· Fachbeitrag · WEG-Novelle
Der Verwalter im Außenverhältnis: Was darf er jetzt, was darf er nicht?
von RAin Kornelia Reinke, www.schiffer.de, Bonn
| Im Gegensatz zur Änderung der rechtlichen Stellung des Verwalters im Innenverhältnis, die vielfach begrüßt wurde, und über die wir in der vergangenen Ausgabe berichtet haben, wurde die rechtliche Stellung des Verwalters im Außenverhältnis kontrovers diskutiert. Einen Überblick, welche Befugnisse dem Verwalter im Außenverhältnis zustehen, gibt der folgende Beitrag. |
1. Vertretung der Gemeinschaft, nicht der Eigentümer
Nach § 9b Abs. 1 S. 1 WEG n. F. vertritt der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (im Folgenden: Eigentümergemeinschaft) gerichtlich und außergerichtlich. Eine Vertretung der einzelnen Wohnungseigentümer sieht das neue WEG nicht mehr vor.
Die Verwaltervertretungsmacht gilt nach § 9b Abs. 1 S. 3 WEG n. F. unbeschränkt und kann auch nicht durch Vereinbarung oder Beschluss beschränkt werden. Damit wird die Stellung des Verwalters gegenüber Dritten gestärkt und nähert sich der Position eines GmbH-Geschäftsführers an. Für den Verwalter gilt ‒ wie für den GmbH-Geschäftsführer ‒ das Verbot des Insichgeschäfts nach § 181 BGB, solange er davon nicht befreit ist. Der Verwalter kann trotz umfänglicher Vertretungsmacht die Eigentümergemeinschaft bei Rechtsgeschäften mit sich selbst nicht vertreten. Er kann also auch nicht als Vertreter der Eigentümergemeinschaft mit sich einen Verwaltervertrag schließen.
2. Pflichtverletzungen/Einschränkung der Vertretungsmacht
Verletzt der Verwalter interne Beschränkungen, richtet sich ein Anspruch eines einzelnen Eigentümers gegen die Eigentümergemeinschaft. Sie muss die aus einer Pflichtverletzung resultierenden Schäden einzelner Wohnungseigentümer ersetzen. Der Verwalter ist aufgrund seiner Stellung als Organ wiederum gegenüber der Eigentümergemeinschaft verpflichtet, die ihn als Organ treffenden Pflichten zu erfüllen. Ein Direktanspruch des einzelnen Eigentümers gegen den Verwalter existiert nicht (BR-Drucksache 168/20, S. 63).
MERKE | Einschränkungen der Vertretungsmacht bestehen beim Abschluss eines Grundstückskauf- und eines Darlehensvertrags. Hierbei kann der Verwalter die Eigentümergemeinschaft nur vertreten, wenn er dazu durch einen Eigentümerbeschluss ermächtigt worden ist. Die Wohnungseigentümer können solche Ermächtigungsbeschlüsse für einzelne Verträge fassen, den Verwalter aber auch in bestimmten Grenzen oder umfassend zum Abschluss von Verträgen ermächtigen, z. B. wenn es um Überziehung des Girokontos in begrenzter Höhe und für einen begrenzten Zeitraum geht. Das setzt ein hinreichendes Vertrauen zum Verwalter voraus. Seine Vertretungsmacht ergibt sich dann aus dem Beschluss. |
PRAXISTIPP | Wird Vertretungsmacht für den Abschluss eines Grundstückskaufvertrags eingeräumt, muss der Ermächtigungsbeschluss dem Grundbuchamt in der Form des § 29 GBO nachgewiesen werden. Dem Grundbuchamt ist hierfür eine Niederschrift über den Ermächtigungsbeschluss vorzulegen. Die Unterschriften des Versammlungsvorsitzenden, eines Wohnungseigentümers und eventuell ‒ soweit bestellt ‒ des Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats unter die Niederschrift müssen öffentlich beglaubigt sein. Der Nachweis der ordnungsgemäßen Bestellung des Verwalters erfolgt mittels Niederschrift über die Eigentümerversammlung (Hügel/Elzer, WEG, § 9b Rn. 9, 13). |
Beachten Sie | Die Einschränkung der Vertretungsmacht gilt, wie sich aus dem Wortlaut ergibt, nur für den Abschluss der dort genannten Verträge, nicht aber für Erklärungen im Rahmen der Vertragsabwicklung. Auch dingliche Rechtsgeschäfte sind von der Beschränkung nicht erfasst (BT-Drucksache 19/22634, S. 43).
3. Vorteile des neuen Rechts
Mit der neuen Stellung des Verwalters werden Probleme beseitigt, die bisher bei einseitigen Rechtsgeschäften bestanden. So konnte ein vom Verwalter als Vertreter der Eigentümergemeinschaft vorgenommenes einseitiges Rechtsgeschäft nach § 174 S. 1 BGB zurückgewiesen werden (BGH 20.2.14, III ZR 443/13). Nach § 9b Abs. 1 WEG n. F. ist das nicht mehr möglich (BR-Drucksache 168/20).
Beachten Sie | Auch die Rechtsprechung des BGH zur Anwendung von § 174 BGB in Bezug auf die Vertretung von GbR ist nicht auf die Eigentümergemeinschaft übertragbar. Denn sie bezieht sich auf den Fall, dass die Vertretung der GbR von §§ 709, 714 BGB abweicht (BGH 9.11.01, LwZR 4/01). Das ist bei der Eigentümergemeinschaft nicht denkbar, da von der gesetzlich vorgesehenen Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 S. 3 WEG n. F. nicht abgewichen werden kann. Dass die Person des Verwalters nicht aus einem Register ersichtlich ist, ändert daran nichts (BR-Drucksache 168/20, S. 51).
MERKE | Nach § 9b Abs. 1 S. 2 sind die Eigentümer bei Fehlen eines Verwalters gemeinschaftlich zur Vertretung berechtigt. Die Neuregelung unterscheidet sich von § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a. F. Danach konnten die Eigentümer bei Fehlen eines Verwalters einen oder mehrere Eigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Vertretung ermächtigen. Dies scheidet nun aus Gründen des Minderheitenschutzes aus. Altbeschlüsse, die nach § 27 Abs. 3 S. 3 WEG a. F. gefasst wurden, haben am 1.12.20 für die Zukunft ihre Wirkung verloren (BR-Drs. 168/20, S. 52). Sind sich alle Eigentümer einig, können sie nach den Grundsätzen der Gesamtvertretung einen oder mehrere von ihnen ermächtigen. Ist eine Willenserklärung gegenüber der verwalterlosen Eigentümergemeinschaft abzugeben, genügt die Abgabe gegenüber einem Wohnungseigentümer (BT-Drucksache 19/18791, S. 49). |
Nur § 9b Abs. 2 WEG n. F. sieht ähnlich wie § 46 Nr. 8 GmbHG eine Beschlusskompetenz vor, die Vertretung der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter zu regeln, wenn dieser außergerichtlich (§ 181 BGB) bzw. gerichtlich von der Vertretung ausgeschlossen ist. In diesen Fällen kann z. B. ein Eigentümer zur Vertretung ermächtigt werden (BT-Drucksache 19/18791, S. 49).