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  • · Fachbeitrag · Gestaltungsmodell

    Neue Regeln für die Firmenwagennutzung im Ehegattenbetrieb

    von RiFG Prof. Dr. Dipl-Finw. Volker Kreft, Bielefeld

    | Die Überlassung eines Firmen-Pkw an Ehegatten oder Lebenspartner zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung ist gegenwärtig ein beliebtes Gestaltungsmittel zur Steueroptimierung, häufig sogar in Minijob-Arbeitsverhältnissen, um insoweit die Vorteile der geringen pauschalen Lohnversteuerung mitzunehmen. Nachdem einige Finanzgerichte zunächst grünes Licht für diese Gestaltung gegeben hatten, hat der BFH (10.10.18, X R 44 45/17) dieser Handhabung klare Grenzen gesetzt. Der Beitrag gibt Auskunft über den verbleibenden Gestaltungsspielraum. |

    1. Hintergrund: Angehörigen-Vertragsverhältnisse

    Alle Vertragsverhältnisse zwischen nahen Angehörigen unterliegen wegen des fehlenden natürlichen Interessenwiderstreits in Bezug auf deren steuerliche Anerkennung besonderen Regeln. Dabei kommt es neben der tatsächlichen Durchführung des Vereinbarten insbesondere auf die Fremdüblichkeit der Vertragsklauseln an. Finanzverwaltung und Rechtsprechung haben diese Anforderungen jüngst auch auf Verträge zwischen nur nahestehenden Personen (z. B. Lebensgefährten, langjährige Freunde, geschiedene Ehepartner) übertragen (vgl. hierzu instruktiv FG Niedersachsen 16.11.16, 9 K 316/15).

     

    Von jeher standen neben Mietverhältnissen, insbesondere Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten, im Fokus der Finanzverwaltung. Die Finanzämter wollten insbesondere Arbeitsverträge nicht akzeptieren, die die Gestellung von betrieblichen Pkw vorsahen, die der Ehegatte dann uneingeschränkt auch privat nutzen konnte ‒ vor allem dann, wenn der Ehegatte nur Minijobber war und ihm im Rahmen einer Gehaltsumwandlung statt des Barlohns Sachlohn in Form des Privatnutzungsanteils (1 %-Regelung) gewährt wurde.

    2. Entscheidungen der Finanzgerichte

    Nachdem die finanzgerichtliche Rechtsprechung vergleichbare Gestaltungen zunächst nicht anerkannte (etwa FG Niedersachsen 14.8.07, 5 K 335/06; 31.8.13, 3 K 475/11, nachfolgend BFH 21.1.14, X B 181/13, jeweils zur Pkw-Überlassungen bei Angehörigen-Arbeitsverhältnissen), schwenkten die FG mit dem rechtskräftigen Urteil des 9. Senats des FG Niedersachsen (16.11.16, 9 K 316/15) um.

     

    Das FG erachtete die Überlassung eines Fahrzeugs der unteren Mittelklasse an eine (nahestehende) Minijobberin auch zur privaten Nutzung anstatt des zuvor vereinbarten Barlohns von 400 EUR als noch fremdüblich, wenn

     

    • der Pkw wegen einer signifikanten betrieblichen Nutzung (im Streitfall: 35 %) Betriebsvermögen darstellt,
    • die Arbeitnehmerin die einzige Büroangestellte ist und
    • der geldwerte Vorteil für die Privatnutzung gemäß § 8 Abs. 2 i. V. mit § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG ebenfalls mit 400 EUR zu bewerten ist.

     

    Diese Sichtweise akzeptierte die Finanzverwaltung und verzichtete auf die Einlegung der zugelassenen Revision. In der Folge stimmte auch das FG Köln in zwei Entscheidungen vom 27.9.17 (3 K 2546/16; 3 K 2547/16) dieser rechtlichen Beurteilung zu und hielt vergleichbare Gestaltungen ebenfalls für fremdüblich.

    3. Neue Ausrichtung durch die BFH-Rechtsprechung

    In den Revisionsverfahren zu den vorgenannten Urteilen des FG Köln hatte der BFH (10.10.18, X R 44-45/17, PFB-Nachricht 27.2.19) erstmals Gelegenheit, sich intensiv mit dieser Gestaltung zu befassen.

     

    • Sachverhalt

    Im Streitfall beschäftigte der gewerblich tätige Kläger seine Ehefrau als Büro- und Kurierkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von neun Stunden mit einem Monatslohn von 400 EUR (§ 8 Ab. 1 Nr. 1 SGB IV) zu folgenden Bedingungen:

     

    • Pkw-Gestellung: Entgolten wurde die Ehefrau vereinbarungsgemäß im Wesentlichen durch die Einräumung einer unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien privaten Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs, das von ihr auch für die betrieblichen Fahrten einzusetzen war. Den in der Überlassung zur Privatnutzung liegenden geldwerten Vorteil, der nach der 1 %-Regelung ermittelt wurde, rechnete der Kläger auf den monatlichen Lohnanspruch von 400 EUR an und zahlte die Differenz zum Gesamtvergütungsanspruch aus.

     

    • Zuordnung zum Betriebsvermögen: Der Kläger ordnete den überlassenen Pkw seinem Betriebsvermögen zu.

     

    • Erfassung als Betriebsausgaben: Die vereinbarte Vergütung aus dem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis nebst Abgaben und sämtliche Fahrzeugaufwendungen erfasste er als Betriebsausgaben. Als Korrektiv für den insoweit zu hohen Betriebsausgabenabzug setzte er als fiktive Betriebseinnahme den Sachbezug aus der privaten Nutzungsmöglichkeit der Fahrzeuge an.

     

    Das Finanzamt erkannte das Arbeitsverhältnis steuerlich jedoch nicht an, da die Entlohnung in Gestalt einer Pkw-Überlassung im Rahmen eines Minijobs einem Fremdvergleich nicht standhalte.

     

    Nach Auffassung des BFH ist die Überlassung eines Dienstwagens zur unbeschränkten und selbstbeteiligungsfreien Privatnutzung des Arbeitnehmers im Rahmen eines geringfügigen ‒ zwischen Ehegatten geschlossenen ‒ Beschäftigungsverhältnisses (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) fremdunüblich.

     

    Eine solche Nutzungsüberlassung eines Firmenwagens für Privatfahrten an einen familienfremden „Minijobber“ hält der BFH für ausgeschlossen. Denn ein Arbeitgeber werde im Regelfall nur dann bereit sein, einem Arbeitnehmer die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs zu gestatten, wenn die hierfür kalkulierten Kosten (u. a. Kraftstoff für Privatfahrten) zuzüglich des Barlohns in einem angemessenen Verhältnis zum Wert der erwarteten Arbeitsleistung stünden. Bei einer lediglich geringfügig entlohnten Arbeitsleistung steige das Risiko des Arbeitgebers, dass sich die Überlassung eines Firmenfahrzeugs für ihn wegen einer nicht abschätzbaren Intensivnutzung durch den Arbeitnehmer wirtschaftlich nicht mehr lohne. Je geringer der Gesamtvergütungsanspruch des Arbeitnehmers sei, desto eher erreiche der Arbeitgeber die Risikoschwelle, nach der sich wegen einer nicht abschätzbaren intensiven Privatnutzung die Fahrzeugüberlassung als nicht mehr wirtschaftlich erweise. Unerheblich war insoweit für den BFH, dass die Ehefrau für ihre dienstlichen Aufgaben im Betrieb auf die Nutzung eines Pkw angewiesen war.

     

    PRAXISTIPP | Die nachgelagerte Frage, ob die Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses sowohl im Hinblick auf das gezielte Zusammenwirken der 1 %-Regelung mit der abgeltenden Pauschalbesteuerung geringfügiger Arbeitsentgelte (§ 40a Abs. 2 EStG) als auch wegen der vertraglich eröffneten Möglichkeit einer steuerunbelasteten Privatnutzung durch den Arbeitgeber selbst zur Annahme eines Missbrauchs von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts (§ 42 AO) führen könnte, konnte der BFH danach offen lassen. Im Ergebnis hat der BFH klar zu erkennen gegeben, dass er der (weiteren) Möglichkeit der Verlagerung privater Aufwendungen in den betrieblichen Bereich, der ansonsten „die Tür geöffnet“ würde, Einhalt gebieten wollte.

     

    4. Steuerfolgen der Nichtanerkennung

    Klar ist, dass bei Versagung der Anerkennung eines Angehörigen-Arbeitsverhältnisses der Betriebsausgabenabzug des Lohnaufwands und dessen Versteuerung auf Arbeitnehmerseite unterbleiben.

     

    Das steuerliche Schicksal der Pkw-Kosten kann dagegen nicht generell beurteilt werden. Es hängt davon ab, ob das zur Nutzung überlassene Fahrzeug dem Betriebsvermögen des Arbeitgeber-Ehegatten zuzuordnen war und ‒ bejahendenfalls ‒ in welcher Höhe die dem Grunde nach feststehende Privatnutzung durch den Arbeitnehmer-Ehegatten als gewinnerhöhende Nutzungsentnahme beim Betriebsinhaber zu erfassen ist.

     

    4.1 Zuordnung des Pkw zum Betriebsvermögen

    Der Zuordnung eines Fahrzeugs zum Betriebsvermögen steht der Umstand, dass der Arbeitnehmer-Ehegatte arbeitsvertraglich über einen uneingeschränkten Anspruch auf Privatnutzung verfügte, nicht zwingend entgegen. Maßgeblich sind insoweit vielmehr die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse. War das Fahrzeug im jeweiligen Streitjahr nicht nur vorübergehend zu mindestens 10 % oder sogar zu mehr als 50 % betrieblich im Einsatz, konnte es dem gewillkürten oder musste es sogar dem notwendigen Betriebsvermögen zugeordnet werden (vgl. etwa BFH 21.8.12, VIII R 11/11, BStBl II 13, 117 und 13.5.14, III B 152/13). Etwas anderes würde nur gelten, wenn ‒ entgegen des dem Arbeitsvertrag zugrunde liegenden Tätigkeitsprofils ‒ die Fahrzeuge ausschließlich bzw. fast ausschließlich für private Fahrten genutzt wurden. Dann würde es sich um notwendiges Privatvermögen handeln. Lägen die Voraussetzungen für notwendiges bzw. gewillkürtes Betriebsvermögen vor, wären bzw. blieben die gesamten auf die Fahrzeuge entfallenden Aufwendungen als Betriebsausgaben abziehbar.

     

    4.2 Umfang der Höhe der Privatnutzung durch den Arbeitnehmer-Ehegatten

    Die Höhe der dem Arbeitgeber-Ehegatten steuerlich zuzurechnenden Privatnutzung (durch den Arbeitnehmer-Ehegatten) hängt ‒ bei unterstellter Zuordnung zum Betriebsvermögen ‒ maßgeblich davon ab, ob der betriebliche Nutzungsanteil im jeweiligen Streitjahr mehr als 50 % der Gesamtnutzung entsprach. Bejahendenfalls wäre, sofern kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wurde, die Privatnutzung nach Maßgabe der 1 %-Regelung, andernfalls mit den durch Schätzung zu ermittelnden Selbstkosten zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 i. V. mit S. 1 EStG; vgl. auch Schmidt/Kulosa, EStG, § 6 Rz. 513, m.w.N.).

     

    Sollte eine Zuordnung des Fahrzeugs zum Betriebsvermögen aufgrund eines lediglich geringfügigen betrieblichen Nutzungsanteils ausgeschlossen sein, entfiele grundsätzlich sowohl ein Abzug der Pkw-Aufwendungen als Betriebsausgaben als auch ein Ansatz der aus der Privatnutzung resultierenden fiktiven Betriebseinnahmen. Allerdings wären zumindest diejenigen ‒ ggf. im Schätzungswege zu ermittelnden ‒ Aufwendungen, die auf die nachweisbare betrieblich veranlasste Nutzung der sodann dem Privatvermögen zuzurechnenden Fahrzeuge entfielen, im Wege der Aufwandseinlage als Betriebsausgaben anzuerkennen (vgl. BFH 25.3.15, X R 14/12, BFH/NV 15, 973).

    5. Folgerungen für die Gestaltungspraxis

    Im Nachgang zu dieser verschärfenden BFH-Rechtsprechung stellt sich die Frage nach den Auswirkungen für bestehende und zukünftige Gestaltungen im Zusammenhang mit der Überlassung von Firmenfahrzeugen an Angehörige. Folgendes lässt sich hier für die Gestaltungspraxis festhalten:

     

    Vom Grundsatz her bleibt es dabei, dass der steuerlichen Anerkennung eines Ehegatten-Arbeitsverhältnisses nicht der Umstand entgegensteht, dass dem Arbeitnehmer-Ehegatten in diesem Rahmen ein Firmenfahrzeug zur privaten Verwendung überlassen wird. Voraussetzung ist allerdings, dass die konkreten Konditionen der Nutzungsüberlassung im zu beurteilenden Einzelfall fremdüblich ausgestaltet sind.

     

    5.1 Pkw-Überlassung an Angehörige im Niedriglohnbereich

    Die neue BFH-Rechtsprechung bedeutet insofern im Ergebnis das „Gestaltungs-Aus“ für Minijob-Arbeitsverhältnisse mit Angehörigen, innerhalb derer ‒ unter Anrechnung des geldwerten Vorteils auf den Arbeitslohn ‒ ein Firmenwagen zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung überlassen wird. Gleiches dürfte für vergleichbare Arbeitsverhältnisse im unteren Lohnsegment gelten. Von solchen Gestaltungen sollte die Praxis zukünftig Abstand nehmen.

     

    5.2 Ausweichgestaltungen

    Der BFH geht zur Konkretisierung des Fremdvergleichs davon aus, dass ein fremder Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen würde, um eine Wertäquivalenz zwischen der von ihm zu tragenden Gesamtvergütung und dem erwarteten Wert der Arbeitsleistung zu gewährleisten und damit sein Kostenrisiko im Hinblick auf eine mögliche intensive(re) Privatnutzung einzugrenzen. Dabei kommen aus Sicht des BFH als adäquate Maßnahmen das Auferlegen von Nutzungsbeschränkungen bzw. eine Kostenbeteiligung in Betracht.

     

    Konkret können hier neben Privatkilometer-Begrenzungen und Nutzungsverboten für Angehörige oder Urlaubsfahrten, insbesondere auch Zuzahlungen in Form von Kilometerpauschalen, nutzungsunabhängigen Pauschalen oder die (ggf. anteilige) Übernahme einzelner Aufwendungen, z. B. Treibstoffkosten (vgl. hierzu BMF 4.4.18, IV C 5-S 2334/18/10001, BStBl I 18, 592) vereinbart werden. Bei Nutzungsverboten sollte deren Überwachung im Blick behalten werden. Hierzu ist Beweisvorsorge zu treffen (z. B. Nachweise, mit welchen anderen Pkw eine Urlaubsfahrt durchgeführt wurde).

     

    Die Gestaltungspraxis hat hier jeweils durch entsprechende Maßnahmen eine geforderte Wertäquivalenz herzustellen. Bei zukünftigen Gestaltungen von Arbeitsverhältnissen könnte in Zweifelsfällen zur Vermeidung von späteren Steuerschäden vorab eine verbindliche Auskunft/Lohnsteueranrufungsauskunft beim zuständigen Finanzamt eingeholt werden.

     

    Noch nicht aufgegriffene Gestaltungen sollten möglichst schnell im Hinblick auf die Wertäquivalenz überprüft und ggf. angepasst werden. Es ist damit zu rechnen, dass diese Problematik spätestens bei der nächsten Betriebsprüfung oder Lohnsteueraußenprüfung aufgegriffen wird.

     

    FAZIT | Auch wenn die neue BFH-Rechtsprechung die Überlassung von Firmenwagen zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung im Rahmen von Ehegatten-Arbeitsverhältnissen im unteren Lohnsegment nicht mehr zulässt, verbleiben durch die dargestellten Maßnahmen Gestaltungsspielräume, die auch zukünftig zur Steueroptimierung genutzt werden können.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Minijob des Ehegatten mit Pkw-Überlassung muss Fremdvergleich standhalten (Peine, PFB 19, 114)
    • Ehegatten-Arbeitsverhältnis ‒ Bedingungslose Firmenwagennutzung bei „Minijob“ hält Fremdvergleich nicht statt (PFB-Nachricht 27.2.19)
    Quelle: Ausgabe 05 / 2019 | Seite 124 | ID 45824408