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  • · Fachbeitrag · Architektenrecht

    Die „Schwarzgeld-Entscheidungen“ des BGH: So schützen sich bauleitende Büros vor den Folgen

    von Rechtsanwalt Dr. Andreas Koenen, Münster

    | Vereinbart der Bauherr mit dem ausführenden Unternehmen, dass die Leistung ganz oder teilweise schwarz erbracht werden soll, ist der Bauvertrag nichtig. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) jüngst entschieden. Folge: Der Handwerker kann gegen den Bauherrn keine Werklohnansprüche geltend machen und der Bauherr gegen den Handwerker keine Mängelansprüche. „Finde ich richtig“ oder „tangiert mich nicht“, könnte man als Architekt oder Ingenieur jetzt meinen. Von wegen. Und wie Sie das tangiert. Erfahren Sie deshalb alles zum „Warum“ und was jetzt zu veranlassen ist. |

    Haftung des Architekten ohne Schwarzgeldabrede

    Im Normalfall, das heißt ohne Schwarzgeldabrede zwischen Bauherr und Bauunternehmer, haftet der bauleitende Architekt gegenüber dem Bauherrn - gemeinsam mit dem Bauunternehmer - als Gesamtschuldner. Ist das Bauwerk mangelhaft und ist dies auf einen Bauüberwachungsfehler zurückzuführen, kann der Bauherr wählen, ob er den Architekten und/oder den Bauunternehmer in Anspruch nimmt. Wird der Architekt vom Bauherrn in Anspruch genommen, hat er als Gesamtschuldner einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Bauunternehmer (§ 426 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB]).

    Haftung des Architekten mit Schwarzgeldabrede

    Haben Bauunternehmer und Bauherr dagegen eine Schwarzgeldabrede getroffen, ist der Vertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nummer 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (SchwarzArbG) in Verbindung mit § 134 BGB nichtig (BGH, Urteil vom 10.4.2014, Az. VII ZR 241/13; Abruf-Nr. 141299).

     

    Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass der bauleitende Architekt für einen Ausführungsfehler des Bauunternehmers allein haften würde, und zwar nur deshalb, weil er den Bauunternehmer nicht hinreichend überwacht hat. Denn nach der BGH-Rechtsprechung ist der Bauvertrag nichtig. Folglich fehlt es an einem gesamtschuldnerischen Ausgleichsanspruch des Architekten gegenüber dem Bauunternehmer. Dieser würde, nur wenn der Bauvertrag wirksam wäre, für seine eigenen Ausführungsfehler im (Innen-)Verhältnis zum Architekten zu 100 Prozent haften. Hintergrund dieser Rechtsprechung ist, dass sich der Bauunternehmer im Verhältnis zum Architekten nicht darauf berufen kann, von diesem nicht hinreichend überwacht worden zu sein.

    Bauleitender Architekt im Ergebnis der Leidtragende

    Letztlich wäre also der bauleitende Architekt der Leidtragende, obwohl er selbst an der Schwarzgeldabrede zwischen dem Bauherrn und dem Handwerker gar nicht beteiligt ist. Der Bauherr würde nach der neuen BGH-Rechtsprechung im Ergebnis ungeschoren davonkommen, wenn er den Architekten wegen eines Bauüberwachungsfehlers mit Erfolg in Anspruch nehmen könnte, und das, obwohl er wegen der Nichtigkeit des Vertrags keinen Werklohn an den Bauunternehmer (mehr) zahlen muss. Auf der anderen Seite muss der Bauunternehmer nicht haften und darf sogar den vom Bauherrn bereits gezahlten Werklohn behalten.

     

    Wegen dieses unbilligen Ergebnisses ist es erforderlich, sich eingehend mit Lösungsmöglichkeiten zu befassen, die dieses korrigieren. Auf ein Eingreifen des Gesetzgebers zu vertrauen, dürfte wenig bringen, hat doch die Erfahrung der letzten Jahre gezeigt, dass Gesetzesänderungen im Bauvertragsrecht sehr viel Geduld voraussetzen.

     

    PRAXISHINWEISE | Dabei gibt es durchaus juristische Lösungsansätze, um dieses unbefriedigende Ergebnis auf Grundlage des geltenden Rechts zu beseitigen:

    • So wäre es denkbar, dem haftenden Architekten gegenüber dem Bauunternehmer einen Schadenersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 1 Abs. 2 Nummer 2 SchwarzArbG zuzusprechen.
    • Denkbar wäre auch eine analoge Anwendung des gesamtschuldnerischen Ausgleichsanspruchs zugunsten des bauleitenden Architekten (§ 426 Abs. 1 BGB), wobei die Anforderungen an eine Analogie sehr hoch sind.
     

    Keiner Korrektur des Ergebnisses bedarf es wohl nur in den Fällen, in denen sich der Architekt selbst an der Schwarzgeldabrede beteiligt oder ihm diese bekannt ist.

    Konsequenz für das Tagesgeschäft

    Die Frage des Ausgleichs zwischen Architekt und Bauunternehmer bei nichtigen Bauverträgen bedarf dringend einer Klärung. Bis dahin werden vermutlich noch Jahre vergehen und die Versicherungsprämien für bauleitende Architekten noch einmal deutlich ansteigen.

     

    PRAXISHINWEISE | Nicht nur deshalb, sondern auch aus steuerstrafrechtlichen Gesichtspunkten ist dem bauleitenden Architekten oder Ingenieur dringend anzuraten, sich an Schwarzgeldabreden nicht zu beteiligen - zumal eine Beteiligung auch den Versicherungsschutz gefährden dürfte. Als Sachwalter des Bauherrn sollte er darüber hinaus, allein schon aus eigenem Interesse, seine Möglichkeiten nutzen, Schwarzgeldabreden zwischen den am Bau Beteiligten zu verhindern.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Ein Musterinformationsschreiben an den Auftraggeber zu den Folgen der neuen BGH-Rechtsprechung zu Schwarzgeldabreden finden Sie auf pbp.iww.de unter Downloads → Musterschreiben → Optimale Vertragsabwicklung - allgemein.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2014 | Seite 16 | ID 42650575