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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Beratungsleistungen: Wann sind sie abgenommen und wie lange dauert die Verjährungsfrist?

    | Die Abnahme ist - seit der HOAI 2013 - nicht nur Voraussetzung für die Stellung einer Honorarschlussrechnung. Sie führt auch dazu, dass Ihre Gewährleistungsfrist zu laufen beginnt. Gilt dies aber nur für Leistungen, die in der HOAI preisrechtlich geregelt sind oder werden Beratungsleistungen und Gutachten in Gestalt Besonderer Leistungen genauso behandelt? Eine vom BGH bestätigte Entscheidung des OLG Hamburg liefert die Antwort. |

    Schadstoffgutachten als aktueller Beispielsfall

    Im konkreten Fall hatte ein Bauherr vor dem Erwerb eines Grundstücks ein Gutachten zu Bodenverunreinigungen eingeholt. Der Gutachter hatte zwar festgestellt, dass das Grundstück kontaminiert war. Die Ausdehnung der Kontamination und die Höhe der Sanierungskosten hatte er aber fahrlässig zu gering eingeschätzt. Nach Ablauf von knapp zehn Jahren forderte der Bauherr vom Gutachter deshalb Schadenersatz in Höhe von rund 100.000 Euro.

     

    Das OLG Hamburg lehnte den Schadenersatzanspruch ab, weil er verjährt sei (OLG Hamburg, Beschluss vom 7.12.2012, Az. 11 U 178/11; Abruf-Nr. 143137). Im konkreten Fall hat das OLG eine Verjährungsfrist von zwei Jahren angenommen (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Entscheidung ist rechtskräftig. Der BGH hat die Nichzulassungsbeschwerde des Auftraggebers zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 26.6.2014, Az. VII ZR 14/13).

    Abnahmewirkung bei fehlender förmlicher Abnahme?

    Vor dem OLG ging es zunächst um die Frage, wann eine gutachterliche Ausarbeitung als abgenommen gilt, wenn keine förmliche Abnahme erfolgt ist. Die Übergabe des Gutachtens an den Auftraggeber kann keinesfalls als Abnahme gewertet werden, so das OLG. Dem Empfänger muss mindestens eine Frist gewährt werden, in der er die Leistung prüfen kann. Erst nach Ablauf dieser Frist kann eventuell von einer Abnahme ausgegangen werden.

     

    Zur Dauer der Prüffrist ist keine allgemeingültige Aussage möglich. Sie hängt vom Inhalt des Gutachtens ab. Unklar ist auch geblieben, ob in bestimmten Fällen durch „Nichtstun“ eine Abnahmewirkung eintreten kann.

     

    PRAXISHINWEIS | Wir empfehlen, bei gutachterlichen Leistungen eine förmliche Abnahme zu vereinbaren und vorzunehmen. Gelingt das nicht, sollten Sie dem Auftraggeber anzeigen, dass das Gutachten fertiggestellt ist und Sie die Abnahme binnen einer bestimmten Frist beantragen. Läuft diese Abnahmefrist fruchtlos ab, tritt in der Regel bei Werkverträgen eine hilfsweise Abnahmewirkung ein. Hierzu sollten Sie aber immer Ihren Rechtsanwalt befragen. Denn es ist zunächst zu klären, ob die konkrete gutachterliche Leistung dem Werkvertragsrecht unterliegt oder nur als Dienstvertrag zu werten ist.

     

    Welche Verjährungsfrist ist maßgeblich?

    Im obigen Fall hat das OLG eine Verjährungsfrist von zwei Jahren angenommen, weil der Fall § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB unterfalle. Planungsleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind nach Ansicht des OLG alle Arbeiten, die im weitesten Sinne der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache dienen. Dies war für das OLG hier der Fall, weil das Gutachten der Vorbereitung einer Grundstückssanierung dienen sollte.

     

    Wichtig | Diese Entscheidung ist aber nicht unumstritten. § 634a BGB, der die Verjährung von Bauleistungen, Planungs- und Überwachungsleistungen sowie gutachterliche Leistungen regelt bzw. regeln soll, enthält nämlich drei Verjährungsdauern:

     

    • Zwei Jahre bei einem Werk, dessen Erfolg in der Herstellung, Wartung oder Veränderung einer Sache oder in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen besteht (§ 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB).

     

    • Fünf Jahre bei einem Bauwerk oder einem Werk, dessen Erfolg in der Erbringung von Planungs- oder Überwachungsleistungen hierfür besteht(§ 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB).

     

    • Drei Jahre als regelmäßige Verjährungsdauer (§ 634a Abs. 1 Nr. 3 BGB in Verbindung mit § 195 BGB).

     

    Die Grenzen, welcher Verjährungsparagraf bei gutachterlichen Leistungen anzuwenden ist, sind fließend. Sie können nicht davon ausgehen, dass die Leistung - wie im Fall des OLG Hamburg - schon in zwei Jahren verjährt ist. Gehen Sie eher davon aus, dass Ansprüche bei Gutachten, die Planungsleistungen für ein Bauwerk enthalten (zum Beispiel Sanierungskonzepte, Planungslösungen, Kostenschätzungen), wahrscheinlich nach § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB verjähren - also erst in fünf Jahren. Es wird aber immer auf den jeweiligen Einzelfall ankommen; und darauf, wie hoch der Anteil der werkvertraglich orientierten Leistungen im Gesamtgutachten ist.

     

    FAZIT | Unklarheiten bleiben - vertragliche Regelungen helfen bedingt. Allen Büros, die gutachterliche Leistungen erbringen, wird Folgendes geraten:

    • Unterscheiden Sie streng zwischen Gutachten und Planungsleistungen. Es ist riskant, in einem Gutachten zum Beispiel eine Schätzung vorzunehmen, was eine Mängelbeseitigung kosten könnte. Da sind Sie sehr schnell im Bereich des § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB.
    • Vereinbaren Sie im Gutachtenvertrag, dass eine förmliche Abnahme des Gutachtens erfolgt.
    • Wenn Sie nicht nur „begutachten“ sondern auch Handlungsempfehlungen aussprechen sollen, trennen Sie im Zweifel diese Tätigkeiten.
    • Prüfen Sie regelmäßig, ob für die gutachterlichen Leistungen tatsächlich auch Versicherungsschutz besteht. Nicht selten liegen hier Deckungslücken vor.
     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 12 | ID 43023679