  • 15.07.2016 · IWW-Abrufnummer 187251

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 25.02.2016 – 34 Wx 385/15

    Der gebührenrechtliche Wert für die Eintragung einer Mieterdienstbarkeit im Grundbuch berechnet sich nach dem Bruttobetrag des als Gegenleistung für die abgesicherte schuldrechtliche Nutzungsgestattung vereinbarten Mietzinses auch dann, wenn der Mieter zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.


    Oberlandesgericht München

    Beschl. v. 25.02.2016

    Az.: 34 Wx 385/15 Kost
    In der Grundbuchsache
    XXX
    wegen Geschäftswertfestsetzung (Mieterdienstbarkeit)

    erlässt das Oberlandesgericht München - 34. Zivilsenat - durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwegler als Einzelrichterin am 25. Februar 2016 folgenden

    Beschluss

    Tenor:

    Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Passau - Grundbuchamt - vom 10. Juni 2015 wird zurückgewiesen.

    Gründe

    I.

    Der Beteiligte zu 1 ist Eigentümer eines auf dem Gebiet des vorhabenbezogenen Bebauungsplans "Sondergebiet Nahversorgung T. ... - Einkaufsmarkt" einer niederbayerischen Gemeinde gelegenen Grundstücks. Zu Urkunden jeweils vom 28.11.2014 räumte er zu Lasten bestimmter Teilflächen seines Grundbesitzes zwei Einzelhandelsgesellschaften, mit denen Mietverträge bestehen, je eine auflösend bedingte beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Inhalts ein, dass die jeweilige Gesellschaft das Recht hat, das jeweilige, den Gegenstand des Mietvertrags bildende Gebäude als Einzelhandelsgeschäft für den Verkauf des jeweiligen Sortiments allein und bestimmte Parkplätze einschließlich Zu- und Abfahrten gemeinsam mit anderen Berechtigten zu benutzen. Der Höchstbetrag des Wertersatzes für die Dienstbarkeit gemäß § 882 BGB wurde auf jeweils 25.000 € festgelegt. Die Dienstbarkeiten sollten nicht ohne diesen Höchstbetrag im Grundbuch eingetragen werden.

    Dem Kostenansatz für den Grundbuchvollzug vom 22.12.2014 lagen Werte von 1.440.000 € und 3.200.000 € für die Dienstbarkeiten zugrunde. Hiergegen wandte sich der Beteiligte zu 1 und Kostenschuldner mit der Erinnerung. Er beanstandete die Kostenrechnung als unverhältnismäßig hoch und meinte, zugrunde zu legen sei nur der unter Kostengesichtspunkten festgelegte Höchstbetrag des Wertersatzes. Der hierzu angehörte Bezirksrevisor, Beteiligter zu 2, beantragte am 27.5.2015, den Geschäftswert für die Mieterdienstbarkeiten unter Zugrundelegung der aus den Mietverträgen ersichtlichen Höhe der Mietzinsen sowie der jeweils vereinbarten Mindestmietlaufzeit auf 856.800 € bzw. 3.420.882 € festzusetzen.

    Dem Antrag entsprach das Grundbuchamt mit Beschluss vom 10.6.2015, zur Post gegeben am 15.6.2015. Die Höhe des Geschäftswerts ergebe sich aus einer Multiplikation der jeweiligen Bruttojahresmietbeträge mit dem Faktor 10 bzw. 15 entsprechend der jeweils vereinbarten Mindestlaufzeit der Mietverträge.

    Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1 mit der Beschwerde vom 15.7.2015 mit der Begründung, die Geschäftswerte seien auf der Grundlage von Nettomieten zu berechnen.

    Der hierzu angehörte Beteiligte zu 2 ist dieser Ansicht entgegen getreten.

    Das Grundbuchamt hat nicht abgeholfen.

    II.

    Die Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung gemäß § 79 Abs. 1 GNotKG ist in zulässiger Weise eingelegt (§ 83 Abs. 1 Sätze 1 und 3 Halbsatz 2, Sätze 4 und 5, § 81 Abs. 5 Sätze 1 und 4 GNotKG). Über sie entscheidet die Einzelrichterin des Senats, § 83 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 81 Abs. 6 Satz 1 GNotKG.

    In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

    1. Die mit dem angefochtenen Beschluss festgesetzten Geschäftswerte für die Eintragung der Dienstbarkeiten erweisen sich als zutreffend.

    a) Der Wert einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit (§ 1090 BGB) bestimmt sich nach dem objektiven Wert, den die Dienstbarkeit für den Berechtigten hat, § 52 Abs. 1 GNotKG.

    Dieser Wert entspricht regelmäßig und auch hier dem Wert der schuldrechtlichen Nutzungsgestattung, deren Absicherung die Dienstbarkeit dient (zur Absicherungsfunktion der Mieterdienstbarkeit siehe Krüger NZM 2012, 377). Zur betragsmäßigen Bestimmung dieses Werts ist es daher sachgerecht, auf die Höhe der ausgehandelten Gegenleistung abzustellen, die der Berechtigte für die vertraglich eingeräumte Nutzungsmöglichkeit zu zahlen bereit ist (Senat vom 11.1.2013, 34 Wx 244/12 Kost = MittBayNot 2014, 561; OLG Oldenburg NJW-RR 1998, 644). Waren an der Vereinbarung Geschäftspartner mit gegenläufigen wirtschaftlichen Interessen beteiligt, so kann bei Fehlen besonderer Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, dass die vereinbarte Vergütungshöhe dem objektiven Marktwert der Nutzungsberechtigung entspricht (OLG München - 32. Zivilsenat - vom 8.1.2008, 32 Wx 192/07 = MittBayNot 2008, 320).

    b) Maßgeblich ist dabei nicht der Nettobetrag der vereinbarten Gegenleistung, sondern der Bruttomietzins.

    Das vom Mieter zu erbringende Leistungsentgelt für die Überlassung des Gewerberaums ist der Bruttobetrag der Miete. Diesen Betrag muss der Mieter vereinbarungsgemäß gegenüber dem Vermieter aufwenden, um in den Genuss der Nutzungsüberlassung zu gelangen. Das für die Überlassung vereinbarte Gesamtentgelt gilt auch die Aufwendungen des leistenden Vermieters für die von ihm an die Finanzbehörde zu entrichtende Mehrwertsteuer ab. Der hierauf entfallende Teil des Mietzinses ist ein rechtlich unselbständiger Bestandteil des für die umsatzsteuerpflichtige Leistung des Vermieters zu zahlenden Entgelts und nur aus steuerrechtlichen Gründen gesondert auszuweisen, um dem Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug zu ermöglichen (vgl. BGH vom 29.1.2015, IX ZR 138/14, [...]; BGHZ 115, 47/50; 103, 284/287; 60, 199/203; NJW-RR 2011, 591/592 Tz. 19 - zum Geschäftswert bei Grundstücksveräußerung; NJW 2002, 2312 [BGH 28.02.2002 - I ZR 318/99]; Palandt/Ellenberger BGB 75. Aufl. § 157 Rn. 13 m. w. N.).

    Gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 4 UStG erhält ein Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen im Leistungsaustausch erbracht wurden, im Wege des Vorsteuerabzugs in dem Umfang vergütet, in dem er die Eingangsumsätze für Zwecke steuerbarer Umsätze verwendet, sofern er in Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG ausgestellten Rechnung ist. Auf diese Weise wird das Ziel erreicht, dass mit der Umsatzsteuer als allgemeiner Verbrauchssteuer letztlich nur der nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Endverbraucher belastet wird.

    Der wirtschaftliche Effekt für den vorsteuerabzugsberechtigten Mieter rechtfertigt es nicht, zur Bestimmung des für die Wertfestsetzung maßgeblichen objektiven Werts auf den Nettobetrag des für die Gebrauchsüberlassung vereinbarten Entgelts abzustellen. Zwar wird der Vorsteuerabzugsberechtigte infolge der Gutschrift der Vorsteuer letztlich nur in Höhe des Nettoanteils belastet. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Bei dem aus den Steuervorschriften resultierenden Effekt für den Mieter (aber auch den Vermieter) handelt es sich um einen von mehreren für die Kalkulation des vertraglichen Mietpreises maßgeblichen Gesichtspunkt. Dieser kann sich zwar gegebenenfalls preiserhöhend auswirken insofern, als der Leistungsempfänger ohne die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs möglicherweise nicht bereit wäre, einen Mietzins in Höhe des Bruttobetrages aufzubringen. Dies ändert allerdings nichts daran, dass der lediglich aus steuerrechtlichen Gründen gesondert ausgewiesene, kalkulatorisch auf den Umsatzsteuerbetrag entfallende Teil des Mietzinses zusammen mit dem auf sonstigen, in die Preisfindung eingeflossenen kalkulatorischen Erwägungen beruhenden Nettoanteil des Mietzinses das vertraglich zu entrichtende und dem objektiven Marktwert der Nutzungsüberlassung wiederspiegelnde Entgelt darstellt.

    c) Entsprechend der jeweils vereinbarten Mindestmietzeit von 10 bzw. 15 Jahren war gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 GNotKG der 10-fache bzw. 15-fache Jahresbetrag der vereinbarten Bruttomiete als Wert anzusetzen.

    Der festgesetzte Wert entspricht rechnerisch diesen rechtlichen Vorgaben. Für eine Reduzierung besteht - auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Grundsätze - keine Veranlassung und kein Raum.

    III.

    Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, weil das Verfahren gebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (§ 83 Abs. 3 GNotKG).

    RechtsgebieteBGB, GNotKGVorschriftenBGB §§ 882, 1090; GNotKG § 52