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  • · Fachbeitrag · Honorargestaltung

    Planungsänderung führt zu reduzierten Baukosten: Wie sieht das gerechte Honorar aus?

    | Wie wird das Honorar für Planungsänderungen in den Lph 1 bis 3 berechnet, wenn der Auftraggeber damit kostensparendere Lösungen umsetzen bzw. erreichen will (z. B. Projektverkleinerung). Diese Frage stellt sich in diesen ‒ wirtschaftlich zunehmend schwierigen ‒ Zeiten öfter. PBP liefert die Antwort. |

    Fall vor dem OLG Brandenburg als Blaupause

    Die Antwort findet sich in einer etwas älteren Entscheidung des OLG Brandenburg (Urteil vom 08.02.2000, Az. 11 U 116/99, Abruf-Nr. 220011).

     

    Um diese Fragen geht es

    Das OLG musste klären, ob das Planungsbüro die ursprünglich höheren anrechenbaren Kosten für die ursprüngliche Planungslösung bei den erbrachten Leistungen in Ansatz bringen darf, wenn tatsächlich eine reduzierte Planung verwirklicht wird.

     

    Der Fall tritt oft ein, wenn das Projekt nach der Lph 2 verkleinert und diese verkleinerte Planungslösung ab dem Entwurf weitergeplant werden soll. Nicht wenige Auftraggeber vertreten hier die Auffassung, dass die anrechenbaren Kosten für die Lph 1 bis 3 nach der neuen ‒ reduzierten ‒ Kostenberechnung abgerechnet werden. Das hieße also, dass die niedrigeren anrechenbaren Kosten aus der „Neuplanung“ auch für die umfangreichere ursprüngliche Planung maßgeblich wären. Beim oberflächlichen Durchlesen der HOAI könnte man auch zu dem Ergebnis kommen. Das stimmt aber nicht.

     

    Klassischer Fall: Reduzierung beim Einfamilienhaus

    In dem Fall beim OLG Brandenburg hatte der Architekt bis zum Vorentwurf für ein Wohngebäude den Dachgeschossausbau ebenfalls zu planen gehabt. Es war vereinbart, dass im Falle der Realisierung des Wohnhauses weitere Lph beauftragt werden können. Im Anschluss an die Vorentwurfsplanung wurde diese Option auch gezogen, es wurden weitere Lph beauftragt. Aufgrund von Kosteneinsparungen führte diese vertiefende Planung aber zu erheblich geringeren Baukosten. Die Parteien gerieten über die Höhe der anrechenbaren Kosten für die Lph 1 und 2 in Streit. Der Architekt machte geltend, dass er bis zur Lph 2 die umfänglichere Planungslösung bearbeitet habe und bis dahin die höheren anrechenbaren Kosten zugrunde legen dürfe.

    Höhere anrechenbaren Kosten bis zum Änderungszeitpunkt

    Das OLG Brandenburg hat die Sache ganz eindeutig entschieden und festgehalten, dass es sich bei der Reduzierung des Planungsumfangs im Zuge der Beauftragung der weiteren Planung ab Lph 3 um eine Planungsänderung handelt. Darüber hinaus haben die Richter klargestellt, dass in Bezug auf die bis zur Lph 2 umfänglichere Planungslösung auch die höheren ‒ der ursprünglichen Planungslösung entsprechenden ‒ anrechenbaren Kosten zugrunde zu legen sind. Wäre das nicht so, wäre eine unangemessen niedrige Architektenvergütung die Folge.

     

    PRAXISTIPP | Dieser allgemeine Rechtsgrundsatz kann auf alle Leistungsbilder übertragen werden. Beachten Sie aber, dass die Entscheidung im vorliegenden Fall darauf beruhte, dass die Lph 2 abgeschlossen war und erst im Anschluss die Reduzierung des Planungsumfangs angeordnet wurde. Vor diesem Hintergrund kommt der letzten Grundleistung der Lph 2 „Zusammenfassen, Erläutern und Dokumentieren der Ergebnisse“ eine erhebliche Bedeutung zu.

     

    Die Voraussetzungen für die „Brandenburger Abrechnungslösung“

    Es steht also fest: Die bisherige umfänglichere Planungslösung ist mindestens dann verhältnisgerecht zu vergüten, wenn

    • grundsätzlich verschiedene Anforderungen vorliegen,
    • die Änderung (maßgeblich für die Ermittlung der anrechenbaren Kosten) vom Bauherrn angeordnet wird und
    • eine Reduzierung des Planungsumfangs einer Planungsänderung gleichkommt.

     

    Reduzierung des Planungsumfangs hat auch terminliche Folgen

    Wenn Planungsumfänge reduziert werden, wird das auch zur Folge haben, dass die bisher in den Terminplänen vereinbarten Abläufe aktualisiert werden müssen. Denn durch das Reduzieren von Planungsumfängen fallen in der Regel auch diesbezügliche Planungsänderungen an. Vom Auftraggeber angeordnete Planungsänderungen führen nämlich dazu, dass die Planungstermine neu vereinbart werden müssen.

    So gehen Sie im Tagesgeschäft richtig vor

    Um von der Brandenburger Entscheidung profitieren zu können, sollten Sie Folgendes wissen bzw. beherzigen:

     

    Planungsablauf dokumentieren

    Die erfolgreiche Argumentation und Umsetzung im Tagesgeschäft erfordert mindestens eine nachvollziehbare Dokumentation des Planungsablaufs. Aus dieser muss u. a. hervorgehen, dass

    • die bisherige (umfangreichere) Planungslösung vom Auftraggeber gewollt und akzeptiert war,
    • es sich bei der Reduzierung des Planungsumfangs um eine weitere Planung nach grundsätzlich verschiedenen Anforderungen handelt,
    • es sich nicht um die Nacherfüllung eines ursprünglichen Planungsziels (z. B. nachträgliche Erfüllung einer Kostenobergrenze) handelt, die Auslöser für die Reduzierung des Planungsumfangs bzw. der Kosten ist.

     

    Wann muss Änderung spätestens erfolgen?

    Sie profitieren von der Brandenburger Entscheidung auch dann, wenn die Änderung zeitlich nach der Fertigstellung der Lph 2 und vor der Fertigstellung der Lph 3 erfolgt. Die bisher ‒ nicht selten ‒ vertretene Auffassung, dass in diesem Stadium die endgültige Entwurfsplanung noch nicht fertiggestellt ist und somit auch noch unterschiedliche Lösungen vom Bauherrn erwartet können, ohne dass es sich um Planungsänderungen handelt, ist damit nicht haltbar.

     

    Wichtig | Das geht aber nur, wenn die Dokumentation und Kommunikation der jeweiligen Planungsschritte transparent und jeweils aktuell erfolgt. Der jeweils erreichte Planungsstand muss nachvollziehbar sein.

     

    • Beispiele

    Folgende Fälle treten im Tagesgeschäft im Zuge der Lph 3 nicht selten auf:

    • Wegfall des ausgebauten Dachgeschosses eines Wohngebäudes (hier entschiedener Fall)
    • Zurückstellung eines Bauabschnitts (z. B. Verschiebung aus Finanzierungsgründen um zwei Jahre)
    • Herausnahme der beweglichen Einrichtung aus dem Planungsumfang (z. B. Planung der beweglichen Einrichtung erfolgt ab Lph 3 vom Schulamt)
    • Änderung der Fassade im Zuge der Entwurfsplanung mit dem Ziel einer Baukostenreduzierung
    • Reduzierung des klimatisierten Bereichs eines Bürogebäudes (Leistungsbild Technische Ausrüstung), weil andere Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz getroffen werden sollen
    • Veränderung der Bauwerksgründung von ursprünglicher Tiefgründung zu verstärkter Bodenplatte
     

    Gelten die Grundsätze auch für andere Lph?

    Es kann davon ausgegangen werden, dass die Grundsätze des Urteils auch für andere Leistungsphasen gelten

     

    • Beispiel Ausführungsplanung

    Hier kommt es darauf an, dass die geänderte Ausführungsplanung vom Auftraggeber so gewollt war. Dann sind auch hier die ursprünglich höheren anrechenbaren Kosten bis zum Zeitpunkt der Planungsänderung relevant. Aber auch hier ist zunächst darauf zu achten, inwieweit durch eine Änderung der Ausführungsplanung angestrebte Einsparungen durch anderweitige Vertragspflichten ausgelöst werden.

     

    FAZIT | Sollen Sie auf Anweisung des Auftraggebers den Planungsumfang reduzieren oder kostengünstigere Lösungen planen, sollte es bei transparenter Projektkommunikation und Dokumentation kein Problem sein, Ihre bis dahin erbrachten Planungsleistungen nach den ursprünglichen ‒ höheren ‒ anrechenbaren Kosten abzurechnen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Beitrag „Auch geringfügige Planungsänderungen berechtigen zur Abrechnung von Zusatzhonorar“, PBP 4/2013, Seite 8 → Abruf-Nr. 38461880
    Quelle: ID 47079944