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Gewerbliche Abfärbung durch Beteiligungseinkünfte
| Nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH (6.6.19, IV R 30/16, BStBl II 20, 649) ist § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht auch ohne Berücksichtigung einer Geringfügigkeitsgrenze, bis zu deren Erreichen die gewerblichen Beteiligungseinkünfte nicht auf die übrigen Einkünfte abfärben, verfassungsgemäß. § 2 Abs. 1 S. 2 GewStG ist danach verfassungskonform dahin auszulegen, dass ein gewerbliches Unternehmen i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG nicht als nach § 2 Abs. 1 S. 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegender Gewerbebetrieb gilt. Das FG Münster (13.5.22, 15 K 26/20 E, F; Rev. BFH IV R 18/22 ) hat sich aktuell zwar der Rechtsauffassung des IV. Senats angeschlossen, aber im Hinblick auf das anhängige Revisionsverfahren VIII R 1/22 ebenfalls die Revision zu gelassen. |
Eine Bagatellgrenze gibt es indes, wenn Gesellschaften neben nicht gewerblichen Einkünften auch solche aus einer originär gewerblichen Tätigkeit erzielen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG). Hier tritt eine „Infizierung“ nicht ein, wenn die gewerblichen Umsätze eine Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zusätzlich den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen. Anders ist das bei § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG: Erzielen freiberufliche oder vermögensverwaltende Personengesellschaften gewerbliche Beteiligungseinkünfte, greift keine Bagatellgrenze. So führt jede Beteiligung, aus der diese Gesellschaften gewerbliche Einkünfte beziehen, zu einer Umqualifizierung aller weiteren Einkünfte in solche aus Gewerbebetrieb. Eine Umqualifizierung löst aber in diesen Fällen keine Gewerbesteuer aus.
Die Umqualifizierung in gewerbliche Einkünfte hat zwar positive Auswirkungen auf die Inanspruchnahme steuermindernder Rücklagen nach § 6b EStG und Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG. Diese führen jedoch lediglich zu einer temporären Steuerentlastung. Auf der anderen Seite schlägt negativ zu Buche, dass ein Veräußerungsgewinn definitiv steuerpflichtig ist.
Im Verfahren VIII R 1/22 wird der VIII. Senat des BFH zunächst klären, ob geringfügige gewerbliche Beteiligungseinkünfte einer Freiberufler-Personengesellschaft dazu führen, dass die Gesellschaft insgesamt Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt und auch der Gewerbesteuer unterliegt. Die weitere Rechtsentwicklung sollte sorgfältig beobachtet werden.