23.11.2023 · IWW-Abrufnummer 238484
Bundesgerichtshof: Urteil vom 27.09.2023 – VIII ZR 88/22
Zur Untervermietung bei einer aus beruflichen Gründen genutzten Nebenwohnung (im Anschluss an Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263).
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO mit Schriftsatzfrist bis zum 5. September 2023 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Bünger, die Richter Dr. Schmidt, Dr. Reichelt und Messing sowie die Richterin Dr. Böhm
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 67 - vom 17. März 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Der Kläger ist aufgrund eines 2014 abgeschlossenen Mietvertrags Mieter einer etwa 72 m2 großen Dreizimmerwohnung der Beklagten in Berlin. Nachdem der Kläger zunächst allein in die Wohnung eingezogen war, bewohnte er die Wohnung später zusammen mit seiner Ehefrau und einem gemeinsamen Kind. Nach der Geburt eines weiteren Kindes zog die Familie des Klägers in eine von diesem gemietete Doppelhaushälfte mit Garten in D. , welche von der Mietwohnung rund 17 Kilometer entfernt liegt.
2
Nach dem Vortrag des Klägers beabsichtigt er, die gemietete Wohnung in Berlin aus beruflichen Gründen weiterhin zu nutzen. Er sei Geschäftsführer einer zehn Gehminuten von der Mietwohnung entfernt ortsansässigen Speditionsfirma, welche auf die Bereiche Lateinamerika und Mittlerer Osten spezialisiert sei. Aufgrund der Zeitverschiebung von bis zu zehn Stunden beginne sein Arbeitstag häufig früh und ende nach längeren Pausen am Nachmittag erst nachts gegen 2 Uhr. Er nutze die Mietwohnung unterhalb der Arbeitswoche zum Ausruhen und übernachte dort zwei bis drei Mal wöchentlich, um sich die Fahrtzeit zwischen der Doppelhaushälfte und seiner Arbeitsstätte zu ersparen, die sich ungeachtet der räumlichen Entfernung von unter 20 Kilometer auf mindestens 40 Minuten belaufe. Zudem habe er einen weiteren Sohn, der in Berlin-W. lebe und den er regelmäßig treffe.
3
Erstmalig mit Schreiben vom 10. Mai 2019 bat der Kläger die Beklagte um die Erlaubnis, zwei Zimmer der Wohnung ohne zeitliche Begrenzung an zwei namentlich genannte Personen unterzuvermieten. Die Beklagte erteilte dem Kläger zunächst eine bis zum 30. Juni 2020 befristete Erlaubnis. Spätere Begehren des Klägers auf Erteilung einer entsprechenden Erlaubnis lehnte die Beklagte ab.
4
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Zustimmung zur unbefristeten Untervermietung von je einem Zimmer der Mietwohnung an zwei namentlich benannte Personen in Anspruch genommen.
5
Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Entscheidungsgründe
6
Die Revision hat Erfolg.
I.
7
Das Berufungsgericht (LG Berlin [67. Zivilkammer], WuM 2022, 278) hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gestattung der teilweisen Gebrauchsüberlassung gegen die Beklagte gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB.
9
Das in § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB genannte berechtigte Interesse des Mieters erfordere ein Interesse von nicht ganz unerheblichem Gewicht, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang stehe. Ein derartiges Interesse stehe dem Kläger vorliegend mangels hinreichenden Gewichts nicht zu.
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Die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung erfolge ausschließlich zur Erzielung von (Unter-)Mieteinnahmen, um damit die vom Kläger zu tragenden Mietkosten der von ihm und seiner Familie am Stadtrand von Berlin bewohnten Doppelhaushälfte und die Kosten des gleichwohl fortgesetzten Mietverhältnisses über die streitgegenständliche Stadtwohnung zu reduzieren.
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§ 553 Abs. 1 BGB diene ausschließlich dem Bestandsschutz. Ob der Bestand des Mietverhältnisses den Schutz des § 553 Abs. 1 BGB verdiene und damit ein berechtigtes - hier wirtschaftliches - Interesse des Mieters an der teilweisen Gebrauchsüberlassung begründe, sei trotz des weit gesteckten Anwendungsrahmens des § 553 Abs. 1 BGB stets eine Frage des Einzelfalls. Ein generalisierendes Gesetzesverständnis würde § 553 Abs. 1 BGB weitgehend überflüssig machen. Denn dann hätte ein Wohnraummieter bei jeder ihm nachteiligen Veränderung des ursprünglich vereinbarten Mietzinses oder jeder nach Vertragsschluss entstehenden, auch nur temporären sonstigen finanziellen Zusatzbelastung stets ein hinreichend berechtigtes Interesse an der Erzielung von Untermieteinnahmen. Eine derartig uferlose Anwendung des § 553 Abs. 1 BGB liefe auf die Schaffung einer institutionellen Erwerbsquelle des Wohnraummieters und eine damit einhergehende, nur in seltenen Fällen durch § 553 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 BGB beschränkte Genehmigungspflicht des Vermieters hinaus, die jedoch nicht dem Willen des Gesetzgebers entspreche. Zudem habe der Gesetzgeber nicht den schützenswerten Bestand mehrerer vom Mieter gleichzeitig eingegangener Mietverhältnisse, sondern lediglich den eines einzigen Mietverhältnisses vor Augen gehabt.
12
Für die Bemessung des hinreichenden Gewichts des vom Mieter verfolgten wirtschaftlichen Interesses komme es daher vornehmlich darauf an, ob die zum Zweck der Erzielung von Untermieteinnahmen beabsichtigte Gebrauchsüberlassung im Wesentlichen dem fortdauernden Bestand des den Hauptwohnsitz des Mieters betreffenden Mietverhältnisses oder lediglich sonstigen wirtschaftlichen Interessen diene. Sonstigen wirtschaftlichen Interessen komme ein für § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB hinreichendes Gewicht allenfalls dann zu, wenn sie mit dem fortdauernden Bestand des seinen Hauptwohnsitz betreffenden Mietverhältnisses in Zusammenhang stünden. Im Fall des Interesses am Bestand eines durch Untermieteinnahmen zu finanzierenden Nebenwohnsitzes sei dies nur dann der Fall, wenn es sich bei dem Nebenwohnsitz - beispielsweise im Falle eines zeitweiligen Auslandsaufenthalts des Mieters - um den ehemaligen und voraussichtlich auch zukünftigen Hauptwohnsitz des Mieters handele. Dasselbe gelte, wenn die Gründe für den Erhalt des den Nebenwohnsitz betreffenden Mietverhältnisses so gewichtig seien, dass sie denen für den Erhalt des Hauptwohnsitzes im Wesentlichen nicht nachstünden. Keine dieser Voraussetzungen sei vorliegend erfüllt.
13
Bei der streitgegenständlichen Wohnung handele es sich um einen bloßen Nebenwohnsitz des Klägers. Denn ausweislich seines - von der Beklagten bestrittenen - Vortrags übernachte er dort lediglich durchschnittlich an zwei bis drei Nächten in der Woche und ziehe sich tagsüber gelegentlich dorthin zu Arbeitspausen zurück. Seinen Hauptwohnsitz unterhalte der Kläger in der von ihm mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern bewohnten Doppelhaushälfte am Stadtrand von Berlin.
14
Weder beabsichtige der Kläger, in der streitgegenständlichen Nebenwohnung künftig wieder seinen Hauptwohnsitz zu begründen, noch entsprächen die von ihm geltend gemachten Gründe für den Fortbestand des den Nebenwohnsitz betreffenden Mietverhältnisses in ihrem Gewicht denen für den Erhalt eines Hauptwohnsitzes. Sie erschöpften sich vielmehr in einem bloßen Komfortzuwachs. II.
15
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann ein Anspruch des Klägers nach § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung, insbesondere ein berechtigtes Interesse des Klägers, zwei Zimmer der von ihm gemieteten Wohnung Dritten zum Gebrauch zu überlassen, nicht verneint werden.
16
Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerhaft von einem zu engen Verständnis des Begriffs des berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgegangen und hat sich hierdurch zugleich den Blick auf die zur Ermittlung des berechtigten Interesses gebotene Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls versperrt.
17
1. Nach der Vorschrift des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Ein Interesse des Mieters in diesem Sinne ist schon dann anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, 218 [zu § 549 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts [Mietrechtsreformgesetz] vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1149, am 1. September 2001, im Folgenden aF]). Als berechtigt ist dabei nach der ständigen Rechtsprechung des Senats jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84, aaO S. 219; Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 8; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 14; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263 Rn. 53; vom 13. September 2023 - VIII ZR 109/22, unter II 2 a, zur Veröffentlichung bestimmt).
18
Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Wunsch des Mieters nach einer Verringerung der von ihm zu tragenden Mietaufwendungen grundsätzlich als berechtigtes Interesse im Sinne der Vorschrift des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB an der Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen (Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, aaO; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, aaO; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, aaO Rn. 55). Denn der Gesetzgeber hat mit der Schaffung der Norm erkennbar unter anderem die Absicht verfolgt, dem Mieter eine Kostenentlastung durch eine Untervermietung zu ermöglichen (vgl. Senatsurteil vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, aaO).
19
Zur Beurteilung der Frage, ob ein berechtigtes Interesse vorliegt, sind die tatsächlichen Umstände, auf denen der Wunsch des Mieters zur Aufnahme eines Dritten in die Wohnung beruht, unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks der Regelung des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB umfassend zu würdigen (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, aaO [zu einer berufsbedingten doppelten Haushaltsführung]; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 13 [zu einem mehrjährigen berufsbedingten Auslandsaufenthalt]; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, aaO Rn. 53, 55 [zur Beteiligung des Untermieters an der Miete nach dem Auszug des bisherigen Mitbewohners]).
20
2. Diesen Maßstäben wird die Entscheidung des Berufungsgerichts nichtgerecht.
21
a) Das Berufungsgericht hat bereits im Ausgangspunkt verkannt, dass ein berechtigtes Interesse des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht voraussetzt, dass dieses Interesse im Wesentlichen den fortdauernden Bestand seines Hauptwohnsitzes betreffen, hiermit in Zusammenhang stehen oder diesem im Gewicht gleichkommen müsse (zustimmend hingegen MünchKommBGB/Bieber, 9. Aufl., § 553 Rn. 10).
22
aa) Der Senat hat bereits entschieden, dass § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB keine qualitativen Anforderungen bezüglich der verbleibenden Nutzung des Wohnraums durch den Mieter aufstellt. Vielmehr ist der Anspruch auf Gestattung der Untervermietung lediglich vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er nur einen Teil des Wohnraums einem Dritten überlässt. Von der "Überlassung eines Teils des Wohnraums an Dritte" ist dabei regelmäßig bereits dann auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Hierfür genügt es jedenfalls, wenn er ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder dieses gelegentlich zu Übernachtungszwecken (Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) zu nutzen (Senatsurteil vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 19 ff., 30; siehe auch Senatsurteil vom 13. September 2023 - VIII ZR 109/22, aaO unter II 2 b cc [zur Untervermietung im Fall einer Einzimmerwohnung]). Daher ist nicht erforderlich, dass die Wohnung auch nach der Untervermietung Lebensmittelpunkt des Mieters bleibt (so bereits Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 7 ff.; ebenso Senatsurteile vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 14; vom 13. September 2023 - VIII ZR 109/22, aaO unter II 2 a).
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bb) Die hiergegen gerichteten Erwägungen des Berufungsgerichts, der Gesetzgeber habe lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen (zustimmend Eisenschmid, jurisPR-MietR 16/2022 Anm. 3) und einen derartig weiten Anwendungsbereich des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht gewollt, finden in der Gesetzgebungsgeschichte keine Stütze und verkennen den Sinn und Zweck der Regelung.
24
(1) § 553 BGB entspricht, von geringen redaktionellen Änderungen abgesehen, der Bestimmung des § 549 Abs. 2 BGB aF (BT-Drucks. 14/4553, S. 49). § 549 Abs. 2 BGB aF war in das Mietrecht eingefügt worden, um einen billigen Ausgleich zwischen den Interessen des Vermieters und des Mieters zu schaffen (BT-Drucks. IV/806, S. 9 sowie Bericht des Rechtsausschusses [Antrag], BT-Drucks. IV/2195, S. 3 f.).
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Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde dabei die im ursprünglichen Gesetzentwurf für einen Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung vorgesehene Voraussetzung eines "dringenden Interesses" des Mieters (BT-Drucks. IV/806, S. 2, 9) zu Gunsten eines "berechtigten Interesses" erweitert (BT-Drucks. IV/2195, S. 3; Bericht des Rechtsausschusses, zu BT-Drucks. IV/2195, S. 4; vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, 217). Einschränkende Ausführungen dazu, dass dieses Interesse - wie das Berufungsgericht gemeint hat - auf den Erhalt des aktuellen beziehungsweise ehemaligen und voraussichtlich auch künftigen Hauptwohnsitzes gerichtet sein müsse, weil nur der Bestand eines einzigen Mietverhältnisses schützenswert sei, finden sich dabei nicht.
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Zum Schutz gegenläufiger Belange des Vermieters sollte der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an Dritte dann ausgeschlossen sein, wenn sie dem Vermieter wegen eines wichtigen Grundes in der Person des Untermieters, wegen einer Überbelegung des Wohnraums oder aus sonstigen Gründen nicht zuzumuten ist. Ferner wurde dem Vermieter für den Fall, dass die Untervermietung nur bei einer angemessenen Erhöhung des Mietzinses zuzumuten ist, die Möglichkeit eingeräumt, die Erlaubnis zur Untervermietung davon abhängig zu machen, dass der Mieter sich mit einer solchen Erhöhung einverstanden erklärt (§ 549 Abs. 2 Satz 2 BGB aF).
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Nach der gesetzgeberischen Wertentscheidung gehen daher die berechtigten Interessen des Mieters den Interessen des Vermieters grundsätzlich vor. Sie haben nur dann zurückzustehen, wenn die beabsichtigte Gebrauchsüberlassung für den Vermieter unzumutbar wäre (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, 220). § 549 Abs. 2 BGB aF war demnach nicht als Ausnahmevorschrift konzipiert.
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(2) Die zu § 549 Abs. 2 BGB aF angestellten Erwägungen sind auch für die Auslegung der nahezu gleichlautenden Bestimmung des § 553 BGB maßgebend. Der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes wollte die bisherige Rechtslage übernehmen (BT-Drucks. 14/4553, S. 49).
29
Dementsprechend findet sich auch in den diesbezüglichen Gesetzesmaterialien kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber lediglich den Bestand eines einzigen Mietverhältnisses als schützenswert angesehen hätte. Vielmehr spricht bereits die dort an anderer Stelle hervorgehobene Mobilität und Flexibilität in der heutigen Gesellschaft (BT-Drucks. 14/4553, S. 38 f. zu den Kündigungsfristen; vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 13; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 24), welche eine doppelte Haushaltsführung beispielsweise aus beruflichen Gründen häufig bedingen wird, gegen ein zu enges Verständnis des berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB.
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(3) Der Zweck des § 553 Abs. 1 BGB besteht demnach darin, dem Mieter die Wohnung, an der er festhalten will, zu erhalten (Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, aaO Rn. 11, 13; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 14, 25, 30).
31
Schon weil der Mieter durch einen Mietvertrag nicht verpflichtet wird, in der Mietwohnung seinen Lebensmittelpunkt im Sinne des Hauptwohnsitzes zu begründen, sondern es seinen persönlichen Vorstellungen und seiner freien Entscheidung überlassen ist, wo er im herkömmlichen Sinne wohnt (Senatsurteile vom 8. Dezember 2010 - VIII ZR 93/10, NZM 2011, 151 Rn. 14 mwN, vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, aaO Rn. 28), kann nach dem dargestellten Zweck der Norm das Fortbestehen des Hauptwohnsitzes beziehungsweise ein Zusammenhang hierzu nicht Voraussetzung für das Vorliegen des von ihr geforderten berechtigten Interesses sein. Es wäre vielmehr - was das Berufungsgericht verkannt hat - wertungswidersprüchlich, angesichts des von § 553 Abs. 1 BGB verfolgten Zwecks des Erhalts einer Wohnung für den Mieter für dessen berechtigtes Interesse Anforderungen aufzustellen, die in dem ursprünglichen Mietverhältnis keine rechtliche Grundlage finden.
32
b) Das Berufungsgericht hat überdies infolge der Verengung des Blickwinkels bei der vorzunehmenden Würdigung der Gesamtumstände nicht hinreichend beachtet, dass die nach dem - mangels entsprechender Feststellungen des Berufungsgerichts - revisionsrechtlich zugrunde zu legenden, vom Berufungsgericht als streitig angesehenen und - anders als das Berufungsgericht hat anklingen lassen - auch nicht etwa fallen gelassenen Vortrag des Klägers beabsichtigte weitere Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz aus beruflichen Gründen ein im Rahmen des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ausreichendes berechtigtes Interesse darstellt (vgl. Senatsurteil vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 8).
33
c) Anders als das Berufungsgericht offenbar gemeint hat, kommt es nicht darauf an, ob der Mieter auf die fortdauernde Nutzung der Wohnung aus beruflichen Gründen oder auf die Erzielung von Einnahmen aus der Untervermietung zwingend angewiesen ist.
34
aa) Das Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB erfordert nicht - wie vom Berufungsgericht offenbar erwogen, aber letztlich offen gelassen -, dass es dem Mieter bezogen auf die konkrete Höhe seiner Einkünfte und seines Vermögens nicht möglich ist, das Mietverhältnis auch ohne die Inanspruchnahme von Untermieteinnahmen fortzusetzen (so aber LG Frankfurt am Main, WuM 1993, 345; in der Tendenz auch Staudinger/V. Emmerich, BGB, Neubearb. 2021, § 553 Rn. 9; Spielbauer/Schneider/Ettl, Mietrecht, 2. Aufl., § 553 BGB Rn. 12). Aufgrund des mieterschützenden Regelungszwecks der Norm reicht vielmehr - wie ausgeführt - jedes nachvollziehbare Interesse an einer finanziellen Ersparnis aus (vgl. Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 8; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 14; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263 Rn. 55; so auch LG Landau, WuM 1989, 510, 511; LG Berlin [63. Zivilkammer], Urteil vom 22. September 2017 - 63 S 277/16, juris Rn. 31; Schmidt-Futterer/Flatow, Mietrecht, 15. Aufl., § 553 BGB Rn. 5).
35
bb) Gleiches gilt auch für die fortdauernde Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz. Auch in diesem Zusammenhang ist nicht erforderlich, dass der Kläger auf die revisionsrechtlich zu unterstellende, tatsächlich gelebte und weiterhin beabsichtigte Nutzung der Wohnung als Nebenwohnsitz aus beruflichen Gründen, die das Berufungsgericht zu Unrecht als bloßen Komfortzuwachs abgetan hat, zwingend angewiesen ist.
36
Es spielt damit entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts keine Rolle, ob der Kläger in den Räumlichkeiten seiner Spedition durch Raumteiler einen geschützten Bereich für den Aufenthalt in Pausenzeiten schaffen könnte. Vielmehr genügt für die Annahme eines berechtigten Interesses im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB der Umstand, dass der Wunsch des Klägers, sich während der Pausen seines früh morgens beginnenden und häufig bis nachts um 2 Uhr dauernden Arbeitstags in der Mietwohnung aufzuhalten und dort zwei bis drei Mal pro Woche zu übernachten, um sich nächtliche Fahrten nach Hause zu ersparen, nachvollziehbar ist.
37
d) Anders als die Revisionserwiderung meint, scheitert die Annahme eines berechtigten Interesses auch in den Fällen, in denen - wie hier - der Mieter längerfristig oder dauerhaft seinen Hauptwohnsitz nicht in der Wohnung haben wird, deren Gebrauch er teilweise einem Dritten überlassen möchte, nicht bereits an einem Widerspruch zur geltenden Rechts- und Sozialordnung, weil dem Untermieter rechtlich nicht der gleiche Schutz zukomme wie dem Hauptmieter.
38
aa) Die Revisionserwiderung greift in diesem Zusammenhang die vom Berufungsgericht vorliegend und in einer weiteren Entscheidung (LG Berlin [67. Zivilkammer], WuM 2015, 421, 422) offen gelassene Frage auf, ob die Erzielung von Untermieteinnahmen zum Unterhalt mehrerer Mietobjekte jedenfalls in Lagen angespannter Wohnungsmärkte wie Berlin im Widerspruch zur geltenden Sozialordnung stehe, weil für den Untermieter nicht der gleiche Bestandsschutz bestehe wie für den Hauptmieter (vgl. hierzu LG Berlin [65. Zivilkammer], WuM 2017, 263, 264 f.), und verweist ergänzend darauf, dass der Untervermieter auch hinsichtlich der Miethöhe von den bei einem regulären Wohnraummietverhältnis geltenden Beschränkungen weitgehend befreit sei. Eine von einem Mieter unter regulären Bedingungen angemietete Wohnung bleibe dem primären Wohnungsmarkt damit auch dann entzogen, wenn der Mieter seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft von dort verlegt habe, und könne auf einem so geschaffenen zweiten Wohnungsmarkt unter Aushebelung des sozialen Mietrechts des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom Mieter frei vermarktet werden. Mit diesen Einwänden kann im Streitfall ein berechtigtes Interesse des Klägers an einer Untervermietung nicht verneint werden.
39
bb) Ein berechtigtes Interesse des Mieters im Sinne des § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB setzt nach ständiger Rechtsprechung des Senats zwar voraus, dass dieses mit der geltenden Rechts- und Sozialordnung in Einklang steht (vgl. Senatsbeschluss [Rechtsentscheid] vom 3. Oktober 1984 - VIII ARZ 2/84, BGHZ 92, 213, 219 [zu § 549 Abs. 2 BGB aF]; Senatsurteile vom 23. November 2005 - VIII ZR 4/05, NJW 2006, 1200 Rn. 8; vom 11. Juni 2014 - VIII ZR 349/13, NJW 2014, 2717 Rn. 14; vom 31. Januar 2018 - VIII ZR 105/17, BGHZ 217, 263 Rn. 53; vom 13. September 2023 - VIII ZR 109/22, aaO unter II 2 a).
40
Diese Voraussetzung ist jedoch nicht bereits deshalb zu verneinen, weil der (Haupt-)Mieter einer (in einem Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt liegenden) Mietwohnung bei einer Teilüberlassung des Gebrauchs im Wege der Untervermietung nicht den gleichen rechtlichen Beschränkungen unterliegt wie ein regulärer Vermieter.
41
Die Untervermietung als solche ist im Mietrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs anerkannt. Der Umstand, dass der Untermieter im Vergleich zum Hauptmieter einen geringeren Bestandsschutz genießt (§ 573a Abs. 2, § 546 Abs. 2 BGB), beruht auf entsprechenden gesetzgeberischen Wertentscheidungen. Gleiches gilt, soweit dem Untermieter bei preisfreiem Wohnraum (für öffentlich geförderten Wohnraum vgl. § 21 Wohnungsbindungsgesetz) infolge des § 549 Abs. 2 Nr. 2 BGB der Vorteil der Anwendungen der Vorschriften über die Miethöhe bei Mietbeginn in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten (§§ 556d bis 556g BGB) beziehungsweise über die Mieterhöhung (§§ 557 bis 561 BGB) nicht zukommt (vgl. Siegmund in Blank/Börstinghaus/Siegmund, Miete, 7. Aufl., § 553 BGB Rn. 9). Die Frage, ob die Konsequenzen, die sich aus der Kombination eines Anspruchs auf Gestattung der teilweisen Gebrauchsüberlassung an Dritte mit den auf Untermietverhältnisse anwendbaren Vorschriften ergeben, gesellschaftlich oder wohnungspolitisch - wie die Revisionserwiderung meint - unerwünscht sind, ist im Grundsatz rechtspolitischer Natur und kann dem Kläger, der sich unter den im Streitfall gegebenen Umständen nach seinem revisionsrechtlich zu unterstellenden Vortrag mit Recht auf § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB beruft, nicht entgegengehalten werden.
III.
42
Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist nicht zur Endentscheidung reif, da das Berufungsgericht zu der Frage, ob der Kläger die Wohnung aus beruflichen Gründen fortdauernd nutzt, keine Feststellungen getroffen hat. Die Sache ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Dr. Bünger Dr. Schmidt Dr. Reichelt Messing Dr. BöhmVon Rechts wegen