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  • · Fachbeitrag · Vertragsanbahnung 


    Mündliche Vereinbarungen gehören in den schriftlichen Vertrag


    | Mündliche Vereinbarungen müssen sich später auch im schriftlichen Vertrag wiederfinden. Ist das nicht der Fall, hat die Partei, die von der fehlenden Vereinbarung benachteiligt ist, einen Schadenersatzanspruch. Das hat das OLG Karlsruhe im Einvernehmen mit dem BGH klargestellt. Kleine Tricks bei der Vertragsanbahnung können sich also als Eigentor erweisen. |

    Mündliche Vereinbarung wurde nur teilweise in Vertrag übernommen


    Im vorliegenden Fall ging es um die Planung (1. Stufe) für ein Fußballstadion und die anschließende Ausführung (2. Stufe). Mit der Planung war ein GÜ beauftragt, der über Spezialwissen im Stadionbau verfügte. Für die 2. Stufe sollten weitere Angebote eingeholt werden. Um zu vermeiden, dass der GÜ sein Spezialwissen preisgeben musste, wurde Folgendes vereinbart:


    • 1.Der Auftraggeber ist nicht berechtigt, die vom Auftragnehmer erstellten Zeichnungen im Zuge der Ausschreibung an Dritte (Bieter) weiterzugeben.

    • 2.Wenn der Auftraggeber Vergleichsangebote einholen will, erfolgt das auf Basis eines Raumbuchs ohne die oben erwähnten Zeichnungen.


    Der GÜ formuliert daraufhin den Vertragstext. Den zweiten Satz ließ er aber weg. Der Auftraggeber stellte dies nach der Vertragsunterzeichnung fest und kündigte den Vertrag fristlos. Er fühlte sich arglistig getäuscht. 


    OLG sieht in dieser Vorgehensweise eine Pflichtverletzung


    Das OLG Karlsruhe bestätigte, dass die fristlose Kündigung rechtmäßig und der Vertrag insgesamt rückgängig zu machen war (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.4.2011, Az. 8 U 171/09; Abruf-Nr. 131011. Das Urteil ist rechtskräftig. Der BGH hat die Revision des GÜ zurückgewiesen (BGH, Beschluss vom 4.10.2012, Az. VII ZR 101/11). Die Richter haben zwei Dinge klargestellt:


    • Der Auftragnehmer muss den Auftraggeber vor der Vertragsunterzeichnung darauf hinweisen, wenn eine mündliche Absprache nicht vollständig oder geändert in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden ist.


    • Ist die Aufklärungspflicht verletzt worden, hat der Geschädigte einen - auch nach der Unterzeichnung des Vertrags durchsetzbaren - Schadenersatzanspruch auf Rückgängigmachung des Vertrags. Voraussetzung ist, dass durch die Pflichtverletzung ein wirtschaftlicher Schaden entstanden ist.


    PRAXISHINWEIS | Gleiche Sachverhalte müssen gleich behandelt werden. Deshalb können Planungsbüros auch agieren, wenn der umgekehrte Fall vorliegt. Hat zum Beispiel der gewerbliche Auftraggeber mit seinen Vertragsexperten die schriftlichen Formulierungen einseitig zu seinen Gunsten geändert, hat das Planungsbüro einen Schadenersatzanspruch. Diesen kann es auch noch durchsetzen, obwohl und nachdem es den Vertrag unterzeichnet hat.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2013 | Seite 15 | ID 38547450