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  • · Fachbeitrag · Unternehmensführung

    Kennzahlen: So steuern Sie Ihr Planungsbüro und erkennen mögliche Schieflagen schneller

    von Dipl.-Bw. Jörgen Erichsen, Unternehmensberatung, Leverkusen

    | Geht es Ihrem Ingenieur- oder Architekturbüro gut? Haben sich Auftragslage, Auslastung, Gewinn und andere finanzielle Rahmenbedingungen wirklich so entwickelt, wie Sie es fühlen? Diese Fragen können Sie nur seriös beantworten, wenn Sie über die richtigen Kennzahlen verfügen. Lernen Sie deshalb nachfolgend Kennzahlen kennen, mit der Sie nicht nur die aktuelle Entwicklung Ihres Büros erkennen sondern auch sich anbahnende Krisen ausmachen ‒ und Ihr Büro folglich bestmöglich steuern können. |

    Warum mit Kennzahlen arbeiten?

    Mit Kennzahlen können Sie zahlreiche Sachverhalte kompakt und übersichtlich darstellen, die für die Entwicklung und Steuerung Ihres Planungsbüros wichtig sind. Außerdem können Sie sich mit anderen Büros vergleichen und so Ihren Standort bestimmen. Kennzahlen können aber auch dazu beitragen, eine sich möglicherweise anbahnende Krise frühzeitig zu erkennen; selbst dann, wenn sich diese Krise im Tagesgeschäft noch gar nicht abzeichnet.

     

    PRAXISTIPP | Alleine mit Kennzahlen lässt sich aber kein Büro dauerhaft erfolgreich steuern. Kennzahlen sollten Ihnen daher immer nur als Ergänzung und Abrundung bei der Entscheidungsfindung dienen. Nutzen Sie immer auch andere Instrumente, z. B. Ihre betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) und vergleichen Sie die aktuellen Werte mit den Zahlen vergangener Perioden. Dann bekommen Sie ein Gefühl, wie sich Leistungen auf Finanzgrößen auswirken.

     

    Die Klassiker: Die PeP-7 Kennzahlen

    Die „klassischen“ Kennzahlen für die Steuerung eines Planungsbüros hat die „Praxisinitiative erfolgreiches Planungsbüro“ (PeP) vor Jahren erarbeitet ‒ die PeP-7 Kennzahlen. Auf der website www.pep-7.de/ finden Sie mehr Informationen; wertvoll sind insbesondere die Beispiele zu jeder Kennzahl.

     

    PRAXISTIPP | Wenn Sie Ihre PeP-7 Kennzahlen ermitteln, wollen Sie natürlich auch wissen, wo Sie damit im Vergleich zu anderen Architektur- oder Ingenieurbüros liegen. Arbeiten Sie mit einer Pep-7-zertifizierten Software, können Sie Ihre Ergebnisse im geschlossenen Bereich mit anderen Büros vergleichen. Die Auswertung soll in Architekt/Ingenieur, Bundesland, PLZ, verschiedene Berufsfelder etc. differenzieren. Einen Vergleichsmaßstab bieten auch die Ergebnisse der AHO „Umfrage zur wirtschaftlichen Lage der Ingenieure und Architekten“. Die neuesten Zahlen datieren aus dem Jahr 2017 (pbp.iww.de → Abruf-Nr. 45968246). PBP hat sie in der folgenden Tabelle integriert. Die Frist zur Teilnahme an der Umfrage für 2018 ist vor kurzem abgelaufen.

     
    •  

    Kennzahl

    Formel

    AHO-Ergebnis

    Umsatzrendite

    Gewinn : Umsatz x 100

    21.1 Prozent

    Umsatz pro Mitarbeiter

    Umsatz : Mitarbeiter

    93.000 Euro

    Arbeitskostenquote

    Arbeitskosten : Gesamtkosten x 100

    70,7 ProzentGehalt Inhaber inkludiert

    Projektstundenanteil

    Projektstunden : Gesamtstunden x 100

    Nicht erfasst

    Mittlerer Bürostundensatz

    Gesamtkosten : Projektstunden

    So nicht erfasst

    Gemeinkostenfaktor

    Gesamtkosten : Einzelkosten

    So nicht erfasst

    Aufwandswerte

    Stundenaufwand : Einheit (z. B. BRI in Kubikmeter)

    Nicht erfasst

     

    Sechs ausgewählte Frühwarnindikatoren

    Selbst wenn Ihre PeP-7 Kennzahlen zeigen, dass Sie aktuell gut oder gar besser als die Branche wirtschaften, könnte es sein, dass Ihr Büro demnächst vor Problemen steht. Diese Erkenntnisse liefern Ihnen Frühwarnkennzahlen.

     

    PBP hat sechs ausgewählt. Diese finden Sie unten in der Übersicht. Zu jeder Kenngröße finden Sie eine „Richtgröße“. Schneidet Ihr Büro da schlechter ab, sollten Sie versuchen, die Ursachen zu ergründen, um zu wissen, was Sie tun müssen, um einer Krise vorzubeugen. Steuern Sie auf eine Krise zu, verschlechtern sich meist mehrere Kennzahlen gleichzeitig.

     

    • Frühwarnindikatoren
    Kennzahl
    Aussage/Richtgröße
    Mögliche Ursachen bei Verschlechterungen

    1

    Angebots-erfolgsquote

    Die Kennzahl zeigt, in welchem Umfang es Ihnen gelingt, aus Angeboten Aufträge zu rekrutieren.

    Richtwert: Ausprägung der Kennzahl sollte mindestens stabil bleiben, besser über mehrere Perioden steigen; möglichst > 20 - 30%

    Qualitätsprobleme bei Umsetzung von Vorhaben, Überschreitung vereinbarter Kosten- und / oder Terminrahmen, daher Unzufriedenheit bei Auftraggebern, schlechte Kundenbetreuung, schlechte Akquise, Wettbewerber, die agiler und / oder kundenfreundlicher sind. Mängel in Angebotserstellung, schlechte Kundenberatung, Probleme bei Einhaltung rechtlicher Vorgaben.

    2

    Auftrags-bestand

    Je höher der Auftragsbestand, desto länger ist Ihr Büro ausgelastet, sind Aufträge und Arbeitsplätze sicher.

    Richtwert: möglichst stabil bzw. über mehrere Perioden steigend

    Ähnlich Angebotserfolgsquote, möglich ist auch eine zu langsame Auftragsabwicklung bzw. schlechte unsystematische / fehlerhafte Abläufe im Büro

    3

    Auftrags-eingang

    Kennzahl zeigt, ob es gelingt, den Auftragseingang zu steigern.

    Richtwert: möglichst stabil bzw. über mehrere Perioden steigend

    Ähnlich Angebotserfolgsquote, zusätzlich Mängeln in der Auftraggeberbetreuung bzw. Akquise (haben Sie die richtigen Zielkunden)

    4

    Forderungs-bestand

    Ein hoher bzw. zunehmender Forderungsbestand zeigt meist, dass AG ihren Zahlungsverpflichtungen nicht bzw. nur zögerlich nachkommen oder es Mängel in der Vertragsgestaltung gibt. Mehr Forderungen heißt auch, dass einem das vertraglich zustehende Geld später auf dem Konto eingeht und man selbst in Zahlungsschwierigkeiten kommen kann.

    Richtwert: möglichst <15 bis 20

    Mängel im Forderungsmanagement, z. B. Vernachlässigung von Bonitätsprüfungen, keine genaue Rechnungsverfolgung, kein oder nur sporadisches Mahnwesen, fehlende Bereitschaft, säumige Kunden zu verklagen, Mängel im Vertragsmanagement (z. B. beim Festlegen von Konditionen und Terminen)

    5

    Kundenindex

    Der Kundenindex zeigt, ob es gelingt, die Anzahl der Auftraggeber ggü. dem Vorjahr zu steigern.

    Richtwert: Der Index sollte > 1 sein und steigen, ansonsten verlieren Sie Kunden

    Ähnlich Angebotserfolgsquote

    6

    Konto-korrent-nutzung

    Die Kennzahl zeigt, in welchem Umfang die Kontokorrentlinie ausgenutzt ist. Je höher der Ausnutzungsgrad, desto kritischer und teurer. Es besteht zudem das Risiko, dass die Bank die Linie „kappt“ oder ganz streicht.

    Richtwert: im Mittel < 20 bis 30 %

    Schleppender Geldeingang, weil z. B. Fehler im Forderungsmanagement vorhanden sind, zu hohe Kosten oder Entnahmen, und / oder Begleichung eigner Rechnungen vor dem jeweiligen Fälligkeitstermin

     

    Wichtig | Kennzahlen sind nicht immer einheitlich definiert, und es gibt Unterschiede in der Formelbildung. Das gilt insbesondere für die Frühwarnindikatoren. Prüfen Sie daher, ob die Formelvorschläge in Ihrem Fall geeignet sind, und passen Sie diese bei Bedarf an. Die Frühwarnindikatoren müssen Sie nicht mit anderen Büros vergleichen. Sie dienen Ihnen vor allem dazu, intern möglichst frühzeitig potenzielle Risiken zu identifizieren.

     

    • Kennzahlen übersichtlich zusammenstellen und Entwicklung beobachten

    Kennzahlenauswahl und -vorschläge

    Pep 7 Kennzahlen

    2017

    2018

    2019

    2020

    2021

    Ziel

    Bezeichnung

    Formel

    Aussage/Einordnung

    1

    Umsatz-rendite

    Gewinn x 100 : Nettoumsatz

    Zeigt, wie viel % von 1 Euro Umsatz an Gewinn im Büro verbleibt, Berechnung vor/nach Steuer möglich

    ...

    2

    Umsatz pro Mitarbeiter

    Nettoumsatz : Mitarbeiter

    Zeigt, wieviel Umsatz ein Mitarbeiter im Schnitt erzielt, Hilfe für Personalplanung und -politik

    ...

    3

    Arbeitskostenquote

    Arbeitskosten x 100 : Gesamtkosten

    Zeigt Relation Arbeits- (i.W. Personalkosten und Horare) Gesamtkosten, sollte möglichst hoch sein

    ...

    4

    Projekt-stundenanteil

    Projektstunden x 100 : Gesamtstunden

    Zeigt, wie viele Stunden „produktiv“ für Projekte genutzt werden können, sollte möglichst hoch sein

    ...

    5

    Mittlerer Büro-stundensatz

    Gesamtkosten : Projektstunden

    Stundensatz, der mindestens abgerechnet werden muss, um Kosten zu decken.

    ...

    6

    Gemein-kostenfaktor

    Gesamtkosten : Einzelkosten

    Zeigt Verhältnis Gesamtkosten und Kosten, die sich Aufträgen direkt zurechnen lassen. Je mehr Einzelkosten, desto besser

    ...

    Frühwarnindikatoren

    Bezeichnung

    Formel

    Aussage

    1

    Angebotserfolgsquote

    Abgegebene Angebote x 100 : Erhaltene Aufträge

    Kennzahl zeigt, wie viele Kunden auf Grund abgegebener Angebote geordert haben. Indikator für Wettbewerbsfähigkeit

    ...

    2

    Auftrags-bestand

    (Anz. aktueller Aufträge x Bearbeitungszeit) : Kapazität in Stunden

    Kennzahl gibt an, wie lange Ihr Büro noch ausgelastet ist, ohne dass neue Aufträge hinzukommen.

    ...

    3

    Auftrags-eingang

    (Anzahl eingehender Aufträge x Bearbeitungszeit) : Kapazität in Stunden

    Kennzahl zeigt, wie viele Aufträge in einem Zeitraum eingehen, und wie sich dies v. a. auf Ihre Kapazitätsauslastung auswirkt.

    ...

    4

    Forderungs-bestand

    Forderungen x 100 : Bilanzsumme

    Steigerungen: Indikator für schlechte Abrechnung, mangelhafte Klarheit von Leistung und Vergütung im Vertrag, drohende Zahlungsprobleme

    ...

    5

    Kundenindex

    Kundenzahl Vorjahr : Kundenzahl lfd. Jahr

    Verschlechterung der Kennzahl (Wert < 1) deutet auf Kundenverluste und fehlende Wettbewerbsfähigkeit hin

    ...

    6

    Neukunden-anteil

    Anteil Neukunden x 100 : Gesamtzahl Kunden

    Kennzahl zeigt, ob neue Auftraggeber gewonnen werden können. Indikator für Wettbewerbsfähigkeit

    ...

    7

    Kontokorrentnutzung

    Inanspruchnahme Kontokorrent x 100 : maximale Linie

    Je höher die Nutzung, desto mehr wird Ihr Büro teuer, unsicher finanziert. Steigerungen sind Hinweis auf drohende Zahlungsprobleme

    ...

     

     

    Fazit | Arbeiten Sie regelmäßig (z. B. monatlich) mit Kennzahlen und nehmen Sie sich ein bis zwei Stunden Zeit für die Analyse und Bewertung. Aus der Branche hört man, dass sich die PeP-7-Kennzahlen doch nicht so verbreitet haben wie erhofft. Der angebotene Vergleich im geschlossenen Bereich soll so manches Mal Enttäuschungen zu Tage gefördert haben. Streben Sie zumindest nach der „kleinen Lösung“. Schreiben Sie Ihre Kennzahlen fort und analysieren Sie auch Frühwarnindikatoren. Überlegen Sie sich Zielwerte, die Sie langfristig erreichen möchten und geben Sie Planwerte für die kommenden zwei Jahre ein.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Ein Excel-Tool mit den Formeln und Erläuterungen zu den Pep 7-Kennzahlen und den Frühindikatoren finden Sie auf pbp.iww.de → Abruf-Nr. 45968246
    • Gute Informationen zu den Pep 7-Kennzahlen (Anwendungsbeispiel je Kennzahl) finden Sie auf www.pep-7.de/.
    • Beitrag „Stresstest für Ihr Ingenieur- und Architekturbüro: Excel-Lösung nutzen und sofort anfangen“ PBP 4/2018, Seite 20 → Abruf-Nr. 45126248
    • Beitrag „Standbeinanalyse: Gute und schlechte Auftraggeber anhand der BWA erkennen und gezielt Maßnahmen umsetzen“, PBP 9/2016, Seite 18 → Abruf-Nr. 43522454
    • Beitrag „So spüren Sie Ihr Büro bedrohende Risiken auf und vermeiden negative Konsequenzen ‒ Teil 1“, PBP 11/2018, Seite 21 → Abruf-Nr. 45516239
    Quelle: Ausgabe 07 / 2019 | Seite 21 | ID 45864699