· Fachbeitrag · Der Mieter des Monats
Herner Kobra-Fall und seine teuren Folgen
von Axel Wetekamp, RiAG a. D., München
| Der Fall der Herner Kobra ging durch Presse, Fernsehen und Rundfunk und füllte das „Sommerloch“. Doch hinter dem feinen Gruseln beim Feierabendbier steckt auch ein harter (mietrechtlicher) Kern. Was wäre also, wenn ein solcher Fall als Beratung auf Sie zukäme? |
1. Giftschlangen in einem Wohnhaus
Nicht jeder wird nachvollziehen können, wieso Mieter exotische und manchmal sogar giftige und gefährliche Tiere in Mietwohnungen halten wollen. Dies geht von ungefährlichen, aber exotischen Tieren wie Affen über artgeschützte Tiere wie Großkatzen bis zu potenziell gefährlichen Tieren wie Giftspinnen oder Schlangen. Soweit eine derartige Tierhaltung möglich ist, wird schon im Interesse anderer Hausbewohner eine sichere Unterbringung verlangt werden müssen.
2. Wie gefährlich ist die Monokelkobra?
Im vorliegenden Fall hielt ein Mieter eines Mehrfamilienhauses einige Schlangen in seiner Wohnung in Terrarien. Obwohl der Mieter es bestritt, wurde vermutet, dass eine der Schlangen, nämlich eine Monokelkobra, aus der Wohnung entkommen konnte und sich zunächst an unbekanntem Ort in dem Wohngebäude aufhielt. Dabei muss man wissen: Kobras gehören zu den hochgiftigen Schlangen. Ihr durch Schlangenbiss übertragenes hochtoxisches Gift führt unter anderem zu Lähmungserscheinungen, die nach kurzer Zeit zum Atemstillstand und damit zum Tod führen können.
3. Maßnahmen hinsichtlich der Schlange und ihre Kosten
Nachdem ein Hausbewohner die Schlange im Treppenhaus entdeckt hatte, wurde die Feuerwehr alarmiert, was zu einem größeren Einsatz führte. Das Haus und angrenzende Häuser wurden über Tage hinweg evakuiert, die Bewohner mussten entweder privat oder in Notunterkünften untergebracht werden. Schlangenexperten gelang es schließlich, die Kobra einzufangen und unterzubringen. Die Kobra und die über 20 weiteren vom Mieter gehaltenen Schlangen wurden beschlagnahmt und bei Reptilienexperten untergebracht.
Alleine der Feuerwehreinsatz soll pro Stunde 850 EUR gekostet haben. Zusammen mit den Kosten für die Schlangenexperten und die Unterbringung der anderen Hausbewohner wurden die entstandenen Kosten auf einen Betrag zwischen 50.000 EUR bis 100.000 EUR geschätzt.
4. Haftung des Schlangenhalters
Was die mietvertragliche Haftung betrifft, kommt eine Haftung des Mieters aus positiver Vertragsverletzung des Mietvertrags in Betracht.
a) Grundsatz: Haltung nicht zulässig
Die Haltung exotischer Tiere wie Schlangen ist grundsätzlich mietvertraglich nicht zulässig und auch von einer mietvertraglichen Klausel nicht gedeckt, die die Tierhaltung in der Mietwohnung gestattet. Eine Ausnahme käme nur in Betracht, wenn ausdrücklich die Schlangenhaltung in dem gegenständlichen Umfang vom Vermieter genehmigt worden wäre. Andererseits spielt die mietvertragliche Haftung wohl kaum eine Rolle, da dem Vermieter unmittelbare Kosten nicht entstanden sein dürften und er auch nicht mit einem Rückgriff anderer Betroffener zu rechnen hätte.
b) Haftung für Ersatzansprüche
Anders sieht es mit Ersatzansprüchen der öffentlichen Hand aus, die hinsichtlich der entstandenen Kosten in Vorleistung getreten ist. Sie dürfte versuchen, zumindest einen Teil der Kosten von dem Verursacher zurückzuverlangen, etwa einem schlangenhaltenden Mieter.
5. Kündigung des Mietverhältnisses?
Für eine Zerrüttungskündigung nach § 543 Abs. 1 BGB ist zwar ein Verschulden der Partei, der gekündigt wird, nicht unbedingt erforderlich. Es dürfte aber außer Frage stehen, dass ein Mieter schuldhaft handelt, wenn er nicht in der Lage ist, eine hochgiftige Schlange so sicher unterzubringen, dass deren Entkommen aus seiner Wohnung ausgeschlossen ist.
Zudem dürfte angesichts der in diesem Fall erheblichen Vertragsverletzung und ihrer großen und kostenträchtigen Folgen eine Abmahnung entbehrlich sein. Schließlich wird auch die Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs als milderes Mittel gegenüber einer Kündigung hier kaum ausreichend sein. Die fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 1 BGB dürfte also durchgreifen.
6. Aktuelle Rechtslage und mögliche Gesetzesvorhaben
Die Rechtslage ist in den einzelnen Bundesländern uneinheitlich. Eine bundeseinheitliche Regelung gibt es nicht. In Nordrhein-Westfalen, wo sich der Herner Kobra-Fall abgespielt hat, ist eine Ausnahmegenehmigung nur bei Haltung geschützter Tierarten erforderlich. Im Übrigen ist eine Genehmigung auch bei Haltung giftiger Tiere wie Schlangen, Skorpione oder Giftspinnen nicht erforderlich. Gibt es Probleme, sind allerdings Verbote möglich. Andere Bundesländer sehen für die Haltung exotischer Tiere, insbesondere gefährlicher und giftiger Arten, strengere Regelungen vor.
Der Herner Kobra-Fall hat bereits Anlass gegeben, zu überlegen, inwieweit im Bundesland NRW die Haltung giftiger und gefährlicher Tiere in Wohnungen gesetzlich geregelt werden könnte. Gegebenenfalls sollen auch untergesetzliche Regelungen z. B. im kommunalen Bereich in Betracht kommen. Gedacht wird an eine Anzeigepflicht und eine Prüfung der Zuverlässigkeit der Tierhalter, z. B. in Form eines Führungszeugnisses, einer Haftpflichtversicherung des Tierhalters und näherer Regelungen zum Haltungsverbot.