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  • · Fachbeitrag · Betriebskosten

    Nachberechnung der Betriebskosten: Verjährung beginnt mit Kenntnis vom Grundsteuerbescheid

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    Der Vermieter kann sich bei der Betriebskostenabrechnung die Nachberechnung einzelner Positionen vorbehalten, soweit er ohne Verschulden an einer rechtzeitigen Abrechnung gehindert ist. Die Verjährung der sich aus der Nachberechnung ergebenden Forderung beginnt nicht vor Kenntnis des Vermieters von den anspruchsbegründenden Umständen zu laufen (BGH 12.12.12, VIII ZR 264/12, Abruf-Nr. 130227).

     

    Sachverhalt

    Die Beklagte war bis Ende 2/07 Mieterin einer Wohnung der Klägerin. Diese rechnete unter Vorbehalt einer Nachberechnung - im Hinblick auf eine zu erwartende rückwirkende Neufestsetzung der Grundsteuer - über die Nebenkostenvorauszahlungen für die Jahre 02 bis 06 ab. Das Finanzamt setzte die Grundsteuer mit Bescheid vom 3.12.07 rückwirkend ab dem Jahr 02 neu fest. Die Klägerin berechnete hieraus am 30.1.08 eine Grundsteuernachforderung für die Jahre 02 bis 06 von 1.095,55 EUR. Der Mahnbescheid hierüber wurde der Beklagten am 27.8.10 zugestellt. Diese hat sich in allen Instanzen erfolglos auf Verjährung berufen.

     

    Entscheidungsgründe

    Gemäß § 199 Abs. 1 BGB beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Hier ist die Nachforderung schon deshalb unverjährt, weil die Klägerin die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erst mit dem Bescheid des Finanzamts vom 3.12.07 erlangt hat. Folge: Die dreijährige Verjährungsfrist konnte nicht vor dem 1.1.08 beginnen und war somit bei der Zustellung des Mahnbescheids am 27.8.10 noch nicht abgelaufen.

     

    Praxishinweis

    Wird die Grundsteuer für mehrere Jahre rückwirkend neu festgesetzt, ist bei einem im Zeitpunkt der Neufestsetzung bereits beendeten Mietverhältnis grundsätzlich in zwei Schritten zu klären, ob eine Nachforderung auf den Mieter umgelegt werden kann:

     

    • Zunächst ist zu prüfen, ob die Nachforderung gemäß § 556 Abs. 3 S. 3 BGB ausgeschlossen ist. Danach ist die Geltendmachung einer Nachforderung nach Ablauf der Abrechnungsfrist ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Hierzu hat der BGH (MK 06, 194, Abruf-Nr. 062648) entschieden: Der Vermieter, der die Jahresfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB für die Abrechnung von Betriebskosten zunächst unverschuldet nicht einhalten kann, muss die verspätete Geltendmachung einer Nachforderung dennoch vertreten, wenn er sich damit unnötig viel Zeit lässt, nachdem ihm die notwendigen Unterlagen für die Abrechnung vorliegen. Das heißt: Im Regelfall muss er die Nachforderung innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Abrechnungshindernisses erheben. Diese Frist ist hier eingehalten.

     

    • Macht der Vermieter die nicht ausgeschlossene Nachforderung - wie hier - nicht zeitnah gerichtlich geltend, wird die Frage der Verjährung virulent. Der BGH stellt klar, dass der Vermieter die für den Beginn der Regelverjährung (§ 195 BGB) gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorausgesetzte Kenntnis erst mit Zugang des Grundsteuerbescheids erlangt. Das heißt: Entgegen LG Düsseldorf (NJW 11, 688) und LG Rostock (WuM 09, 232) wird die Verjährungsfrist für Nebenkostennachforderungen des Vermieters nicht stets durch die erstmalige Erteilung einer Betriebskostenabrechnung in Gang gesetzt. Dies gilt auch, wenn der Vermieter darin auf eine zu erwartende eigene Nachbelastung mit Betriebskosten hinweist und später die in der ursprünglichen Abrechnung vorbehaltene Korrektur erfolgt. Der Vermieter muss die Betriebskostenabrechnung zur Vermeidung der Verjährung deshalb auch nicht insgesamt zurückstellen, wenn er - wie hier - eine einzelne Betriebskostenposition ohne sein Verschulden nur vorläufig abrechnen kann.

     

    Dem allgemein gehaltenen Leitsatz ist zu entnehmen, dass diese Grundsätze unter gleichen Bedingungen auch für andere Betriebskostenarten anzuwenden sind.

     

    Dauert das Mietverhältnis an, ist § 556 Abs. 3 S. 3 BGB nicht relevant, wenn der Vermieter die rückwirkend neu festgesetzte Grundsteuer in der jährlichen Betriebskostenabrechnung nicht nach dem Leistungs-, sondern nach dem Abflussprinzip auf den Mieter umlegt (zur Zulässigkeit BGH MK 08, 93, Abruf-Nr. 080879). Für diesen Fall ist eine Kombination beider Abrechnungssysteme auch nach Langenberg (Betriebs- und Heizkostenrecht, 6. Aufl., H 179) zulässig.

     

    Beachten Sie | Bei Vereinbarung einer Betriebskostenpauschale wird die Reichweite der rückwirkenden Erhöhung der Betriebskosten nach § 560 Abs. 2 S. 2 BGB höchstens auf den Beginn des der Erhöhungserklärung vorausgehenden Kalenderjahrs erstreckt. Langenberg (a.a.O., H 182) plädiert wegen der vergleichbaren Lage dafür, dass der Vermieter - auch gegenüber dem Mieter, der Vorauszahlungen auf die Nebenkosten zahlen muss - Nachbelastungen nur in diesem zeitlich beschränkten Umfang geltend machen kann. Der BGH scheint diese Auffassung nicht zu teilen. Er weist die Berufung der Beklagten gegen die zeitlich uneingeschränkte Verurteilung des AG zurück, ohne das Problem anzusprechen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Zur Bewertung von Eigenleistungen des Vermieters in der Betriebskostenabrechnung (BGH MK 13, 29, Abruf-Nr. 123732)
    • Keine gesetzlichen Verzugszinsen bei verspäteter Auszahlung eines Betriebskostenguthabens (BGH MK 13, 70, Abruf-Nr. 130229)
    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 101 | ID 39032410