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  • · Fachbeitrag · Haftung/Ertragsteuern

    Lohnt sich die MVZ-GmbH für die Gesellschafter?

    von RA FAfStR Thomas Gerdes, Essen, ETL Medizinrecht

    | Seit dem Inkraftreten des GKV-Gesundheitsmodernisierungsgesetzes zum 1.1.04 ist es zulässig, neben den althergebrachten Kooperationsgemeinschaften für Ärzte und Zahnärzte das medizinische Versorgungszentrum (MVZ) zu gründen und dies in unterschiedlichen Rechtsformen, so auch in der Rechtsform einer GmbH. |

    1. Rechtsgrundlage

    Die Rechtsgrundlage für das MVZ findet sich in § 95 SGB V. Hierzu heißt es:

     

    •  § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V

    „Medizinische Versorgungszentren sind fachübergreifende ärztlich geleitete Einrichtungen, in denen Ärzte, die in das Arztregister nach Abs. 2 S. 3 eingetragen sind, als Angestellte oder Vertragsärzte tätig sind.“

     

    Das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) sieht u.a. vor, dass das Tatbestandsmerkmal „fachübergreifend“ in § 95 Abs. 1 S. 2 SGB V sowie die Sätze 4 und 5 gestrichen werden. Danach ermöglicht das GKV-VSG neben weiterhin zulässigen fachübergreifenden MVZ auch ein reines arztgruppengleiches MVZ, dass z.B. nur aus Hausärzten, Fachärzten und Zahnärzten gebildet werden kann. Dies war nach geltender Gesetzeslage nicht möglich.

    2. Zulassung

    Nach § 95 Abs. 1a SGB V können MVZ nur von zugelassenen Ärzten, von zugelassenen Krankenhäusern, von Erbringern nicht ärztlicher Dialyseeinrichtungen nach § 126 Abs. 3 SGB V oder von gemeinnützigen Trägern, die Kraft Zulassung oder Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, gegründet werden. Ein MVZ und damit auch eine MVZ-GmbH können nicht wiederum Gründer/Gesellschafter eines MVZ sein (SG Marburg 20.1.14, S 12 Ka 117/13, Gerichtsbescheid). Allerdings ist die Entscheidung zu Recht umstritten (Michels/Möller, Ärztliche Kooperationen, S. 299).

     

    Anders als vor Geltung des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes (GKV-VStG vom 22.12.11) können MVZ seit dem 1.1.12 gemäß § 95 Abs. 1a S. 1 SGB V nur noch in der Rechtsform einer Personengesellschaft, einer eingetragenen Genossenschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet werden. Insbesondere eine AG scheidet daher aus.

     

    Neben den grundsätzlichen Voraussetzungen für die MVZ-Zulassung (z.B. Angabe des ärztlichen Leiters, der als Arzt im MVZ tätig sein muss, im Unterschied zum kaufmännischen Geschäftsführer der GmbH) ist bei der MVZ-GmbH insbesondere zu beachten, dass gemäß § 95 Abs. 2 S. 6 SGB V die Gesellschafter der MVZ GmbH eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Forderungen von KVen und Krankenkassen gegen das MVZ aus dessen vertragsärztlicher Tätigkeit abgeben müssen. Die Bürgschaft ist vom Gesetzeswortlaut her der Höhe nach unbegrenzt abzugeben. Einige Zulassungsgremien haben dagegen Höchstbetragsbürgschaften akzeptiert, z.T. in der Höhe eines Vielfachen des geplanten GKV-Umsatzes oder nur in Höhe eines Bruchteils des geplanten GKV-Umsatzes.

    3. Vor- und Nachteile einer MVZ-GmbH

    Vorab ist zu sagen, dass sich die Vor- und Nachteile einer MVZ-GmbH nicht wesentlich von denen einer gewerblich tätigen GmbH unterscheiden.

     

    3.1 Haftungssituation

    Ein Unterschied zwischen einer MVZ-Personengesellschaft und der MVZ-GmbH besteht insbesondere in der Haftungsbeschränkung als Gesellschafter. Die Gesellschafter einer MVZ-GmbH haften nicht für Verbindlichkeiten der MVZ-GmbH. Der Behandlungsvertrag kommt zwischen der MVZ-GmbH und dem jeweiligen Patienten zustande. Ein Rückgriff auf die dahinter handelnden Personen ist nicht möglich und nicht vorgesehen (BSG 22.10.14, B 6 KA 36/13 R). Zur Begründung hat das BSG ausgeführt, dass das Sicherungsbedürfnis durch das GmbH-Vermögen ausreichend sei. Die MVZ-Gesellschafter einer MVZ-Personengesellschaft haften dagegen persönlich und unbegrenzt mit ihrem Privatvermögen. Gleichgestellt ist die Haftungssituation nur bei Honorarrückforderungen durch die Prüfgremien für Forderungen von KVen und Krankenkassen gegen das MVZ aufgrund der unbegrenzten Bürgschaftserklärung der MVZ-Gesellschafter.

     

    Unberührt hiervon bleiben jedoch mögliche Ansprüche aus der deliktischen Haftung (§ 823 BGB) des jeweils behandelnden Arztes. Für grobfahrlässige bzw. vorsätzlich begangene Behandlungsfehler haftet der behandelnde Arzt auch weiterhin persönlich. In diesem Punkt der deliktischen Haftung ergeben sich faktisch keine Unterschiede in der Haftungssituation.

     

    FAZIT | Die Gründung einer MVZ-GmbH ermöglicht es, den dort angestellten Ärzten sowie eingeschränkt (aufgrund des Bürgschaftserfordernisses) den Gesellschaftern dem Haftungsrisiko und der vollen bzw. gesamtschuldnerischen Haftung zu entgehen, die zwangsläufig mit einer Einzelpraxis bzw. der Beteiligung an einer Berufsausübungsgemeinschaft verbunden sind.

     

    3.2. Ertragsteuerliche Situation

    In steuerlicher Hinsicht ist zu beachten, dass auf der Ebene der MVZ-GmbH Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer auf den durch die GmbH erzielten Gewinn anfallen. Die Gesellschafter haben ihre Gehaltszahlungen zu versteuern und Gewinnausschüttungen werden mit der Abgeltungsteuer (zur Zeit 25 %) bzw. nach dem Teileinkünfteverfahren belastet. Ob sich wegen der unterschiedlichen Besteuerung eine Mehr- oder eine Minderbelastung ergibt, kann jedoch nur im Einzelfall genau bestimmt werden.

     

    Allerdings ist der ungleich höhere Buchhaltungsaufwand der bilanzierungspflichtigen MVZ GmbH (im Gegensatz zur Einnahmen-Überschussrechnung bei Einzelpraxen und Personengesellschaften) und der unterschiedliche Zeitpunkt der ertragswirtschaftlichen Erfassung von Forderungen zu beachten. Bei der GmbH gilt statt des Zufluss- das Realisationsprinzip. Danach werden Honorarforderungen ertragswirksam bereits mit der Leistungserbringung erfasst. Vorbehaltlich einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls ergibt sich schematisch folgender Unterschied in der Besteuerung einer MVZ GmbH mit zwei Gesellschaftern im Vergleich zu einer Berufsausübungsgemeinschaft mit zwei Gesellschaftern:

     

    • Belastungsvergleich MVZ-GmbH vs. BAG mit je zwei Gesellschaftern
    MVZ-GmbH [EUR]
    BAG [EUR]

    Umsatz

    546.000

    546.000

    Kosten

    476.000

    476.000

    davon Lohn

    (je Gesellschafter 100.000 EUR)

    200.000

    Gewinn

    70.000

    270.000

    Körperschaftsteuer (15 %)

    10.500

    Gewerbesteuer (Hebesatz 400 %)

    9.800

    Steuerbelastung der Gesellschaft

    20.300

    = 29 %

    Lohnsteuer je Gesellschafter (42 %)

    42.000

    Besteuerung

    • der Gewinnausschüttung (100.000 EUR je Gesellschafter)
    • des Gewinnanteils (135.000 EUR je Gesellschafter)

    6.212

    56.700

    Solidaritätszuschlag

    2.652

    3.119

    Steuerbelastung je Gesellschafters

    50.864

    = 41 %

    59.819

    = 44 %

    Nettoertrag je Gesellschafters

    73.986

    = 55 %

    75.182

    = 56 %

    Steuerbelastung je Gesellschafter

    61.014

    = 45 %

    59.819

    = 44 %

     

    FAZIT | Der Vergleich zur Ertragssteuerbelastung ergibt einen Unterschied von etwa einem Prozentpunkt und ist damit in der Praxis marginal. Steuerliche Gestaltungsansätze kommen im Wesentlichen bei der Berücksichtigung des Lohnaufwands in Betracht, daneben in Investitionssituationen. In diesen Fällen können sich steuerliche Belastungsunterschiede zwischen MVZ-GmbH und MVZ-Personengesellschaft ergeben. Allerdings sollte die Haftungs- und Steuersituation meist kein alleiniges Argument für die MVZ-GmbH sein. Für den Einzelfall müssen weitere Aspekte hinzukommen bzw. geprüft werden (s. den Beitrag von Geißer, S. 34).

     

     

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    Quelle: ID 43533748