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  • 14.08.2017 · IWW-Abrufnummer 195822

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 07.03.2017 – I-24 U 88/16

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-24 U 88/16

    Tenor:

    Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung der Beklagten wird das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - Einzelrichter - vom 27.04.2016 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 1.656,36 nebst Zinsen iHvon 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2014 sowie € 10,- außergerichtliche Mahnkosten zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 78% die Klägerin und zu 22% die Beklagte.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung iHvon 120% abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

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    Gründe :

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    Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve - Einzelrichter - vom 27.04.2016 ist zulässig, und teilweise begründet; der Klägerin steht lediglich ein Anspruch auf Zahlung von Miete iHvon € 1.656,36 zu. Im Übrigen unterliegt die Berufung der Zurückweisung.

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    Es steht fest, dass zwischen den Parteien ein Mietvertrag mit dem Inhalt wie aus dem Bestätigungsschreiben v. 11.08.2014 und dem nachfolgenden Schreiben v. 12.08.2011 (Anl. K3 = GA 76) ersichtlich zustande gekommen ist.

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    Die Berufung wendet sich nicht gegen die Beweiswürdigung im landgerichtlichen Urteil, wonach die Beklagte den Nachweis eines wirksamen Widerspruchs gegen das als kaufmännisches Bestätigungsschreiben zu wertende Schreiben der Klägerin vom 11.08.2014 (Anl. K1 = GA 55f) nicht geführt hat (GA 209). Es ist auch nicht ersichtlich, dass die angefochtene Entscheidung insoweit auf einer Rechtsverletzung beruht oder die gem. § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Insbesondere ergibt sich aus der erstinstanzlichen Beweisaufnahme auch nicht, dass die Klägerin - wie die Beklagte im Verfahren erster Instanz noch vermutet hat (GA 120) - als Absenderin des kaufmännischen Bestätigungsschreibens unredlich und damit in ihrem Vertrauen auf das Schweigen der Empfängerin nicht schutzwürdig gewesen wäre.

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    Der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der mit der Beklagten vereinbarten Miete folgt grundsätzlich aus dem abgeschlossenen Mietvertrag.

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    Soweit die Berufung geltend macht, die Klägerin sei ihrerseits gar nicht in der Lage gewesen, den vertraglich zugesagten Wohnraum zu überlassen, weil sie selbst diesen gar nicht angemietet habe (GA 209), handelt es sich nicht um neuen Vortrag in der Berufungsinstanz, sondern lediglich um eine Konkretisierung des erstinstanzlichen Vortrags. Die Beklagte hat bereits in erster Instanz vorgetragen, dass die Klägerin ihrerseits überhaupt keinen Wohnraum angemietet und dementsprechend keine Aufwendungen gehabt hätte (GA 90, 120).

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    Der Vortrag der Beklagten zur fehlenden Gebrauchsgewährung führt jedoch nicht zum Entfall des Anspruchs auf Zahlung der vereinbarten Miete. Selbst wenn die Klägerin die an die Beklagte vermieteten Räume selbst gar nicht angemietet hätte, wäre der Anspruch auf die Miete nicht wegen Unmöglichkeit der Leistung untergegangen gem. § 326 Abs. 1 BGB und auch nicht infolge Rücktritts gem. § 323 Abs. 1 BGB oder infolge Weitervermietung gem. § 537 Abs. 2 BGB entfallen, da die jeweiligen tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Normen nicht vorliegen. Die Leistung wäre der Klägerin nicht unmöglich iSdes § 275 BGB gewesen, da das Leistungshindernis (fehlende Anmietung) für sie nicht unüberwindbar gewesen wäre. Für einen Rücktritt fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Fristsetzung. Eine Weitervermietung durch die Klägerin iSdes § 537 Abs. 1 BGB ist nicht dargetan.

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    Allerdings muss die Klägerin sich unter den besonderen Umständen des hier vorliegenden Einzelfalles entgegenhalten lassen, dass ihr letztlich gar keine Kosten für die Anmietung der an die Beklagten weitervermieteten Räume entstanden sind. Von dem Mietzinsanspruch iHvon € 7.511,40 sind gem. § 537 Abs. 1 S. 2 BGB ersparte Aufwendungen iHvon € 5.855,04 in Abzug zu bringen.

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    Soweit die Berufung erstmals vorträgt, die Anmietung durch die Klägerin sei kostenlos storniert worden, deren Vermieterin habe keinerlei Mietkosten bei der Klägerin geltend gemacht, und dies unter Beweis durch Zeugnis der Frau P stellt (GA 210, 234), handelt es sich um neuen Vortrag iSdes § 531 Abs. 2 ZPO. Dieser ist in der Berufungsinstanz gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen. Die Beklagte hat unwiderlegt geltend und durch eidesstattliche Versicherung ihrer Geschäftsführerin vom 23.01.2017 (GA 265) glaubhaft gemacht, dass ihr die vorgetragenen Umstände zur Stornierung der Klägerin gegenüber deren Hauptvermieterin erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz bekannt geworden sind.

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    Im Rahmen des mietrechtlichen Erfüllungsanspruchs kommt es zwar grundsätzlich - wie die Beklagte bereits in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz v. 18.06.2015, S. 3, GA 120 zutreffend erkannt hat - nicht darauf an, ob und inwieweit der Vermieter selbst Aufwendungen hatte. Etwas Anderes gilt allerdings im Hinblick auf ersparte Aufwendungen. Diese wären hier gem. § 537 Abs. 1 S. 2 BGB von der geschuldeten Miete abzusetzen, da es nach dem hier anzunehmenden Vertragsschluss allein in der Risikosphäre der Beklagten lag, dass die Beklagte ihr Gebrauchsrecht an dem Mietobjekt nicht ausübte. Die Beklagte hat jedenfalls den Nachweis nicht zu erbringen vermocht, dass das Gebrauchshindernis nicht aus ihrer Risikosphäre herrührte.

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    § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB ordnet an, dass der Vermieter sich ersparte Aufwendungen und sonstige Vorteile aus einer anderweitigen Verwendung der Mietsache von seinem Anspruch auf die Miete abziehen lassen muss. Der Vermieter soll aus der Situation des Mieters bei persönlicher Verhinderung keine Vorteile ziehen (vgl. Münch in: Herberger/Martinek/Rüßmann u.a., jurisPK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 537 BGB, Rn. 13). Er soll aufgrund der persönlichen Verhinderung des Mieters nicht bessergestellt sein, als er bei fortdauernder Nutzung des Mietobjekts durch den Mieter stünde und muss sich deshalb die auf dem Unterlassen der Nutzung durch den Mieter beruhenden Vorteile anrechnen lassen (vgl. Ghassemi-Tabar / Boerner, Gerwerberaummiete, 2015, § 537 Rn. 16f). Gemeint sind damit vor allem die verbrauchsabhängigen Betriebskosten, d.h. die Kosten von Energie, Wärme und Wasser (vgl. Staudinger/Volker Emmerich (2014) BGB § 537, Rn. 13).

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    Im vorliegenden Fall, in dem die Klägerin ihrerseits die Räumlichkeiten für die mit der Beklagten vereinbarten Mietzeit anmieten musste, gehören allerdings auch die Kosten dieser Anmietung zu den berücksichtigungsfähigen Aufwendungen. Nach den Motiven des Gesetzgebers soll mit der Regelung des § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB erreicht werden, dass der Vermieter im Falle einer Verhinderung des Mieters (nur) das hat, was er gehabt hätte, wenn der Mieter in der Ausübung des Gebrauchsrechts nicht gehindert worden wäre, aber auch nicht mehr (vgl. Staudinger/Volker Emmerich, 2014, BGB § 537, Rn. 12 unter Verweis auf Mot II 400). Hätte die Beklagte die Mieträume genutzt, dann hätte die Klägerin nur den Betrag erlangt, der über den von ihr aufzuwendenden Betrag für die Anmietung der Räume hinausging.

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    Entgegen der Auffassung der Klägerin bedarf es nicht der Unterscheidung danach, ob die Beklagte am Gebrauch der Mietsache gehindert war, oder ob sie freiwillig auf die Ausübung ihres Gebrauchsrechtes verzichtete. Es ist in beiden Fällen gleichermaßen gerechtfertigt, die durch den Vermieter ersparten Kosten zu berücksichtigen. Zum einen entspricht dies der allgemeinen Meinung in Rechtsprechung und Literatur, wonach von § 537 Abs. 1 S. 2 BGH sowohl der Fall erfasst wird, dass der Mieter durch äußere Umstände aus seinem Risikobereich am Gebrauch gehindert ist, als auch der Fall, dass er aus eigenem Entschluss von der Nutzung absieht (vgl. BeckOK, BGB/Ehlert, BGB, Stand: 01.08.2012, § 537 Rn. 5 mwN; Münchner Kommentar/Bieber, 2016, § 537 Rn. 3; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 537 Rn. 3; Staudinger/Emmerich, 2016, BGB, 537 Rn. 4 mwN). Zum anderen gibt es keinen rechtfertigenden Grund, einen freiwillig auf den Mietgebrauch verzichtenden Mieter anders zu behandeln als einen am Gebrauch gehinderten Mieter. Zu berücksichtigen ist, dass ein Mieter – ohne eine besondere (hier nicht vorliegende) Vereinbarung – nicht zum Gebrauch der Mietsache verpflichtet ist, sondern nur zur Zahlung des Mietzinses, arg. e § 535 Abs. 2 BGB (vgl. auch BGH v. 04.04.1979, VIII ZR 118/78, Rn. 14, juris). Daher kann - entgegen der Ansicht der Klägerin – ein freiwillig auf sein Gebrauchsrecht verzichtender Mieter im Regelfall auch nicht als „vertragsbrüchig“ angesehen werden. Überdies gibt es auch keinen rechtfertigenden Grund für eine Besserstellung des Vermieters für den Fall, dass der Mieter nicht aufgrund äußerer Umstände, sondern aufgrund eines freiwilligen Entschlusses auf die Nutzung des Mietobjekts verzichtet.

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    Darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass im Hinblick auf die Aufwendungen überhaupt eine Ersparnis eingetreten ist, ist die Beklagte als Mieterin. Erst wenn feststeht, dass eine Ersparnis eingetreten ist, obliegt dem Vermieter die Darlegung der näheren Einzelheiten (vgl. Ghassemi-Tabar, aaO, Rn. 42). Hier hat die Beklagte durch die von ihr benannte Zeugin P ausreichend bewiesen, dass der Klägerin keinerlei Kosten für die Anmietung der Räume entstanden sind, weil sie die Anmietung kostenfrei hat stornieren können. Die Zeugin P hat nachvollziehbar und widerspruchsfrei bekundet, dass sie als Vermieterin gegenüber der Klägerin bereit war, die Anmietung gegen Zahlung einer Wochenmiete zu stornieren. Obwohl dies seitens der Klägerin nicht bestätigt worden sei, habe sie gegen die Klägerin aber keinerlei Mietansprüche geltend gemacht und werde dies auch nicht mehr tun; sie habe sich nicht mehr an den mit der Klägerin bestehenden Mietvertrag gebunden gefühlt und die Wohnung zumindest vorübergehend anderweitig vermietet. Aufgrund dieser Zeugenaussage steht fest, dass der Klägerin letztlich für die Anmietung keinerlei Kosten entstanden sind und diese auch nicht mehr anfallen werden.

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    Vor diesem Hintergrund obliegt es der Klägerin, zu den ersparten Aufwendungen substantiiert vorzutragen. Die Klägerin hat diesbezüglich mit Schriftsatz vom 19.01.2017 dargelegt, dass eine Miete pro Person und Monat von € 304,- zuzüglich 7% Mehrwertsteuer vereinbart worden sei; dies geht auch aus dem Angebot der Zeugin P gem. Email v. 12.08.2014 (GA 257) vor. Demgemäß hätte die Klägerin für die Anmietung der an die Beklagte vermieteten Monteurzimmer ihrerseits insgesamt € 5.855,04 an die Zeugin P zahlen müssen (= 6 Personen x € 304,- x 3 Monate zuzüglich 7% MWSt). Diese Kosten hat sie infolge der kostenfreien Stornierung der Zeugin Perspart, was sie sich gem. § 537 Abs. 1 Satz 2 BGB im Verhältnis zur Beklagten anrechnen lassen muss. Darüber hinaus gehende ersparte Aufwendungen sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend auch für die sog. verbrauchsabhängigen Kosten (Nebenkosten, Kosten f. Überlassung von Geschirr und Bettwäsche). Da auch das Angebot der Zeugin P diese Leistungen umfasste (vgl. Email v. 12.08.2014, GA 257), ist davon auszugehen, dass diese bereits in den ersparten Anmietkosten enthalten und damit berücksichtigt worden sind.

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    Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 17.02.2017 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung, so dass eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO nicht geboten ist.

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    II.

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    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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    Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Anwendung des § 537 Abs. 1 S. 2 BGB auf den Fall, dass der Nichtgebrauch der Mietsache auf einem freiwilligen Entschluss des Mieters beruht, entspricht – wie dargelegt – allgemeiner Meinung.

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    Wert der Berufung: € 7.511,40

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 537 Abs. 1 S. 2 BGB