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  • · Fachbeitrag · Haftung

    Keine Haftung bei Kostenüberschreitungen: Die Kostengarantie ist nicht mehr „state of the art“

    | Die Kostengarantie wird oft als Allheilmittel gegen Baukostenerhöhungen in Planungsverträgen vereinbart. Sinn- und zweckvoll ist sie nicht. Weder trägt sie dazu bei, von der Kostendynamik am Markt bestimmte Kostenerhöhungen zu verhindern noch können Bauherren Differenzkosten als Schadenersatz beim Planer geltend machen. Das hat die aktuelle Rechtsprechung anhand vom Bauherrn veranlassten Planungsänderungen noch einmal klargestellt. |

    OLG Bamberg sorgt für Klarheit bei Kostenerhöhungen

    Eine im Planungsvertrag vereinbarte Baukostengarantie wird dann gegenstandslos, wenn die ursprüngliche Planung mit ihren kostenbezogenen Planungsinhalten einvernehmlich geändert und in erweitertem Umfang (also mit entsprechenden Kostenfolgen) fortgeführt wird. Diesen Grundsatz, der sich im Tagesgeschäft bereits andeutete aber umstritten war, hat das OLG Bamberg jetzt sozusagen gerichtlich festgezurrt (OLG Bamberg, Beschluss vom 10.07.2023 Az. 12 U 24/23, Abruf-Nr. 243263).

     

    Das Urteil ist praxisgerecht und zeigt, dass der Bauherr immer vorn mit im Boot sitzt, wenn es um Baukosten geht. Denn er ist Besteller, Entscheider und Finanzier. Das OLG Bamberg hat sich zwar nur mit Planungsänderungen als Aushebelung von Kostenzusagen befasst. Aber es gibt noch eine Reihe weiterer gleichartiger Änderungen, die die Kostengrenze gegenstandslos machen:

     

    • Durch Änderungen ausgelöste Terminverschiebungen mit Kostenfolgen
    • Nicht rechtzeitig getroffene ‒ technisch erforderliche ‒ Entscheidungen

    Eigene Organisation muss trotzdem funktionieren

    Planungsbüros sollten sich aber nicht nur auf Urteile verlassen, sondern im Tagesgeschäft auch entscheidend vorsorgen. Beim Thema Kostengrenze wenden sie Haftungsrisiken insbesondere durch vorausschauende Beratung ab. Konkret: Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Sie bei vorgesehenen Änderungen den Bauherrn beraten, ihn auf zu erwartende Folgen hinweisen und das alles durch Beratungsschreiben oder E-Mails auch dokumentieren.

     

    Es ist aber auch möglich, ganz unkompliziert im Rahmen von Jour-Fixe-Besprechungen diese Sachverhalte in den entsprechenden Protokollen festzuhalten. Wichtig ist nur, dass der Auftraggeber seine Entscheidungen im Lichte der möglichen Kostenauswirkungen und Terminfolgen trifft. Damit erfüllen Sie Ihre Beratungspflicht und das Haftungsrisiko geht steil nach unten.

    Was sich bei Planungsänderungen außerdem ändert

    Werden Sie z. B. im Jour-Fixe gefragt, was eine avisierte Planungsänderung kostet, können Sie mitteilen, dass Sie eine fachgerechte Kostenschätzung zu den Änderungskosten erst abgeben können, wenn die konkrete Änderung beauftragt und z. B. bis zur Lph 2 bearbeitet ist. Alles was vorher genannt wird, kann allenfalls ein grober Kostenrahmen sein. Folgende Punkte ergeben sich erst im Zuge der Planungsänderungen und begründen, warum die konkreten Änderungskosten nicht im Vorhinein konkret errechnet werden können:

     

    • Hat die Planungsänderung Terminauswirkungen auf die Bauausführung?
    • Wird ein Nachtrag zum Bauantrag erforderlich?
    • Müssen die anderen Planungsbeteiligten ihre Pläne ebenfalls ändern (mit Konsequenzen für deren Kostenangaben)?
    • Werden Nachträge ausführender Unternehmen erforderlich?
    • Müssen spezielle Fachbehörden (z. B. Denkmalschutz) nochmals beteiligt werden?

     

    Wichtig | Es gibt innovative Bauherren, die bei vorgesehenen Änderungen zunächst einen groben Kostenrahmen (mit Skizzen) im Zeithonorar beauftragen, um auf dieser Basis eine Änderungsentscheidung zu treffen. Es kommt aber auch vor, dass Sie sich entschließen, dem Bauherrn ohne Honorar eine sehr grobe Kostenvorauseinschätzung zu geben, damit er auf dieser Basis entscheiden kann. Das ist aber von Projekt zu Projekt sehr unterschiedlich. Verlassen Sie sich nicht darauf, dass ein Bauherr als „fachkundig“ gilt und Kostenerhöhungen somit selbst hätte erahnen können. Es gilt der Rechtsgrundsatz, dass alle Bauherrn gleich zu beraten sind.

    Was ist mit konjunkturbedingten Kostenerhöhungen?

    Nicht befasst hat sich das OLG Bamberg mit den in diesen Zeiten anfallenden konjunkturbedingten Baukostenveränderungen. Im Rahmen der üblichen Beratungen können Sie auch dieses Risiko vermeiden, indem Sie bei jeder Kostenermittlung (z. B. Kostenschätzung und Kostenberechnung) auf die entsprechenden konjunkturellen Einflüsse, die etwa im Zuge der Ausschreibungen und Vergaben auftreten können, hinweisen und auch darauf, dass Ihre Kostenschätzung oder Kostenberechnung dem Kostenstand zum Zeitpunkt der Erarbeitung (Erstellungsdatum angeben) entspricht.

     

    Wichtig ist, dass der Bauherr erkennt, dass die Kostenberechnung zum Entwurf auf o. g. Kostenstand basiert und alles andere hinzuzurechnen ist. Seit dem Jahr 2009 hat der Verordnungsgeber das Entkopplungsprinzip in der HOAI geregelt, wonach die anrechenbaren Kosten sich aus der Kostenberechnung zum Entwurf ergeben und nicht mehr (z. B. für die Lph 8) aus der Kostenfeststellung.

     

    FAZIT | Das OLG Bamberg hat Klartext gesprochen. Veranlasst der Bauherr Änderungen, trägt er die Folgen (z. B. in Form zusätzlicher Kosten) selbst. Beraten Sie vorsorglich, dann sind Sie außen vor. Ist eine Kostengrenze im Vertrag vereinbart, wird sie bei auftraggeberseitig ausgelösten Kostenänderungen gegenstandslos.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2024 | Seite 18 | ID 50132644