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  • · Fachbeitrag · Gemeinnützige Stiftungen

    Viele Vorratszwecke in der Stiftungssatzung eine Gefahr für die Gemeinnützigkeit?

    vonFinanzwirt, Betriebswirt (VWA) Hans-Ulrich Dietz, Steuerreferent und 
Abteilungsdirektor bei der Commerzbank AG in Frankfurt a.M.

    | Seit geraumer Zeit fordern einzelne Finanzämter zum Erhalt der Gemeinnützigkeit von Stiftungen die Vornahme von Satzungsanpassungen. Danach sollen nicht geförderte Zwecke aus der Satzung entfernt werden. Der folgende Beitrag sensibilisiert für die Problematik und zeigt Lösungsmöglichkeiten für die betroffenen gemeinnützigen Stiftungen auf. |

    1. Ausgangsproblematik

    Gewähren Steuergesetze Steuervergünstigungen, weil ein Verein, eine Stiftung oder eine gGmbH ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke verfolgt, sind nach § 51 AO die §§ 52 bis 68 AO zu beachten. Streben also diese Körperschaften den Status der Gemeinnützigkeit an, sind u.a. die Satzungszwecke (also gemeinnützige Zwecke i.S. des § 52 Abs. 2 AO) und die Art ihrer Verwirklichung so zu bestimmen, dass aufgrund der Satzung geprüft werden kann, ob die satzungsmäßigen Voraussetzungen für Steuervergünstigungen gegeben sind (§ 60 Abs. 1 S. 1 AO).

     

    Darüber hinaus muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält (§ 63 Abs. 1 AO).

     

    Eine Körperschaft darf mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgen, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit verletzt wird. Die verwirklichten steuerbegünstigten Zwecke müssen jedoch sämtlich satzungsmäßige Zwecke sein. Will demnach eine Körperschaft steuerbegünstigte Zwecke fördern, die nicht in die Satzung aufgenommen sind, ist eine Satzungsänderung erforderlich, die den Erfordernissen des § 60 AO entsprechen muss (AEAO zu § 56).

     

    Wichtig | Die Gemeinnützigkeit ist infrage zu stellen, wenn die Körperschaft neben den satzungsmäßig verankerten Zwecken noch andere (auch gemeinnützige) Zwecke verfolgt.

     

    Bei der Formulierung einer Satzung einer gemeinnützigen Körperschaft könnte man geneigt sein, alle in § 52 Abs. 2 AO genannten gemeinnützigen Zwecke aufzunehmen. Damit könnte sie dauerhaft (d.h. bis zu einer Änderung des § 52 AO) alle Wünsche nach Förderung im Rahmen dieser Norm erfüllen.

     

    Beachten Sie | Vorratszwecke sind nach der hier vertretenen Auffassung gemeinnützige Zwecke i.S. des § 52 Abs. 2 AO, die zunächst nicht verfolgt werden sollen.

    2. Meinungsstand zur Zulässigkeit von Vorratszwecken

    Hier stellt sich jedoch die unterschiedlich beantwortete Frage, ob sogenannte Vorratszwecke uneingeschränkt in eine Satzung gemeinnützigkeitsunschädlich aufgenommen werden dürfen.

     

    • Ein Teil der Literatur vertritt die Auffassung, mehrere Förderzwecke nur in eine Satzung aufzunehmen, wenn ihre Verfolgung auch tatsächlich in Zukunft angestrebt wird (z.B. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 2. Aufl., § 4, Rn. 130).

     

    • Andere lassen dies grundsätzlich zu, empfehlen aber eine Abstimmung mit der Finanzverwaltung wegen des Risikos des Verstoßes gegen den Grundsatz der gegenwärtigen Zweckerfüllung (so Weidmann/Kohlhepp, Die gemeinnützige GmbH, § 3 2. Kapitel, S. 56).

     

    • Die Bayerische Finanzverwaltung ist hier pragmatisch. Danach ist es für die Steuerbegünstigung einer Körperschaft grundsätzlich nicht schädlich, wenn diese Körperschaft mehrere gemeinnützige Satzungszwecke hat und in jedem Jahr mindestens einen davon verfolgt und die anderen Satzungszwecke über einen längeren Zeitraum hinweg nicht fördert. Eine Satzungsänderung ist erst erforderlich, wenn die Körperschaft einen Zweck auf Dauer (endgültig) aufgibt. Was ein längerer Zeitraum im Sinne vorgenannten Schreibens ist, wird nicht bestimmt (Schreiben vom 25.6.97, 33-S 0177-19/11-32 948).

     

    Der Verfasser einer Satzung steht also vor dem Problem, der Pflicht zu genauen Angaben hinsichtlich der Förderzwecke und der Art ihrer Verwirklichung nachzukommen, andererseits aber künftige Entwicklungen angemessen zu berücksichtigen, ohne laufend Satzungsanpassungen vornehmen zu müssen.

     

    Beachten Sie | Einzelne Finanzämter fordern seit einiger Zeit zum Erhalt der Gemeinnützigkeit Satzungsanpassungen. Die Forderung lautet: Nicht geförderte Zwecke müssen aus der Stiftungssatzung entfernt werden.

    3. Stellungnahme

    Nach Klein (AO, 11. Aufl., zu § 56) erfordert das Gebot der Ausschließlichkeit, dass die Körperschaft allein im Rahmen ihres Satzungszwecks tätig wird. Die Steuerbegünstigung entfällt somit, wenn der Grundsatz der Ausschließlichkeit verletzt wird. Es ist aber steuerlich unschädlich, wenn aufgrund der Satzung mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgt werden, z.B. kirchliche oder religiöse neben mildtätigen Zwecken (BFH BStBl 56, 22). Diese verschiedenen steuerbegünstigten Zwecke müssen sich aber zwingend aus der Satzung ergeben, notfalls muss sie ergänzt werden.

     

    Schädlich ist dagegen die Verfolgung eines anderen, nicht begünstigten Zwecks, soweit nicht im Gesetz Ausnahmen zugelassen sind.

     

    Ergänzend hierzu sei auf den AEAO zu § 56 verwiesen. Danach darf eine Körperschaft mehrere steuerbegünstigte Zwecke nebeneinander verfolgen, ohne dass dadurch die Ausschließlichkeit verletzt wird. Die verwirklichten steuerbegünstigten Zwecke müssen jedoch sämtlich satzungsmäßige Zwecke sein.

     

    Merke | Es ist also davon auszugehen, dass die gleichzeitige tatsächliche Verfolgung mehrerer steuerbegünstigter Zwecke nebeneinander gemeinnützigkeitsunschädlich ist.

     

    Hat sich die gemeinnützige Körperschaft in ihrer Satzung die Verfolgung mehrerer (oder aller nach der AO zulässigen) steuerbegünstigten Zwecke zum Ziel gesetzt und werden jedoch nicht alle Zwecke laufend verfolgt, stellt sich die Frage, wie damit umzugehen ist.

     

    In entsprechender Anwendung des Schreibens der Bayerischen Finanzverwaltung vom 25.6.97 genügt es nach meiner Auffassung, aus einem (noch so umfangreichen) Katalog der satzungsmäßig verankerten steuerbegünstigten Zwecke einzelne Zwecke durch Hingabe von Mitteln tatsächlich zu fördern. Die anderen Satzungszwecke werden über einen längeren Zeitraum hingegen nicht gefördert, da es z.B. keine förderungsfähigen Projekte oder Spendenersuchen o.Ä. gibt.

     

    PRAXISHINWEIS | Hier ist es Aufgabe der Geschäftsführung der gemeinnützigen Körperschaft, durch entsprechende Sitzungsprotokolle und Beschlüsse zu dokumentieren, weshalb die „anderen“ steuerbegünstigten Zwecke nicht gefördert wurden. Das heißt, dass sich die gemeinnützige Körperschaft laufend mit allen satzungsmäßig verankerten steuerbegünstigten Zwecken befassen sollte.

    Dass dann nur einzelne dieser Zwecke (auch in Anbetracht der Limitierung der Mittel) tatsächlich verfolgt werden, ist für den Status der Gemeinnützigkeit unschädlich.

     

    Gleichwohl sollte diese Vorgehensweise mit dem zuständigen Finanzamt abgestimmt werden. Damit kann unerwarteten Problemen frühestmöglich begegnet werden.

     

    Zum Autor | Hans-Ulrich Dietz, Finanzwirt, Betriebswirt (VWA), ist Steuerreferent und Abteilungsdirektor bei der Commerzbank AG in Frankfurt/M. Schwerpunkt seiner Arbeit ist die internationale und nationale Besteuerung natürlicher Personen und das Gemeinnützigkeitssteuerrecht. Er ist Lehrbeauftragter für betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Frankfurt School of Finance & Management sowie Vorsitzender des Arbeitskreises Arbeitnehmerbesteuerung und Altersversorgung im Bundesverband deutscher Banken e. V. Er ist (Mit-) Autor von Publikationen und u.a. Mitherausgeber des Standardwerks „Steuerpraxis für Kreditinstitute”.

    Quelle: Ausgabe 06 / 2013 | Seite 108 | ID 39629140