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  • · Fachbeitrag · Realteilung

    Wann müssen Realteiler von der Einnahmen- Überschussrechnung zur Bilanzierung wechseln?

    von RiFG Dr. Alexander Kratzsch, Bünde

    | Beendet ein Freiberufler seine Tätigkeit oder veräußert er seine Praxis, muss er auch bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Schlussbilanz aufstellen, um alle noch nicht erfassten (weil noch nicht zahlungswirksam zugeflossenen) Einnahmen zu berücksichtigen. Strittig war bisher, wie bei der Realteilung einer Personengesellschaft zu verfahren ist, wenn beide Realteiler die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG fortsetzen; denn natürlich würden die Realteiler gerne die Versteuerung des (laufenden) Übergangsgewinns vermeiden. |

    1. Vorbemerkungen

    Eine Personengesellschaft, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist zur Feststellung der für die Berechnung eines Veräußerungsgewinns erforderlichen Buchwerte so zu behandeln, als wäre sie im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe zunächst zur Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG übergegangen. Hierdurch entsteht durch Hinzu- und Abrechnungen i.d. Regel ein Übergangsgewinn, der entsprechend dem gesellschaftsvertraglichen Gewinnverteilungsschlüssel den Gesellschaftern zugerechnet wird und von diesen als laufender Gewinn zu versteuern ist.

     

    Die Finanzverwaltung geht in Fällen der Realteilung davon aus, dass eine solche Schlussbilanz für die bisherige Freiberufler-Sozietät zu erstellen und ein Übergangsgewinn zu ermitteln ist.

     

    Bereits das FG Hamburg (18.4.12, 3 K 89/11, NZB III B 71/12) hat - der in Rechtsprechung und Literatur bisher überwiegend vertretenen Auffassung folgend - entschieden, dass ein Übergang zum Bestandsvergleich im Rahmen einer Realteilung ohne Spitzenausgleich nicht erforderlich sei. Dies gelte für die Fälle, in denen die alte Gesellschaft ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt hat und die (ehemaligen) Gesellschafter auch nach der Realteilung ihren Gewinn wieder nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln.

     

    Das sieht auch der BFH (11.4.13, III R 32/12) so: Bei der Realteilung ohne Spitzenausgleich einer freiberuflichen Mitunternehmerschaft (Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung [EÜR]) besteht keine Verpflichtung zur Erstellung einer Realteilungsbilanz nebst Übergangsgewinnermittlung, wenn die Buchwerte fortgeführt werden und die Gesellschafter den Gewinn ihrer Einzelpraxen weiter mittels EÜR ermitteln. Der Gesetzgeber wollte die Realteilung als Umstrukturierungsmaßnahme steuerneutral ermöglichen, um eine Fortsetzung des unternehmerischen Engagements in anderer Form zu begünstigen. Damit ergeben sich für die Realteilung ohne und mit Spitzenausgleich unterschiedliche Szenarien.

     

    2. Realteilung ohne Spitzenausgleich

    Dem Ausgangsfall liegt der Sachverhalt der Entscheidung des BFH (11.4.13, III R 32/12) zugrunde.

     

    • Sachverhalt

    Steuerberater A und B betreiben eine Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät in der Rechtsform einer GbR, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt. Am Gewinn und Vermögen der AB-Steuerberatungs-GbR sind A und B zu je 50 % beteiligt.

     

    B kündigt die GbR zum 31.12.12. Zur Auseinandersetzung der aufgelösten GbR schließen A und B eine Vereinbarung, in der u.a. bestimmt wird, dass jeder Kläger diejenigen Wirtschaftsgüter zu Alleineigentum erhalten solle, die er zur betrieblichen Nutzung in Besitz hatte. 2013 arbeiten A und B in Einzelpraxen weiter. Sie ermitteln ihren Gewinn jeweils nach § 4 Abs. 3 EStG. Die Buchwerte der übernommenen Wirtschaftsgüter führen sie fort.

     

    Der Betriebsprüfer vertritt die Auffassung, dass der Gewinn zum 31.12.12 durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln und der Übergangsgewinn als laufender Gewinn zu erfassen sei. Insgesamt sei der laufende Gewinn (300.000 EUR) aus selbstständiger Tätigkeit um 70.000 EUR (offene Honorarforderungen) auf 370.000 EUR zu erhöhen.

     

    Die (sich im Falle einer Bilanzerstellung ergebenden) Buchwerte bei der AB-GbR zum Zeitpunkt der Realteilung zum 31.12.12 betragen:

     

    Buchwerte bei der AB-GbR 

    Fortgeführte AK laut Anlagenverzeichnis
    gemeiner Wert

    Aktiva

    EUR

    EUR

    Wirtschaftsgüter Gruppe I

    200.000

    270.000

    Wirtschaftsgüter Gruppe II

    200.000

    270.000

    400.000

    540.000

    Passiva

    Kapital A

    200.000

    270.000

    Kapital B

    200.000

    270.000

    400.000

    540.000

     

    Ertragsteuerlich ist unter Realteilung vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 16 Abs. 3 S. 2 EStG die Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch Aufteilung des Gesellschaftsvermögens unter den Mitunternehmern zu verstehen, bei der zumindest einer der bisherigen Mitunternehmer ihm bei der Aufteilung zugewiesene Wirtschaftsgüter in ein anderes Betriebsvermögen überführt (BFH 29.4.04, IV B 124/02, BFH/NV 04, 1395).

     

    In die Realteilung sind nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Wirtschaftsgüter - also auch Verbindlichkeiten - der real geteilten Personengesellschaft einzubeziehen (BFH 10.12.91, VIII R 69/86, BStBl II 92, 385).

     

    Die Buchwerte sind zwingend fortzuführen, wenn

    • der bisherige betriebliche Organismus zerschlagen wird,
    • Teilbetriebe oder Mitunternehmeranteile übertragen werden oder mindestens eine wesentliche Betriebsgrundlage übertragen wird,
    • die Besteuerung der stillen Reserven sichergestellt ist (Verbleib im Inland) und
    • keine Ausgleichszahlung fließt.

     

    Bei einer Betriebsaufgabe (§ 16 Abs. 3 S. 1 EStG) bestimmt § 16 Abs. 2 S. 2 EStG, dass ein Übergang zur Bilanzierung erforderlich ist und daher ein Übergangsgewinn als laufender Gewinn zu versteuern ist. Fraglich war nun, ob diese Folge auch bei einer Realteilung eintritt.

     

    2.1 Ermittlung eines Übergangsgewinns?

    Der BFH (11.9.13, X R 42/10, PFB 14,2) vertritt die Ansicht, dass § 16 Abs. 2 S. 2 EStG bei der Realteilung einer Mitunternehmerschaft ohne Spitzenausgleich und unter Fortführung der Buchwerte keine Anwendung findet:

     

    • Die Rechtsfolge der Buchwertfortführung ist in diesem Fall abschließend in § 16 Abs. 3 S. 2 EStG geregelt. Dies wird auch durch dessen Entstehungsgeschichte bestätigt, weil § 16 Abs. 3 S. 2 EStG (i.d.F. des UntStFG 0.12.01, BGBl I 01, 3858) auch bei Zuteilung von einzelnen Wirtschaftsgütern eine Realteilung wieder steuerneutral ermöglicht habe und die Rechtsfolge der Buchwertfortführung ausdrücklich dort aufgenommen wurde.

     

    • Und auch nach allgemeinen Grundsätzen besteht keine Verpflichtung, eine Realteilungsbilanz zu erstellen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln, da ebenso wie im umgekehrten Fall der Einbringung nach § 24 UmwStG eine solche Verpflichtung zur Ermittlung eines Aufgabegewinns (bzw. Aufgabegewinnanteils) oder zur zutreffenden Erfassung des laufenden Gewinns nach dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit nicht erforderlich sei.

     

    • Konsequenz für den Ausgangsfall

    Ein Übergangsgewinn oder -verlust ist somit nicht zu ermitteln. Es bleibt bei einem laufenden Gewinn i.H. von 300.000 EUR.

     

    2.2 Weitere Folgen einer Realteilung und Praxishinweise

    Hinsichtlich der Rechtsfolgen der Realteilung sind - im Falle einer Bilanzierung - drei Fallgruppen zu unterscheiden:

     

     

    Das Verhältnis der realen Werte und der Buchwerte der Teilungsmassen stimmte im Ausgangsfall mit dem Verhältnis der Kapitalkonten überein, sodass - im Falle einer Bilanzierung - dem Grunde nach eine Buchwertfortführung ohne Kapitalkontenanpassung und Aufdeckung von stillen Reserven möglich war. Die Eröffnungsbilanzen von A und B sähen - im Falle einer Bilanzierung - so aus:

     

    • Eröffnungsbilanz von A oder B

    Aktiva (EUR)

    Passiva (EUR)

    Diverse Wirtschaftsgüter (ehemals Gruppe I)

    200.000

    Kapital (wie bisher)

    200.000

    200.000

    200.000

     

    Entsprechend muss somit bei Einnahmen-Überschussrechnern eine Beibehaltung der Einnahme-Überschussrechnung möglich sein, ohne dass es zur Aufdeckung von stillen Reserven kommt. Da wegen der zulässigen Buchwertfortführung kein Wechsel der Gewinnermittlung zum Betriebsvermögensvergleich erfolgt, sind keine Bilanzen aufzustellen. Vielmehr sind die bisherigen Werte unter Beibehaltung der Einnahme-Überschussrechnung fortzuführen.

     

    Werden dagegen - anders als im Sachverhalt des Ausgangsfalls - zusätzlich zum Aktivvermögen noch Verbindlichkeiten der ehemaligen Gesellschaft verteilt, ohne dass ein Spitzenausgleich gezahlt wird, ist ebenfalls kein Wechsel der Gewinnermittlung zum Betriebsvermögensvergleich vorzunehmen. In die Realteilung sind nämlich - wie dargelegt - nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Wirtschaftsgüter - also auch Verbindlichkeiten - der real geteilten Personengesellschaft einzubeziehen (BFH 10.12.91, VIII R 69/86, ­BStBl II 92, 385). ­

     

    PRAXISHINWEIS | Dagegen können (Ausgleichs-)Verbindlichkeiten, die erst durch den Realteilungsvorgang selbst entstehen, nicht in die Umstrukturierung des Realteilungsvermögens einbezogen werden (BFH 10.12.91, VIII R 69/86, BStBl II 92, 385). Diese werden als Spitzenausgleich behandelt.

     

     

    • Beispiel
    Fortgeführte AK
    gemeiner Wert

    Aktiva

    Wirtschaftsgüter Gruppe I

    200.000

    240.000

    Wirtschaftsgüter Gruppe II

    200.000

    300.000

    400.000

    540.000

    Passiva

    Kapital A

    150.000

    220.000

    Kapital B

    150.000

    220.000

    Verbindlichkeiten

    100.000

    100.000

    400.000

    540.000

     

    Die Verbindlichkeiten können im Beispiel so verteilt werden, dass A neben den Wirtschaftsgütern der Gruppe I Verbindlichkeiten i.H. von 20.000 EUR übernimmt und B neben den Wirtschaftsgütern der Gruppe II Verbindlichkeiten i.H. von 80.000 EUR, ohne dass es zu einer Aufdeckung stiller Reserven käme, da jeder einen gemeinen Wert von 220.000 EUR übernimmt. Folglich ist ein Übergang zum Bestandsvergleich nicht geboten.

    3. Realteilung mit Spitzenausgleich

    Der Vollständigkeit halber seien auch die Verhältnisse bei einer Realteilung mit Spitzenausgleich dargestellt. Spitzenausgleich ist der Ausgleich zwischen den Gesellschaftern bei einer Differenz der übernommenen Wirtschaftsgüter. Er wird beim Empfänger als laufender Gewinn behandelt und erhöht beim Leistenden die Anschaffungskosten.

     

    • Beispiel

    Aufgrund der geänderten Wertverhältnisse zum 31.12.12 zahlt B dem A 25.000 EUR zum Ausgleich dafür, dass B Wirtschaftsgüter im Wert von 250.000 EUR erhält, obwohl ihm nur 225.000 EUR zustehen.

    Buchwerte bei der AB-GbR 

    Fortgeführte AK laut Anlagenverzeichnis
    gemeiner
    Wert

    EUR

    EUR

    Wirtschaftsgüter Gruppe I

    100.000

    200.000

    Wirtschaftsgüter Gruppe II

    200.000

    250.000

    300.000

    450.000

    Passiva

    Kapital A

    150.000

    225.000

    Kapital B

    150.000

    225.000

    300.000

    550.000

     

    Beim Spitzenausgleich kommt es nach h.M. anteilig zur Aufdeckung der stillen Reserven, sodass bei einer Gewinnermittlung durch EÜR der Übergang zum Betriebsvermögensvergleich erforderlich ist. Da B den Teilbetrieb zu 1/10 entgeltlich erworben hat, muss er die Aktiva aufstocken. Sie betragen 205.000 EUR (= 200.000 EUR x 9/10 + 25.000).

     

    • Eröffnungsbilanz von B

    Aktiva (EUR)

    Passiva (EUR)

    Diverse Wirtschaftsgüter (ehemals Gruppe I)

    205.000

    Kapital

    205.000

    200.000

    200.000

     

    A versteuert einen Veräußerungsgewinn von 5.000 EUR (= 25.000 EUR ./. 200.000 EUR x 1/10).

     

    PRAXISHINWEIS | Die Finanzverwaltung (BMF 28.2.06, IV B 2 S 2242 - 6/06, BStBl I 06, 228) und die herrschende Lehre sind der Auffassung, dass für die Ermittlung des Gewinns die Trennungstheorie zur Anwendung kommen müsse mit der Folge, dass stille Reserven anteilig aufzudecken sind. Dagegen wird in der Literatur unter Hinweis auf das Urteil des IV. Senats des BFH (19.9.12, IV R 11/12, BB 12, 2685 m. BB-Komm. Recnik) die Ansicht vertreten, dass in Fällen des teilentgeltlichen Erwerbs von Einzelwirtschaftsgütern ein etwaiger Gewinn nach der Einheitstheorie ermittelt werden müsse. In diesem Fall entsteht ein Gewinn nur insoweit, wie das Entgelt den Buchwert der Wirtschaftsgüter übersteigt, sodass, würde das Entgelt unter den fortgeführten Anschaffungskosten verbleiben, ein Wechsel der Gewinnermittlungsart nicht geboten wäre.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Bilanzberichtigung nach Realteilung und Buchwertfortführung (Kratzsch, PFB 13, 269)
    • Realteilung einer mehrgliedrigen Personengesellschaft: Ausscheiden eines Gesellschafters unter Übernahme eines Teilbetriebs (Ketteler-Eising, PFB 12, 325)
    • Einbringung eines Betriebs in eine Mitunternehmerschaft gegen Mischentgelt (Ketteler-Eising, PFB 14, 2)
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 14 | ID 42344654