· Fachbeitrag · Gemischte Aufwendungen
Werbungskostenabzug bei Sprachkurs im Ausland
von RA Prof. Dr. Ralf Jahn, Würzburg
Die Teilnahme an einem Spanisch-Sprachkurs in Südamerika ist außergewöhnlich und indiziert, dass die Reisekosten des Steuerpflichtigen auch privat veranlasst sind. Der BFH hat mangels eines anderen Aufteilungsmaßstabs in diesem Fall aber den hälftigen Werbungskostenabzug zugelassen (BFH 9.1.13, VI B 133/12, Abruf-Nr. 131625). |
Sachverhalt
Eine Exportsachbearbeiterin benötigte nach einer Bestätigung ihres Arbeitgebers für ihre Tätigkeit Fremdsprachenkenntnisse (unter anderem in Spanisch). Sie besuchte einen Spanischsprachkurs in Quito (Ecuador). Der Unterricht fand jeweils werktags von 8 bis 12 Uhr statt. Für Hausaufgaben und Übungen fielen nach einer Bestätigung des Sprachreiseanbieters zusätzlich mindestens 1,5 Zeitstunden pro Tag an. In den Werbeunterlagen des Reiseanbieters wurde neben dem Sprachkurs unter der Überschrift „Faszination in den Anden: Ecuador“ mit den touristischen Vorzügen des Kursortes geworben. Der Arbeitgeber gewährte der Arbeitnehmerin für den Sprachkurs Bildungsurlaub. In ihrer Einkommensteuererklärung machte die Arbeitnehmerin neben den Kosten für den Sprachkurs auch Flugkosten und eine Verpflegungspauschale für die gesamte Reisedauer geltend. Das FA lehnte den Werbungskostenabzug der Reisekosten zunächst vollständig ab, erkannte aber mit späterem Änderungsbescheid die Kosten des Sprachkurses in voller Höhe sowie die Reisekosten (Flugkosten und Verpflegungsmehraufwand) zur Hälfte als Werbungskosten an. Die hiergegen erhobene Klage mit dem Ziel, die Reisekosten in voller Höhe insgesamt abzuziehen, blieb nicht nur vor dem FG Sachsen (16.5.12, 8 K 1691/06, Abruf-Nr. 122884), sondern auch vor dem BFH erfolglos.
Anmerkungen
Die mit einer beruflichen Fortbildung verbundenen Reiseaufwendungen sind als Werbungskosten uneingeschränkt abziehbar, wenn die Aufwendungen ausschließlich oder jedenfalls nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnen sind. Rein privat veranlasste Reisen führen demgegenüber nicht zum Werbungskostenabzug, sondern sind nicht abzugsfähige Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 EStG). Ist eine Reise sowohl beruflich als auch privat veranlasst, können - nach der Aufgabe des sog. Aufteilungsverbots durch den BFH (21.9.09, GrS 1/06, BStBl II 10, 672, GStB 10,39) - die Reisekosten aufgeteilt werden. Für den beruflich veranlassten Teil der Reisekosten kommt dann ein Werbungskostenabzug in Betracht.
Unter Bezugnahme auf die BFH-Rechtsprechung sieht die Verwaltungsansicht des BMF zur steuerlichen Beurteilung gemischter Aufwendungen hierbei Folgendes vor (BMF 6.7.10, BStBl I 10, 614):
- Bei einer untergeordneten betrieblichen/beruflichen Mitveranlassung von weniger als 10 % sind die Aufwendungen in vollem Umfang nicht als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar; zusätzliche ausschließlich betrieblich/beruflich veranlasste Aufwendungen können aber für sich genommen als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar sein. Bei einer betrieblichen/beruflichen Mitveranlassung von 10 bis 90 % ist nach Möglichkeit eine Aufteilung der Aufwendungen nach Veranlassungsbeiträgen vorzunehmen. Bei einer untergeordneten privaten Mitveranlassung von weniger als 10 % sind die Aufwendungen in vollem Umfang als Betriebsausgaben/Werbungskosten abziehbar.
- Der betrieblich/beruflich und privat veranlasste Teil der Aufwendungen kann beispielsweise nach einem zeitlichen Aufteilungsmaßstab ermittelt werden. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann jedoch im Einzelfall auch erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab (etwa nach Köpfen) heranzuziehen oder ganz von einer Aufteilung abzusehen (BFH 24.2.11, VI R 12/10, BStBl II 11, 796, Abruf-Nr. 111702). Bestehen keine Zweifel, dass ein nach objektivierbaren Kriterien abgrenzbarer Teil der Aufwendungen beruflich/betrieblich veranlasst ist, kann der abziehbare Teil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände geschätzt werden (BMF 6.7.10, BStBl I 10, 614 Tz. 18 f.).
- Liegen aufteilungsfähige Aufwendungen vor, kommt der Mitwirkungspflicht des Steuerpflichtigen eine zentrale Bedeutung zu. Der Steuerpflichtige hat die betriebliche oder berufliche Veranlassung im Einzelnen umfassend nachzuweisen (BMF 6.7.10, BStBl I 10, 614, Tz. 2).
Der BFH knüpft mit der vorliegenden Entscheidung an seine bisherige Rechtsprechung (BFH 24.2.11 VI R 12/10, BStBl II 11, 796, Abruf-Nr. 111702) an und bestätigt diese: Bei Sprachreisen ins Ausland besteht „regelmäßig keine unmittelbare berufliche Veranlassung“, sondern wird „in der Regel auch von privaten, touristischen Interessen des Steuerpflichtigen bestimmt sein“. Deswegen ist bei Fehlen eines anderen Aufteilungsmaßstabs eine hälftige Aufteilung der Reisekosten nicht zu beanstanden.
PRAXISHINWEISE | Ein (rein) „beruflicher Veranlassungszusammenhang“ ist bei auswärtigen Sprachkursen gegeben, wenn der Reise offenbar ein eng verstandener unmittelbarer beruflicher Anlass zugrunde liegt (Anordnung durch den Arbeitgeber; Bedingung für eine konkrete Einstellung oder Beförderung; konkretes berufliches Projekt; neuer Aufgabenbereich; Gewährung von Bildungsurlaub durch den Arbeitgeber), die Verfolgung privater Reiseinteressen also nicht den Schwerpunkt der Reise bildet. Eine Rolle kann hierbei auch spielen, ob die Teilnahme freiwillig ist oder der Steuerpflichtige einer Dienstpflicht nachkommt (BFH 9.12.10, VI R 42/09, BStBl 11 II, 522; 27.8.02, VI R 22/01, BStBl II 03, 369).
Hieraus lässt sich für die Praxis abermals die dringende Empfehlung ableiten, entsprechende Sachverhalte besonders gut zu dokumentieren. Besonderes Gewicht hat dabei der genaue Inhalt des Reiseprogramms mit zeitlichem Ablaufplan, der Rückschlüsse auf die berufliche und private Veranlassung zulässt. Kann nach diesen Maßstäben eine auch private Mitveranlassung der Sprachreise ins Ausland nicht ausgeschlossen werden, empfiehlt sich gleichwohl die sorgfältige Dokumentation der beruflich und der privat veranlassten Reiseanteile, um wenigstens den hälftigen Werbungskostenabzug „zu retten“. |