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  • · Fachbeitrag · Öffentliche Aufträge

    EU moniert § 3 Abs. 7 VGV: Ist das das Aus für die losweise Vergabe von Planungsleistungen?

    | Die EU-Kommission hat gegen Deutschland ein zweites Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, das die planenden Berufe betrifft. Nach der HOAI geht es jetzt um § 3 Abs. 7 S. 2 VgV. In ihm ist geregelt, dass bei der Schwellenwertermittlung für die Vergabe von Planungsleistungen nur der Wert für Lose gleichartiger Leistungen zusammenzurechnen ist. Die EU sieht darin einen Verstoß gegen eine EU-Richtlinie, wonach grundsätzlich der geschätzte Gesamtwert aller Planungsaufträge (z. B. Gebäude, TGA, Tragwerksplanung) zu addieren ist. |

    Der EU-rechtliche Hintergrund

    Mit einem Vertragsverletzungsverfahren kann die Kommission Verstöße eines Mitgliedstaats gegen EU-Recht geltend machen. Es besteht aus drei Stufen. Vermutet die Kommission, dass europäisches Recht nicht fristgemäß, unvollständig oder überhaupt nicht in nationales Recht umgesetzt wurde, sendet sie zunächst ein Aufforderungsschreiben. Darin fordert sie den Mitgliedstaat auf, innerhalb einer bestimmten Frist zu einem Anwendungsproblem Stellung zu nehmen. Das ist bei § 3 Abs. 7 S. 2 VgV der Stand der Dinge.

     

    Das wirft die EU-Kommission Deutschland vor

    Die Kommission wirft Deutschland vor, dass eine solche Sonderregelung für Planungsleistungen in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen ist. Deutschland hat jetzt zwei Monate Zeit, auf die Beanstandungen zu reagieren. Andernfalls l‒ das wäre Stufe Zwei ‒ kann die Kommission beschließen, eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu übermitteln. Hier würde Deutschland aufgefordert, den Verstoß innerhalb einer bestimmten Frist abzustellen. Käme Deutschland dem nicht nach, könnte die Kommission ein gerichtliches Verfahren vor dem EuGH einleiten (wie jetzt bei der HOAI der Fall).

     

    Wie sind die Aussichten?

    § 3 Abs. 7 S. 2 VgV ist der Kommission schon lange ein Dorn im Auge. Vor diesem Hintergrund kommt das Verfahren nicht überraschend. Überdies lehrt die aktuelle Vergabepraxis, dass sich immer weniger Auftraggeber trauen, § 3 Abs. 7 S. 2 VgV anzuwenden und bei einem Projekt die Planungsleistungen für die Leistungsbilder Gebäude, TGA und Tragwerksplanung getrennt auszuschreiben, wenn in Summe der Schwellenwert überschritten ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn Fördermittel im Spiel sind (OLG München, Beschluss vom 13.03.2017, Az. Verg 15/16, Abruf-Nr. 193132).

    Wie werden Planungsaufträge künftig ausgeschrieben?

    Für Sie stellt sich also die Frage, worauf Sie sich einstellen müssen. Konkret: Wie werden öffentliche Planungsaufträge künftig ausgeschrieben?

     

    Mehr Verhandlungsverfahren und offene Verfahren

    PBP geht davon aus, dass das Vertragsverletzungsverfahren dazu führt, dass mehr Planungsaufträge EU-weit im Verhandlungs- oder im offenen Verfahren ausgeschrieben werden. Für Auftraggeber ist das offene Verfahren besser, weil es weniger Aufwand macht. Es darf dann angewendet werden, wenn der Auftraggeber die Planungsaufgabe gut beschreiben kann (§ 14 VgV).

     

    Ein paar Bewerbungstipps vom Vergaberechtsanwalt

    PBP hat den Vergaberechtsspezialisten Dr. Tobias Hänsel aus Dresden um ein paar Bewerbungstipps gebeten. Ihm fallen in seiner Praxis vor allem folgende Fehler auf. Die klingen teilweise banal, spiegeln aber die Praxis wider:

     

    • Wenn Sie sich auf offene oder Verhandlungsverfahren bewerben, lesen Sie sich vorher die Ausschreibungsunterlagen genau durch.

     

    • Als Bieter ist es Ihnen nicht gestattet, von den Vorgaben des Auftraggebers abzuweichen. Das gilt auch, wenn der Auftraggeber aus Ihrer Sicht unnötige, unwirksame oder dämliche Forderungen stellt. Sie können die Vorgaben erfüllen, aufklären oder rügen; Sie dürfen aber nicht davon abweichen.

     

    • Sie müssen die Vorgaben auch erfüllen. Verlangt der Auftraggeber eine Referenz, die nicht älter als fünf Jahre sein soll, dann nützt es nichts, wenn Sie eine Referenz haben, die sechs Jahre alt ist; sei sie auch noch so gut.

     

    • Will der Auftraggeber bestimmte Honorare angeboten haben, müssen Sie dem nachkommen. Gibt der Auftraggeber also z. B. die Honorarzone 3 vor, müssen Sie das machen. Gleiches gilt für die anrechenbaren Kosten. Es ist klar, dass Sie die anrechenbaren Kosten erst in der Lph 3 korrekt feststellen können. Bei der Ausschreibung geht es dem Auftraggeber nur darum, vergleichbare Angebote zu erhalten. Deshalb dürfen Sie hier nicht anfangen zu rechnen und Ihr Honorar so anbieten, wie Sie es für richtig halten.

     

    • Werden Konzepte o. ä. verlangt, müssen Sie sich Mühe geben. Es nutzt nichts, Alibi-Unterlagen einzureichen, wie Sie sie bei jeder Vergabe einreichen. Der Auftraggeber will immer sehen, dass Sie sich mit dem Bauvorhaben auseinandergesetzt haben.

     

    • Es nützt nichts, mehr zu machen als verlangt ist. Ihr „Mehr“ darf der Auftraggeber nicht berücksichtigen.

     

    • Die elektronische Form ist strikt einzuhalten. Sie müssen sowohl das Angebot elektronisch abgeben als auch elektronisch nachfragen. Schriftliche Angebote müssen zwingend ausgeschlossen werden.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „VgV-Aufträge: Mit e-Vergabe gut umgehen und von Standardisierung profitieren“, pbp.iww.de → Abruf-Nr. 45602299
    • Beitrag „Vergabe von Planungsleistungen: Was Bieter und Vergabebetreuer jetzt wissen müssen“, PBP 8/2018, Seite 16 → Abruf-Nr. 45128434
    Quelle: Ausgabe 04 / 2019 | Seite 20 | ID 45739434