· Nachricht · Nießbrauch
Erhöht der Barwert des Nießbrauchsrechts den Kaufpreis bei Anschaffung der Immobilie durch den Nießbraucher?
| Der Barwert eines lebenslangen, fortbestehenden Nießbrauchsrechts an einem Grundstück ist nicht Bestandteil der Anschaffungskosten des Grundstücks, wenn der Nießbraucher das Eigentum am belasteten Grundstück erwirbt (BFH 23.1.24, IX R 14/23). |
Der Klägerin war aufgrund eines Erbvertrags mit ihrem verstorbenen Lebensgefährten vermächtnishalber der lebenslange Nießbrauch an einem vermieteten Grundstück eingeräumt worden. Das Nießbrauchsrecht wurde nicht ins Grundbuch eingetragen. Erben des Lebensgefährten und damit Eigentümer des Grundstücks nach dessen Tod wurden dessen Söhne. Die Klägerin hatte sich im Erbvertrag verpflichtet, die zum Zeitpunkt des Anfalls des Vermächtnisses noch bestehenden Verbindlichkeiten, die auf dem Grundstück lasteten, zu übernehmen. Später veräußerte einer der Söhne seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück an die Klägerin. Sie machte den Barwert des Nießbrauchsrechts als Anschaffungskosten geltend, womit sie beim FG auch Erfolg hatte ‒ nicht jedoch beim BFH.
Der BFH argumentierte folgendermaßen: Bemessungsgrundlage für die AfA sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der zur Einkünfteerzielung genutzten Gebäude (§ 7 Abs. 4 und 5 EStG). Tatbestandlich setzen Anschaffungskosten Aufwendungen des Steuerpflichtigen voraus. Dies erfordert eine wirtschaftliche Belastung. Eine solche ist ausgeschlossen bei fehlender Gegenleistungspflicht.
Die Klägerin hatte aber in Bezug auf das Nießbrauchsrecht keinen mit dem Eigentumserwerb in Zusammenhang stehenden Aufwand getragen. Sie hat dieses Recht nicht hingegeben, um den Miteigentumsanteil an dem Grundstück unbelastet zu erwerben. Vielmehr blieb die Klägerin trotz Eigentumserwerbs Inhaberin des Nießbrauchsrechts. Dies ergibt sich aus § 889 2. Alt. 2 BGB, wonach ein Nießbrauchsrecht nicht dadurch erlischt, dass der Berechtigte das Eigentum an dem Grundstück erwirbt. Das Nießbrauchsrecht besteht als Eigentumsrecht des (neuen) Eigentümers fort. Abweichend zur Ansicht des FG gilt § 889 BGB auch, wenn das Recht nicht ins Grundbuch eingetragen wurde. Anschaffungskosten entstehen nur, wenn der Eigentümer das einem Dritten zustehende Recht an einem Grundstück zum Zweck einer Beseitigung der Beschränkungen seiner Eigentümerbefugnisse entgeltlich ablöst. So aber lagen die Dinge im Streitfall nicht.