· Nachricht · Einkünftequalifizierung
Freiberufliche Tätigkeit eines im Wesentlichen als Softwareentwickler tätigen Diplom-Ingenieurs für Holztechnik
| Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Ss 2 EStG erfordern es nicht, dass ein Ingenieur nur dann Freiberufler sein kann, sofern er sich nach Studienabschluss der seinem Studium entsprechenden Fachrichtung tatsächlich widmet. Es genügt vielmehr, wenn er im Anschluss an sein erfolgreich abgeschlossenes Ingenieurstudium auf einem beliebigen Hauptgebiet des Ingenieurwesens in ingenieurtypischer Weise selbständig berufstätig ist ( FG Berlin-Brandenburg 7.3.13, 10 K 10056/09 ). |
Streitig war, ob der Kläger zur Gewerbesteuer heranzuziehen ist. Der Kläger hatte Holztechnik studiert und als Diplom-Ingenieurs (FH) für Holztechnik abgeschlossen. In den Streitjahren war er selbstständig auf dem Gebiet der Informationstechnologie tätig. Seine Berufstätigkeit bestand zu einem wesentlichen Teil darin, Softwareprodukte für seine Auftraggeber und deren Kunden zu entwickeln, bestehende Software seiner Auftraggeber an individuelle Kundenbedürfnisse anzupassen sowie das Zusammenspiel von Software-Produkten dritter Firmen mit der seiner Auftraggeber zu erproben. Daneben entwarf und betreute er Server und Netzwerke (Installation, Wartung und Administration). Der Betriebsprüfer kam zu dem Ergebnis, dass die Betätigung des Klägers einen Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG darstelle. Er begründete diese Einschätzung mit dem Argument, dass der Kläger keine Tätigkeit ausübe, die der eines Ingenieurs oder eines Ingenieur ähnlichen Berufs entspreche.
Dem ist das FG Berlin-Brandenburg nicht gefolgt: Der unstreitig selbstständig tätige Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum Ingenieur i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG, da er über die erforderliche Berufsqualifikation verfügt und eine Ingenieurtätigkeit auch tatsächlich ausübte.
Der Umstand, dass er seinen Abschluss zwar im Studiengang Holztechnik erworben, die streitgegenständliche Tätigkeit aber im IT-Bereich ausgeübt hat, ist in diesem Zusammenhang unschädlich. Sinn und Zweck des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG erfordern es nicht, dass ein Ingenieur nur dann Freiberufler sein kann, sofern er sich nach Studienabschluss der seinem Studium entsprechenden Fachrichtung tatsächlich widmet. Es genügt vielmehr, wenn er im Anschluss an sein erfolgreich abgeschlossenes Ingenieurstudium auf einem beliebigen Hauptgebiet des Ingenieurwesens in ingenieurtypischer Weise selbständig berufstätig ist.
Die Tätigkeit des Klägers ist auch trotz einzelner gewerblicher Elemente insgesamt als freiberuflich einzuordnen. Die Argumentation des FA, der Kläger habe gegenüber seinen Kunden im Rahmen seiner Betätigung zusätzlich gewerbliche Leistungen erbracht und sei daher insgesamt als Gewerbetreibender zu behandeln, überzeugt den Senat nicht. Zwar können Aktivitäten wie der zusätzliche Verkauf von Hardware durch einen IT-Ingenieur zur Gewerblichkeit der Gesamtbetätigung führen. Dies gilt indes nicht in Fällen, in denen dem Absatz von Hardware als Nebenarbeit nur dienende Funktion gegenüber der Betätigung als Ingenieur zukommt, weil letzterer im Rahmen der Entwicklung individueller Kundenlösungen oder der Betreuung von Firmenrechnern beispielsweise einzelne Bauteile für den Kunden liefert (siehe etwa BFH 24.4.97, IV R 60/95, BStBl II 97, 567). Eine solche Betätigung ist steuerlich einheitlich nach dem vorherrschenden Element der ingenieurtypischen Arbeit als freiberuflich zu qualifizieren. Das FG ist nach dem Studium der Rechnungen des Klägers über die Lieferung von Materialien wie einzelner Drucker, Notebooks, Festplatten, Kabel, Toner etc. zu der Überzeugung gelangt, dass dieser Teil seiner Betätigung nur Hilfscharakter im Rahmen der Entwicklungs- und Beratungsarbeit hatte. Da es sich lediglich um einzelne Komponenten handelt, die der Kläger im Kundenauftrag bezogen und zum Einkaufspreis weiterberechnet hat, ist nicht davon auszugehen, dass die Betätigung des Klägers durch den Handel mit Computerzubehör oder das bloße Zusammenstecken und Installieren von Computerteilen geprägt war.