13.04.2012 · IWW-Abrufnummer 121137
Kammergericht Berlin: Urteil vom 16.02.2012 – 8 U 124/11
8 U 124/11
In dem Rechtsstreit
#############
############################
###############
####################
########
############ Essen,
Klägerin und Berufungsklägerin,
- Prozessbevollmächtigter:
Rechtsanwalt ######
################## Essen -
gegen
##################
###################
###################
###########
#####################
####################
########### Neckarsulm,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
- Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte #######
############# Berlin -
hat der 8. Zivilsenat des Kammergerichts auf die m ündliche Verhandlung vom 16. Februar 2012 durch die Richterin am Kammergericht Spiegel als Einzelrichterin
für R e c h t erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Juni 2011 verkündete Urteil der Zivilkammer 12 des Landgerichts Berlin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gemäß § 535 Abs.2 BGB auf Zahlung der für die Jahre 2006 und 2007 noch geltend gemachten Nebenkostennachzahlungsbeträge in Höhe von insgesamt 13.224,10 €.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klägerin im Hinblick auf die unter § 7 Ziffer 1 des Mietvertrages enthaltene Regelung, wonach der Vermieter Außenreparaturen sowie Erhaltungsreparaturen trägt, überhaupt einen Anspruch auf Erstattung von Instandhaltungskosten hat. Jedenfalls sind die korrigierten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2006 und 2007, soweit die Klägerin von der Beklagten Zahlung von Instandhaltungskosten in Höhe von insgesamt 13.224,10 € verlangt, formell fehlerhaft und daher derzeit nicht fällig.
Nach den Grundsätzen des § 259 BGB muss die Abrechnung so gestaltet sein, dass der Mieter in die Lage versetzt wird, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen. Das kann der Mieter aber nur, wenn er erkennen kann, welche einzelnen Betriebskosten angesetzt werden und wie (in welchen Rechenschritten) deren Umlage erfolgt ist. Dabei ist auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters abzustellen. In die Abrechnung sind, soweit keine besonderen Abreden getroffen sind, bei Gebäuden mit - wie hier - mehreren Mieteinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen:
- geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten,
- Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
- Berechnung des Anteils des Mieters und
- Abzug der Vorauszahlungen.
(Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Auflage, G, Rdnr.127; BGH NJW 2009, 283 f).
Diesen Anforderungen werden die hier streitigen Nebenkostenabrechnungen nicht gerecht. Ihnen fehlt eine geordnete, d. h. für den durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter nachvollziehbare Zusammenstellung der Gesamtkosten, und zwar unter einer zweckmäßigen und übersichtlichen Aufgliederung in einzelne Abrechnungsposten (vgl. BGH NJW 1982, 573). Ausgangspunkt für die zu fordernde, zweckmäßige und übersichtliche Aufgliederung der Gesamtkosten in einzelne Abrechnungsposten ist der Mietvertrag, in dem geregelt sein muss und hier in § 2 Ziffer 3 ff des Mietvertrages auch geregelt worden ist, welche einzelnen Nebenkosten der Mieter zu tragen hat. Die geschuldete Zusammenstellung der Gesamtkosten hat sich in der Regel an den im Mietvertrag genannten und auf den Mieter abgewälzten Nebenkostenpositionen zu orientieren. Denn regelmäßig nur unter Einhaltung dieser im Mietvertrag strukturell vorgegebenen Aufgliederung in der Abrechnung kann der Mieter selbstständig und in der gebotenen einfachen Weise erkennen, ob auch nur solche Kosten in der Abrechnung berücksichtigt worden sind, die er nach dem Mietvertrag schuldet und ob und in welcher Höhe Kosten im Bereich der jeweils auf ihn abgewälzten Kostenarten im Abrechnungszeitraum angefallen sind (BGH NJW 1982, 573; Langenberg, aaO., G, Rdnr.131; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Auflage, § 556, Rdnr. 336; OLG Düsseldorf, Grundeigentum 2009, 1489).
Die Klägerin hat die Nebenkostenabrechnungen nicht in dieser gebotenen Form aufgegliedert. Nach ihrem eigenen Vortrag (Schriftsatz vom 8. März 2011, Seite 1 ff) sind die von ihr in den Nebenkostenabrechnungen "unter der Rubrik Instandhaltung" eingestellten Kosten folgenden Ziffern zuzuordnen:
1. die laufenden öffentlichen Lasten des Grundstücks,
2. die Kosten der Wasserversorgung,
3. die Kosten der Entwässerung,
4. die Kosten
a. des Betriebs der zentralen Heizungsanlage einschließlich der Abgasanlage,
b. des Betriebs der zentralen Brennstoffversorgungsanlage,
c. der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme,
d. der Reinigung und Wartung von Etagenheizungen und Gaseinzelfeuerstätten,
5. die Kosten
a. des Betriebs der zentralen Warmwasserversorgungsanlage,
b. der eigenständig gewerblichen Lieferung von Warmwasser,
c. der Reinigung und Wartung von Warmwassergeräten,
6. die Kosten verbundener Heizungs- und Warmwasserversorgungsanlagen
a. bei zentralen Heizungsanlagen,
b. bei der eigenständig gewerblichen Lieferung von Wärme entsprechend Nummer 4 Buchstabe c und entsprechend Nummer 2,
7. die Kosten des Betriebs des Personen- oder Lastenaufzugs,
8. die Kosten der Straßenreinigung und Müllbeseitigung,
9. die Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung,
10. die Kosten der Gartenpflege,
11. die Kosten der Beleuchtung,
12. die Kosten der Schornsteinreinigung,
13. die Kosten der Sach- und Haftpflichtversicherung,
14. die Kosten für den Hauswart,
15. die Kosten
a. des Betriebs der Gemeinschaftsantennenanlage,
b. des Betriebs der mit einem Breitbandkabelnetz verbundenen privaten Verteileranlage,
16. die Kosten des Betriebs der Einrichtungen für die Wäschepflege,
17. sonstige Betriebskosten,
18. Wartungsvertrag und sämtliche Kosten für die Aufzugsanlagen und Rollbänder/Fahrtreppen,
19. Wartungsvertrag und sämtliche Kosten für sonstige wartungsbedürftige Haustechnik,
20. Wartungsvertrag und sämtliche Kosten für die Automatik Schiebetür Kundeneingang,
21. Wartungskosten und sämtliche Kosten der mietereigenen Einbruchmeldeanlage,
22. Kosten sowie Austausch der Leuchtmittel in den Mieträumen,
23. Kosten der Installation und Unterhaltung von Sammelschildanlagen, Wegweisern u.ä.,
24. Kosten für Feuerlöschgeräte und Feuerlöschanlagen,
25. Wartungskosten und sämtliche Kosten für Brandschutzanlagen und Brandmeldeanlagen (Rauchmeldeanlage, mechanische Entrauchung, Sprinkleranlagen, Feuerlöschüberprüfungen, Trockenleistungüberprüfungen),
26. Kosten für Blitzschutzanlagen,
27. Kosten der turnusmäßigen TÜV Abnahme, Gebühren, daraus resultierende Reparatur-Wartungskosten,
28. Kosten des jährlichen Gutachtens bezüglich der Elektroanlagen,
29. Kosten der Klimananlagen, Kühlanlagen, Abrechnung siehe Ziffer 5.1.2 der Baubeschreibung Anlage 1 zu diesem Vertrag,
30. Kosten der Notstromanlagen, .-aggregate,
31. Kosten Hauswart/-techniker einschließlich der entstehenden Nebenkosten, alternativ die durch Beauftragung eines Dienstleistungsunternehmens für die Hauswarttätigkeit entstehenden Kosten,
32. Anteilig Kosten der neu zu erstellenden Passage (§ 2 Ziffer 5 des Mietvertrages).
Aus den oben dargelegten Gründen wäre die Klägerin verpflichtet gewesen, in den Nebenkostenabrechnungen die unter der Rubrik "Instandhaltungskosten" zusammengefassten Kosten im Einzelnen zu spezifizieren und jeweils den im Mietvertrag unter § 2 Ziffer 3 ff und in der Anlage 5 des Mietvertrages aufgelisteten Kostenarten zuzuordnen.
Wie das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend ausgeführt hat, haben sich die Parteien auch nicht etwa dadurch konkludent auf die Zulässigkeit der von der Klägerin vorgenommenen Abrechnungsweise geeinigt, dass die Beklagte die Position "Instandhaltungskosten" in den Jahren 2003 bis 2005 nicht gerügt hat. Zwar kann grundsätzlich eine Vereinbarung über die Umlegung zunächst nicht umgelegter Nebenkosten auch stillschweigend durch jahrelange Übung zustande kommen (BGH, NZM 2000, 961; 2004, 418). Es kann dahin gestellt bleiben, ob diese Rechtsprechung überhaupt analog auf die vorliegende Fallkonstellation Anwendung zu finden hat. Jedenfalls scheitert eine konkludente Einigung schon daran, dass die Beklagte die Abrechnungsmethode der Klägerin lediglich 3 Jahre hingenommen hat und nicht mindestens 6 Jahre, wie von der Rechtsprechung (OLG Celle, OLGR Celle 2007, 11) gefordert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision zum Bundesgerichtshof wird nicht zugelassen, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Absatz 2 Satz 1 ZPO.