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  • 07.01.2004 · IWW-Abrufnummer 040041

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 03.12.2003 – VIII ZR 157/03

    Zur Wirksamkeit der Vereinbarung einer Staffelmiete, die während des Laufs einer Mietpreisbindung für die Zeit nach ihrer Beendigung geschlossen wird.


    BUNDESGERICHTSHOF
    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL

    VIII ZR 157/03

    Verkündet am:
    3. Dezember 2003

    in dem Rechtsstreit

    Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. November 2003 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Deppert und die Richter Dr. Hübsch, Dr. Leimert, Wiechers und Dr. Wolst

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin vom 17. März 2003 wird zurückgewiesen.

    Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
    Von Rechts wegen

    Tatbestand:

    Die Beklagte ist Mieterin der dem Kläger gehörigen Wohnung in der S. straße in B. . Der von den Parteien geschlossene Mietvertrag lautet auszugsweise:

    "§ 3 ...

    Die Wohnung unterliegt bis zum 31.12.2001 der sozialen Mietpreisbindung ...

    Die monatliche Netto-Kaltmiete beträgt zur Zeit 212,69 DM.

    Es wird folgende Staffelmiete vereinbart:

    - Die erste Staffel beträgt 500 DM, wird jedoch erst nach dem Auslaufen der sozialen Mietpreisbindung im Januar 2002 fällig. ..."

    Der Kläger verlangte unter Berufung auf diese Vereinbarung nach Ablauf der Mietpreisbindung am 31. Dezember 2001 für die Zeit ab Januar 2002 von der Beklagten den Betrag von insgesamt 700 DM (357,90 ?) einschließlich 150 DM Betriebskosten und 50 DM Heizkosten. Die Beklagte weigerte sich, eine erhöhte Miete zu zahlen. Sie meint, Miete sei lediglich in der bisherigen Höhe geschuldet.

    Mit der Klage macht der Kläger die nach seiner Ansicht aufgelaufenen Mietrückstände für die Monate Januar 2002 bis Mai 2002 geltend und begehrt - nach teilweiser Klagerücknahme - von der Beklagten Zahlung von 734,45 ? nebst Zinsen. Er hat in beiden Vorinstanzen obsiegt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.

    Entscheidungsgründe:

    I.

    Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

    Die Staffelmiete sei wirksam vereinbart, da sie erst nach Ablauf der Preisbindung für die Wohnung gelten sollte. Dabei sei es ohne Bedeutung, wenn die Vereinbarung bereits zu einem Zeitpunkt getroffen werde, zu welchem die Wohnung noch der Mietpreisbindung unterliege. Deshalb dürfe der Kläger den geforderten Betrag verlangen, der sich bei Zugrundelegen der Staffelmiete als Rückstand für die Zeit nach Auslaufen dieser Beschränkung ergebe.

    II.

    Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung stand, so daß die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist.

    Für die vor dem 1. September 2001 geschlossene Staffelmietvereinbarung der Parteien ist § 10 MHG (vgl. jetzt § 557 a BGB) in der Fassung vom 21. Juli 1993 (BGBl. I S. 1257), mithin § 10 Abs. 2 MHG anwendbar (Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 557 a BGB Rdnr. 9). Die Wirksamkeit einer solchen Abrede nach § 10 Abs. 2 MHG, die die Mietvertragsparteien während der Dauer einer Mietpreisbindung für die Zeit nach deren Ablauf getroffen haben, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Nach einer Ansicht kann während einer Mietpreisbindung eine Staffelmiete für die Zeit nach Ablauf der Bindung nicht wirksam vereinbart werden (OLG Stuttgart, NJW-RR 1989, 1357 f.; LG Hamburg, WuM 1997, 331; Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 80 f.; ders. in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 557 a BGB Rdnr. 20). Zu Recht hat sich das Berufungsgericht jedoch der Gegenmeinung angeschlossen, die die Vereinbarung einer Staffelmiete schon vor Ablauf der Preisbindung für unbedenklich hält, sofern diese erst nach dem Ende der Mietpreisbindung einsetzen soll (LG Berlin, NJW-RR 1991, 1040; Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl., § 557 a Rdnr. 2).

    1. Für die Auffassung des Berufungsgerichts spricht der Grundsatz der Vertragsfreiheit des § 305 BGB a.F. (jetzt § 311 Abs. 1 BGB), dem im gegebenen Fall eine gesetzliche Bestimmung nicht entgegensteht. In § 10 Abs. 2 MHG wird die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Staffelmiete nicht eingeschränkt. Durch § 10 Abs. 3 Nr. 1 MHG, die lediglich eine Anwendbarkeit der Vorschriften der §§ 1 bis 9 MHG für Mietverhältnisse über preisgebundenen Wohnraum ausschließt, ist die Vorschrift des § 10 Abs. 2 MHG nicht betroffen; es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob § 10 Abs. 3 Nr. 1 MHG als zeitliches Verbot zu verstehen (so Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 7. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 81, der allerdings im Anschluß an OLG Hamm, WuM 1993, 108 eine Staffelmietvereinbarung im preisgebundenen Wohnungsbau innerhalb der durch die Kostenmiete bestimmten Obergrenzen als zulässig ansieht) oder ob diese Bestimmung als eine Regelung des Anwendungsbereichs der §§ 1 bis 9 MHG zu begreifen ist (vgl. zu dem gleichlautenden § 10 Abs. 2 Nr. 1 MHG a.F. für ein Zustimmungsverlangen des Vermieters nach § 2 Abs. 1 MHG: KG, NJW 1982, 2077 und OLG Hamm, NJW 1981, 234 mit Anmerkung Köhler; MünchKomm-Voelskow, BGB, 3. Aufl., § 10 MHG Rdnr. 22).

    2. Die Zulassung einer Staffelmietvereinbarung, die vor dem Ablauf der Bindungsfrist für die Zeit danach getroffen wird, steht im Einklang mit dem Zweck des Gesetzes. Die Staffelmiete bietet den Mietvertragsparteien Kalkulationssicherheit. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 9/2079 S. 9) sollen dem Vermieter Investitionsentscheidungen dadurch erleichtert werden, daß er mit den künftigen Steigerungen der Mieteinnahmen schon zu einem früheren Zeitpunkt sicher rechnen kann, um die in den ersten Jahren regelmäßig entstehende Verlustphase zu überwinden; bei Altbauten wurde im Hinblick auf die regelmäßig erheblichen Unterhaltungskosten ein entsprechendes Bedürfnis des Vermieters anerkannt. Der Mieter wiederum hat die Möglichkeit, sich schon frühzeitig auf Umfang und Zeitpunkt der auf ihn zukommenden Mieterhöhung einzurichten (Palandt/Weidenkaff aaO, § 557 a Rdnr. 1), so daß die Vereinbarung einer Staffelmiete zugleich in seinem Interesse liegt. Diese Gesichtspunkte greifen auch für eine Staffelmiete ein, die während der Dauer einer Mietpreisbindung für den Zeitraum nach ihrem Ablauf vereinbart wurde. Bei der Zulassung einer solchen im vorhinein getroffenen Abrede wird dem Willen des Gesetzgebers Rechnung getragen, dem Vermieter durch eine Staffelmiete Planungssicherheit in bezug auf den künftig zu erzielenden Mietertrag zu gewährleisten. Wäre er darauf verwiesen, mit dem Mieter eine Einigung auf eine Staffelmiete erst nach Ablauf der Mietpreisbindung zu erzielen, hätte dies zur Folge, daß die Preisbindung des Mietverhältnisses trotz rechtlicher Beendigung tatsächlich noch eine gewisse Zeitlang weiterbestünde (vgl. KG aaO, OLG Hamm aaO). Die im voraus vereinbarte Staffelmiete bringt unter Umständen aber auch dem Mieter Vorteile. Abgesehen davon, daß er langfristig Klarheit über die auf ihn zukommenden Belastungen gewinnt, unter anderem nicht mit Erhöhungen wegen Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters rechnen muß, kann sich die Staffelung finanziell zu seinen Gunsten auswirken. Ist den Mietvertragsparteien während des Laufs der Mietpreisbindung die Vereinbarung einer Staffelmiete für die Zeit danach gestattet, muß sich der Vermieter nach Beendigung der Preisbindung an der Staffelmiete festhalten lassen, selbst wenn er nunmehr eine höhere Miete hätte durchsetzen können, weil die Preise am Wohnungsmarkt rascher gestiegen sind, als es die vereinbarte Staffel vorsieht.

    RechtsgebietMHGVorschriftenMHG § 10 Abs. 2