21.07.2022 · IWW-Abrufnummer 230390
Bundesgerichtshof: Urteil vom 01.07.2022 – V ZR 23/21
a) Der gegen den Nachbarn gerichtete Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbarG Bln auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt. Einschränkungen des Duldungsanspruchs, wie sie die Nachbarrechtsgesetze anderer Bundesländer enthalten, können der Regelung nicht unter Rückgriff auf "allgemeine Rechtsgrundsätze" oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung entnommen werden.
b) Zur materiellen Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbarG Bln.
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2022 durch die Richterin Dr. Brückner als Vorsitzende, die Richterin Haberkamp, die Richter Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Laube
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 65 - vom 28. Januar 2021 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
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Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Berlin. Das auf dem Grundstück der Beklagten stehende Gebäude ist ca. 7,5 m niedriger als das direkt angrenzende Gebäude der Klägerin, dessen Giebelwand seit 1906 nicht mehr saniert wurde. Die Klägerin beabsichtigt, im Rahmen einer Fassadensanierung den Giebel ihrer Grenzwand mit einer 16 cm starken mineralischen Dämmung zu versehen. Für die Dauer der Arbeiten will sie zu deren Durchführung ein sog. hängendes Gerüst über dem Dach des Gebäudes der Beklagten anbringen.
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Das Amtsgericht hat die Beklagte verurteilt, die Überbauung ihres Grundstücks zum Zwecke der Wärmedämmung der grenzständigen Giebelwand des klägerischen Gebäudes, die Anbringung eines hängenden Gerüsts für die Dauer von drei Monaten und das Betreten des Dachs des Gebäudes der Beklagten durch die Klägerin zur Durchführung der Sanierungs- und Wärmedämmungsarbeiten zu dulden. Das Landgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, will die Beklagte die Abweisung der Klage erreichen.
Entscheidungsgründe
I.
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Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung u.a. in WuM 2021, 382 [AG Steinfurt 14.01.2021 - 21 C 444/20] veröffentlicht ist, meint, die Beklagte sei nach § 16a NachbarG Bln verpflichtet, das Anbringen der Wärmedämmung an der grenzständigen Giebelwand des klägerischen Gebäudes zu dulden. Die Norm sei formell verfassungsgemäß, denn dem Land habe im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung die Gesetzgebungskompetenz zu ihrem Erlass zugestanden. Die Regelung sei auch materiell verfassungsgemäß. Sie begünstige nicht einseitig die Interessen des dämmenden Eigentümers, sondern sei vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Notwendigkeit der Steigerung der Energieeffizienz und der Senkung des Energiebedarfs zu sehen. Der Landesgesetzgeber habe bewusst auf unbestimmte Rechtsbegriffe verzichtet. Zwar sehe die Vorschrift keine Einschränkungen der Duldungspflicht vor; diese folgten aber aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen. So müsse der dämmende Eigentümer den Grundsatz von Treu und Glauben berücksichtigen und die Eigentumsrechte des Nachbarn wahren. Dessen Duldungspflicht entfalle deshalb, wenn eine Innendämmung eine adäquate Alternative darstelle. Ausdrücklich geregelt sei zudem das Recht des Nachbarn, die Beseitigung des Überbaus zu verlangen, wenn und soweit er selbst zulässigerweise an die Grenzwand anbauen wolle. Auch werde dem dämmenden Eigentümer die Unterhaltungspflicht für den Wärmeschutzüberbau auferlegt. Die Verweisung auf § 17 Abs. 3 NachbarG Bln stelle die zügige und schonende Ausübung des Überbaurechts sicher, die Verweisung auf § 912 Abs. 2 BGB die Entschädigungspflicht. Die materiellen Voraussetzungen von § 16a NachbarG Bln lägen hier vor. Bei der Wand handele es sich um eine Grenzwand, und das Gebäude stehe bereits seit mehr als 100 Jahren. Eine Innendämmung stelle nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme keine adäquate Alternative zum Anbringen einer Außendämmung dar. Der Anspruch auf Duldung des hängenden Gerüsts für die Dauer der Arbeiten und des Betretens des Dachs zu deren Durchführung folge aus § 17 Abs. 1 und 2 NachbarG Bln.
II.
4
Diese Erwägungen halten rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
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1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus § 16a NachbarG Bln auf Duldung der Überbauung ihres Grundstücks zum Zwecke der Wärmedämmung der grenzständigen Giebelwand des klägerischen Gebäudes.
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a) Nach § 16a Abs. 1 NachbarG Bln in der Fassung vom 17. Dezember 2009 (Wärmeschutzüberbau der Grenzwand) hat der Eigentümer eines Grundstücks die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht.
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b) Das Berufungsgericht geht im Ergebnis zutreffend davon aus, dass die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Norm vorliegen. Die Klägerin beabsichtigt, ein bereits bestehendes, an der Grundstücksgrenze errichtetes Gebäude (vgl. zu dem Begriff der "Grenzwand" Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 25/21 , ZfIR 2022, 229 Rn. 16) zu dämmen und für die Zwecke der Wärmedämmung auf das Grundstück der Beklagten zu überbauen. Weitere Voraussetzungen hat der Duldungsanspruch nach dem Wortlaut von § 16a Abs. 1 NachbarG Bln nicht.
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2. Es ist im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht die Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbarG Bln bejaht und seine Entscheidung auf diese Norm gestützt hat. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG , die nunmehr durch den Senat erfolgen müsste, ist nicht veranlasst.
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a) Gegen die formelle Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbarG Bln bestehen keine Bedenken, insbesondere ist die Gesetzgebungskompetenz des Landes Berlin gegeben. Wie der Senat inzwischen in einem zu § 23a NachbarG NW ergangenen Urteil entschieden hat, sind Regelungen, die den Grundstückseigentümer zur Duldung einer nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung des Nachbargebäudes verpflichten, aufgrund des Vorbehalts in Art. 124 EGBGB von der Gesetzgebungskompetenz der Länder umfasst. Auf die dortige Begründung, die auf § 16a NachbarG Bln übertragbar ist, wird verwiesen (Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 115/20 , NZM 2022, 149 Rn. 18 ff.).
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b) Der Senat hat allerdings Zweifel an der materiellen Verfassungsmäßigkeit von § 16a NachbarG, namentlich an der Vereinbarkeit der Norm mit Art. 14 Abs. 1 GG .
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aa) Bei dem Recht auf Eigentum aus Art. 14 Abs. 1 GG handelt es sich um ein normgeprägtes Grundrecht. Die konkrete Reichweite des Schutzes durch die Eigentumsgarantie ergibt sich erst aus der Bestimmung von Inhalt und Schranken des Eigentums, die nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers ist (vgl. BVerfGE 143, 246 Rn. 218 mwN). Dabei hat er sowohl der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als auch der Sozialpflichtigkeit des Eigentums ( Art. 14 Abs. 2 GG ) Rechnung zu tragen. Das Wohl der Allgemeinheit, an dem sich der Gesetzgeber hierbei zu orientieren hat, ist nicht nur Grund, sondern auch Grenze für die Beschränkung der Eigentümerbefugnisse. Der Gesetzgeber hat die schutzwürdigen Interessen des Eigentümers und die Belange des Gemeinwohls in einen gerechten Ausgleich und in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen und sich dabei im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen zu halten. Insbesondere muss jede Inhalts- und Schrankenbestimmung den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten (vgl. BVerfGE 143, 246 [BVerfG 06.12.2016 - 1 BvR 2821/11] Rn. 268 mwN).
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Dies gilt auch für die gesetzliche Regelung von Rechtsverhältnissen zwischen zwei privaten Grundrechtsträgern. So hat das Bundesverfassungsgericht etwa zum Wohnraummietrecht entschieden, dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, die Befugnisse von Mieter und Vermieter zuzuordnen und abzugrenzen. Er muss die schutzwürdigen Interessen beider Seiten berücksichtigen und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und hat dabei mehrere Gesichtspunkte zu beachten. Er muss den Vorgaben Rechnung tragen, die sich einerseits aus der grundgesetzlichen Anerkennung des Privateigentums durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG und andererseits aus der verbindlichen Richtschnur des Art. 14 Abs. 2 GG ergeben, und berücksichtigen, dass sich Vermieter und Mieter gleichermaßen auf das Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berufen können (BVerfG, NJW 2011, 1723 [BVerfG 04.04.2011 - 1 BvR 1803/08] Rn. 29 mwN).
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bb) Dem Senat erscheint zweifelhaft, ob der Berliner Landesgesetzgeber diesen Anforderungen bei der Ausgestaltung von § 16a NachbarG Bln gerecht geworden ist, insbesondere ob er die grundrechtlich geschützten Interessen des von dem Überbau betroffenen Nachbarn ausreichend berücksichtigt hat. Denn die Norm sieht - anders als entsprechende Regelungen anderer Länder - keine Einschränkungen oder Ausnahmen von der Duldungspflicht vor (vgl. schon Senat, Urteil vom 2. Juni 2017 - V ZR 196/16 , NZM 2017, 855 Rn. 8; siehe auch MüKoBGB/Brückner, 8. Aufl., § 912 Rn. 49: "dürfte unverhältnismäßig sein"). Der Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbarG BIn auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat - wie bereits dargelegt - seinem Wortlaut nach einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt.
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(1) Damit unterscheidet sich die durch den Gesetzgeber für Berlin getroffene Regelung von den durchweg ausführlicheren Regelungen anderer Bundesländer, die die Duldungspflicht teils an weitere Voraussetzungen knüpfen, teils in bestimmten Fällen einschränken.
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(a) So sehen die Regelungen in nahezu allen anderen Ländern vor, dass der Überbau die Benutzung oder (zulässige) beabsichtigte Benutzung des Grundstücks des Nachbarn nicht oder nur geringfügig beeinträchtigen darf ( § 7c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NRG BW ; Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayAGBGB; § 19a Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 BbgNRG; § 74a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HBO; § 10a Abs. 1 Nr. 3b NachbarG HE; § 21a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 NNachbG; § 23a Abs. 1 Satz 1 NachbarG NW; § 19a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3c NachbarG SL ; § 15 Abs. 1 Nr. 3 NachbarG SH; § 14a Abs. 1 Nr. 3 ThürNRG). Dies wird teilweise dahingehend konkretisiert, dass die Überbauung in der Tiefe ein bestimmtes Maß nicht überschreiten darf, das zumeist 25 cm ( § 7c Abs. 1 Satz 2 NRG BW ; § 19a Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 BbgNRG; § 21a Abs. 1 Satz 1 NNachbG; § 23a Abs. 1 Satz 2 NachbarG NW; § 19a Abs. 1 Satz 2 NachbarG SL ; § 15 Abs. 2 Satz 1 NachbarG SH; § 14a Abs. 1 Satz 2 ThürNRG), teils aber auch nur 20 cm beträgt (§ 74a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HBO). Ergänzend wird teilweise bestimmt, dass der Nachbar die Überbauung nur zu dulden hat, wenn die Wärmedämmung über die Bauteileanforderungen in der Energieeinsparverordnung in der jeweils geltenden Fassung nicht hinausgeht (§ 10a NachbarG HE, § 23a Abs. 1 Satz 1 NachbarG NW und § 19a NachbarG SL ).
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(b) In der Mehrzahl der anderen Länder ist der Überbau nur zu dulden, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise (als durch Außendämmung) mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann (Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BayAGBGB; § 19a Abs. 1 Nr. 2 BbgNRG; § 74a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 HBO; § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NachbarG HE; § 21a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 NNachbG; § 23a Abs. 1 Satz 1 NachbarG NW; § 19a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NachbarG SL ; § 15 Abs. 2 Satz 1 NachbarG SH; § 14a Abs. 1 Nr. 3 ThürNRG).
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(c) Die meisten landesrechtlichen Regelungen sehen vor, dass die für die Wärmedämmung verwendeten Bauteile nach öffentlich-rechtlichen Vorschriften zulässig oder zugelassen sein müssen ( § 7c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NRG BW , Art. 24a Abs. 1 BremAGBGB; § 14a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ThürNRG und § 19a Abs. 1 Nr. 1 BbgNRG; § 74a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HBO) bzw. öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht widersprechen dürfen (Art. 46a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayAGBGB; § 21a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NNachbG; § 15 Abs. 1 Nr. 2 NachbG SH ).
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(2) Mit diesen Voraussetzungen soll nach den Vorstellungen der jeweiligen Landesgesetzgeber eine ausgewogene und verhältnismäßige Regelung erreicht werden. So heißt es etwa in der Begründung des Entwurfs zu § 10a NachbarG HE (LT-Drs. 18/855 S. 5 f.):
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Ähnliche Ausführungen finden sich in den Gesetzesbegründungen anderer Länder (vgl. etwa in Brandenburg, LT-Drs. 5/8050 S. 3 f.; in Niedersachsen, LT-Drs. 17/1259 S. 5; in Nordrhein-Westfalen, LT-Drs. 15/853 S. 8 f.; im Saarland, LT-Drs. 15/1214 S. 82; in Schleswig-Holstein, LT-Umdruck 19/6067 S. 5 f.; und in Thüringen, LT-Drs. 6/1173 S. 9 f.).
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(3) Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner die Überbauung im Luftraum gemäß § 7b NRG BW betreffenden Kammerentscheidung die materielle Verfassungsmäßigkeit dieser Norm im Hinblick auf die differenzierten Vorgaben zur Duldungspflicht des Nachbarn in dieser Vorschrift und vor allem auch zu deren inhaltlicher und zeitlicher Begrenzung (solange die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird) bejaht (BVerfG, ZfIR 2008, 108 [BVerfG 19.07.2007 - 1 BvR 650/03] Rn. 54). Ebenso hat der Senat die Regelung in § 23a NachbarG NW schon deshalb als verhältnismäßig angesehen, weil die Duldungspflicht hinsichtlich des Überbaus danach nur besteht, wenn eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann, die Überbauung die Benutzung des Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigen darf und ein finanzieller Ausgleich nach Maßgabe von § 23a Abs. 5 NachbarG NW erfolgen muss (Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 115/20 , NZM 2022, 149 Rn. 29).
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(4) Der gegen den Nachbarn gerichtete Anspruch des Grundstückseigentümers aus § 16a NachbarG Bln auf Duldung einer grenzüberschreitenden Wärmedämmung hat einzig zur Voraussetzung, dass die Überbauung zum Zwecke der Dämmung eines bereits bestehenden, an der Grundstücksgrenze errichteten Gebäudes erfolgt. Einschränkungen des Duldungsanspruchs, wie sie die Nachbarrechtsgesetze anderer Bundesländer enthalten, können der Regelung nicht unter Rückgriff auf "allgemeine Rechtsgrundsätze" oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung entnommen werden. Deshalb kam es hier nicht auf die Frage - zu der das Berufungsgericht Beweis erhoben hat - an, ob die Klägerin die Dämmung ihres Gebäudes auf andere, die Rechte der Beklagten nicht tangierende Weise, hätte erreichen können.
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(a) Die Grenzen verfassungskonformer Auslegung ergeben sich grundsätzlich aus dem ordnungsgemäßen Gebrauch der anerkannten Auslegungsmethoden. Eine Norm ist nur dann für verfassungswidrig zu erklären, wenn keine nach den anerkannten Auslegungsgrundsätzen zulässige und mit der Verfassung vereinbare Auslegung möglich ist. Lassen der Wortlaut, die Entstehungsgeschichte, der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelung und deren Sinn und Zweck mehrere Deutungen zu, von denen eine zu einem verfassungsmäßigen Ergebnis führt, so ist diese geboten. Die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung endet allerdings dort, wo sie mit dem Wortlaut und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers in Widerspruch träte. Anderenfalls könnten die Gerichte der rechtspolitischen Entscheidung des demokratisch legitimierten Gesetzgebers vorgreifen oder diese unterlaufen. Das Ergebnis einer verfassungskonformen Auslegung muss demnach nicht nur vom Wortlaut des Gesetzes gedeckt sein, sondern auch die prinzipielle Zielsetzung des Gesetzgebers wahren. Das gesetzgeberische Ziel darf nicht in einem wesentlichen Punkt verfehlt oder verfälscht werden (zum Ganzen BVerfGE 138, 64 Rn. 86). Diese Vorgaben gelten uneingeschränkt auch dann, wenn sich ein Fachgericht mit der Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung bei Prüfung der Voraussetzungen eines Normenkontrollverfahrens nach Art. 100 Abs. 1 GG auseinandersetzen muss (BVerfGE 138, 64 [BVerfG 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11] Rn. 87).
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(b) Nach diesen Maßstäben wäre eine verfassungskonforme Auslegung von § 16a NachbarG Bln nicht möglich. Denn die Regelung enthält nach ihrem eindeutigen Wortlaut keine der in den Gesetzen anderer Länder enthaltenen Voraussetzungen und Einschränkungen der Duldungspflicht des Nachbarn beim Überbau zu Zwecken der Wärmedämmung, und hierbei handelt es sich um eine bewusste Entscheidung des Berliner Landesgesetzgebers.
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Der ursprüngliche Entwurf (LT-Drs. 16/2594) sah in Anlehnung an § 19 BbgNRG einen Überbau nur im Luftraum über dem Nachbargrundstück vor und auch dies nur unter bestimmten Voraussetzungen:
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Der Berliner Senat gab zu diesem Entwurf eine Stellungnahme ab (abrufbar unter www.parlament-berlin.de/ados/16/BauWohn/vorgang/bw16-0157-v-stsenat.pdf), in der es u.a. heißt:
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In der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bauen und Wohnungen des Berliner Abgeordnetenhauses (Drs. 16/2817) erhielt der Entwurf von § 16a NachbarG Bln sodann die Fassung, die schließlich angenommen (PlenProt 16/51 S. 5302) und im Gesetz- und Verordnungsblatt veröffentlicht wurde (GVOBl. 2009 S. 870). Der Landesgesetzgeber hat folglich bewusst davon Abstand genommen, die Duldungspflicht von weiteren Voraussetzungen abhängig zu machen, namentlich davon, dass die Benutzung des Nachbargrundstücks durch den Überbau nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt wird. Damit scheidet eine (verfassungskonforme) Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass die Duldungspflicht von weiteren als den im Gesetz genannten Voraussetzungen abhängig ist, aus. Denn eine solche Auslegung liefe dem erkennbaren gesetzgeberischen Ziel, die Handhabung der Vorschrift möglichst einfach zu gestalten und nicht durch den möglichen Streit über weitere Voraussetzungen, insbesondere über unbestimmte Rechtsbegriffe, zu belasten, zuwider.
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(c) Ebenso wenig können entsprechende Voraussetzungen und Einschränkungen der Duldungspflicht nach § 16a NachbG Bln aus den Regeln des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses abgeleitet werden (aA Postier, Das Nachbarrecht in Berlin, 2. Aufl., § 16a Anm. 2). Diese Regeln betreffen nämlich lediglich die einzelfallbezogene Anwendung von § 242 BGB , und sie erlauben es nicht, die nachbarrechtlichen Regelungen in ihr Gegenteil zu verkehren (st. Rspr., vgl. Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 115/20 , NZM 2022, 149 Rn. 21 mwN). Dementsprechend kann die gesetzlich geregelte Duldungspflicht des Nachbarn hinsichtlich des Überbaus zum Zwecke der Wärmedämmung nicht unter Anwendung der Regeln des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses - noch dazu entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen des Landesgesetzgebers - generell von weiteren Voraussetzungen abhängig gemacht oder allgemein für bestimmte Konstellationen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
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cc) Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht kommt gleichwohl nicht in Betracht.
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(1) Die Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG setzt voraus, dass das Fachgericht an der Verfassungsmäßigkeit eines entscheidungserheblichen Gesetzes nicht nur zweifelt, sondern - vorbehaltlich einer verfassungskonformen Auslegung - von der Verfassungswidrigkeit überzeugt ist; hat das Gericht lediglich Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, ist die Vorlage unzulässig (st. Rspr., vgl. etwa BVerfGE 138, 64 [BVerfG 16.12.2014 - 1 BvR 2142/11] Rn. 82, 84 mwN; vgl. auch Senat, Urteil vom 12. November 2021 - V ZR 115/20 , NZM 2022, 149 Rn. 6).
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(2) Nach diesem Maßstab wäre eine Vorlage von § 16a NachbarG Bln unzulässig. Denn der Senat ist ungeachtet der dargestellten Zweifel, ob der Landesgesetzgeber seinen von Art. 14 Abs. 1 GG eröffneten Gestaltungsspielraum eingehalten hat, von der Verfassungswidrigkeit der Norm nicht überzeugt.
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(a) Die Regelung in § 16a NachbarG Bln dient dem Ziel, die energetische Sanierung von bestehenden Gebäuden, insbesondere von Altbauten, zu erleichtern; die nachträgliche Wärmedämmung einer Grenzwand soll auch in dem Fall ermöglicht werden, dass sie einen Überbau auf das Nachbargrundstück mit sich bringt (Drs. 16/2594 S. 2). Die Regelung zielt folglich auf Energieeinsparungen bei bestehenden Wohngebäuden ab und dient dadurch mittelbar dem Klimaschutz (so ausdrücklich etwa die Gesetzesbegründungen in Niedersachsen, LT-Drs. 17/1259 S. 4 und Schleswig-Holstein, LT-Umdruck 19/6067 S. 4). Der Landesgesetzgeber verfolgt damit ein dem Wohl der Allgemeinheit dienendes Ziel, dem über das aus Art. 20a GG abgeleitete Klimaschutzgebot Verfassungsrang zukommt (vgl. hierzu BVerfGE 157, 30 [BVerfG 24.03.2021 - 1 BvR 2656/18] ).
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(b) Der Senat hat keine Zweifel, dass die in § 16a NachbarG BIn getroffene Regelung zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich ist. Jedenfalls durfte der Landesgesetzgeber nach Auffassung des Senats im Rahmen seines gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums - unausgesprochen, aber erkennbar - davon ausgehen, dass mit der nachträglichen Dämmung von Bestandsgebäuden, insbesondere bei Altbauten, deren Energieverbrauch gesenkt werden kann und damit angesichts der derzeit in Deutschland noch vorherrschenden Beheizung von Wohngebäuden mit fossilen Energieträgern zugleich der für das Klima schädliche Ausstoß von Kohlendioxid. Auch die Annahme, dass die nachträgliche Dämmung von Bestandsgebäuden erleichtert wird, wenn bei Grenzwänden ein Anspruch gegen den Nachbarn auf Duldung des mit der Dämmung verbundenen Überbaus besteht, hält sich im Rahmen des gesetzgeberischen Beurteilungsspielraums.
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(aa) Entgegen der von der Revision in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Auffassung fehlt es § 16a NachbarG BIn nicht deshalb an der Erforderlichkeit, weil sich das Ziel der Senkung des Energieverbrauchs von Bestandsgebäuden in manchen Fällen gleichermaßen durch eine Innendämmung von Grenzwänden, und damit ohne Belastung des Nachbarn, erreichen ließe. Eine Innendämmung wird - wie die vorliegenden, auf durchgeführter Beweisaufnahme beruhenden Feststellungen des Berufungsgerichts zeigen - aufgrund ihrer bauphysikalischen Folgen (Gefahr der Erhöhung des Feuchtegehalts der Außenwand) nicht immer eine adäquate Alternative zu einer Außendämmung darstellen. Aber auch dort, wo die Innendämmung technisch adäquat ist, stellt sie kein gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Zieles einer raschen Dämmung von Bestandsgebäuden dar. Denn der Grundstückseigentümer kann, wenn die Wohnungen vermietet sind, die Innendämmung nur mit Zustimmung seiner Mieter durchführen, die er gegebenenfalls zunächst jeweils gerichtlich erstreiten muss. Ist das Gebäude in Wohnungseigentum aufgeteilt, stellt sich die Innendämmung als eine Maßnahme dar, die das Sondereigentum der einzelnen Wohnungseigentümer betrifft. Selbst wenn eine solche Maßnahme, was hier keiner Klärung bedarf, durch die Wohnungseigentümer beschlossen werden könnte, stünde den einzelnen Wohnungseigentümern der Rechtsweg gegen einen solchen Beschluss offen, was ebenfalls zu einer erheblichen Verzögerung führen kann. Der Gesetzgeber hält sich daher nach Auffassung des Senats im Rahmen des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums, wenn er davon ausgeht, dass zu einer Außendämmung von Bestandsgebäuden keine gleich geeignete, vor allem keine gleich rasche und für den dämmenden Eigentümer gleich rechtssichere Alternative besteht.
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(bb) Ebenso wenig steht die Geeignetheit der Regelung deshalb in Frage, weil § 16a NachbarG Bln, anders als die Mehrzahl der in den anderen Bundesländern getroffenen Regelungen, keine Anforderungen an die technische Eignung und öffentlich-rechtliche Zulässigkeit der für die Dämmung verwendeten Materialien der Dämmung vorsieht. Zwar erscheint denkbar, dass ein Grundstückseigentümer, etwa wegen geringerer Anschaffungskosten, für die Dämmung nicht zugelassene Materialien verwendet, die im Ergebnis zu einer geringeren Energieeinsparung führen. Das allein lässt eine Regelung, die die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften zur Voraussetzung hat, aber nicht als besser geeignet erscheinen. Denn Eigentümer werden möglicherweise von der Dämmung ganz absehen, wenn sie damit rechnen müssen, mit dem Nachbarn über die verwendeten Materialien streiten zu müssen. Zudem wäre eine solche Regelung nicht grundrechtsschonender, denn es ist nicht ersichtlich, weshalb die Eigentumsinteressen des Nachbarn dadurch beeinträchtigt werden, dass der überbauende Eigentümer für die Dämmung Materialien verwendet, die hierfür nicht oder noch nicht zugelassen sind.
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(c) Fraglich kann daher nur sein, ob die getroffene Regelung im engeren Sinne verhältnismäßig ist, namentlich ob sie die Interessen des duldungspflichtigen Nachbarn noch in einer Weise berücksichtigt, dass der gesetzgeberische Gestaltungsspielraum eingehalten ist. Der Senat hält dies jedenfalls nicht für ausgeschlossen.
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(aa) Zwar erscheint bedenklich, dass § 16a NachbarG Bln keine Einschränkungen des Duldungsanspruchs im Hinblick auf den Umfang der Beeinträchtigung des Nachbarn und die Zumutbarkeit der Überbauung für diesen vorsieht und dem Tatrichter somit eine Einzelfallbetrachtung selbst in besonders gelagerten Ausnahmefällen verwehrt ist. So wäre der Duldungsanspruch etwa auch dann gegeben, wenn die grenzüberschreitende Dämmung bei engen baulichen Verhältnissen dazu führte, dass der Platz auf dem Nachbargrundstück nicht mehr ausreicht, um Mülltonnen oder Fahrräder abzustellen oder über einen Weg zwischen den Häusern zur Straße zu bringen.
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(bb) Die Interessen des von der Überbauung betroffenen Nachbarn werden aber nicht gänzlich ausgeblendet, sondern zumindest in einem gewissen Umfang berücksichtigt.
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(α) Nach § 16a Abs. 2 NachbarG Bln ist der duldungsverpflichtete Nachbar im Falle des Wärmeschutzüberbaus berechtigt, die Beseitigung des Überbaus zu verlangen, wenn und soweit er selbst zulässigerweise an die Grenzwand anbauen will. Durch diese Regelung wird in einem gewissen Umfang sichergestellt, dass der duldungspflichtige Nachbar in der Benutzung seines Grundstücks nicht über Gebühr beeinträchtigt wird. Die Bebauung seines Grundstücks bleibt ihm als intensivste Form der Grundstücksnutzung ungeachtet des Überbaus uneingeschränkt möglich. Dem Berufungsgericht ist auch in der Annahme beizutreten, dass diese Rückbauverpflichtung des überbauenden Eigentümers eine gewisse "selbstregulierende" Wirkung entfalten dürfte. Steht nämlich zum Zeitpunkt des Überbaus bereits fest bzw. hat der Nachbar bereits ankündigt, dass er in naher Zukunft selbst an die Grenzwand anbauen will, wird sich die Wärmedämmung aus Sicht des Eigentümers des Bestandsgebäudes in vielen Fällen nicht mehr als lohnend darstellen, weil sie ohnehin alsbald zurückzubauen wäre und damit zusätzlich zu den dann nicht amortisierten Kosten der Dämmung noch Kosten für den Rückbau anfielen.
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(β) Durch § 16a Abs. 3 NachbarG Bln wird dem Begünstigten des Wärmeschutzüberbaus auferlegt, die Wärmedämmung in einem ordnungsgemäßen und funktionsgerechten Zustand zu erhalten und die wärmegedämmte Grenzwand zu unterhalten. Allerdings folgt dies in dem Fall, dass die Wand - wie hier - allein auf dem Grundstück des dämmenden Eigentümers steht, schon daraus, dass dieser alleiniger Eigentümer der Wand und der überbauten Dämmung ist. Denn bei einem - hier nach § 16a Abs. 1 NachbarG Bln - rechtmäßigen oder sonst nach § 912 BGB zu duldenden Überbau gehört der überbaute Teil des Bauwerks nicht dem Eigentümer des überbauten Grundstücks, sondern entsprechend § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Eigentümer des Stammgrundstücks (vgl. Senat, Urteil vom 27. März 2015 - V ZR 216/13 , BGHZ 204, 364 Rn. 32 mwN).
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(γ) Nach § 16a Abs. 4 i.V.m. § 17 Abs. 3 NachbarG Bln ist das Recht so zügig und schonend wie möglich auszuüben und darf nicht zur Unzeit geltend gemacht werden. Die Duldungspflicht des Nachbarn wird durch diese Regelung zwar nicht an weitere Voraussetzungen geknüpft, denn sie betrifft allein die Rechtsfolgenseite der Norm, nämlich die Ausübung des Rechts zur nachträglichen grenzüberschreitenden Wärmedämmung. Immerhin ist der Nachbar aber davor geschützt, dass der überbauende Nachbar die Dämmung etwa zur Nachtzeit anbringt oder die Ausführung der Arbeiten ohne Grund in die Länge zieht.
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(δ) Von besonderem Gewicht für die Frage der Verhältnismäßigkeit von § 16a NachbarG Bln ist schließlich, dass der duldungspflichtige Nachbar für die Beeinträchtigung der Benutzung seines Grundstücks zu entschädigen ist. Nach § 16a Abs. 5 NachbarG BIn findet § 912 Abs. 2 BGB entsprechende Anwendung. Gemäß Satz 1 dieser Norm ist der Nachbar durch eine Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist nach Satz 2 die Zeit der Grenzüberschreitung maßgebend. Die Geldrente nach § 912 Abs. 2 BGB hat die Funktion, den Nutzungsverlust des betroffenen Eigentümers auszugleichen (Senat, Urteil vom 5. Dezember 2003 - V ZR 447/01 , NJW 2004, 1798, 1801 mwN). Der Anspruch auf die Überbaurente besteht selbst dann, wenn die Beeinträchtigung geringfügig ist, weil die - wenn auch ggf. geringe - Rente auf der Grundlage der überbauten Fläche und deren Wert zu berechnen ist (vgl. Senat, Urteil vom 12. Oktober 2018 - V ZR 81/18 , NZM 2019, 422 Rn. 15).
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(d) In der Gesamtschau erscheint es dem Senat durchaus möglich, dass § 16a NachbarG Bln insgesamt noch als verhältnismäßig anzusehen ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Regelung aus Sicht des Gesetzgebers nicht allein das Verhältnis zweier Grundstückseigentümer untereinander betrifft, deren Individualinteressen zum Ausgleich zu bringen sind. Sie dient vielmehr vor allem dem Klimaschutz und damit einem anerkannten Gemeinwohlbelang mit Verfassungsrang; im Interesse künftiger Generationen ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich sogar verpflichtet, in allen Lebensbereichen Anreize für die Entwicklungen zu schaffen, die den rechtzeitigen Übergang zur Klimaneutralität ermöglichen (vgl. BVerfGE 157, 30 [BVerfG 24.03.2021 - 1 BvR 2656/18] Rn. 248). Ein solcher Anreiz soll hier gesetzt werden. Das wirtschaftliche Interesse des Grundstückseigentümers an der Einsparung von Energie durch eine grenzüberschreitende Dämmung seines Bestandsgebäudes wird nicht als solches, sondern deswegen höher gewichtet als das entgegenstehende Interesse des Nachbarn an der vollständigen Nutzung seines Grundstücks, weil es sich mit dem Interesse der Allgemeinheit an der möglichst raschen Dämmung von Bestandsgebäuden deckt. Zwar erscheint dem Senat bedenklich, dass das individuelle Interesse des Nachbarn selbst dann keine Berücksichtigung findet, wenn im Einzelfall die Annahme einer Unzumutbarkeit der Duldungsverpflichtung naheläge. Es ist aber nicht zu verkennen, dass der Streit zwischen den Nachbarn über die Frage, ob ein solcher Ausnahmefall vorliegt, zu einer unter Umständen Jahre währenden Verzögerung der jeweiligen Maßnahme oder sogar dazu führen kann, dass der Grundstückseigentümer von der Dämmung seines Gebäudes ganz absieht. Der Senat hält es daher für nicht ausgeschlossen, dass der generalisierende Ansatz des Berliner Landesgesetzgebers, den Duldungsanspruch klar und einfach zu regeln, um auf das Ganze gesehen die Durchführung möglichst vieler und rascher Dämmmaßnahmen zu erreichen, noch zulässig ist, auch wenn damit für den jeweiligen Nachbarn im Einzelfall gewisse - unter Umständen auch erhebliche - Härten verbunden sein mögen.
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2. Richtig ist auch, dass die Klägerin einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte die Anbringung eines hängenden Gerüsts für die Dauer von drei Monaten und das Betreten des Dachs des zum Grundstück der Klägerin grenzständigen Seitenflügels des Gebäudes der Beklagten durch die Klägerin zur Durchführung der Sanierungs- und Wärmedämmungsarbeiten duldet. Dieser Anspruch folgt aus dem sog. Hammerschlagsrecht nach § 17 Abs. 1 und 2 NachbarG Bln.
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a) Nach § 17 Abs. 1 NachbarG Bln muss der Eigentümer eines Grundstücks dulden, dass sein Grundstück einschließlich der Bauwerke von dem Nachbarn zur Vorbereitung und Durchführung von Bau-, Instandsetzungs- und Unterhaltungsarbeiten auf dem Nachbargrundstück vorübergehend betreten und benutzt wird, wenn und soweit 1. die Arbeiten anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden können, 2. die mit der Duldung verbundenen Nachteile oder Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen und 3. das Vorhaben öffentlich-rechtlich zulässig ist. Das Recht zur Benutzung umfasst nach § 17 Abs. 2 NachbarG Bln die Befugnis, auf oder über dem Grundstück Gerüste und Geräte aufzustellen sowie die zu den Arbeiten erforderlichen Baustoffe über das Grundstück zu bringen.
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b) Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist es nicht möglich, die Dämmung an der Giebelwand des klägerischen Gebäudes anzubringen, ohne ein Gerüst über dem Seitenflügel des Gebäudes der Beklagten zu errichten und hierzu das Grundstück der Beklagten zu betreten. Indem die Klägerin ein hängendes Gerüst errichten will, das das Gebäude der Beklagten nicht berührt, trägt sie dem Erfordernis einer schonenden Ausübung des Hammerschlagsrechts Rechnung. Sie hat ihre Absicht, ein solches Gerüst zu errichten, der Beklagten angezeigt. Es begegnet rechtlich auch keinen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Unwägbarkeiten bei der Ausführung von Baumaßnahmen dieser Art als allgemein bekannt ( § 291 ZPO ) voraussetzt und im Hinblick darauf für die Maßnahmen eine Zeitdauer von drei Monaten veranschlagt.
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c) Die hinsichtlich dieser Feststellungen von der Beklagten erhobene Verfahrensrüge der Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ( Art. 103 Abs. 1 GG ) hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet ( § 564 Satz 1 ZPO ).
III.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO .
Brückner
Haberkamp
Hamdorf
Malik
Laube
Von Rechts wegen