02.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226187
Oberlandesgericht Karlsruhe: Urteil vom 05.11.2021 – 10 U 6/20
1.
Schikanöses oder sogar kriminelles Verhalten eines Nachbarn begründet keinen Sachmangel eines Grundstücks. Auch eine vorvertragliche Aufklärungspflicht für den Verkäufer eines Grundstücks besteht nur, wenn Beeinträchtigungen erheblichen Ausmaßes zu erwarten sind.
2.
§ 238 StGB und § 241 StGB sind Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
3.
Wer seine Nachbarn durch Nachstellungen und Bedrohungen in adäquat kausaler Weise zum Wegzug veranlasst, ist zum Ersatz derjenigen Schäden verpflichtet, die den Nachbarn durch Maßnahmen zur Wiederherstellung ihres persönlichen Sicherheitsgefühls entstehen (hier: Umzugskosten sowie Notarkosten und Grunderwerbsteuer für den Erwerb eines neuen Wohnhauses). Demgegenüber sind bloße Vermögensfolgeschäden (hier: Wertverlust am verlassenen Eigenheim, Nebenkosten dessen Veräußerung) nicht vom Schutzzweck der verletzten Strafnormen erfasst.
In dem Rechtsstreit
1) ...
- Klägerin und Berufungsklägerin -
2) ...
- Kläger und Berufungskläger -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
...
gegen
1) ...
- Beklagte und Berufungsbeklagte -
2) ...
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte zu 1 und 2:
...
wegen Forderung
hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - 10. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Spital, den Richter am Oberlandesgericht Graner und den Richter am Oberlandesgericht Dr. Stohrer aufgrund des Sachstands vom 15.10.2021 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:
Tenor:
1.
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 20.3.2020, Az. 1 O 105/18, teilweise abgeändert:
Der Beklagte Ziffer 2 wird verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 44.012,79 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz aus 10.701,66 Euro seit dem 16.11.2017 und aus weiteren 33.311,13 Euro seit dem 15.6.2018 zu zahlen. Der Beklagte Ziffer 2 wird weiter verurteilt, an die Kläger als Gesamtgläubiger 1.317,57 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 16.11.2017 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten beider Instanzen hat der Beklagte Ziffer 2 zu 1/5 und haben die Kläger zu 4/5 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten Ziffer 1 in beiden Instanzen haben die Kläger zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziffer 2 in beiden Instanzen haben die Kläger zu 3/5 zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger in beiden Instanzen hat der Beklagte Ziffer 2 zu 1/5 zu tragen. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger und der Beklagte Ziffer 2 dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des gegen sie auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 107.768,78 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb und der späteren Veräußerung eines Grundstücks in Anspruch.
Die Beklagte Ziffer 1 und der Beklagte Ziffer 2, der ihr Sohn ist, bewohnen seit vielen Jahren das im Eigentum der Beklagten Ziffer 1 stehende Hausgrundstück ... in ....
Mit Vertrag vom 5.7.2013 verkaufte die Beklagte Ziffer 1 das damals noch unbebaute angrenzende Grundstück ... an die Kläger zum Preis von 120.000 Euro. Die Beklagte wusste, dass die Kläger beabsichtigten, auf diesem Grundstück ein Einfamilienhaus zu errichten und anschließend gemeinsam mit ihren beiden minderjährigen Töchtern dort einzuziehen. Über etwaige Besonderheiten aufgrund der Nachbarschaft des Beklagten Ziffer 2 klärte die Beklagte Ziffer 1 die Kläger nicht auf. Insbesondere teilte sie den Klägern nicht mit, dass gegen den Beklagten Ziffer 2 in den Jahren 2007 bis 2013 verschiedene Strafverfahren geführt worden waren und er im Jahr 2008 von einer damaligen Nachbarin zivilrechtlich auf Unterlassung nachstellenden Verhaltens in Anspruch genommen worden war.
Den gegen den Beklagten Ziffer 2 geführten Strafverfahren lagen folgende Sachverhalte zugrunde:
- Am 6.4.2007 randalierte er in einer Gaststätte, wobei er ein Messer in der Hand hielt und die Anwesenden mit den Worten "Ich stech' euch ab" bedrohte. Außerdem beleidigte er nach seiner vorläufigen Festnahme Polizeibeamte und trat mehrfach nach ihnen, wobei er einen Polizeibeamten im Bauchbereich traf. Die nach der Tat genommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 3,03 Promille sowie die Einnahme von Beruhigungsmitteln. Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 22.10.2008 - 30 Ds 205 Js 24612/07 - wurde der Beklagte Ziffer 2 deshalb wegen Vollrauschs zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen verurteilt.
- Am 27.3.2013 widersetzte sich der Beklagte Ziffer 2 im Anwesen ... in ... der Ingewahrsamnahme durch die Polizei, indem er nach Polizeibeamten trat und diese beleidigte. Die nach der Tat genommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 3,07 Promille. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 2.8.2013 - 25 Cs 201 Js 13404/13 - wurde der Beklagte Ziffer 2 wegen Vollrauschs zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt. Soweit die Staatsanwaltschaft M. gegen den Beklagten Ziffer 2 außerdem unter dem Aktenzeichen 203 Js 9753/13 ein Ermittlungsverfahren wegen einer Bedrohung der Beklagten Ziffer 1 mit den Worten "Ich schlag Dich tot" geführt hatte, die der Ingewahrsamnahme unmittelbar vorausgegangen war, wurde das Verfahren mit Verfügung vom 15.4.2013 gemäß § 153 Abs. 1 StPO eingestellt.
- Am 22.6.2013 beleidigte und bedrohte der Beklagte Ziffer 2 Mitarbeiter der zentralen Notaufnahme des Klinikums .... Das deshalb geführte Ermittlungsverfahren wurde von der Staatsanwaltschaft M. mit Verfügung vom 15.8.2013 im Hinblick auf das vorgenannte Verfahren 25 Cs 201 Js 13404/13 gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt.
- Am 23.6.2013 rief die Beklagte Ziffer 1 die Polizei, da sie Angst hatte, der stark alkoholisierte Beklagte Ziffer 2 könne gegen sie gewalttätig werden oder sich selbst an der Gesundheit schädigen. Die daraufhin am Anwesen ... in ... eintreffenden Polizeibeamten wurden von dem Beklagten Ziffer 2 beleidigt, mit einer geladenen Schreckschusswaffe bedroht und zu treten versucht. Eine nach der Tat entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,48 Promille. Mit Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 15.1.2014 - 29 Ds 203 Js 25377/13 - wurde der Beklagte Ziffer 2 deshalb wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in vier Fällen in Tateinheit mit Beleidigung in vier tateinheitlichen Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zunächst zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Nachdem die Kläger auf dem von der Beklagten Ziffer 1 erworbenen Grundstück ein Einfamilienhaus errichtet hatten, zogen sie am 14.12.2014 mit ihren damals sieben und elf Jahre alten Töchtern dort ein.
Mit Schreiben vom 6.8.2015 sprachen die Kläger gegenüber dem Beklagten Ziffer 2 ein Hausverbot für ihr Grundstück aus. In dem Schreiben, dessen Inhalt die Beklagte Ziffer 1 mit Nichtwissen bestreitet, wird unter anderem ausgeführt, dass der Beklagte Ziffer 2 seit dem Einzug der Kläger wiederholt deren Grundstück unerlaubt betreten habe, mindestens dreimal durch die Polizei abgeführt worden sei, sich am 5.8.2015 nackt auf der Einfahrt der Kläger aufgehalten habe, am 5.8.2015 den Kläger Ziffer 2 mit "Drecksack" beleidigt habe, die Klägerin Ziffer 1 am 6.8.2015 bedroht habe, nachts an die Hauswand der Kläger geklopft und sich im Auto, am Kellerabgang oder hinter Büschen versteckt habe.
Am 14.11.2016 beleidigte der Beklagte Ziffer 2 die Klägerin Ziffer 1 als "blöde Kuh". Mit Beschluss des Amtsgerichts M. vom 20.7.2017 - 24 Ds 207 Js 2641/17 - wurde ein deshalb geführtes Strafverfahren gem. § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
Am 1.4.2017 bezeichnete der Beklagte Ziffer 2 den Kläger Ziffer 2 als "Drecksau" und die Klägerin Ziffer 1 als "Dreckschlampe" sowie "Drecksau" und kündigte beiden an, er werde nun ins Haus gehen und seine Pistole holen. Zudem bezeichnete der Beklagte Ziffer 2 den Kläger Ziffer 2 am 2.4.2017 als "Drecksack". Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 15.1.2018 - 25 Ds 208 Js 18002/17 - wurde der Beklagte Ziffer 2 wegen Beleidigung in zwei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Bedrohung in Tatmehrheit mit Beleidigung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt.
Am 27.7.2017 gegen 21:30 Uhr verfolgte der Beklagte Ziffer 2 den Kläger Ziffer 2 mit einem erhobenen Beil, bezeichnete diesen als "Dreckschwein" und forderte ihn auf: "Lass es uns wie Männer regeln". Der Kläger konnte weglaufen, woraufhin der Beklagte Ziffer 2 mit den Worten "Ich bringe Dich um!" auf einen anderen Nachbarn, den Zeugen ..., zulief, welcher sich ebenfalls in Sicherheit bringen konnte. Der Beklagte Ziffer 2 schlug daraufhin mit dem Beil auf die beiden Kraftfahrzeuge der Kläger ein, wodurch ein Gesamtschaden von (brutto) 26.289,36 Euro entstand. Mit Urteil des Landgerichts M. vom 24.8.2018 - 11 Ns 206 Js 26081/17 - wurde der Beklagte Ziffer 2 in der Folge unter Abänderung eines vorangegangenen Urteils des Amtsgerichts M. vom 12.2.2018 - 3 Ls 206 26081/17 - wegen Beleidigung in zwei Fällen, Sachbeschädigung in zwei Fällen und Bedrohung zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Soweit ihm auch eine Bedrohung zum Nachteil des Klägers Ziffer 2 zur Last lag, hatte die Staatsanwaltschaft M. mit Verfügung vom 8.12.2017 gemäß § 154f StPO von der Verfolgung abgesehen.
Am 1.10.2017 zogen die Kläger und ihre Töchter aus ihrem Haus ... aus und veräußerten es am 7.2.2018 zum Preis von 570.000 Euro, wobei sie die Käufer darüber aufklärten, dass ein "zur Gewalttätigkeit neigender, seit vielen Jahren alkohol- und medikamentenabhängiger, sozial völlig isolierter" Nachbar vorhanden sei. Das Haus wurde Ende März 2018 den neuen Eigentümern übergeben. Bis zum 31.3.2018 trugen die Kläger die Lasten des Grundstücks.
Die Kläger und ihre Familie wohnten nach ihrem Auszug zunächst zur Miete und erwarben Mitte Mai 2018 ein eigenes Haus in ..., in das sie am 13.2.2019 einzogen und in dem sie seither leben.
Die Kosten für den Umzug von dem Anwesen ... in die vorübergehend angemietete Wohnung beliefen sich auf 2.370,48 Euro.
Durch den Erwerb des Eigentums an dem Hausgrundstück in ... sind den Klägern folgende Kosten entstanden:
- Notarkosten für die Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 1.840,57 Euro,
- Notarkosten für die Beurkundung eines Bauträgervertrags in Höhe von 2.905,74 Euro (brutto) inklusive einer "Betreuungsgebühr" in Höhe von 467,50 Euro (netto),
- Grunderwerbsteuer in Höhe von 26.096 Euro.
Die Prozessbevollmächtigte der Kläger forderte die Beklagte Ziffer 1 mit Schreiben vom 16.10.2017 und den Beklagten Ziffer 2 mit Schreiben vom 27.10.2017 zur Zahlung eines Schadensersatzes von 10.701,66 Euro auf, wovon 1.500 Euro auf den Schadensersatz wegen der Beschädigungen der Fahrzeuge der Kläger und der Rest auf die Kosten wegen des Leerstandes des Hauses ... in ... entfielen. Zudem verlangten die Kläger mit diesem Schreiben ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000 Euro.
Die Kläger haben vor dem Landgericht behauptet, die Beklagte Ziffer 1 habe eine von dem Beklagten Ziffer 2 ausgehende grundlose Gewalttätigkeit und enorme Aggressivität auch gegenüber Dritten bei dem Abschluss des Grundstückskaufvertrags mit den Klägern vorsätzlich verschwiegen. Der Beklagte Ziffer 2 habe bereits zuvor wiederholt Nachbarn bedroht und terrorisiert. Es sei etliche Male zu Polizei- und Notarzteinsätzen gekommen, weil der Beklagte Ziffer 2 die Beklagte Ziffer 1 oder Nachbarn attackiert und angegriffen habe. Die Zeugin ... (damals ...), die zu dieser Zeit in der Nachbarschaft der Beklagten gewohnt habe, sei im Alter von elf bis 21 Jahren von dem Beklagten Ziffer 2 "gestalkt" worden, bis sie im Jahr 2008 eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirkt habe. Davon und von den gegen den Beklagten Ziffer 2 geführten Strafverfahren habe auch die Beklagte Ziffer 1 Kenntnis gehabt. Die Kläger meinen, dass sich hieraus zum einen ein Sachmangel des von der Beklagten Ziffer 1 erworbenen Grundstücks ergebe und die Beklagte Ziffer 1 zum anderen eine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt habe. Sie sei daher zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet.
Die Kläger haben weiter behauptet, bereits kurze Zeit nach ihrem Einzug in das Anwesen ... in ... seltsame Feststellungen gemacht zu haben. Des Öfteren sei es zu Klopfgeräuschen an der Hauswand gekommen, deren Verursachung der Beklagte Ziffer 2 im Sommer 2015 eingeräumt habe. Der Beklagte Ziffer 2 habe die Kläger und ihre Töchter zunehmend bedroht und beleidigt und immer wieder das klägerische Grundstück betreten. Beleidigungen seitens des Beklagten gegenüber der Familie der Kläger wie "Drecksack, Drecksau, Fotze etc." seien an der Tagesordnung gewesen. In Bezug auf die älteste Tochter der Kläger habe er angedroht, er werde sie vergewaltigen. Der Beklagte Ziffer 2 habe das Anwesen der Kläger ständig beobachtet, in einem Fall sogar mittels einer "Drohne", und regelmäßig die Musikanlage in seinem Haus laut aufgedreht, wenn die Kläger nach Hause gekommen seien.
Am 5.8.2015 habe der Beklagte Ziffer 2 den Kläger Ziffer 2 mit "Drecksack" beleidigt und sei nackt und blutverschmiert in der Einfahrt der Kläger herumgelaufen, am 6.8.2015 habe er die Klägerin Ziffer 1 konkret bedroht. Am 14.11.2016 habe der Beklagte Ziffer 2 die Klägerin Ziffer 1 nicht nur beleidigt, sondern zudem hinsichtlich der älteren Tochter der Kläger, ..., erklärt, es sei aufgrund des Kleidungsstils von ... kein Wunder, "wenn da mal was passieren würde". Zu einem anderen Zeitpunkt im Jahr 2016 habe der Beklagte Ziffer 2 der Klägerin Ziffer 1 gesagt, er wisse sehr genau, wann sie allein zu Hause sei und wann die Kinder aus dem Haus gingen und wann wer aus der Familie allein im Hause sei.
Die Kläger seien zunehmend traumatisiert gewesen und hätten psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen sowie ihr Grundstück mit einem Zaun und Hecken abgeschirmt, um dadurch ein Sicherheitsgefühl zu erzeugen. Nach den Geschehnissen vom 27.7.2017 hätten die Kläger die Entscheidung getroffen, nicht mehr länger in dem Haus wohnen zu wollen, da eine fortdauernde Bedrohungslage seitens des Beklagten Ziffer 2 absehbar gewesen sei. Für die daraus resultierenden Kosten sei der Beklagte Ziffer 2 erstattungspflichtig. Wer andere mit dem Leben bedrohe, müsse damit rechnen, dass diese Bedrohung zu einer Flucht führe und ggf. Schadensersatzansprüche auslöse.
Der bei der Veräußerung ihres Anwesens erzielte Verkaufspreis von 570.000 Euro (inklusive 30.000 Euro für eine Photovoltaikanlage, Küche und Schränke) und Mobiliar habe deutlich unter dem eigentlichen Markt- und Verkehrswert gelegen. Die Anschaffungs- und Herstellungskosten für das Haus hätten (ebenfalls inklusive Photovoltaikanlage, Küche und Schränken) 605.803,67 Euro betragen. In Folge der Veräußerung des Anwesens hätten die Kläger zudem eine Maklercourtage von 20.349 Euro bezahlen müssen, weshalb sich der Verlust aus dem Hausverkauf auf 56.152,67 Euro belaufe.
Durch den Leerstand des Hauses von Oktober 2017 bis zum Zahlungseingang aus der Weiterveräußerung des Hauses Ende März 2018 seien monatliche Kosten von 3.067,22 Euro, insgesamt also 18.403,32 Euro entstanden (Aufstellung: Anlage K 22).
Die Nettomiete für das zwischenzeitlich bewohnte Mietobjekt habe sich auf monatlich 1.800 Euro belaufen.
Die Kläger haben vor dem Landgericht - nach Rücknahme der Klage hinsichtlich eines Betrags von 2.338,78 € - zuletzt beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger als Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 107.768,78 Euro zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszins aus 73.403 Euro seit dem 16.11.17 zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszins seit Zustellung des Schriftsatzes vom 31.8.2018 an die Beklagten zu zahlen, und die Beklagten weiter als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 2.879,09 Euro zzgl. 5 Prozentpunkte Zinsen hieraus über Basiszins seit dem 16.11.17 als Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten zu zahlen
Die Beklagten haben vor dem Landgericht beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meinen, dass das von der Beklagten Ziffer 1 an die Kläger veräußerte Grundstück nicht mangelhaft gewesen sei und die Beklagte Ziffer 1 auch keine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt habe. Der Beklagte Ziffer 2 habe vor Abschluss des Grundstückskaufvertrags weder Nachbarn bedroht und terrorisiert noch sei er wiederholt gegen die Beklagte Ziffer 1 gewalttätig geworden. Ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten Ziffer 2 bestehe bereits dem Grunde nach nicht. Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 238 StGB fehle es an der Verwirklichung des Straftatbestands der Nachstellung. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 241 StGB scheitere jedenfalls am Schutzzweck dieser Strafnorm.
Im Hinblick auf die Höhe der geltend gemachten Schadenspositionen habe sich die Differenz zwischen den Kosten für die Errichtung des Anwesens ... in ... und dem Verkaufserlös für dieses Anwesen auf allenfalls 38.521,22 Euro belaufen. Die Kosten für den Leerstand des Anwesens ... in ... seien nicht nachvollziehbar dargetan. Hinsichtlich der Notarrechnung für die Beurkundung eines Bauträgervertrags bezweifeln die Beklagten die Berechtigung der Betreuungsgebühr von 467,50 Euro.
Die Beklagte Ziffer 1 hat zudem die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht Mannheim hat die Klägerin Ziffer 1 angehört und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ..., ..., ..., ... und .... Der Beklagte Ziffer 2 hat eine Anhörung durch das Landgericht abgelehnt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme vor dem Landgericht wird auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 17.4.2019 und vom 22.1.2020 Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage sodann mit Urteil vom 20.3.2020 abgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte Ziffer 1 den Klägern weder unter dem Gesichtspunkt von Sachmängelgewährleistungsrechten noch aus einer Pflichtverletzung bei Vertragsverhandlungen zum Schadensersatz verpflichtet sei. Schikanöses Verhalten eines Nachbarn, das insoweit als wahr unterstellt werden könne, stelle keinen Sachmangel eines Grundstücks dar. Die Beklagte Ziffer 1 habe beim Abschluss des Kaufvertrags mit den Klägern auch keine vorvertragliche Aufklärungspflicht verletzt. Vorkommisse, die sich auf das Haus der Beklagten beschränkt und keinen Bezug zur Nachbarschaft gehabt hätten, seien von vornherein nicht dazu geeignet gewesen, eine Aufklärungspflicht gegenüber den Klägern zu begründen. Gleiches gelte für das Vorkommnis in einem Lokal im Jahr 2007, das keinen Bezug zur unmittelbaren Nachbarschaft gehabt und zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits sechs Jahre zurückgelegen habe, sowie den Vorfall im Universitätsklinikum ... am 22.6.2013. Die Durchführung der Beweisaufnahme habe nicht ergeben, dass der Beklagte Ziffer 2 bereits vor Abschluss des Kaufvertrags andere Nachbarn gezielt tyrannisiert oder schikaniert habe. Die Geschehnisse um die Zeugin ... seien ebenfalls nicht dazu geeignet, eine Aufklärungspflicht auszulösen, insbesondere angesichts des seitherigen Zeitablaufs von knapp fünf Jahren, in denen es keine vergleichbaren Vorfälle gegeben habe. Auch die Gesamtschau aller Ereignisse vor Vertragsschluss führten zu keinem abweichenden Ergebnis.
Auch gegenüber dem Beklagten Ziffer 2 hätten die Kläger keinen Schadensersatzanspruch, insbesondere nicht aufgrund der Verletzung eines Schutzgesetzes gemäß § 823 Abs. 2 BGB. Es sei nicht erweislich, dass der Beklagte Ziffer 2 eine Nachstellung im Sinne von § 238 StGB gegenüber den Klägern begangen habe. Soweit Beleidigungen im Sinne von § 185 StGB sowie Bedrohungen im Sinne von § 241 StGB verwirklicht worden seien, umfasse deren Schutzzweck nicht die von den Klägern geltend gemachten Vermögensschäden.
Gegen dieses ihnen am 30.3.2020 zugestellte Urteil haben die Kläger mit am 24.4.2020 eingegangenem Schriftsatz vom 22.4.2021 Berufung eingelegt und diese - innerhalb der entsprechend verlängerten Frist - mit am 30.7.2021 eingegangenem Schriftsatz vom 28.7.2021 begründet.
Die Kläger wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie sind weiterhin der Meinung, dass bei einem extrem nachbarfeindlichen und schikanösen Verhalten eines Nachbarn, welches sie vorliegend gegeben sehen, eine vorvertragliche Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 1 bestanden habe und auch ein Sachmangel des Grundstücks gegeben sei. Aus den Gewalttätigkeiten des Beklagten Ziffer 2 gegenüber der Beklagten Ziffer 1 habe auch eine Wahrscheinlichkeit von Gewalttätigkeiten gegen Dritte hergeleitet werden müssen. Nach dem Wegzug der Zeugin ... sei es nur deshalb nicht zu weiteren vergleichbaren Vorfällen gegenüber anderen Nachbarmädchen gekommen, weil es solche überhaupt nicht gegeben habe. Alle diese Umstände seien der Beklagten Ziffer 1 auch bekannt gewesen. Der Beklagte Ziffer 2 habe den Straftatbestand der Nachstellung verwirklicht und sei deshalb auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Vorfall vom 27.7.2017 in dem landgerichtlichen Urteil lediglich mit zwei Sätzen erwähnt werde.
Die Kläger beantragen,
in Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Mannheim vom 20.3.2020 die Beklagten gemäß den Klageanträgen erster Instanz zu verurteilen.
Die Beklagten beantragen unter Verteidigung des erstinstanzlichen Urteils,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Kläger und den Beklagten Ziffer 2 angehört.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Sach- und Streitstands wird auf das angefochtene Urteil des Landgerichts und auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 25.6.2021 ergänzend Bezug genommen.
Beide Parteien haben am 6.9.2021 ihr Einverständnis mit einer Verhandlung und Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt.
II.
Die Berufung ist zulässig, aber nur gegenüber dem Beklagten Ziffer 2 teilweise begründet.
1. Die Berufung ist zulässig. Insbesondere fehlt es nicht an einer zureichenden Berufungsbegründung im Sinne von § 530 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
Soweit sich die Kläger in der Berufungsbegründung darauf beschränkt haben, wegen der Berufungsanträge auf die erstinstanzlich gestellten Anträge zu verweisen, genügt dies den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO, zumal der Berufungsschrift eine Kopie des angefochtenen Urteils beigefügt war, dessen Tatbestand sich diese Anträge entnehmen lassen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2009, XI ZB 36/09, NJW-RR 2010, 424, 425; BGH, Beschl. v. 20.10.2015, VI ZB/15, NJW-RR 2015, 1532 [BGH 20.10.2015 - VI ZB 18/15]).
Unschädlich ist es auch, dass sich die Kläger in der Berufungsbegründung darauf beschränkt haben, die (tatsächliche) Würdigung des Landgerichts hinsichtlich eines Verstoßes gegen § 238 StGB als mögliches Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anzugreifen, ohne zugleich die (rechtliche) Einschätzung des Landgerichts ausdrücklich in Zweifel zu ziehen, dass der geltend gemachte Schaden außerhalb des Schutzzweckes von § 241 StGB (ebenfalls als Schutzgesetz) liege. Hinsichtlich der Frage, ob den Beklagten Ziffer 2 dem Grunde nach eine Schadensersatzpflicht trifft, liegt ein einheitlicher Streitgegenstand vor, bei dem für eine zureichende Berufungsbegründung genügt, wenn sich der vorgebrachte Berufungsangriff gegen einen Punkt richtet, der dazu geeignet ist, der angefochtenen Entscheidung insgesamt ihre Tragfähigkeit zu nehmen und eine umfassende Prüfung durch das Berufungsgericht zu ermöglichen (vgl. BGH, Urt. v. 5.10.1983, VIII ZR 224/82, NJZ 1984, 177, 178; BGH, Urt. v. 23.6.2015, II ZR 166/14, NJW 2015, 3040; Rimmelspacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2020, § 520 Rn. 43.
2. Soweit die Klage gegen die Beklagte Ziffer 1 abgewiesen wurde, bleibt die Berufung in der Sache ohne Erfolg.
a) Das Landgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagte Ziffer 1 auf der Grundlage von §§ 437 Nr. 3, 280, 281 BGB zu Recht verneint. Das veräußerte Grundstück ... wies zum Zeitpunkt der Übergabe bereits auf der Grundlage des klägerischen Vortrags keinen Sachmangel auf. Die Nachbarschaft des Beklagten Ziffer 2 vermag einen solchen nicht zu begründen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, sind Sachmängel zwar nicht auf Umstände beschränkt, die der Sache aufgrund ihrer natürlichen Beschaffenheit anhaften, sondern können auch auf deren Beziehungen zur Umwelt zurückgehen. Erforderlich ist aber, dass diese Beziehungen, seien sie tatsächlicher, rechtlicher oder wirtschaftlicher Art, in der Beschaffenheit der Sache selbst ihren Grund haben. Dies ist bei Einwirkungen, die nur von der Person des Nachbarn ausgehen, in der Zweckbestimmung des Nachbargrundstücks aber keinen Niederschlag gefunden haben, nicht der Fall. Ein außerhalb des Wohnzwecks liegendes, individuelles Störverhalten eines Nachbarn vermag vor diesem Hintergrund den Sachmangel eines Grundstücks nicht zu begründen (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.1991, V ZR 299/89, NJW 1991, 1673, 1675; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2004, 4 U 84/01; siehe auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 18.12.1998, 14 U 174/98).
Aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15.6.2016 (VIII ZR 134/17, NJW 2016, 2874, 2875 [BGH 15.06.2016 - VIII ZR 134/15]) folgt entgegen der Auffassung der Berufung nichts anderes; auch in dieser Entscheidung, in der es inhaltlich um die Herstellergarantie bei einem Kraftfahrzeug geht, hat der Bundesgerichtshof lediglich festgehalten, dass der Begriff der "Beschaffenheit" im Sinne von § 434 BGB Beziehungen der Kaufsache zur Umwelt einschließt, die ihren Ursprung in dem Kaufgegenstand haben, und eine darüber hinausgehende Erweiterung des Begriffs des Sachmangels ausdrücklich offengelassen.
b) Ebenso zutreffend ist die Versagung eines Schadensersatzanspruchs der Kläger gegen die Beklagte Ziffer 1 auf der Grundlage von §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB.
Zwar kann sich für den Verkäufer eines Hausgrundstücks eine Aufklärungspflicht bei Vorliegen besonderer Umstände auch aus dem Verhalten eines Nachbarn ergeben, sofern dieses dazu geeignet ist, den Nutzungswert des verkauften Grundstücks erheblich zu beeinträchtigen und deshalb auf den Kaufentschluss Einfluss zu nehmen. Erforderlich für die Annahme einer (ungefragten) Aufklärungspflicht ist allerdings ein schikanöses nachbarliches Verhalten erheblichen Ausmaßes (vgl. BGH, Urt. v. 22.2.1991, V ZR 299/89, NJW 1991, 1673, 1675; OLG Frankfurt, Urt. v. 20.10.2004, 4 U 84/01; OLG München, Beschl. v. 26.3.2012, 18 U 3956/11; OLG Koblenz, Beschl. v. 8.2.2021, 12 U 695/19).
Die Voraussetzungen für eine entsprechende Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 1 haben die Kläger vorliegend, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht nachweisen können.
Dem Landgericht ist zunächst darin beizupflichten, dass etwaige Tätlichkeiten und Bedrohungen seitens des Beklagten Ziffer 2 gegen die Beklagte Ziffer 1 sowie gegen zu diesen häuslichen Streitigkeiten oder Gewalttaten hinzugerufene Polizeibeamte nicht gegenüber den Käufern des Nachbargrundstücks aufklärungspflichtig waren. Anhaltspunkte dafür, dass solche Vorfälle und Polizeieinsätze gravierende Auswirkungen auf die Nachbarn haben konnten, liegen nicht vor. In diesen Kontext gehört auch der Vorfall im Universitätsklinikum ... am 22.6.2013, der ebenfalls im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz stand.
Nicht aufklärungspflichtig war vor dem Hintergrund ihres fehlenden Bezugs zur Nachbarschaft auch die tätliche Auseinandersetzung des Beklagten Ziffer 2 in einer Gastwirtschaft, zumal sie zum Zeitpunkt des Kaufvertrags bereits sechs Jahre zurücklag und in ihrer Deliktsstruktur - Betroffenheit dritter (Privat-) Personen von einer erheblichen Aggressivität des Beklagten Ziffer 2 - einmalig geblieben war.
Von der Richtigkeit der (pauschalen) Behauptung, der Beklagte Ziffer 2 habe vor Abschluss des Kaufvertrags bereits andere Nachbarn tyrannisiert und schikaniert, hat sich das Landgericht auf der Grundlage der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nicht überzeugen können. Diese Feststellung bindet den Senat gemäß § 529 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, da keine konkreten Anhaltspunkte Zweifel an ihrer Richtigkeit und Vollständigkeit begründen. Im Gegenteil konnten die von dem Landgericht gehörten Zeugen, die Eheleute ... und die Zeugin ..., hierzu keine durchgreifenden Angaben machen. Der Zeuge ... gab lediglich an, es habe schon vor dem Einzug der Kläger "die ein oder anderen Ausfälle" des Beklagten Ziffer 2 gegeben, die man aber nachbarschaftlich akzeptiert habe; so wie mit den Klägern sei es zuvor allerdings nicht gewesen. Er selbst habe einen Zaun um sein Grundstück errichtet, weil der Beklagte Ziffer 2 sich ständig auf seinem Grundstück befunden habe, wenn er betrunken gewesen sei, und er dies habe unterbinden wollen. Die Zeugin ... verneinte frühere Schwierigkeiten zwischen dem Beklagten Ziffer 2 und der Nachbarschaft. Die Zeugin ... konnte im Hinblick auf das Verhalten des Beklagten Ziffer 2 gegenüber anderen Nachbarn nichts beisteuern. Diese Angaben reichten nicht aus, um eine Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 1 nach den vorgenannten Maßstäben zu begründen, die ein schikanöses nachbarliches Verhalten erheblichen Ausmaßes erfordern würden. Die Erhebung weiteren Zeugenbeweises hierzu hat das Landgericht angesichts des unsubstantiierten und pauschal gehaltenen Vortrags der Kläger zu Recht unterlassen.
Jedenfalls als wahr unterstellt werden kann demgegenüber, dass der Beklagte Ziffer 2 die damals ca. 11 bis 21 Jahre alte Zeugin ..., die in der Nachbarschaft wohnte, in der Zeit von etwa 1998 bis 2008 belästigte, indem er ihr wiederholt (zuletzt fast täglich) hinterherging oder von außen in ihr Wohnhaus hineinsah; nachdem die Zeugin ... zivilgerichtlich gegen ihn vorging, was im Jahr 2008 mit einem Vergleich endete, stellte der Beklagte Ziffer 2 sein Verhalten allerdings ein. Dieser Umstand ist angesichts seiner Beharrlichkeit und seines Bezugs zu einer Jugendlichen in der Nachbarschaft nicht von vornherein ohne Bedeutung, wenn der Kauf des Nachbargrundstücks durch eine Familie ansteht, die zwei Mädchen in einem vergleichbaren Alter hat. Dennoch teilt der Senat die Einschätzung des Landgerichts, dass angesichts der konkreten Umstände des Einzelfalls auch dieser Gesichtspunkt keine Aufklärungspflicht der Beklagten Ziffer 1 auslöste. Seit den Vorfällen war zum Zeitpunkt des Abschlusses ihres Grundstückskaufvertrags mit den Klägern ein erheblicher Zeitraum von rund fünf Jahren verstrichen. Der Beklagte Ziffer 2 hatte sich von der (erstmaligen) Einschaltung eines Gerichts beeindrucken lassen und sein Verhalten nicht fortgesetzt. Zudem sind entsprechende Verhaltensweisen nur gegenüber einer einzigen Jugendlichen bekannt, so dass es nicht unbedingt naheliegend erscheinen musste, dass sich Vergleichbares auch gegenüber anderen Mädchen oder Jugendlichen in der Nachbarschaft wiederholen wurde. Dazu ist es im Übrigen auch tatsächlich gar nicht in vergleichbarer Weise gekommen; die Kläger haben nicht vorgetragen, dass der Beklagte Ziffer 2 ihren Töchtern auf der Straße gefolgt sei.
Die Frage, in welchem Umfang die Beklagte Ziffer 1 überhaupt Kenntnis von den Verhaltensweisen des Beklagten Ziffer 2 gegenüber der Zeugin ... hatte, kann vor diesem Hintergrund offenbleiben.
3. Demgegenüber hat die Berufung teilweise Erfolg, soweit die Klage gegen den Beklagten Ziffer 2 vollumfänglich abgewiesen wurde. Den Klägern steht gegen den Beklagten Ziffer 2 ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 44.012,79 Euro (zzgl. vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten und Zinsen) zu, nicht jedoch auch darüber hinaus.
a) Ein Schadensersatzanspruch der Kläger in Höhe von 44.012,79 Euro ergibt sich zunächst aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 238 Abs. 1 StGB.
aa) Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei § 238 Abs. 1 StGB um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, da diese Strafnorm dazu dient, den Einzelnen vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der eigenen freien Lebensgestaltung zu bewahren (vgl. Löhning, FamRZ 2007, 518, 520 f.; Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 823 Rn. 596; siehe auch OLG Karlsruhe, Urt. v. 15.10.2014, 7 U 96/14; OLG Dresden, Urt. v. 31.7.2018, 4 U 381/18, ZD 2018, 585; a. A. Keiser, NJW 2007, 3387, 3391).
bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat der Beklagte den Straftatbestand der Nachstellung verwirklicht. Er hat den Klägern und ihrer Familie in einer Weise unbefugt nachgestellt, die geeignet war, ihre Lebensgestaltung schwerwiegend zu beeinträchtigen, indem er sie beharrlich mit der Verletzung von Leben, körperlicher Unversehrtheit, Gesundheit oder Freiheit ihrer selbst oder eines Angehörigen bedrohte (vgl. § 238 Abs. 1 Nr. 4 StGB). Eine solche Bedrohungshandlung konnte in zwei Fällen festgestellt werden, nämlich am 1.4.2017, als der Beklagte Ziffer 2 den Klägern ankündigte, er werde nun ins Haus gehen und seine Pistole holen, sowie am 27.7.2017, als der Kläger dem Beklagten Ziffer 2 mit erhobenem Beil hinterherlief und ihn so mit dem Tode bedrohte.
Dass eine solche Bedrohungshandlung "nur" in zwei Fällen festgestellt werden konnte, hindert die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Beharrlichkeit entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der sich der Senat anschließt, genügt eine lediglich "wiederholte Begehung", wenn aus Missachtung des entgegenstehenden Willens oder aus Gleichgültigkeit gegenüber den Wünschen des Opfers mit der Absicht gehandelt wird, sich auch in Zukunft immer wieder entsprechend zu verhalten (vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2009, 3 StR 244/09, NJW 2010, 1680, siehe auch OLG Zweibrücken, Urt. v. 15.1.2010, 1 Ss 10/09, NJ 2010, 481). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Auch wenn der Beklagte Ziffer 2 ein konkret bedrohliches Verhalten in lediglich zwei Fällen an den Tag gelegt hat, ist der Senat davon überzeugt, dass diese Bedrohungen Ausdruck eines generell feindseligen und übergriffigen, sich bis zum 27.7.2017 immer weiter zuspitzenden Verhaltens des Beklagten Ziffer 2 gegenüber den Klägern und ihrer Familie gewesen sind, das der Beklagte Ziffer 2 bei fortbestehender Nachbarschaft zu den Klägern auch weiterhin fortgesetzt hätte. Beide Kläger haben im Rahmen ihrer mündlichen Anhörung durch den Senat klar und überzeugend sowie in jeder Hinsicht glaubhaft geschildert, wie ihr Leben durch das Verhalten des Beklagten Ziffer 2 über Monate oder sogar Jahre hinaus in ganz erheblicher Weise beeinträchtigt war. Dies reichte von ständigen, über das sozialadäquate Maß hinausgehende Beobachtungen durch den Beklagten Ziffer 2, die dieser im Rahmen seiner Anhörung selbst eingeräumt hat, über nächtliche Klopfgeräusche, von deren Verursachung durch den Beklagten Ziffer 2 der Senat überzeugt ist, bis hin zu den wiederholten Beleidigungen, die Gegenstand von Strafverfahren gegen den Beklagten Ziffer 2 geworden sind. Wenn derartige Vorfälle zu zwei Bedrohungshandlungen kulminieren, bei denen im ersten Fall den Klägern mit dem Holen einer Schusswaffe gedroht und im zweiten Fall mit einer bereits erhobenen Hiebwaffe dem Kläger Ziffer 2 hinterhergelaufen wurde, bringt der Verursacher klar und deutlich zum Ausdruck, solches Verhalten auch in Zukunft fortsetzen zu wollen. Es handelt sich dabei gerade nicht um zwei isolierte Vorfälle, die das Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit möglicherweise noch nicht erfüllen würden, sondern vielmehr um die Höhepunkte einer ganzen Reihe von Verhaltensweisen, die von einer generellen Missachtung der Willensfreiheit der Kläger geprägt waren und eindeutig kenntlich machten, dass sich der Beklagte Ziffer 2 auch weiterhin in deren persönliche Sphäre einmischen und dabei auch zukünftig zum Mittel konkreter, ggf. auch unmittelbar physischer Bedrohungen greifen würde. Dieser Umstände war sich der Beklagte Ziffer 2 auch bewusst (vgl. § 16 StGB).
cc) Der Höhe nach haben die Kläger einen Schadensersatzanspruch von 44.012,79 Euro gegen den Beklagten Ziffer 2. In dieser Höhe ist den Klägern in Folge des durch die Nachstellung des Beklagten Ziffer 2 veranlassten Wohnungswechsels adäquat kausal ein Schaden entstanden, der auch von dem Schutzbereich der Strafnorm erfasst ist, nicht jedoch auch darüber hinaus.
(1) Entgegen der Auffassung des Landgerichts fehlt es insoweit nicht bereits insgesamt an der haftungsausfüllenden Kausalität, das heißt einem Zurechnungszusammenhang zwischen dem Haftungsgrund (also der Verwirklichung des Straftatbestands) und dem entstandenen Schaden. Entscheidendes haftungsbegründendes und -beschränkendes Merkmal ist dabei dasjenige der Adäquanz (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.1985, IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1331; BGH, Urt. v. 16.4.2002, VI ZR 227/01, NJW 2002, 2232, 2233). Auch ein eigenes selbstbestimmtes Verhalten des Geschädigten kann dem Schädiger zugerechnet werden, wenn die Handlung durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde oder für sie ein rechtfertigender Anlass im Sinne einer nicht als ungewöhnlich oder gänzlich unangemessen zu bewertenden Entschließung bestand (vgl. BGH, Urt. v. 13.7.1971, VI ZR 125/70, NJW 1971, 1980, 1981; BGH, Urt. v. 14.6.2012, IX ZR 145/11, NJW 2012, 3165, 3170; BGH, Urt. v. 13.10.2016, IX ZR 149/15, NJW 2017, 1600 m. w. N.). Der Zurechnungszusammenhang fehlt nur, wenn der Geschädigte selbst in völlig ungewöhnlicher oder unsachgemäßer Weise in den schadensträchtigen Geschehensablauf eingreift und eine weitere Ursache setzt, die den Schaden endgültig herbeiführt (BGH, Urt. v. 14.3.1985, IX ZR 26/84, NJW 1986, 1329, 1331; BGH, Urt. v. 19.5.1988, III ZR 32/87, NJW 1989, 99, 100).
Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist ein Zurechnungszusammenhang zwischen der Straftat am 27.7.2017 und dem nachfolgenden Umzug der Kläger ohne Weiteres zu bejahen. Es liegt auf der Hand, dass das persönliche Sicherheitsgefühl einer Familie - zumal mit minderjährigen Kindern - unwiederbringlich zerstört ist, wenn störendes und aggressives nachbarliches Verhalten, wie es der Beklagte Ziffer 2 wiederholt an den Tag gelegt hat, in einem nicht (mehr) nur verbalisierten Gewaltausbruch kulminiert, der sich unmittelbar gegen Leib und Leben des Klägers Ziffer 2 gerichtet hat und auf das Sacheigentum der Kläger ersichtlich (nur) deshalb umgeleitet wurde, weil der Beklagte Ziffer 2 des Klägers Ziffer 2 nicht habhaft werden konnte. Bei dieser Sachlage ist es nicht fernliegend, sondern in hohem Maße plausibel und auch für den Beklagten Ziffer 2 vorhersehbar gewesen, dass sich die Kläger zum Umzug und örtlichen Neubeginn entschlossen haben.
Soweit das Landgericht in dem angefochtenen Urteil ausgeführt hat, dass die Beleidigungen und Bedrohungen als solche nicht geeignet gewesen seien, die Kläger zum Umzug zu veranlassen, was bereits dadurch deutlich geworden sei, dass nach dem klägerischen Vortrag über Jahre hinweg in vielfacher Weise Beleidigungen und Bedrohungen durch den Beklagten Ziffer 2 ausgesprochen worden seien, ohne dass dies die Kläger zum Umzug veranlasst hätte, teilt der Senat diese Sichtweise nicht. Das Landgericht hat bei seiner Beurteilung außer Betracht gelassen, dass sich die geschilderten Verhaltensweisen am 27.7.2017 in dramatischer Weise zugespitzt haben, so dass der (erst) danach gefasste Entschluss der Kläger, ihr Eigenheim zu verlassen, ohne Weiteres nachvollziehbar erscheint. Auch hat das Landgericht nicht berücksichtigt, dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn auf nachbarliche Störungen und Aggressionen nicht mit einer sofortigen "Flucht" reagiert, sondern zunächst zu anderen Maßnahmen (wie vorliegend die Erteilung eines Hausverbots, die Einfriedung des Grundstücks und später die Erstattung von Strafanzeigen) gegriffen wird, nicht zuletzt in der Hoffnung, bereits dadurch ließen sich akzeptable nachbarliche Verhaltensweisen herbeiführen.
(2) Unter dem Gesichtspunkt fehlender Kausalität nicht ersatzfähig sind allerdings die Kosten, die den Klägern von Oktober 2017 bis März 2018 in Folge des Leerstandes des Wohnanwesens ... entstanden sind. Denn diese Aufwendungen sind nicht durch die deliktische Handlung des Beklagten Ziffer 2 ausgelöst worden, sondern wären auch ohne die Nachstellung angefallen. Auch der in Folge des Verhaltens des Beklagten Ziffer 2 veranlasste Umzug der Kläger und damit der Leerstand des Anwesens über sechs Monate hinweg macht die dort entstandenen Kosten nicht erstattungsfähig, sondern führt dazu, dass die den Klägern zusätzlich zu den Kosten des Leerstands entstandenen Mietzahlungen für die zwischenzeitlich bezogene Wohnung ersetzt verlangt werden können (siehe sogleich).
(3) Mangels Kausalität nicht erstattungsfähig sind ferner solche Kosten, die die Kläger für den Erwerb des Grundstücks ... und den Bau ihres vormaligen Wohnanwesens aufgewendet haben. Diese Kosten sind bereits vor der Nachstellung durch den Beklagten Ziffer 2 entstanden.
(4) Aber auch die adäquat auf die Einwirkungen des Beklagten Ziffer 2 zurückführenden Vermögenseinbußen bei den Klägern sind unter dem Gesichtspunkt der Schutzgesetzverletzung nicht einschränkungslos erstattungsfähig. Aus der Verletzung eines schutzgesetzlichen Straftatbestands resultierende Vermögensschäden können gemäß § 823 Abs. 2 BGB nur ersetzt verlangt werden, soweit sie innerhalb des Schutzbereichs der Strafnorm liegen. Es muss sich um gerade solche Folgen handeln, die in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen wurde (vgl. nur BGH, Urt. v. 21.10.2014, II ZR 113/13, NZI 2015, 234, 236).
Zweck des § 238 StGB ist der Schutz der eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung (vgl. BGH, Beschl. v. 19.11.2009, 3 StR 244/09, NJW 2010, 1680, 1681). Dabei geht es vorwiegend um die Handlungs- und Entschließungsfreiheit des Opfers, die durch die Nachstellungshandlungen beeinträchtigt wird (vgl. Gericke, in: Münchener Kommentar zum StGB, 4. Aufl. 2021, § 238 Rn. 1 m. w. N.) - und im Falle einer Verletzung wiederhergestellt werden muss. Auch finanzielle Dispositionen, die zur Beendigung der Nachstellung und Wiederherstellung der Freiheitssphäre des Opfers getroffen werden (müssen), fallen daher unter den Schutzbereich des § 238 StGB (ebenso Löhning, FamRZ 2007, 518, 520 f.: Kosten für die Einrichtung einer Fangschaltung oder einen vorübergehenden Umzug; siehe auch - zu § 241 StGB - OLG Frankfurt, Urt. v. 24.8.1993, 21 U 1/93: Umzugskosten).
(a) Vor diesem Hintergrund besteht zunächst ein Anspruch der Kläger auf Ersatz derjenigen Kosten, die ihnen durch den zwischenzeitlichen Umzug in eine Mietwohnung entstanden sind. Dieser Umzug war unmittelbar dazu erforderlich, eine räumliche Entfernung zu dem Beklagten Ziffer 2 und damit die Handlungs- und Entschließungsfreiheit der Kläger wiederherzustellen. Ersatzfähig sind damit zunächst die diesbezüglichen Umzugskosten in Höhe von 2.370,48 Euro sowie diejenigen Nettomietzahlungen, die die Kläger in der Zeit bis zur Veräußerung ihres Anwesens ..., also vom Oktober 2017 bis März 2018 während des Leerstandes ihres vorherigen Wohnanwesens zusätzlich aufbringen mussten und die sich der Höhe nach - wie die Kläger durch Vorlage des Mietvertrages nachgewiesen haben - auf monatlich 1.800 Euro, insgesamt also 10.800 Euro belaufen.
(b) Ersatzfähig sind aber auch diejenigen Nebenkosten, die den Klägern durch den späteren Erwerb ihres jetzigen Eigenheims entstanden sind, welcher ebenfalls adäquat kausal durch die Nachstellung seitens des Beklagten Ziffer 2 herbeigeführt wurde. Dagegen spricht - auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm - nicht, dass die Kläger bereits mit dem Umzug in die Mietwohnung ihr persönliches Sicherheitsgefühl wiedererlangt hatten. Denn die dadurch herbeigeführte Wohnsituation der Kläger entsprach noch nicht der vorherigen in einem eigenen Wohnanwesen und war damit auch nicht vergleichbar. Der Senat schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an, wonach die Stellung des Eigentümers eines Wohnobjekts im Vergleich zu derjenigen eines Mieters höherwertig ist (vgl. BGH, Urt. v. 9.12.2020, VIII 371/18, NJW-RR 2021, 201, 202 f. [BGH 09.12.2020 - VIII ZR 371/18]), so dass es den Klägern unter dem Gesichtspunkt der Totalreparation (vgl. § 249 Abs. 1 BGB) freistand, diesen - höherwertigen - Status durch den späteren Erwerb eines Wohnanwesens wiederherzustellen. Der Beklagte Ziffer 2 hat den Klägern daher die so entstandene Grunderwerbsteuer in Höhe von 26.096 Euro sowie Notarkosten in Höhe von 1.840,57 Euro sowie 2.905,74 Euro, insgesamt also Notarkosten von 4.746,31 Euro zu ersetzen; dabei ist die von den Klägern an den Notar gezahlte Betreuungsgebühr in Höhe von (netto) 467,40 Euro nicht in Abzug zu bringen, deren Inrechnungstellung die Kläger durch Vorlage der Notarrechnung belegt und deren Berechtigung die Beklagten lediglich pauschal und letztlich ins Blaue hinein bestritten haben.
(c) Soweit die Kläger vorgetragen haben, sie hätten im Zuge des Verkaufs ihres vormaligen Wohnanwesens ... eine Maklerprovision von 20.349 Euro aufwenden müssen und außerdem einen Mindererlös von 35.803.67 Euro erzielt, nachdem sie die Erwerber über die Person des Beklagten Ziffer 2 pflichtgemäß aufgeklärt hätten, musste der Senat dieser Frage nicht weiter nachgehen. Denn ein solcher reiner Vermögensfolgeschaden wäre nicht mehr vom Schutzzweck der verletzten Strafnorm erfasst, der - wie oben ausgeführt - die Lebensführung des Einzelnen vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung bewahren will und sich so auf die - durch Nachstellungshandlungen beeinträchtigte - Handlungs- und Entschließungsfreiheit bezieht. Jenseits dieses Schutzzwecks liegen bloße fernere Beeinträchtigungen des Vermögens der Tatopfer, die nicht unmittelbar aus deren zur Wiederherstellung ihres Sicherheitsgefühls erforderlichen Verhaltensweisen resultieren. Um solche bloßen Vermögensfolgeschäden handelt es sich bei den Kosten und dem etwaigen Mindererlös, den die Kläger in Folge ihrer Entscheidung, ihr Hausgrundstück ... nicht nur zu verlassen, sondern auch zu veräußern, realisiert haben. Der reine Vermögensschutz geht über den Zweck, den § 238 Abs. 1 StGB verfolgt, und die Rechtsgüter, die dieser schützt, hinaus. Hinzu kommt, dass die Entscheidung zur Veräußerung des Hausgrundstücks zwar eine durchaus nachvollziehbare, aber keineswegs zwingende Folge der Nachstellung durch den Beklagten Ziffer 2 gewesen ist; so hätten die Kläger das Grundstück etwa auch vermieten können, ohne dass ihnen notwendigerweise ebenfalls Vermögensschäden in der geltend gemachten Höhe entstanden wären.
Vor diesem Hintergrund kam es nicht darauf an, dass die Kläger den ihnen entstandenen Mindererlös bereits nicht schlüssig vorgetragen haben, indem sie den erzielten Verkaufserlös denjenigen Kosten gegenübergestellt haben, die ihnen bei der Anschaffung des Hausanwesens entstanden sind. Denn diese Berechnungsmethode verkennt, dass der Wert eines Hausgrundstücks nicht durch die (unmittelbaren und mittelbaren) Anschaffungskosten des Bauherrn definiert wird, sondern diesen ebenso entsprechen wie sie unterschreiten oder übersteigen kann (vgl. auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Architektenhaftung, wonach Baukosten und Wert des errichteten Bauwerks in keiner unmittelbaren Korrelation stehen: BGH, Urt. v. 21.5.2015, VII ZR 190/14, NJW-RR 2015, 1048, 1049 m. w. N.).
b) Auch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 241 Abs. 1 StGB (in der zur Tatzeit geltenden Fassung) ergibt sich ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen den Beklagten Ziffer 2 in Höhe von ebenfalls 44.012,79 Euro.
aa) Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass § 241 StGB grundsätzlich ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellt (vgl. RG, Urt. v. 10.4.1924, IV.865.23, GruchB 67, 567, 569; OLG Frankfurt, Urt. v. 24.8.1993, 21 U 1/93; Wagner, in: Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, § 823 Rn. 596).
bb) Der Beklagte Ziffer 2 hat den Straftatbestand des § 241 StGB auch verwirklicht, indem er am 27.7.2017 den Kläger Ziffer 2 mit einem erhobenen Beil verfolgte und dadurch bewusst und gewollt den Eindruck erweckte, diesen mit dem Tode zu bedrohen.
cc) Durch diese Bedrohung ist den Klägern ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von ebenfalls 44.012,79 Euro entstanden, der insbesondere dem Schutzbereich der verletzten Strafnorm unterfällt. Die Annahme des Landgerichts, dass eine Ersatzpflicht des Beklagten Ziffer 2 für die klägerseits geltend gemachten Schäden auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 241 StGB ausscheide, weil dessen Schutzrichtung den Ersatz der von den Klägern geltend gemachten Vermögensschäden nicht erfasse, greift zu kurz.
Richtig gesehen hat das Landgerichts zwar, dass es sich bei § 241 StGB um kein eigentliches Vermögensdelikt (wie etwa Betrug oder Untreue) handelt, sondern das von dieser Strafvorschrift geschützte Rechtsgut primär der individuelle Rechtsfrieden ist, also das Gefühl der durch das Recht gewährleisteten Sicherheit des Einzelnen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.1.2015, 4 StR 419/14, NStZ 2015, 394, 395), wozu auch die durch die Bedrohung gefährdete Handlungsfreiheit gehört (vgl. BVerfG, Beschl. v. 19.12.1994, 2 BvR 1146/94, NJW 1995, 2776, 2777).
Dass es sich bei § 241 StGB um kein Vermögensdelikt handelt, hat aber nicht zur notwendigen Folge, dass aus der Verletzung dieser Strafnorm resultierende Vermögensbeeinträchtigungen mangels Schutzzweckzusammenhangs nicht auf der Grundlage von § 823 Abs. 2 BGB erstattet verlangt werden können. Auch in Bezug auf sonstige Nicht-Vermögensdelikte ist anerkannt, dass sie zum einen Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB darstellen und zum anderen aus ihrer Verletzung - mittelbar - resultierende Vermögensschäden erstattungsfähig sein können. (vgl. OLG Koblenz, Beschl. v. 23.1.2003, 5 U 13/03: Schadensersatzanspruch gegen den Täter einer Verleumdung, in deren Folge eine arbeitsrechtliche Kündigung mit damit verbundenen Vermögensnachteilen erfolgte; RG, Urt. v. 6.4.1932, IX 306/31, RGZ 140, 392, 395: Anspruch gegen den Täter einer Beleidigung auf Ersatz des durch diese Tat entstandenen materiellen Schadens; siehe auch BGH, Urt. v. 3.2.1976, VI ZR 235/74, NJW 1976, 1143, 1145: Möglicher Anspruch gegen den Täter einer Nötigung auf Ersatz eines durch die Tat verursachten Gesundheitsschadens).
So liegt es auch hier. Wenn das durch eine Verletzung von § 241 StGB gestörte Sicherheitsgefühl der verletzten Person und ihre Handlungsfreiheit nachvollziehbar nur durch Maßnahmen wiederhergestellt werden können, die mit finanziellen Aufwendungen verbunden sind, besteht ein unmittelbarer Schutzzweckzusammenhang zwischen Verletzung des Rechtsguts und daraus resultierendem (materiellem) Schaden, so dass keine Veranlassung besteht, eine Schadensersatzpflicht dem Grunde nach generell zu verneinen (siehe auch OLG Frankfurt, Urt. v. 24.8.1993, 21 U 1/93, in Bezug auf Umzugskosten für einen Wohnungswechsel nach Körperverletzung und ernsthafter Bedrohung).
In Bezug auf die Schadenshöhe gilt das oben unter II. 3. a) cc) (4) Ausgeführte entsprechend. Der Schutzzweck des § 241 StGB, das Sicherheitsgefühl und die Handlungsfreiheit des Einzelnen zu bewahren, korrespondiert mit jenem des § 238 StGB, die eigenen Lebensführung vor gezielten, hartnäckigen und schwerwiegenden Belästigungen der Lebensgestaltung zu schützen, und führt daher ebenfalls dazu, dass bloße Vermögensfolgeschäden einer Bedrohung ohne Bezug zur Wiederherstellung des persönlichen Sicherheitsgefühls außer Betracht zu bleiben haben.
c) Soweit die Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten aus einem Betrag von 73.403 Euro geltend gemacht haben, ist dies nicht in vollem Umfang schlüssig. Mit dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 27.10.2017 wurde der Beklagte Ziffer 2 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.701,66 Euro aufgefordert; die zusätzliche Schmerzensgeldforderung von 15.000 Euro haben die Kläger aus nachvollziehbaren Gründen (vgl. § 253 BGB) nicht weiterverfolgt. Unter Zugrundelegung eines Gebührensatzes von 1,8, der unstreitig ist, resultiert daraus eine Geschäftsgebühr nach Nrn. 2300, 1008 VV RVG in Höhe von 1.087,20 Euro. Zuzüglich Auslagen nach Nrn. 7001, 7002 RVG in Höhe von 20 Euro sowie 19 % Umsatzsteuer ergeben sich ersatzfähige Rechtsverfolgungskosten von 1.317,57 Euro. Die Kläger können wegen dieses Betrags Zahlung und nicht nur Freistellung verlangen, nachdem ihr Prozessbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unwidersprochen erklärt hat, dass die Kläger seine entsprechende Vergütung bereits bezahlt haben.
d) Verzugszinsen aus §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 1 BGB können die Kläger von dem Beklagten Ziffer 2 aus einem Betrag von 10.701,66 Euro und aus den korrespondierenden vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.317,57 Euro seit dem 16.11.2017 verlangen, nachdem die Zahlungsfrist aus dem vorgenannten Rechtsanwaltsschreiben vom 27.10.2017 am 15.11.2017 verstrichen war und in diesem ausdrücklich rechtliche Folgen für den Fall der Nichtzahlung angekündigt wurden, also zugleich eine Mahnung erfolgte (vgl. BGH, Urt. v. 10.3.1998, X ZR 70-96, NJW 1998, 2132, 2133).
Darüber hinaus können die Kläger gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 1 BGB Prozesszinsen aus einem (weiteren) Betrag von 33.311,13 Euro seit dem 15.6.2018 verlangen, nachdem dem Beklagten Ziffer 2 die Klageschrift über (zunächst) 73.403 Euro am 14.6.2018 zugestellt worden war und sich die berechtigte Forderung der Kläger gegen den Beklagten Ziffer 2 - wie ausgeführt - auf insgesamt 44.012,79 Euro belief.
III.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 100 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit findet seine rechtliche Grundlage in §§ 708 Nr. 10 Satz 1, 711 ZPO.
Ein Grund zur Zulassung der Revision besteht nicht (vgl. § 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 ZPO).