Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.09.2008 | BGH spricht Klartext

    Funktionale Ausschreibung: Vorgaben in Planungsunterlagen sind verbindlich

    Besonders bei Ingenieurbauwerken und gewerblichen Hochbauten werden Bauleistungen oft funktional ausgeschrieben. In der Vergangenheit gab es oft Streit über den Inhalt dieser Verträge. Das ist nun vorbei. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nämlich klargestellt, dass auch bei funktionalen Ausschreibungen genaue Leistungsvorgaben (zum Beispiel Zeichnungen) als Vertragsbestandteil gelten und von den ausführenden Unternehmen zwingend einzuhalten sind.  

    Der zugrunde liegende Fall

    Im konkreten Fall wies eine Grundrissplanung als Bestandteil einer funktionalen Ausschreibung bei einem GU-Auftrag einen Bistrobereich aus, der aus Küche, Gastraum sowie Lager bestand. Nach Vertragsschluss änderte der Auftraggeber seine Planung. Aus den bisherigen Räumen, von denen nur einer mit einer Lüftung ausgestattet war, wurde ein großer Bistrobereich, der insgesamt gelüftet werden musste. Folglich wurde eine größere Lüftungsanlage notwendig. Dafür legte der GU ein Nachtragsangebot vor.  

     

    Der Auftraggeber berief sich auf die funktionale Ausschreibung und teilte dem GU mit, dass die Funktion als Bistro nicht geändert wurde. Folglich habe der GU keinen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung für die größere Lüftungsanlage. Der GU hingegen bezog sich nur auf die Pläne und Beschreibungen und beharrte auf seinem Standpunkt, dass er wegen der Abweichung von den bisherigen Zeichnungen und Beschreibungen (= Vertragsbestandteilen) einen Nachtrag einreichen dürfe.  

    Die BGH-Entscheidung

    Der BGH stellt ganz eindeutig auf die Planungsunterlagen als Vertragsgrundlage ab. Jede Abweichung davon, so die Richter, stellt eine Änderungsanweisung dar, die zu vergüten ist. Der GU bekam also Recht. Der Auftraggeber musste ihm die Aufwendungen für die größere Lüftungsanlage vergüten (Urteil vom 13.3.2008, Az: VII ZR 194/06; Abruf-Nr. 081382).  

    Konsequenz für die Praxis

    Die BGH-Entscheidung ist für Architekten und Ingenieure absolut erfreulich. Auftraggeber gingen bisher davon aus, dass der Begriff „funktionale Ausschreibung“ auf die ausgeschriebenen Funktionen abstellt. Das trifft nicht zu. Eine funktionale Ausschreibung ist formal das gleiche wie ein Pauschalpreisvertrag. Folge: Sie haben es ab sofort selbst in der Hand, auch bei funktionalen Ausschreibungen genaue Vertragsinhalte zu definieren. Als wichtigste Vertragsbestandteile hat der BGH folgende Unterlagen anerkannt: