· Fachbeitrag · Mietvertrag
Vertretung durch Dritte und Personenmehrheit: So werden Erklärungen wirksam abgegeben
von RiAG Axel Wetekamp, München
| Lassen die Mietvertragsparteien Vertreter oder Bevollmächtigte für sich handeln oder sind mehrere Personen beteiligt, gibt es oft Probleme mit der Wirksamkeit abgegebener Erklärungen. Der folgende Beitrag zeigt, worauf es bei den unterschiedlichen Fallkonstellationen ankommt. |
1. Bevollmächtigung und Vertretung
Die Bevollmächtigung und Vertretung bei Abgabe von Erklärungen ist sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite möglich. Zulässig ist jedoch nur die offene Stellvertretung, die verdeckte Stellvertretung ist nicht zulässig (§ 164 Abs. 2 BGB; LG München I WuM 89, 282).
a) Abschluss des Mietvertrags
Beim Abschluss des Mietvertrags ist eine nicht nach außen in Erscheinung tretende Stellvertretung besonders gefährlich, wie folgendes Beispiel zeigt:
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Schließt ein Hausverwalter einen Mietvertrag ohne Hinweis darauf, dass er den Vermieter vertritt, kommt der Mietvertrag mit ihm und nicht mit dem Vermieter zustande (LG Berlin ZMR 95, Heft 3 II) |
b) Kündigung des Mietvertrags
Für eine Kündigung in fremdem Namen ist nicht nur erforderlich, dass eine Vollmacht besteht, sie muss dem Erklärungsempfänger vom Bevollmächtigten auch vorgelegt werden. Geschieht dies nicht, kann sie der Empfänger unverzüglich nach § 174 BGB zurückweisen (LG Berlin WuM 86, 331). „Unverzüglich“ kann auch nach 14 Tagen sein, wenn Rechtsrat eingeholt werden musste (LG München II WuM 95, 478). Die Kündigung kann nicht durch Nachreichen der Vollmacht wirksam gemacht werden, sondern muss neu erklärt werden.
Bei Kündigungen ist auf Vermieterseite zwar Stellvertretung möglich, das Recht zur Kündigung eines Wohnraummietvertrags kann aber weder abgetreten noch an einen Dritten zur Kündigung im eigenen Namen (Prozessstandschaft) übertragen werden (LG Kiel WuM 92, 128). Auch wenn ein Grundstück veräußert wird, kann der Erwerber im eigenen Namen erst nach Vollendung des Rechtserwerbs, also nach Eintragung ins Grundbuch, kündigen, eine Auflassungsvormerkung reicht nicht aus (BGH WuM 89, 141).
Auf Mieterseite gilt, dass vertragliche Formularklauseln, wonach sich die Mieter gegenseitig zur Abgabe oder Entgegennahme von Kündigungserklärungen bevollmächtigen, hinsichtlich der Vollmachtklausel für die Entgegennahme von Kündigungen wirksam sind (BGH GE 97, 1458).
Bei Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts reicht die allgemeine Prozessvollmacht weder als Vollmacht zur Erklärung noch zur Entgegennahme einer Kündigung aus (LG Karlsruhe WuM 85, 320).
c) Mieterhöhungserklärungen
Der Vermieter kann eine Mieterhöhungserklärung durch Bevollmächtigten abgeben (§ 164 BGB). Sie muss in fremdem Namen erfolgen, es sei denn, im Mietvertrag ist eine allgemeine Vertretungsregelung enthalten. Was den oder die Mieter betrifft, ist eine Vollmachtklausel im Mietvertrag, nach der eine Erhöhungserklärung, die gegenüber einem Mieter abgegeben wird, auch gegenüber den anderen wirksam ist, zulässig (OLG Schleswig WuM 83, 130). Bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung gilt dies auch bei Ehegatten als Mieter (KG WuM 85, 12).
PRAXISHINWEIS | Das Erhöhungsverlangen muss immer an alle Mieter gerichtet sein, sie müssen also in dem Erhöhungsverlangen benannt sein (OLG Koblenz WuM 84, 18). Dies gilt auch, wenn die Ehegatten getrennt leben und einer von beiden ausgezogen ist (BayObLG ZMR 83, 247). |
2. Mehrheit von Mietern und Vermietern
Bei einer Mehrheit von Mietern oder Vermietern müssen grundsätzlich alle Beteiligten den Mietvertrag unterschreiben. Handelt für einen Beteiligten ein Vertreter, muss dies durch einen das Vertretungsverhältnis kennzeichnenden Zusatz hinreichend zum Ausdruck kommen (BGH ZMR 04, 19). Eine Mehrheit von Mietern und Vermietern bildet eine BGB-Innengesellschaft (§ 705 BGB).
a) Ausnahmefall Ehegatten
Wer den Vertrag nicht selbst oder wirksam durch einen Vertreter unterschrieben hat, wird auch nicht Vertragspartei. Die Nennung als Partei im „Kopf“ des Vertrags genügt allein nicht (LG Berlin GE 04, 1096). Etwas anderes kann in eng begrenzten Fällen gelten, wenn
- Ehepartner gemeinsam als Mieter im Vertrag genannt sind und
- beide an den Vertragsverhandlungen beteiligt bzw. beim Abschluss des Vertrags anwesend waren.
In diesem Fall spricht der Anschein für gemeinsame Anmietung. Die Unterschrift des einen Partners genügt. Sie gilt auch im Namen des anderen (LG Berlin GE 95, 1553; ebenso auf Vermieterseite LG Heidelberg WuM 97, 547).
War ein Ehepartner auf Vermieterseite nicht an den Vertragsverhandlungen beteiligt, genügt es für den Anschein, wenn beide Eigentümer sind und eine entsprechend lange Vertragsdauer vorliegt (LG Gießen WuM 08, 591).
Waren jedenfalls auf Mieterseite nicht beide im Kopf des Vertrags stehende Ehepartner bei Vertragsschluss anwesend, kann der nicht unterschreibende Partner durch konkludenten Vertragsbeitritt Mitmieter werden. Voraussetzung ist, dass aus seinem Verhalten geschlossen werden kann, dass er eigene Rechte und Pflichten begründen will und ihn der Vermieter auch als Vertragspartner akzeptiert (BGH NZM 05, 659).
b) Kündigungserklärungen
Es gilt der Grundsatz, dass alle Erklärungen, sei es von der Vermieter- oder der Mieterseite, einheitlich abgegeben werden müssen, also von allen an alle.
Mehrere Mieter derselben Wohnung bilden eine BGB-Innengesellschaft (§ 705 BGB). Will einer der Gesellschafter aus dem Mietverhältnis ausscheiden, steht ihm kein eigenes Kündigungsrecht zu. Er muss von den anderen Mitgesellschaftern die Zustimmung zur Auflösung verlangen, also die Mitwirkung zu einer gemeinsamen Kündigung (OLG Köln WuM 99, 521). Die Zustimmung kann nur zum nächst möglichen vertragsmäßigen Beendigungszeitpunkt verlangt werden, selbst wenn der Vermieter einer vorzeitigen Beendigung zustimmen würde (LG Gießen ZMR 97, 142). Die verbleibenden Mieter müssen der Entlassung aus dem Mietvertrag zustimmen. Sie können sich später gegenüber dem Vermieter nicht darauf berufen, dass sie der Entlassung des anderen Mieters nicht zugestimmt haben und deshalb nicht alleinige Mieter sind (BGH WuM 05, 341).
Auch der Vermieter kann nur einheitlich gegenüber allen Mietern einer Wohnung kündigen. Er soll aber, wenn der Kündigungsgrund nur bei einem Teil der Mitmieter gegeben ist, nach Treu und Glauben verpflichtet sein, den vertragstreuen Mietern die Fortsetzung (bzw. den Neuabschluss) des Vertrags zu den bisherigen Bedingungen anzubieten (LG Darmstadt ZMR 83, 308). Die Notwendigkeit der einheitlichen Abgabe von Erklärungen durch den Vermieter gilt z.B. auch im Falle der Mieterhöhung nach §§ 558 ff. BGB, da eine Mehrheit von Mietern hier notwendige Streitgenossen sind.
Zieht ein Mieter aus der Wohnung aus, ohne im Einvernehmen der Vertragsbeteiligten aus dem Vertrag entlassen worden zu sein, bleibt er grundsätzlich weiter Vertragspartei. Kennt der Vermieter die neue Anschrift des Mieters nicht, steht er vor dem Problem, weder wirksam kündigen noch die Mieterhöhungserklärung abgeben zu können. Die verbliebenen Mieter können sich nicht auf die Unwirksamkeit der Erklärung berufen, da es treuwidrig ist, wenn sie dem Vermieter trotz Kenntnis die Adresse des ausgezogenen Mieters nicht mitteilen (OLG Frankfurt a.M. WuM 91, 103; LG Limburg WuM 93, 47).
Teilweise wird auch die Auffassung vertreten, dass die Abgabe der Erklärung gegenüber dem Verbleibenden wirksam ist, wenn seit dem Auszug des weiteren Mieters längere Zeit vergangen ist (z.B. 10 Jahre, LG Stuttgart WuM 96, 94). Der BGH (NZM 10, 815, Abruf-Nr. 103437) sieht es als rechtsmissbräuchlich an, wenn sich der verbleibende Mieter in solchen Fällen auf eine rein formale Rechtsposition beruft.
PRAXISHINWEIS | Bei einer Räumungsklage muss beachtet werden, dass nach BGH (NJW 96, 515) der Vermieter selbst im Fall der endgültigen Besitzaufgabe durch den ausgezogenen Mieter auch diesen auf Räumung verklagen muss, da er seine Rückgabepflicht nach § 362 BGB nicht erfüllt hat. |