02.08.2011 | Zwischenruf
Potenzielle (Teil-)Verbrauchsstiftung?
von RA Dr. K. Jan Schiffer, Bonn (www.stiftungsrecht-plus.de)
Wie in SB 11, 28 ausgeführt, ist eine Verbrauchsstiftung m.E. nicht grundsätzlich abzulehnen. Allerdings hat mich kürzlich ein potenzieller Stifter erstaunt. Er fragte, ob er mit 60.000 EUR eine Stiftung für einen bestimmten gemeinnützigen Zweck errichten könne. Dabei wollte er dem Stiftungsvorstand im - wie auch immer näher zu definierenden - Bedarfsfall ermöglichen, das Stiftungsvermögen ganz oder teilweise für den Stiftungszweck zu verwenden und damit letztlich aufzubrauchen. Auch als Anhänger eines liberalen Stiftungsrechts bekommt man da Bauchschmerzen.
Nach der vielfach bestrittenen Auffassung der OFD Frankfurt a.M. (13.6.08, Stiftung & Sponsoring 5/08, 43) sind Zuwendungen an Verbrauchsstiftungen nicht nach § 10b Abs. 1a EStG als „Spenden“ steuerbegünstigt. Eine Stiftung wird nur anerkannt, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint (§ 80 Abs. 2 BGB). Die Dauer ist dabei aber nur ein Grundsatz mit Ausnahmen. § 80 Abs. 2 BGB verbietet die zeitliche Befristung einer Stiftung - und damit eine Verbrauchsstiftung - eben nicht. Dies folgt aus der Privatautonomie des Stifters (Art. 2 Abs. 1 GG und § 80 BGB). Führt man sich das vor Augen, kann es mit dem Argument des „maiore ad minus“ auch eine nur „potenzielle Verbrauchsstiftung“ geben. Sie ist eben ein Minus gegenüber der tatsächlichen Verbrauchsstiftung. Neben denselben Streitfragen wie bei der echten Verbrauchsstiftung gibt es jedoch weitere Probleme. Es bleibt vor allem unklar, was der Stifter will:
- Will er eine Spende? Nein, nicht wirklich.
- Will er eine herkömmliche Stiftung? Auch nicht wirklich.
- Will er eine Verbrauchsstiftung? Nun, auch nicht wirklich.
Er will sich trotz der Grundsätze der Vermögenserhaltung und der zeitnahen Mittelverwendung alle Eventualitäten offenhalten. Er gibt keine klare Vorgabe, sondern formuliert einen eher diffusen Stifterwillen. Stiftungsrechtlich erscheint das zumindest zweifelhaft. Mag man das mit Blick auf die Privatautonomie des Stifters noch als zulässig ansehen, wird es steuerrechtlich ganz schwierig. Soll es, solange der Verbrauchsfall nicht eingetreten ist, eine Spendenbescheinigung geben, die dann allerdings, sobald der Verbrauchsfall eingetreten ist, ungültig wird und deshalb einzuziehen ist? Vertrauensschutz dürfte es hier für den Stifter/Spender jedenfalls nicht geben, denn er hat den potenziellen Verbrauch ja gerade ausdrücklich zugelassen. Kommt es dennoch zu einer Haftung des Spendenempfängers? Oder gibt es mit der Auffassung der Finanzverwaltung auch hier von vornherein keine Zuwendungsbestätigung? Geklärt sind diese Fragen nicht.
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