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  • · Fachbeitrag · Untervermietung

    BGH stärkt Mieterrechte bei Auslandsaufenthalt

    von RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf

    • 1. Ein mehrjähriger (berufsbedingter) Auslandsaufenthalt des Mieters kann ein berechtigtes Interesse an der Überlassung eines Teils des Wohnraums an einen Dritten begründen.
    • 2. Von einer Überlassung eines Teils des Wohnraums i.S. des § 553 Abs. 1 BGB ist regelmäßig bereits auszugehen, wenn der Mieter den Gewahrsam an dem Wohnraum nicht vollständig aufgibt. Hierfür genügt es, wenn er ein Zimmer einer größeren Wohnung zurückbehält, um hierin Einrichtungsgegenstände zu lagern und/oder dieses gelegentlich zu Übernachtungszwecken (Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) zu nutzen.
     

    Sachverhalt

    Der Kläger zu 2 nahm zum 1.1.11 eine bis 30.6.14 befristete Lehrtätigkeit an der Universität Ottawa auf. Seit 15.11.10 halten sich beide Kläger in Kanada auf. Mit Schreiben vom 19.8.10 hatten sie die Hausverwaltung der Beklagten von ihrer Absicht unterrichtet, die von dieser gemietete Dreizimmerwohnung - mit Ausnahme eines von ihnen weiter genutzten Zimmers - ab 15.11.10 voraussichtlich für zwei Jahre an Frau H unterzuvermieten, weil sie sich in dieser Zeit aus beruflichen Gründen regelmäßig im Ausland aufhalten würden. Auf Nachfrage der Hausverwaltung übersandten die Kläger dieser eine Kopie des Personalausweises der künftigen Untermieterin und teilten mit, dass geplant sei, ihr zwei der drei Zimmer gegen anteilige Erstattung der Miete zu überlassen. Die Beklagte verweigerte mit Anwaltsschreiben vom 10.11.10 die Zustimmung zur Untervermietung an H oder an andere Dritte. Das AG hat die Beklagte mit Urteil vom 4.10.11 rechtskräftig verurteilt, den Klägern zu erlauben, die zwei Zimmer der Wohnung bis zum 31.12.12 an Frau B unterzuvermieten. H hatte nach dem Vorbringen der Kläger ihr Anmietungsinteresse im Hinblick auf die versagte Zustimmung der Beklagten aufgegeben. Die Klage auf Zahlung entgangener Untermiete für den Zeitraum 15.11.10 bis 30.10.11 (7.475 EUR) hat in allen Instanzen Erfolg.

     

    Entscheidungsgründe

    Nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraums einem Dritten zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht.

     

    MERKE | Ein Interesse des Mieters i.S. von § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ist schon anzunehmen, wenn ihm vernünftige Gründe zur Seite stehen, die seinen Wunsch nach Überlassung eines Teils der Wohnung an Dritte nachvollziehbar erscheinen lassen (BGHZ 92, 213). Als berechtigt ist dabei jedes Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechtsordnung in Einklang steht (BGH MK 06, 65 Abruf-Nr. 060553).

     

     

    Der Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung aus § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Mieter seinen Lebensmittelpunkt in der Wohnung hat. Grund: Dies würde dem Zweck des § 553 Abs. 1 S. 1 BGB zuwiderlaufen, dem Mieter auch dann die Wohnung zu erhalten, wenn er einen Teil untervermieten möchte, und der grundsätzlich anzuerkennenden Entscheidung des Mieters, sein Privatleben „innerhalb der eigenen vier Wände“ nach seinen Vorstellungen zu gestalten (BGH, a.a.O.). Folge: Der Wunsch eines Mieters, der am Ort seiner in einer anderen Stadt gelegenen Arbeitsstelle unter Beibehaltung der bisherigen Wohnung eine weitere Wohnung angemietet hat, von berufsbedingt entstehenden Reise- und Wohnungskosten entlastet zu werden, ist als berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung anzuerkennen.

     

    MERKE | Dies gilt auch für die Aufnahme einer befristeten Arbeitstätigkeit im Ausland.

     

    Die umstrittene Frage, ob ein Anspruch des Mieters auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis ausgeschlossen ist, wenn er - wie hier - mehr als die Hälfte der Wohnung untervermieten und auch den verbleibenden Teil nicht zum Wohnen nutzen will, beantwortet der BGH wie aus Leitsatz 1 ersichtlich zugunsten des Mieters. Grund: § 553 Abs. 1 S. 1 BGB macht den Anspruch auf Gestattung der Untervermietung nur vom Vorliegen eines berechtigten Interesses des Mieters sowie davon abhängig, dass er nur einen Teil des Wohnraums einem Dritten überlässt. Dass der Mieter mehr als die Hälfte des Wohnraums oder wenigstens einen signifikanten Anteil zur Eigennutzung zurückbehalten müsse, ist dieser Vorschrift nicht zu entnehmen. Auch zur Art und zum Umfang der dem Mieter verbleibenden Nutzung (etwa: Wohnung als Lebensmittelpunkt, Ausübung der Sachherrschaft, nicht nur gelegentliche Nutzung zu Wohnzwecken) enthält § 553 Abs. 1 S. 1 BGB keine Vorgaben. Solche Einschränkungen ergeben sich auch nicht aus der Entstehungsgeschichte dieser Regelung oder aus der mit ihr verfolgten Zielsetzung.

     

    Praxishinweis

    Der BGH führt seine Rechtsprechung fort, nach der ein Mieter nicht verpflichtet ist, in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt zu begründen. Er stellt mit erfreulicher Klarheit fest, dass die Gestattung der Gebrauchsüberlassung an Dritte entgegen verbreiteter Annahme weder eine fortbestehende Sachherrschaft des Mieters noch überhaupt eine signifikante Restnutzung der Wohnung voraussetzt. Damit wird es dem Mieter in der heutigen durch Mobilität geprägten Gesellschaft wesentlich erleichtert, auf geänderte Lebensumstände sowie berufsbedingte Veränderungen zu reagieren. Auch kann er einen mehrjährigen Auslandsaufenthalt antreten, ohne seine Wohnung aufgeben zu müssen. Dieser muss nicht zwingend berufsbedingt sein.

     

    Zweck des § 553 Abs. 1 BGB ist es, dem Mieter die Wohnung zu erhalten. Deshalb hat der Gesetzgeber ihm - anders als in den Fällen des § 540 Abs. 1 BGB - nicht nur ein Sonderkündigungsrecht, sondern einen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung gewährt. Die Hürden, die das Gesetz für einen Anspruch auf Gestattung der Untervermietung stellt, sind minimal. Der Mieter muss nur ein nach Vertragsschluss entstandenes berechtigtes Interesse an der Untervermietung nachweisen und darf den Wohnraum nicht komplett dem Dritten überlassen. Hierfür genügt es nunmehr, dass er in einem Raum der Wohnung seine Sachen deponiert und/oder diesen gelegentlich zu Übernachtungszwecken (Urlaub, kurzzeitiger Aufenthalt) nutzt. Will er aber die gesamte Wohnung einem Dritten überlassen, bleibt ihm bei einer Erlaubnisverweigerung nur das Sonderkündigungsrecht des § 540 Abs. 1 BGB.

     

    Die Interessen des Vermieters werden durch die Regelungen des § 553 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 BGB ausreichend gewahrt. Danach ist ein Anspruch auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis in drei Fällen ausgeschlossen, wenn

    • in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt,
    • der Wohnraum übermäßig belegt würde
    • oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann.

     

    Ist dem Vermieter die Gestattung der Gebrauchsüberlassung nur gegen angemessene Erhöhung der Miete zuzumuten, kann er die Erlaubnis gemäß §  553 Abs. 2 BGB verweigern, wenn der Mieter sich mit der Mieterhöhung nicht einverstanden erklärt. Für eine Obhutspflichtverletzung des Untermieters hat der Mieter zudem gemäß § 278 BGB einzustehen (BGH MK 14, 114 Abruf-Nr. 140857). Hier hat die Beklagte ihre Erlaubnis zur Untervermietung zu Unrecht verweigert. Folge: Sie haftet den Klägern gemäß § 280 Abs. 1 BGB auf Ersatz der entgangenen Untermiete. Zu dem von der Beklagten erfolglos geführten Entlastungsbeweis (BGH MK 14, 166, nächster Beitrag).

     

    Quelle: Ausgabe 10 / 2014 | Seite 164 | ID 42933705