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  • · Fachbeitrag · HOAI

    Nach dem EuGH-Urteil zur HOAI: Die öffentlichen Auftraggeber haben schon reagiert

    von RA Dr. jur. Ralf Averhaus, Leinemann Rechtsanwälte mbB, Berlin

    | Die EuGH-Entscheidung, dass die Mindest- und Höchstsätze nicht mit EU-Recht vereinbar sind, zeigt schon Wirkung. „Dieses Urteil hat insbesondere zur Folge, dass die öffentlichen Stellen in Deutschland aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts verpflichtet sind, ab sofort die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden“, schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft an nachgelagerte Behörden. PBP erklärt Ihnen, was der EuGH entschieden hat und was das für Sie und für öffentliche Auftraggeber bedeutet. |

    EuGH: Mindest- und Höchstsätze der HOAI sind EU-widrig

    Die in der HOAI festgelegte Pflicht, Höchst- und Mindestsätze einzuhalten, ist EU-rechtswidrig. Das hat der EuGH festgestellt. Er hat zwar anerkannt, dass die Erbringer von Planungsleistungen hier in einem Konkurrenzkampf stehen, der ohne Mindestsätze zu Billigangeboten oder gar zur Ausschaltung von Wirtschaftsteilnehmern führen könne. Er bemängelt aber, dass Deutschland das Ziel, eine hohe Qualität der Planungsleistungen zu gewährleisten, nicht in systematischer Weise umgesetzt habe. Ein Grund dafür sei, dass die Erbringung von Planungsleistungen nicht Personen vorbehalten sei, die eine reglementierte Tätigkeit ausübten. Damit gebe es keine Garantie, dass Planungsleistungen nur von solchen Büros erbracht werden, die ihre Eignung nachgewiesen haben (EuGH, Urteil vom 04.07.2019, Rs. C-377/17, Abruf-Nr. 209725).

     

    Damit ist die Bundesregierung aufgefordert,

    • entweder die verbindlichen Honorare, sprich die Mindest- und Höchstsätze der HOAI, aufzuheben oder
    • durch andere Maßnahmen dafür zu sorgen, dass diese die Anforderungen des europäischen Rechts einhalten.

    Welche Handlungsoption jetzt wohl ergriffen wird

    Man könnte die Mindest- und Höchstsätze vielleicht erhalten, wenn Planungsleistungen nur noch von qualifizierten Personen erbracht werden, die der Kammeraufsicht unterliegen. Da strengere Regelungen über den Zugang zu den planenden Berufen aber die Niederlassungsfreiheit einschränken, bleibt wohl nur, die HOAI zu ändern. Die Bundesregierung muss die Mindest- und Höchstsatzregelung aufheben. Den Rest der HOAI ‒ mit ihren Leistungsbildern und Honorartabellen ‒ könnte sie als Referenzrahmen erhalten.

     

    Die Änderung der HOAI kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Denn es sind Verordnungs- und Gesetzgeber gefordert. Das liegt daran, dass die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage, auf der die HOAI beruht, auch geändert werden muss.

    Die Folgen für die planenden Berufe

    Die Höhe des Honorars ist ab sofort frei vereinbar. Ihr Honorar muss nicht mehr zwischen Mindest- und Höchstsatz liegen.

     

    Auf zunehmenden Preisdruck vorbereiten

    Rechnen Sie damit, dass Sie sich spätestens bei einer Abschwächung der Baukonjunktur einem zunehmenden Preisdruck ausgesetzt sehen werden.

     

    PRAXISTIPP | Es wird für Sie folglich immer wichtiger werden, angemessene Honorare genau zu kalkulieren und aktiv zu verhandeln. Wie Sie das Honorar vereinbaren, bleibt dabei weitgehend Ihnen überlassen. Sie können

    • ein Pauschalhonorar vereinbaren,
    • sich auf zeitaufwandsbezogene Honorare verständigen oder
    • sich mit dem Auftraggeber darauf verständigen, das Honorar nach wie vor nach der HOAI zu ermitteln. Hierbei brauchen Sie aber klare Vereinbarungen, insbesondere zum Honorarsatz.
     

    Wie geht es bei den Öffentlichen kurzfristig weiter?

    Das Bundeswirtschaftsministerium hat die öffentlichen Stellen in Deutschland aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts angehalten, ab sofort die für europarechtswidrig erklärten Regelungen der HOAI nicht mehr anzuwenden. Mit anderen Worten: Wer bei einer Ausschreibung von Architekten- oder Ingenieurleistungen ein Honorar unterhalb der Mindest- oder oberhalb der Нöchstsätze der HOAI anbietet, darf nicht mehr ausgeschlossen werden. Solche Bieter können ab sofort den Zuschlag bekommen (BMWi, Schreiben vom 04.07.2019, Abruf-Nr. 209952). In Niedersachsen ist dies seit dem 05.07. auch schon Bestandteil von Förderbescheiden.

     

    Mit entsprechenden Nachprüfungsverfahren ist zu rechnen. Allerdings bleibt es dabei, dass Angebote, die sich bei einer Einzelfallprüfung als unauskömmlich erweisen, ausgeschlossen werden können.

     

    Das BMWi teilt außerdem mit, dass es weitere Bundesressorts, die Länder und die kommunalen Spitzenverbände sowie die Berufsverbände und die Kammern konsultieren werde, um im Anschluss einen abgestimmten Vorschlag zu notwendigen Änderungen der HOAI vorzubereiten.

     

    Das BMWi erwartet, „dass das Bundesbauministerium die Richtlinien für den Bundesbau (RBBau) demnächst ... übergangsweise dahingehend anpassen wird, dass die Bundesbauverwaltung als öffentlicher Auftraggeber die Mindest- und Höchsthonorarsätze nicht mehr verbindlich vorgeben darf“.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Beitrag „Der EuGH und der Wegfall der Mindestsätze: Die Folgen des Urteils für bestehende Verträge“, PBP 8/2019, Seite 6 → Abruf-Nr. 46025062
    • Beitrag „Nach dem EuGH-Urteil zur HOAI: So gehen Sie ab sofort bei Vertragsanbahnungen richtig vor“, PBP 8/2019, Seite 8 → Abruf-Nr. 46025200
    Quelle: Ausgabe 08 / 2019 | Seite 4 | ID 46025064