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  • · Fachbeitrag · HOAI 2013

    „Stufenverträge“: In diesen Fällen können Sie Leistungen schon nach der HOAI 2013 abrechnen

    von Rechtsanwalt Thomas Ziegler, Berlin

    | Die HOAI 2013 kommt in Kürze, die letzte Hürde „Bundesrat“ ist am 7. Juni mit 35 zu 34 Stimmen genommen worden. Eine Frage, die sich nach dem Inkrafttreten der HOAI 2013 sofort stellt, ist, ob Leistungen aus Stufenverträgen nach der HOAI 2013 abgerechnet werden dürfen. Legt man den RBBau-Mustervertrag zugrunde, lautet die Antwort: „Ja, das geht“. |

    Das sagt die HOAI 2013 zur zeitlichen Anwendung

    Werfen wir zunächst einen Blick darauf, wie die für Stufenverträge relevante Übergangsvorschrift in der HOAI 2013 aussieht. § 57 hat folgenden Wortlaut

     

    • § 57 HOAI 2013

    Diese Verordnung ist nicht auf Grundleistungen anzuwenden, die vor ihrem Inkrafttreten vertraglich vereinbart wurden; insoweit bleiben die bisherigen Vorschriften anwendbar.

     

    Das kennzeichnet Stufenverträge

    Wenn man von Stufenverträgen spricht, dann ist das kein rechtlich eindeutiger Begriff. Es sind Verträge gemeint, in denen nur ein Teil einer Gesamtleistung bereits beauftragt wird und weitere Teile der Gesamtleistung unter Einschluss einer Honorarvereinbarung geregelt werden. Zwei „Modelle“ sind gängig:

     

     

    • Die Beauftragung der Leistung ist von einer Entscheidung des Auftraggebers abhängig; das heißt es steht dem Auftraggeber frei, die weiteren Leistungen zu beauftragen. In diesem Fall wird die Beauftragung und die Honorarvereinbarung mit dem Abruf der weiteren Leistungen wirksam (BGH, Urteil vom 27.11.2008, Az.VII ZR 211/07; Abruf-Nr. 090404). In den meisten dieser Verträge ist die Wirksamkeit des Abrufs noch an eine Form geknüpft.

    Welche HOAI-Fassung ist auf Stufenverträge anzuwenden?

    Die oben genannten Urteile sagen zunächst einmal nur etwas dazu aus, dass die Honorarvereinbarung in solchen Fällen wirksam ist. Nicht aber, welche Fassung der HOAI für die Ermittlung des gesetzlichen Mindesthonorars heranzuziehen ist. Zu dieser Frage gibt es inzwischen ein Urteil des LG Koblenz, aus dem sich Folgendes ergibt (LG Koblenz, Urteil vom 28.2.2013, Az. 4 O 103/12; Abruf-Nr. 130873):

     

    • Sieht ein Stufenvertrag vor, dass die weiteren Leistungen auf Basis einer freien Entscheidung des Bauherrn beauftragt werden, ist für die Ermittlung des gesetzlichen Mindesthonorars diejenige HOAI-Fassung anzuwenden, die zum Zeitpunkt des Abrufs gültig ist.

     

    • Grundsätzlich führt jede Bedingung, an die der Auftrag für die weiteren Stufen anknüpft, beispielsweise auch eine vom Verkaufserfolg abhängige Entscheidung über eine weitere Beauftragung, dazu, dass der Vertrag insoweit erst mit Eintritt der Bedingung wirksam wird.

    Vertrag mit freier Entscheidung: Mustervertrag der RBBau

    Ein Beispiel für einen Vertrag mit freier Entscheidung ist der „Vertrag Objektplanung“ in der RBBau. Er regelt den stufenweisen Abruf wie folgt:

    • Auszug aus Vertrag Objektplanung der RBBau

    ...

    Der Auftraggeber beabsichtigt, bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme den Auftragnehmer mit weiteren, noch nicht ... beauftragten Leistungen nach § 6.2 bis 6.5 - einzeln oder im Ganzen - zu beauftragen. Diese weitere Beauftragung erfolgt schriftlich durch einseitigen Abruf.

     

    Ein Rechtsanspruch auf Beauftragung weiterer Leistungsstufen besteht nicht. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, die Leistungen der weiteren Leistungsstufen zu erbringen, wenn der Auftraggeber sie ihm überträgt. ... Aus der stufenweisen Beauftragung kann der Auftragnehmer keine Erhöhung seines Honorars ableiten.

     

    Folge: Bei RBBau-Verträgen ist der Auftraggeber frei, ob er den Planer mit weiteren Leistungen beauftragt. Wird eine solche neue Leistungsstufe nach Inkrafttreten der HOAI 2013 abgerufen, wird der Auftrag mit dem Abruf wirksam und der Planer hat Anspruch auf ein Mindesthonorar nach den Regeln der HOAI 2013.

     

    Wichtig | Der Abruf muss schriftlich erfolgen, um wirksam zu sein. Beachten Sie, dass dieses vertragliche Schriftformerfordernis abbedungen werden kann (BGH, Urteil vom 27.11.2008, Az. VII ZR 211/07; Abruf-Nr. 090404).

     

    PRAXISHINWEIS | Gerade in der Zeit vor Inkrafttreten der HOAI 2013 kann dies von Bedeutung sein. Hat der Auftraggeber eine Leistungsstufe vor dem Inkrafttreten der HOAI 2013 nicht formgerecht abgerufen (also nur mündlich „auf Zuruf“), sollte man vor Aufnahme der Arbeit auf einem formgerechten Abruf bestehen. Der Grund ist, dass man sich so unter Umständen in die Neue HOAI retten kann.

     

    Beispiel für Vertrag mit bedingter Beauftragung

    Ein Beispiel für einen Vertrag mit bedingter Beauftragung ist der vom BGH mit Urteil vom 18. Dezember 2008 entschiedene Fall (Az. VII ZR 189/06; Abruf-Nr. 090719). Ihm lag folgende Vertragsklausel zugrunde:

    • Vertragsklausel zu Beauftragung bei Eintritt einer Bedingung

    „Abhängig vom Verkaufserfolg bzw. dem zukünftigen jeweiligen Verkaufserfolg sind weitere insgesamt vier Wohngebäude mit jeweils rd. 16 Eigentumswohnungen - gleicher Typus wie oben - an gleicher Stelle auf dem Grundstück „C.-Straße“ geplant (s. auch Zeichnungen). Hier erhält das Architekturbüro H. zu den gleichen Bedingungen dieses Hauptvertrages eine abweichende Pauschalvergütung von ... je Wohngebäude ....“

     

    Diese Vertragsklausel hat der BGH nach Auslegung des Vertrags als einen Auftrag unter einer Bedingung angesehen. Auch hier wird die Honorarvereinbarung mit Eintritt der Bedingung wirksam. Würde bei einem solchen Vertrag der Abruf einer neuen Stufe in eine neue HOAI-Fassung fallen, wäre das gesetzliche Mindesthonorar nach der neuen HOAI zu ermitteln.

    Konsequenz für Ihr Tagesgeschäft

    Eine schriftliche Honorarvereinbarung im Stufenvertrag wird bei Abruf der Leistung nach Inkrafttreten der Neuen HOAI grundsätzlich nur dann und insoweit unwirksam, als bei ihrer Anwendung das gesetzliche Mindesthonorar unterschritten wird.

     

    PRAXISHINWEISE |  

    • Es empfiehlt sich deshalb, eine Vergleichsrechnung zu erstellen. Ermitteln Sie die Höhe des Honorars, das sich bei Beachtung der vertraglichen Vereinbarungen ergibt (gegebenenfalls unter Anwendung der bei Vertragsschluss geltenden HOAI).
    • Stellen Sie dem gegenüber das gesetzliche Mindesthonorar, das sich nach der HOAI 2013 ergibt. Ist das gesetzliche Honorar höher als das vertragliche, ist dieses maßgeblich.
    • Natürlich werden viele Auftraggeber das höhere Honorar auf der Basis der HOAI 2013 nicht freiwillig zahlen. Auf Grundlage der Vergleichsrechnung kann man dann auch beurteilen, ob sich ein Streit wirtschaftlich lohnt.
     

    Stufenvertrags-Check als Redaktionsservice

    Sie haben einen Stufenvertrag und sind unsicher, ob das Honorar für eine nach Inkrafttreten der HOAI 2013 abgerufene Stufe nach der HOAI 2009 oder HOAI 2013 abzurechnen ist? Dann nutzen Sie den „Stufenvertrags-Check“ der Redaktion. Schildern Sie uns den Fall und schicken Sie uns den Wortlaut des Stufenvertrags (jeweils per Mail an pbp@iww.de). Wir werden die Fälle dann anonymisiert als „Erfahrungsaustausch“ veröffentlichen und darin unsere Meinung zum jeweiligen Stufenvertrag kundtun.

    Quelle: Ausgabe 07 / 2013 | Seite 22 | ID 40028330