· Fachbeitrag · Werkvertragsrecht
Abwehr von Nachtragsforderungen nur fachtechnisch begründen
| Nachtragsforderungen ausführender Unternehmen lehnen Planungsbüros nicht selten aus rein formalen Gründen ab. Eine Entscheidung des OLG Saarbrücken lehrt, dass man sich damit auf dünnem Eis bewegt. Wehren Sie Nachtragsforderungen deshalb nur mit fachtechnischen Argumenten ab und überlassen Sie Rechtsfragen dem Auftraggeber. |
Nachtrag für Erdarbeiten zu spät gestellt
Im konkreten Fall ging es um Erdarbeiten, bei denen der Unternehmer selbst einen Kostenanschlag aufgestellt hatte. Der Auftraggeber verweigerte später die Nachforderung mit der Begründung, der Unternehmer habe seine Anzeigepflicht nach § 650 Abs. 2 BGB schuldhaft verletzt.
OLG: Bei Ohnehin-Kosten spielt der Nachtragszeitpunkt keine Rolle
Das ließen die Richter nicht gelten. Im Ergebnis war infolge der verspäteten Mehrkostenanzeige kein Schaden entstanden. Bei der Mehrkostenanmeldung handelte es sich um Ohnehinkosten. Diese Kosten waren fachtechnisch notwendig, um den Werkerfolg zu gewährleisten. Sie wären deshalb auch bei ordnungsgemäßer Anzeige unabwendbar gewesen. Ausnahme: Die Maßnahme wäre nicht durchgeführt worden (OLG Saarbrücken, Urteil vom 19.11.2014, Az. 2 U 172/13, Abruf-Nr. 143880).
Welche Schlüsse Planer aus dem Urteil ziehen sollten
Als Planer bzw. Bauüberwacher sollte man darauf achten, dass
- rein formale Ablehnungen von Forderungen keine fachliche Grundlage haben und daher in der Regel nicht erfolgreich sind,
- dem Unternehmer eine Vergütung zusteht, die den erbrachten Leistungen entspricht. Das gilt auch dann, wenn die Kosten laut ursprünglichem Angebot bzw. Auftrag überschritten werden,
- diese Fragestellungen reine Rechtsangelegenheit darstellen, die vom Auftraggeber nach fachlicher Beratung durch Sie selbst zu klären sind und
- die Prüfung von Nachträgen Bestandteile der Leistungsphase 7 ist.
FAZIT | Vertragsangelegenheiten klärt der Bauherr selbst. Formale oder vertragliche Begründungen für Mehrforderungsabwehr sind nicht Aufgabe der Planer. Gleichwohl sollte die Bauüberwachung den Bauherrn rechtzeitig auf die Bearbeitung etwaiger Vertragsfragen hinweisen. Eine Ausnahme vom Grundsatz „Formalien muss ein Planungsbüro nicht prüfen“ können Nachtragsforderungen darstellen, die nicht prüffähig aufgestellt sind. Hier handelt es sich um die fachtechnische Nachvollziehbarkeit, die im Ergebnis dann wieder eine Rechtsfrage wird, sodass der Bauherr über die mangelnde Prüffähigkeit zu unterrichten ist. |
Weiterführender Hinweis
- Ein Musterschreiben zur „Rüge der Prüffähigkeit einer VOB-Rechnung“ finden Sie auf pbp.iww.de unter Downloads → Musterschreiben → Musterschreiben zur VOB