03.02.2011 | Stiftungserrichtung
Die Verbrauchsstiftung - ein Widerspruch in sich?
von RA Dr. K. Jan Schiffer, SP§P Schiffer & Partner (www.schiffer.de) und RA Matthias Pruns, Bonn
Ein „eherner“ Grundsatz des Stiftungsrechts lautet, dass das Stiftungsvermögen erhalten bleiben muss. Eine Ausnahme soll nur gelten, wenn der Stifter den Verbrauch in der Satzung zugelassen hat. Aber auch solche Verbrauchsstiftungen werden in der Praxis von Stiftungsbehörden, Finanz-verwaltung sowie in der Fachliteratur kritisch gesehen. Der folgende Beitrag beleuchtet die Verbrauchsstiftung mit Blick auf den Gesetzgeber und setzt sich mit den Argumenten der Kritiker auseinander.
1. Das Praxisproblem: Wozu eine Verbrauchsstiftung?
Stiftungen sind nach dem BGB auf Dauer angelegt. Nur wenn „die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint“, ist eine Stiftung von der Stiftungsbehörde anzuerkennen (§ 80 Abs. 2 BGB). Nun gibt es Zwecke, deren Erfüllung zwar eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, die aber nicht auf ewig verfolgt werden können. Typisches Beispiel ist der Wiederaufbau eines historischen Gebäudes. Eine Stiftung, die sich einem solchen Zweck widmet, verliert mit dem Abschluss der Arbeiten ihren Zweck. Erhält sie in der Zeit ihres Bestehens das Stiftungsvermögen, steht sie dann mit einem Vermögen da, dem der Zweck abhanden-gekommen ist. Die Stiftungsbehörde könnte ihr zwar gemäß § 87 Abs. 1 BGB einen neuen Zweck geben oder sie aufheben, doch der Stifter wird oft den Wunsch hegen, dass das gesamte von ihm gestiftete Vermögen und nicht, wie sonst bei der Stiftung üblich, nur die Erträge aus der Vermögensverwaltung, für den von ihm vorgegebenen Stiftungszweck verwendet werden. Das könnte er prinzipiell dadurch erreichen, dass er in der Stiftungssatzung den Einsatz des Stiftungsvermögens zur Zweck-erfüllung ausdrücklich gestattet. Die Frage ist, ob er das auch darf.
2. Die zivilrechtliche Ausgangslage
Das BGB enthält weder eine ausdrückliche Erlaubnis noch ein Verbot einer zeitlich befristeten Stiftung. Es beschränkt sich auf die bereits genannten Vorgaben in § 80 Abs. 2 BGB („dauernd“ und „nachhaltig“). „Dauernd“ bedeutet „für längere Zeit in gleichbleibender Weise vorhanden“ (Duden, Bedeutungswörterbuch, 4. Aufl. 10, 259) und „nachhaltig“ bedeutet „sich für längere Zeit stark auswirken“ (Duden, a.a.O., 666). Das Gesetz spricht sich also hier sogar zweifach für eine „längere Zeit“ aus. Die Auslegung des Wortlauts deutet daher darauf hin, dass eine Stiftung zumindest nicht für einen kurzen Zeitraum und auch nicht mit nur wenig Vermögen ausgestattet werden darf, denn sonst ist eine für längere Zeit gleichbleibende und sich stark auswirkende Zweckerfüllung nicht möglich. Dem Wortlaut würde es aber z.B. nicht widersprechen, eine Stiftung für einen Zeitraum von 30 Jahren mit einem Vermögen von 30 Mio. EUR zu errichten, von denen jedes Jahr 1 Mio. zur Zweckerreichung eingesetzt werden darf. Im Gesetz kommt das Wort „dauerhaft“ nicht vor; dennoch ist im Zusammenhang mit der Verbrauchsstiftung immer wieder vom gesetzlichen Merkmal der „Dauerhaftigkeit“ die Rede (etwa Muscheler, FS Werner, 09, 129, 135, 140; Reuter, npoR 10, 69, 71). Das ist zumindest unklar, da dem Wort „dauerhaft“ die Bedeutung „ewig“ eher anhaftet als dem Wort „dauernd“.
Die Entstehungsgeschichte des § 80 Abs. 2 BGB stützt diese Deutung. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers soll die Stiftung grundsätzlich für einen unbegrenzten Zeitraum errichtet werden. Das Merkmal der Nachhaltigkeit dient dabei neben dem Merkmal „dauernd“ als Anforderung an die Höhe des Stiftungsvermögens und damit dem Schutz des Rechtsverkehrs (2. Regierungsentwurf, BT-Drucksache 14/8765, 8). Die Errichtung auf unbegrenzte Dauer soll aber eben nur ein Grundsatz sein. Der Gesetzgeber hat daneben ausdrücklich klargestellt, dass der Stifter privatautonom auch eine Stiftung ins Leben rufen kann, deren Zweckerfüllung ebenfalls auf eine längere Dauer gerichtet, aber dennoch mit einem zeitlichen Ende verbunden sein kann. Dafür kommt z.B. der Eintritt eines den Stiftungszweck erfüllenden Umstands wie die Wiederherstellung eines Bauensembles in Betracht. Keine Rückschlüsse lassen sich aus dem von Feick (Die Stiftung - Jahreshefte zum Stiftungswesen 2010, 121) genannten Beispiel der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft ziehen. Denn: Es handelt sich zum einen um eine Stiftung des öffentlichen Rechts, zum anderen existiert sie fort und hat nicht ihr gesamtes Vermögen verbraucht (www.stiftung-evz.de).
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