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  • 19.10.2010 · IWW-Abrufnummer 103437

    Bundesgerichtshof: Beschluss vom 14.09.2010 – VIII ZR 83/10

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
    am 14. September 2010
    durch
    den Vorsitzenden Richter Ball,
    den Richter Dr. Frellesen,
    die Richterinnen Dr. Milger und Dr. Fetzer sowie
    den Richter Dr. Bünger
    beschlossen:

    Tenor:
    Der Senat beabsichtigt, die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen. Soweit sich das Rechtsmittel gegen die Zurückweisung des Verlangens der Beklagten auf Fortsetzung des Mietverhältnisses richtet, beabsichtigt der Senat, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

    Gründe
    1.

    Soweit sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts wendet, der Beklagte zu 1 könne nicht wegen eines Härtefalls nach § 574 BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, ist die Revision nicht zugelassen worden (§ 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Sie ist daher insoweit als unzulässig zu verwerfen (§ 552 Abs. 1, 2 ZPO).
    1
    Das Berufungsgericht hat die Revision wirksam auf die Frage beschränkt zugelassen, ob ein Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anzunehmen ist, wenn die Kündigung eines Mietverhältnisses nur gegenüber einem in der Wohnung verbliebenen Mieter erklärt worden ist, nicht aber auch gegenüber einer bereits zehn Jahre zuvor eigenmächtig aus der Mietwohnung ausgezogenen Mitmieterin, und sich der gekündigte Mieter darauf beruft, das Mietverhältnis sei aus diesem Grunde nicht wirksam beendet worden. Die Beschränkung der Zulassung ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, wohl aber - was nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ausreicht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, BGHZ 153, 358, 360 f.) - aus dessen Gründen. Eine beschränkte Revisionszulassung liegt bereits dann vor, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, nur für einen selbständig anfechtbaren Teil des Streitgegenstands erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Anspruch zu sehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 29. Januar 2003 - XII ZR 92/01, aaO, S. 361 f.). So liegen die Dinge hier. Die vom Berufungsgericht für klärungsbedürftig erachtete Rechtsfrage stellt sich bei der vom Beklagten zu 1 verlangten Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 574 BGB nicht und bildet zudem einen abgrenzbaren, rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs, der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von dem übrigen Prozessstoff beurteilt werden kann und auf den die Beklagten ihre Revision hätten beschränken können (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 9. März 2000 - III ZR 356/98, NJW 2000, 1794 unter II 1, insoweit nicht in BGHZ 144, 59 abgedruckt; BGH, Beschluss vom 14. Mai 2008 - XII ZB 78/07, NJW 2008, 2351 Rn. 21).
    2
    2.

    Soweit die Revision die Wirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses in Frage stellt, liegen die Voraussetzungen für eine Zurückweisung des Rechtsmittels durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO vor.
    3
    a)

    #Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 242 BGB damit begründet, "Fälle in der hier vorliegenden Gestaltung kommen nach Erfahrung der Kammer zwar nicht häufig, aber immer wieder vor und müssen gleich behandelt werden." Diese Erwägung trägt jedoch keinen der im Gesetz genannten Zulassungsgründe (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gefordert. Ob ein Verhalten als treuwidrig oder rechtsmissbräuchlich (§ 242 BGB) zu bewerten ist, hängt von den besonderen Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung. Der vorliegende Fall bietet auch keine Veranlassung, die umfangreiche höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 242 BGB um eine weitere Fallgruppe zu ergänzen. Für die Entwicklung höchstrichterlicher Leitsätze zur Fortbildung des Rechts besteht nur dann ein Bedürfnis, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292 mwN). Die Beantwortung der im Streitfall aufgeworfenen Rechtsfrage hängt aber weitgehend von der dem Tatrichter übertragenen Würdigung der betreffenden Einzelfallumstände ab und lässt sich im Übrigen auf der Grundlage der vom Senat in seinen Entscheidungen vom 16. März 2005 (VIII ZR 14/04, NJW 2005, 1715 unter [II] 1 f.) und vom 3. März 2004 (VIII ZR 124/03, NJW 2004, 1797 unter II 2 b) entwickelten Grundsätze abschließend beantworten (vgl. hierzu auch Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 542 BGB Rn. 30).
    4
    b)

    Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Beklagten rechtsfehlerfrei zur Räumung und Herausgabe der Mietwohnung nach § 546 Abs. 1, § 985 BGB für verpflichtet gehalten. Die von der Revision angegriffene Einschätzung des Berufungsgerichts, der Beklagte zu 1 berufe sich rechtsmissbräuchlich auf eine nur auf dem Papier bestehende, seit etwa zehn Jahren nicht mehr gelebte und keine schutzwürdigen Interessen tangierende, formale Rechtsposition, hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und lässt Rechtsfehler nicht erkennen.
    5
    3.

    Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

    Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.

    RechtsgebietZPOVorschriften§ 242 BGB § 546 Abs. 1 BGB § 574 BGB § 985 BGB