17.02.2006 · IWW-Abrufnummer 060512
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 05.10.2005 – VIII ZR 127/05
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
VIII ZR 127/05
vom
5. Oktober 2005
in dem Rechtsstreit
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Oktober 2005 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Beyer, Wiechers, Dr. Wolst sowie die Richterin Hermanns
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die beabsichtigte Rechtsverfolgung, die Revision gegen das Berufungsurteil, hat keine Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass das Berufungsgericht die Revision zur Fortbildung des Rechts zugelassen hat (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsschutzbegehren in aller Regel dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen, bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt. Prozesskostenhilfe braucht hingegen selbst bei einer zugelassenen Revision nicht bewilligt zu werden, wenn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder durch die in der Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als schwierig erscheint (vgl. BVerfGE 81, 347, 358 f; BGH, Beschluss vom 10. Dezember 1997 - IV ZR 238/97, NJW 1998, 1154 unter II 1; Senatsbeschluss vom 11. September 2002 - VIII ZR 235/02, NJW-RR 2003, 130 unter 1; Beschluss vom 14. Oktober 2003 - XI ZR 21/03, ZIP 2003, 2295 unter 2). So ist es hier.
Das Berufungsgericht hat die Beklagten gemäß § 546 BGB zur Räumung und Herausgabe des von ihnen gemieteten Hauses an den Kläger verurteilt, da es nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Beendigung des Mietverhältnisses bejaht und deswegen die Kündigung des Klägers vom 30. Januar 2003 als wirksam angesehen hat. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wie das berechtigte Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses über Wohnraum im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB beschaffen sein muss, wenn der Vermieter - wie hier der Kläger - die vermieteten Räume nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend jedoch für eigene gewerbliche Zwecke nutzen will. Diese Frage ist in dem oben genannten Sinne nicht schwierig, da sie sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Senats ohne weiteres beantworten lässt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB = § 564b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB a.F.) ist der Entschluss des Vermieters, seine Wohnung selbst zu Wohnzwecken zu nutzen, im Hinblick auf sein durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG geschütztes Eigentum grundsätzlich zu achten und einer gerichtlichen Nachprüfung entzogen (BVerfGE 79, 292, 304 f; 81, 29, 32 ff). Für den hier gegebenen Wunsch des Klägers, seine Wohnung nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend jedoch für eigene berufliche Zwecke (Einrichtung eines Architekturbüros) zu nutzen, kann nichts anderes gelten. Das hierdurch begründete Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB ist schon im Hinblick auf die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit nicht geringer zu bewerten als der in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB gesetzlich geregelte Eigenbedarf des Vermieters zu Wohnzwecken.
Nach der vom Bundesverfassungsgericht (aaO 33 f) aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht beanstandeten Senatsrechtsprechung reicht für die Annahme von Eigenbedarf die Absicht des Vermieters, in den vermieteten Räumen selbst zu wohnen, nur aus, wenn er hierfür vernünftige Gründe hat, die seinen Wunsch nachvollziehbar erscheinen lassen (BGHZ 103, 91, 97 ff). Gemäß den vorstehenden Ausführungen müssen solche Gründe auch in dem hier vorliegenden Fall gegeben sein, dass der Vermieter seine Wohnung nur teilweise für eigene Wohnzwecke, überwiegend jedoch für eigene berufliche Zwecke nutzen will. Davon ist wegen der von ihm erkannten Nähe zur Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB auch das Berufungsgericht ausgegangen, das derartige Gründe auf Seiten des Klägers bejaht hat, ohne dass insoweit Rechtsfehler ersichtlich sind.