05.04.2013
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 20.11.2012 – VIII ZR 137/12
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. November 2012 durch den Vorsitzenden Richter Ball, die Richterin Dr. Hessel sowie die Richter Dr. Achilles, Dr. Schneider und Dr. Bünger
beschlossen:
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die zugelassene Revision der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.
Gründe
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1. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 552a Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, da über die "Auswirkungen der salvatorischen Klauseln im hier verwendeten Vertragsformular" im Bereich der Wohnraummiete bislang, soweit ersichtlich, nicht entschieden worden sei.
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Diese Begründung trägt die Zulassung der Revision nicht. Auch sonst liegt kein Revisionszulassungsgrund vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO) oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) erforderlich. Die Maßstäbe für die Beantwortung der vom Berufungsgericht aufgeworfenen Frage lassen sich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ohne weiteres entnehmen, so dass es keiner weiteren Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf.
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Der Senat hat bereits mehrfach - auch für das Wohnraummietrecht - entschieden, dass der Zusatz "soweit gesetzlich zulässig" die Unwirksamkeitsfolge der gegen die gesetzlichen Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen verstoßenden Regelung nicht beseitigt (vgl. Senatsurteile vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 231/90, NJW 1991, 2630 unter II 5; vom 20. Januar 1993 - VIII ZR 10/92, NJW 1993, 1061 unter II 1 c; vom 26. November 1984 - VIII ZR 214/83, BGHZ 93, 29, 48, zur Klausel "soweit das Gesetz nicht etwas anderes zwingend vorschreibt"). Denn derartige salvatorische Klauseln sind ihrerseits unwirksam, weil sie gegen das Verständlichkeitsgebot verstoßen (BGH, Urteil vom 12. Oktober 1995 - I ZR 172/93, NJW 1996, 1407 unter II 1 d - zu § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGBG). An dieser Beurteilung ändert auch der im Streitfall vorhandene Zusatz nichts, dass die Übertragung der Pflicht zur Parkettversiegelung auf den Mieter nach derzeitiger Rechtslage nicht erlaubt sei.
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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand.
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a) Ob das Berufungsgericht die Beklagte zu Recht als Unternehmerin im Sinne der §§ 14, 310 Abs. 3 BGB angesehen hat, bedarf keiner Entscheidung. Denn das Berufungsgericht hat bei seiner Prüfung des Vorliegens Allgemeiner Geschäftsbedingungen keine Schlussfolgerungen aus dem von ihm nicht näher begründeten Vorliegen der Voraussetzungen des § 310 Abs. 3 BGB gezogen. Es hat insbesondere die mit § 310 Abs. 3 BGB verbundenen Modifikationen der §§ 305 ff. BGB (vgl. hierzu Erman/Roloff, BGB, 13. Aufl., § 310 Rn. 4) nicht angesprochen, sondern das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen unabhängig hiervon geprüft.
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b) Unbegründet ist die weitere Rüge der Revision, es handele sich bei den in § 11 des Mietvertrags enthaltenen Regelungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Das Berufungsgericht hat in tatrichterlicher Würdigung ohne Rechtsfehler angenommen, dass sich im vorliegenden Fall sowohl aus der Erscheinungsform des Textes des streitgegenständlichen Mietvertrags (vgl. hierzu Senatsurteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, BGHZ 143, 103, 109; BGH, Urteil vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, BGHZ 157, 102, 106; Erman/Roloff, aaO, § 305 Rn. 58) als auch aus dessen Inhalt (vgl. hierzu BGH, Urteile vom 14. Mai 1992 - VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238; vom 27. November 2003 - VII ZR 53/03, aaO; Erman/Roloff, aaO) ein erster Anschein für das Vorliegen Allgemeiner Geschäftsbedingungen ergibt. Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon ausgegangen, dass der Verwender diesen ersten Anschein zu widerlegen hat und ihn die Darlegungs- und Beweislast trifft, dass der Vertrag oder eine einzelne Vertragsbedingung entgegen dem ersten Anschein individuell ausgehandelt worden ist (vgl. hierzu die vorgenannte Rechtsprechung sowie BGH, Urteile vom 15. Dezember 1976 - IV ZR 197/75, NJW 1977, 624 unter I 2 c; vom 3. April 1998 - V ZR 6/97, NJW 1998, 2600 unter II 2 b). Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Vorbringen der Beklagten sei nicht geeignet, diesen ersten Anschein zu widerlegen, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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An die substantiierte Darlegung der ernsthaften Verhandlungsbereitschaft des Verwenders und der weiteren Merkmale für ein Aushandeln sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 - V ZR 174/86, BGHZ 102, 152, 158; vom 3. April 1998 - V ZR 6/97, aaO; Erman/Roloff, aaO). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - schon zum AGBG - bedeutet ein solches Aushandeln mehr als verhandeln. Es genügt nicht, dass das gestellte Formular dem Verhandlungspartner bekannt ist und nicht auf Bedenken stößt, dass der Inhalt lediglich erläutert oder erörtert wird und den Vorstellungen des Partners entspricht. Von einem Aushandeln in diesem Sinne kann vielmehr nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen "gesetzesfremden Kerngehalt", also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären (siehe nur Senatsurteil vom 3. November 1999 - VIII ZR 269/98, aaO S. 111 f.; BGH, Urteile vom 5. Dezember 1995 - X ZR 14/93, NJW-RR 1996, 783 unter IV 2 a; vom 14. April 2005 - VII ZR 56/04, NJW-RR 2005, 1040 unter II 2; vom 18. März 2009 - XII ZR 200/06, NJW-RR 2009, 947 Rn. 15; jeweils mwN).
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Diese Maßstäbe hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt und ist zu der rechtsfehlerfreien Beurteilung gelangt, dass nach dem Vortrag der Beklagten weder von einem Aushandeln des gesamten Mietvertrags noch von einem Aushandeln der hier einschlägigen Bestimmungen in § 11 des Mietvertrags ausgegangen werden kann.
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Ebenso steht der Annahme einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht entgegen, dass auch in § 11 des Mietvertrags Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung vorgenommen worden sind. Das Berufungsgericht ist insoweit durch einen Vergleich der von der Beklagten vorgelegten Entwurfsfassung des § 11 mit der im unterzeichneten Mietvertrag enthaltenen Fassung dieser Bestimmung rechtsfehlerfrei zu der Beurteilung gelangt, dass sich letztere von ersterer lediglich hinsichtlich des - zuvor bereits vorhandenen - Rechenbeispiels in § 11 Nr. 4 des Mietvertrags unterscheide. Hierin ist unter Zugrundelegung der oben aufgezeigten Maßstäbe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs keine Änderung des wesentlichen Inhalts der Klausel, sondern lediglich eine unselbständige Ergänzung in Gestalt einer Änderung der Formulierung zu sehen, die den Charakter der Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung nicht in Frage stellt (vgl. BGH, Urteile vom 30. Oktober 1987 - V ZR 174/86, aaO; vom 18. Mai 1995 - X ZR 114/93, WM 1995, 1455 unter 1 b).
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c) Vergeblich bleibt auch die Rüge der Revision, § 11 des Mietvertrags sei, selbst wenn diese Regelung als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren wäre, jedenfalls nicht nach § 307 BGB unwirksam. Das Berufungsgericht habe insoweit verkannt, dass diese Verpflichtung hier ausdrücklich unter den Vorbehalt der Gesetzeslage oder der obergerichtlichen Rechtsprechung gestellt sei und zudem deutlich darauf hingewiesen werde, dass zur Zeit weder das Gesetz noch die Rechtsprechung eine solche Verpflichtung erlaubten, so dass der Mieter die Versiegelung momentan auch nicht schulde. Damit sei für den Mieter eindeutig klargestellt, dass er gerade keine Wiederherstellung der Versiegelung der Parkettfußböden schulde. Insofern habe das Berufungsgericht § 11 Nr. 3 des Mietvertrags nicht vollständig gewürdigt. Die in dieser Bestimmung verwendete Formulierung "sofern dies die Gesetzeslage bzw. die Rechtsprechung erlauben" sei von einer salvatorischen Klausel, über die in den vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zu befinden gewesen sei, zu unterscheiden.
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Dies trifft aus den oben (unter 1) genannten Gründen nicht zu, so dass auch dieser Angriff der Revision nicht durchgreift.
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d) Ohne Aussicht auf Erfolg vertritt die Revision schließlich die Auffassung, selbst eine Unwirksamkeit des auf die Versiegelung des Parketts und des Holzfußbodens bezogenen Teils der Klausel lasse die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturvornahmeklausel im Übrigen unberührt, da der entsprechende Absatz sprachlich und inhaltlich selbständig sei und ohne weiteres gestrichen werden könne, ohne dass der weitere Sinngehalt der Klausel - namentlich die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter - dadurch entfiele. Der Senat hat bereits im Urteil vom 13. Januar 2010 (VIII ZR 48/09, NJW 2010, 674 Rn. 13 f.) entschieden, dass die Unwirksamkeit der Parkettversiegelungsklausel selbst dann zur Unwirksamkeit der Überbürdung der Schönheitsreparaturen insgesamt führt, wenn die Pflicht zur Versiegelung des Parketts in einer eigenen Klausel geregelt ist.
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3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Ball
Dr. Hessel
Dr. Achilles
Dr. Schneider
Dr. Bünger
Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch Zurückweisungsbeschluss erledigt worden.