02.05.2024 · IWW-Abrufnummer 241290
Kammergericht Berlin: Beschluss vom 11.01.2024 – 8 U 24/22
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Kammergericht Berlin
Beschluss vom 11.01.2024
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Berlin II vom 13.01.2022, Az. 8 O 104/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Gründe
A.
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Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 13.01.2022 verkündete Urteil des Landgerichts Berlin, mit dem der Klage der Klägerin als Sach-Inhaltsversicherin der B GmbH nach einem beim Laden eines Lithium-Ionen-Akkus der Beklagten ausgelösten Brand am 19.11.2019 in Höhe von 73.518,00 € aus übergegangenem Recht nach § 86 VVG stattgegeben worden ist. Die B GmbH war (Unter-)Mieterin von Büroräumen im Erdgeschoss bis 3. OG des Objekts G-straße in ..Berlin, die Beklagte war deren Untermieterin einer Teilfläche von ca. 64 qm im 1. OG (Anl. K 4). Wegen der erstinstanzlichen Anträge und tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Beklagte trägt zur Begründung ihrer Berufung vor:
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a) Es fehle bereits an einer Pflichtverletzung. Das Laden der sechs 18-Volt-Lithium-Iionen-Akkus eines chinesischen Herstellers in M-Ladegeräten sei ein sozialadäquates Verhalten und damit nicht rechtswidrig. Es habe auch kein mietvertragliches Verbot bestanden, Akkus aufzuladen. Verschlechterungen der Mietsache infolge vertragsgemäßen Gebrauchs, zu dem auch "das Aufladen eines Akkus" zähle, habe die Beklagte nach § 538 BGB jedoch nicht zu vertreten. Das Aufladen von Akkus stelle eine Handlung des täglichen Lebens dar, welche in vielen (beruflichen und privaten) Bereichen unentbehrlich sei. Dabei sei es "nicht unüblich, dass Akkus in Ladegeräten fremder Hersteller" geladen würden. Die Kompatibilität werde vom Kunden vorausgesetzt und vom Hersteller der Akkus beworben. Das sei auch hier der Fall gewesen, da der chinesische Hersteller auf der Plattform Amazon angegeben habe "Ersatzakku für M..'" und "kompatibel mit allen M.. 18 Volt Akku-Werkzeugen". Ferner sei vom Verkäufer eine CE-Prüfung angegeben worden. Die Beklagte habe keinen Anlass gehabt, an diesen Angaben zu zweifeln. Aus dem Brandschaden könne nicht auf eine Pflichtverletzung geschlossen werden. Ein nicht vertragsgemäßer Gebrauch der Mietsache sei nicht dargelegt.
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Zu Unrecht gehe das Landgericht unter Hinweis auf einen Samsung-Rückruf im Jahr 2016 von einer besonderen Schadenanfälligkeit von Lithium-Ionen-Akkus aus. Dieser habe eben andere Akkus betroffen und lasse Rückschlüsse auf die hiesigen Akkus nicht zu. Unzählige Lithium-Ionen-Akkus stellten keine Gefahren für die Sicherheit von Kunden dar und seien von keinem Rückruf betroffen. So habe das OLG Bamberg im Beschluss vom 12.06.2019 -1 U 34/19- sachverständig beraten festgestellt, dass "die Brandgefahr beim Laden von Lithium-Ionen-Akkus extrem gering" sei.
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b) Es fehle auch am Verschulden. Das Landgericht dehne die Haftung unbillig zu einer Art Gefährdungshaftung aus. Es fehlen konkrete Anknüpfungspunkte für eine kausale schuldhafte Pflichtverletzung. Einen technischen Defekt habe die Beklagte als technische Laiin nicht vorhersehen können. Bei den Akkus habe es sich auch nicht um "Plagiate" oder Ware geringerer Qualität gehandelt, der Preisunterschied zu den Original-Akkus von M.. habe nur einige Euro betragen. Allein die Herstellung in China lasse nicht auf mindere Qualität schließen. Die Beklagte habe mit einer Brandgefahr umso weniger rechnen müssen, als sie bereits über einen Zeitraum von Wochen vor dem Schadenstag Akkus des chinesischen Herstellers problemlos geladen habe.
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c) Der Ladevorgang habe nicht in einer brandgefährlichen Umgebung stattgefunden. Er habe nicht auf brennbaren Materialien stattgefunden. "Besonders brandgefährliche Gegenstände" hätten sich nicht in der Nähe befunden. Das Laden auf einem Holzregal sei insoweit nicht pflichtwidrig. Dann müsse auch jedes Aufladen eines Laptops oder Mobiltelefons auf einem Schreibtisch verboten sein, was erkennbar abwegig sei. Jedenfalls handele es sich um eine "sozial akzeptierte" Gefahr.
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d) Das Laden von herstellerfremden Akkus in den M-Ladegeräten sei nicht ursächlich für das Platzen eines Akkus geworden. Die (vorprozessual) eingeholten Sachverständigengutachten hätten eine genaue Schadensursache - nach Zerstörung von Ladegerät und Akkus beim Brand - nicht mehr ermitteln können. Eine fehlende Kompatibilität von Ladegerät und Akku habe keiner der Sachverständigen festgestellt oder auch nur als naheliegend angesehen. Das Landgericht habe sogar ausgeführt, dass es von einem Defekt des Akkus ausgehe.
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e) Entgegen dem Landgericht sei eine Verpflichtung zur Einhaltung eines besonderen (Lösch-)Konzepts beim Aufladen handelsüblicher Akkus aus keinem erdenklichen Umstand abzuleiten. Ein Löschkonzept sei nur bei vorhersehbaren hochgradigen Brandgefahren erforderlich. Ein Konzept müsse die Beklagte "im Verhältnis zur Klägerin" ohnehin nicht vorhalten.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Landgerichts Berlin vom 13.01.2022 -8 O 104/20- abzuändern und die Klage abzuweisen,
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hilfsweise, das Urteil des Landgerichts aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen, äußerst hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung
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zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe der Beklagten zu Recht vorgeworfen, den Ladevorgang in brennbarer Umgebung, nämlich auf einem Holzregal, und unter Verwendung von Akkus eines anderen Herstellers unter Missachtung der Gebrauchsanweisung des Ladegerätherstellers M.. durchgeführt zu haben. Die beim Ladevorgang von Lithium-Ionen-Akkus bestehenden Brandgefahren seien auch allgemein bekannt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 05.05.2022 verwiesen.
B.
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Die Berufung ist zurückzuweisen, weil der Senat einstimmig davon überzeugt ist, dass sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat (§ 522 Abs. 2 ZPO). Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht aus übergegangenem Recht ihrer Vermieterin B GmbH (§ 86 VVG) nach dem Brandschaden vom 19.11.2019 zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 73.518,00 € verurteilt. Der Anspruch besteht nach §§ 280, 241 Abs. 2, 278 BGB und § 823 Abs. 1 i.V.m. §§ 31, 831 BGB, weil die Beklagte bzw. ihre mit dem Ladevorgang befassten Mitarbeiter bei dem Ladevorgang Vertrags- und Verkehrssicherungspflichten schuldhaft und schadenskausal verletzt haben.
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1) Die Grundsätze der Rechtsprechung des BGH zum im Wege ergänzender Vertragsauslegung anzunehmenden konkludenten Regressverzicht des Versicherers bei der Gebäudeversicherung im Fall leicht fahrlässiger Schädigung durch den Mieter (s. BGH NJW-RR 2023, 928 Rn 14; BGHZ 145, 393 -juris Rn 15 ff) sind auf den vorliegenden Fall der Geschäftsinhaltsversicherung des Vermieters nicht übertragbar (s. BGH NJW-RR 2013, 333 [BGH 12.12.2012 - XII ZR 6/12] Rn 33 f.; NJW 2006, 3714 [BGH 13.09.2006 - IV ZR 26/04] Rn 7).
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Derartiges macht auch die Beklagte nicht geltend.
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2) Das Landgericht hat zutreffend eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten festgestellt.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist derjenige, der eine Gefahrenlage - gleich welcher Art - schafft, grundsätzlich verpflichtet, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Es sind diejenigen Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren und die ihm den Umständen nach zuzumuten sind (s. BGH NJW 2023, 2037 [BGH 28.03.2023 - VI ZR 19/22] Rn 13 m.N.). Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit Sicherheitsvorkehrungen einhergeht (s. BGH NJW 2018, 2956 Rn 18). (Jedenfalls) diese Anforderungen gelten auch für vertragliche Schutzpflichten, da Verkehrssicherungspflichten innerhalb eines Vertragsverhältnisses zugleich Vertragspflichten sind (s. BGH NJW 2018, 2956 [BGH 19.07.2018 - VII ZR 251/17] Rn 12; s.a. BGH NJW-RR 2013, 333 [BGH 12.12.2012 - XII ZR 6/12] Rn 17 zur Fürsorgepflicht der Mietvertragspartei - dort Vermieter -, keine zusätzliche Brandgefahrenquelle zu schaffen).
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Als Unternehmerin ist die Beklagte sowohl gegenüber ihren Arbeitnehmern als auch im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht gegenüber Dritten verpflichtet, ihre Betriebsmittel in einem sicheren Zustand zu erhalten (s. BGHZ 181, 65 Rn 13). Etwaige Unfallverhütungsvorschriften, die dem Schutz von Mitarbeitern dienen, können nach der Rechtsprechung des BGH zur Bestimmung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht mit herangezogen werden (vgl. BGH a.a.O.; NZM 2019, 893 [BGH 05.07.2019 - V ZR 96/18] Rn 18). Der Beklagten wäre daher nicht zu folgen, sofern sie der Ansicht sein sollte, dass ihrer Vermieterin gegenüber geringere Sicherheitsanforderungen gelten würden als gegenüber ihren Mitarbeitern (s.a. OLG Schleswig NJW-RR 2020, 18 -juris Rn 19: der Kunde eines Einkaufszentrums könne mit einer Gestaltung der Laufwege rechnen, die den Vorschriften der Arbeitssicherheit entspreche).
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b) Zu Recht hat das Landgericht den Ladevorgang von Lithium-Ionen-Akkus als Schaffung einer Gefahrenquelle in Bezug auf einen Brand bezeichnet, die "bekannt" ist. Zumindest musste der Beklagten bei pflichtgemäßer Erfüllung ihrer Pflichten als Arbeitgeber diese Gefahr bekannt sein und sie das zum Anlass nehmen, ein Konzept zur Gefahrvermeidung zu erarbeiten.
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Der durch die Medien verbreitete Rückruf des Samsung Galaxy Note 7 im Jahr 2016, bei dem Akkus überhitzten, qualmten und in Brand gerieten (so die Feststellung im LGU S. 7), wurde entgegen der Berufungsbegründung vom Landgericht nicht als maßgeblicher Grund der Feststellung einer besonderen Gefährlichkeit von Lithium-Ionen-Akkus angeführt, sondern nur beispielhaft ("bekannt, ... und zwar auch durch jüngste Ereignisse wie.."). Dass Lithium-Ionen-Akkus unter bestimmten Umständen (zu denen unerkannte Beschädigungen etwa durch Fallenlassen gehören) in Brand geraten und/oder explodieren können, und dass sich diese Gefahr insbesondere beim Laden verwirklichen kann, und dass das Verwenden von Akkus, die vom Hersteller des Ladegeräts nicht freigegeben sind, ebenfalls zu einer Gefahrerhöhung führt, ist in der Fachwelt seit Jahren bekannt, Gegenstand allgemeiner Berichterstattung und hat Einzug in Publikationen sachkundiger Institutionen gefunden (s. etwa VdS 3103 Stand Juni 2019 - die XXX XXX GmbH ist eine Tochter des GDV [Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft] e.V. -: Brandgefahr bei technischen Defekten oder unsachgemäßer Handhabung; für einen wirksamen Schutz sei ein ganzheitliches Brandschutzkonzept erforderlich; nach dem Arbeitsschutzgesetz seien die Gefahren, die von den Batterien ausgingen, einzuschätzen bzw. zu beurteilen; ferner publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/3863: Hinweise zum betrieblichen Brandschutz bei der Lagerung und Verwendung von Lithium-Ionen-Akkus des DGUV [Deutsche Gesellschaft Unfallversicherung e.V.] Stand 19.06.2020: zur Gefahrvermeidung u.a. nur Laden auf nicht-brennbarem Untergrund und nicht in der Nähe von Brandlasten; Beschäftigte, die regelmäßig mit Lithium-Ionen-Akkus umgehen, müssen dafür qualifiziert und unterwiesen sein, u.a. über den vorschriftsgemäßen Umgang mit ihnen "sowie die Brandgefahren und die zu ergreifenden Notfall-Maßnahmen im Falle eines Lithium-Ionen-Akku-Brandes"; weiter etwa Fachinformation der VBG [Verwaltungs-Berufsgenossenschaft] Stand April 2021 "Umgang mit Lithium-Ionen-Akkus für mobile Arbeitsmittel" unter vbg.de/SharedDocs/Medien-Center/DE/Faltblatt/Branchen/Buehnen_und_Studios/fi_lithium_ionen_akkus.pdf?_blob=publicationFile&v=5: "Die Risiken beim Umgang mit Lithium-Ionen-Speichermedien sind schwer abzuschätzen. Umso mehr sind präventive Maßnahmen gefordert.."; Ladung muss auf einer brandfesten Unterlag durchgeführt werden; Ladung nur in geeigneten Räumen, zwischen Ladeobjekt und ggf. brennbaren Gegenständen ist ein Sicherheitsabstand festzulegen; weiter gdv.de/gdv/themen/schaden-unfall/besondere-achtsamkeit-bei-lithium-ionen-akkus-braende-vermeiden-84664: eine "häufige Ursache" von Akku-Bränden sei die Verwendung eines falschen Ladegeräts; zeit.de/news/2020-01/29/der-richtige-umgang-mit-lithium-akkus, Artikel vom 29.01.2020: laut IFS seien inkompatible Ladegeräte ein "großes Risiko").
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Auch in der Rechtsprechung ist bereits anerkannt worden, dass die Gefahren von Lithium-Ionen-Akkus allgemein bekannt sind (s. OLG Naumburg VersR 2016, 986 -juris Rn 33; in der Sache auch OLG Bamberg RuS 2019, 641 -jeweils für das Laden von Hubschrauber-Akkus in brandgefährlicher Umgebung; LG Hannover, Urt. v. 2.4.2020 -11 O 189/19, juris Rn 15).
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Sollte der Beklagten - was sie so nicht einmal behauptet - die Gefährlichkeit des Ladevorgangs von Lithium-Ionen-Akkus nicht bekannt gewesen sein, so würde dies auf Fahrlässigkeit beruhen. Schon aufgrund der Betriebssicherheitsverordnung vom 03.02.2015 (BGBl. I S. 49) war sie verpflichtet, den Schutz ihrer Beschäftigten bei der Verwendung der Arbeitsmittel, zu denen auch die Akkus zählen, zu gewährleisten und nach § 3 BetrSichV eine Gefährdungsbeurteilung anzustellen und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen abzuleiten, wobei das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel nach § 3 Abs. 1 S. 2 von dieser Pflicht ausdrücklich nicht entbindet.
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Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, dass Vorsichtsmaßnahmen nicht geboten seien, weil eine Brandentstehung beim Ladevorgang sehr selten sei. Letzteres mag zutreffen, ändert aber nichts daran, dass von Lithium-Ionen-Akkus ein bekanntes erhöhtes Brandrisiko insbesondere beim Laden ausgeht, dass dies zu erheblichen Schäden für Menschen, Gebäude und sonstige Sachen führen kann und dem (zumal gewerblich handelnden) Betreiber der akkubetriebenen Geräte daher zumutbare Schadensabwendungsmaßnahmen abzuverlangen sind.
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c) Die Beklagte trifft eine Pflichtverletzung bereits insoweit, als sie die Angabe des Herstellers des Ladegeräts in der Gebrauchsanleitung missachtet hat, wonach nur M-Akkus verwendet werden "dürfen", da andere Akkutypen platzen und Verletzungen oder Sachschäden verursachen können. Bereits aus den Angaben des Geräteherstellers und bestätigt durch öffentlich zugängliche Informationen war die Verwendung herstellerfremder Akkus mit erhöhten Gefahren verbunden. Unerheblich ist insoweit, dass in der Anleitung nicht explizit von Brandgefahren die Rede war, und ebenso, dass der Verkäufer der Akkus seinerseits angab, dass diese mit dem M-Ladegerät kompatibel seien. Auf diese nicht überprüfbare Angabe des (chinesischen) Herstellers durfte die Beklagte nicht vertrauen und ihr mehr Gewicht beilegen als der Angabe des Herstellers des Ladegeräts.
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Jedoch stützt der Senat, ebenso wie das Landgericht, die Haftung der Beklagten nicht auf eine solche Inkompatibilität. Ob diese im konkreten hiesigen Fall schadenskausal war, also der Brand ohne einen Vorschaden des Akkus eingetreten ist (wogegen spricht, dass nach Behauptung der Beklagten gleichartige Ersatz-Akkus bereits seit Wochen problemlos verwendet wurden) oder ein vorgeschädigter Akku bei Verwendung von M-Akkus durch rechtzeitige Abschaltung des Ladevorgangs aufgrund "Kommunikation" zwischen Ladegerät und Akku nicht in Brand geraten wäre, dürfte nicht sicher aufklärbar sein. Dahin stehen kann auch, ob die laut Hersteller gegebene Gefahrerhöhung bereits einen Anscheinsbeweis für die Kausalität der Verwendung eines herstellerfremden Akkus für den Brand rechtfertigt.
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d) Die vorstehende Frage kann dahinstehen, da die Beklagte die Akkus jedenfalls in brennbarer Umgebung geladen hat, was - nach der Feststellung des Landgerichts im LGU S. 7 Mitte gemäß § 314 ZPO und von der Berufung auch nicht angegriffen - Ursache für die Brandentstehung war.
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Das Laden von (zumal mehreren) Lithium-Ionen-Akkus auf einem Holzregal in den Büroräumen war pflichtwidrig. Bei einem Holzregal handelt es sich unzweifelhaft um eine brennbare Unterlage. Auf das Vorhandensein "besonders" brennbarer Stoffe kommt es nicht an. Die Beklagte hatte für eine Durchführung des Ladevorgangs in einer brandhemmenden Umgebung zu sorgen, also auf einem nicht brennbaren Untergrund (insbesondere auf Fliesen oder Beton) und in ausreichendem Abstand von brennbaren Gegenständen (wohingegen die Fotos 3 bis 6 des Gutachtens D. in Anlage K 5 sogar einen verkohlten, dem Holzregal benachbarten Holzständer des Gebäudes von Mitte des 19. Jahrhunderts zeigen). Ferner hatte sie für Löschmittel zu sorgen und für die Instruktion der Mitarbeiter für eine erfolgversprechende Brandbekämpfung. Das Wiederaufflammen des Brandes hätte ggf. schon durch Einlegen des Akkus in Wasser verhindert werden können.
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Der Hinweis der Beklagten, dass das Laden von Tablets und Mobiltelefonen auf Schreibtischen sozialadäquat sei und ihr Tun nicht anders beurteilt werden könne, geht fehl. Abgesehen davon, dass die hiesigen 18-Volt-Akkus in ihrer Größe mit Handy- oder Tabletakkus nicht vergleichbar sind, ist eine Beurteilung der Gefährlichkeit und der zumutbaren Abwendungsmaßnahmen im Einzelfall anzustellen. Jedenfalls das gewerbliche Laden von sechs 18-Volt-Akkus hätte nicht auf einem Holzregal erfolgen dürfen. Welche Anforderungen an die Handhabung privater Ladevorgänge mit kleinen Akkus zu stellen sind, steht hier nicht zur Entscheidung (wobei die Haftung des Ladenden eines Helikopters in brennbarer Umgebung von OLG Naumburg und Bamberg a.a.O. jeweils bejaht wurde).
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Der Verweis der Beklagten auf § 538 BGB geht fehl. Die Begründung einer bei sorgfältiger Nutzung der Mietsache vermeidbaren Brandgefahr ist kein "vertragsgemäßer Gebrauch", sondern pflichtwidrig (s.a. BGH NJW-RR 2013, 333 [BGH 12.12.2012 - XII ZR 6/12] Rn 17). Erst recht stellt die schuldhafte Verursachung eines Brandes keinen vertragsgemäßen Gebrauch dar.
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3) Die Schadenshöhe ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens, da sich die Berufungsbegründung gegen das Landgerichtsurteil insoweit nicht wendet. Insbesondere greift sie die tatsächlichen Feststellungen nicht an und würde damit insoweit auch den Anforderungen des § 520 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 ZPO nicht genügen.
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